Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf eines Gesetzes zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV-Finanzierungsgesetz - GKV-FinG)

Punkt 11 der 875. Sitzung des Bundesrates am 15. Oktober 2010

Der Bundesrat möge beschließen:

Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 87d Absatz 2 Satz 7a - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 8 ist in § 87d Absatz 2 nach Satz 7 folgender Satz einzufügen:

"Das Verfahren muss dazu führen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen mit unterdurchschnittlichem Behandlungsbedarf je Versichertem mindestens auf den Bundesdurchschnitt angehoben werden."

Begründung:

Vor dem Hintergrund der ungleichen Ausgaben der Krankenkassen für die ambulante Versorgung der Versicherten im Bundesgebiet kann es nicht dem Bewertungsausschuss überlassen bleiben, nach welchen Maßstäben und in welchem Umfang er regionale Faktoren in seinem Beschluss berücksichtigt. Deshalb ist das GKV-FinG zu konkretisieren. Basis dafür sind die sehr großen Unterschiede im Behandlungsbedarf je Versichertem der einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen.

Die Anhebung auf den Bundesdurchschnitt ist in Form einer asymmetrischen Verteilung sachgerecht, weil mit dem bundeseinheitlichen Morbiditäts-Risikostrukturausgleich allen Krankenkassen nach bundeseinheitlichen Morbiditätskriterien die Aufwendungen für ärztliche Versorgung erstattet werden.

Mangels Synchronisierung zwischen der Vergütung vertragsärztlicher Leistungen und den Zahlungen des Gesundheitsfonds an die Krankenkassen findet allerdings hierbei kein Ausgleich statt. Dies hat zur Folge, dass Versicherten in den unterschiedlichen KV-Bereichen bei gleicher Indikation unterschiedlich viele Leistungen zur Verfügung stehen. Dies ist nicht nur unter Verteilungsaspekten ungerecht, weil die Versicherten und ihre Arbeitgeber einen bundeseinheitlich gleichen Beitragssatz zu tragen haben, sondern auch im Hinblick auf eine ungleiche gesundheitliche Versorgung.

Ohne die Anhebung des Behandlungsbedarfs auf den Bundesdurchschnitt erhalten die Versicherten in den KVen mit unterdurchschnittlichem Behandlungsbedarf weniger Leistungen bei gleichen Indikationen und die dortigen Ärztinnen und Ärzte weniger Honorar, so dass der Grundsatz einer einheitlichen ambulanten Versorgung aller Versicherten im Bundesgebiet massiv verletzt wird. Diese Einheitlichkeit war aber eines der Ziele der letzten Gesundheitsreform. Für die betroffenen KVen hat der geringere Behandlungsbedarf, der sich arztseitig in deutlich geringeren Regelleistungsvolumina manifestiert, eine fatale Signalwirkung auf junge Ärztinnen und Ärzte. Diese werden u.a. auch wegen der schlechteren Honorar- und Versorgungsbedingungen KV-Bereiche, die schon heute mit unterdurchschnittlichen Arztzahlen auskommen müssen, zukünftig meiden. Bestehende und drohende Unterversorgung wird damit verstärkt, anstatt abgebaut.

Um diese schädlichen Wirkungen auf die ambulante Versorgung zu vermeiden, bedarf es einer Anhebung. Diese sollte kurzfristig erfolgen. Um eine Belastung besser dotierter KVen durch direkte Umverteilung zu vermeiden, kann bis zur Zielerreichung eines vollständig angeglichenen Behandlungsbedarfes das Mittel der asymmetrischen Verteilung von Honorarzuwächsen angewandt werden.