Beschluss des Deutschen Bundestages
Gesetz zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 195. Sitzung am 27. September 2012 zu dem von ihm verabschiedeten Gesetz zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften - Drucksachen 17/8233, 17/10857 - den beigefügten Entschließungsantrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/10859 angenommen.

Deutscher Bundestag
Drucksache 17/10859
17. Wahlperiode 26.09.2012

Entschließungsantrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/8233, 17/10857 -
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

Berlin, den 26. September 2012
Volker Kauder,
Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Rainer Brüderle und Fraktion
Renate Künast,
Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung:

Den Sozialvorschriften für die Fahrerinnen und Fahrer kommt - neben der technischen Sicherheit der Fahrzeuge - eine große Bedeutung zu. Sie tragen entscheidend zum Arbeitsschutz und zur Verkehrssicherheit bei und vermeiden Wettbewerbsverzerrungen. Insbesondere die Lenk- und Ruhezeiten, die nach der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 in innerdeutschen wie auch im grenzüberschreitenden Verkehr zwingend gelten, müssen eingehalten werden. Die Nichtbeachtung dieser Vorschriften gefährdet Fahrer und Fahrerinnen, Fahrgäste und andere Verkehrsteilnehmer und -teilnehmerinnen. Damit Verstöße konsequent geahndet werden können, muss im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeit nicht nur durch Länderbehörden, sondern auch durch das Bundesamt für Güterverkehr eine effektive Kontrolle gewährleistet sein.

In Anhang VII der Richtlinie 2001/85/EG sind einheitliche technische Anforderungen für Fahrzeuge festgelegt, um Fahrgästen mit eingeschränkter Mobilität und Rollstuhlnutzern einen Zugang sowie eine sichere Beförderung zu ermöglichen. Diese Anforderungen sind allerdings nur für Busse der Klasse I (Stadtbusse) obligatorisch. Die Anforderungen für Busse der Klasse II (sog. Überlandlinienbusse) oder Klasse III (sog. Reisebusse) können von den Mitgliedstaaten für ihr Hoheitsgebiet selbst festgelegt werden, müssen aber mindestens die Bestimmungen in Anhang VII der Richtlinie 2001/85/EG erfüllen (Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie).

Allerdings besteht weiterer Prüfungs- und Abstimmungsbedarf. So muss zum einen untersucht werden, ob nicht anstelle der derzeitigen fakultativen EU-Regelung für Fernlinienbusse eine EU-weite verbindliche Regelung der technischen Anforderungen für Fernlinienbusse notwendig ist, um Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Busverkehr zu vermeiden. Zum anderen ist zu prüfen, ob die derzeitigen technischen Anforderungen für Fernlinienbusse ausreichend sind, um Barrierefreiheit zu gewährleisten. So stellt sich gerade im Fernlinienbusverkehr die Frage nach der Bereitstellung einer rollstuhlgeeigneten Toilette, ebenso die Frage nach der für erforderlich und angemessen gehaltenen Anzahl von Rollstuhlplätzen.

Bei dem marktorientierten Verkehrsangebot im Fernbuslinienverkehr setzt ein Vorankommen auf dem Weg zur weitmöglichen Barrierefreiheit außerdem ein intensives Zusammenwirken zwischen den Menschen mit Behinderung - insbesondere mit denen mit einer körperlichen Behinderung - und ihren Verbänden mit den Verkehrsunternehmen und ihren Verbänden voraus.

Dabei sind die Anforderungen an die Barrierefreiheit im Fernbuslinienverkehr im Zusammenhang mit der Reiseweite zu betrachten. Der europäische Gesetzgeber hat diese Unterscheidung ebenfalls getroffen: In der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 über Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr ist vorgesehen, dass bestimmte Ansprüche - so die auf umfängliche kostenlose Erbringung von Hilfeleistungen für behinderte Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität - erst ab einer planmäßigen Wegstrecke von 250 km gelten sollen. Damit soll dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden. Denn die Gewährleistung der Hilfestellungen für mobilitätseingeschränkte Reisende erfordert erhebliche Investitionen und verursacht laufende Kosten z.B. für das Vorhalten von Personal "rund um die Uhr" zur Hilfeleistung beim Ein-, Aus- und Umsteigen. Das kann nicht an jeder Haltestelle sondern nur an zuvor benannten Busbahnhöfen dargestellt werden, zumal die Hilfeleistungen nach der Verordnung (EU) Nr. 181/2011 unentgeltlich zu erbringen sind. Der europäische Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt, dass gerade keine zusätzlichen Investitionen in Fahrzeuge oder Infrastruktur verlangt werden. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht anderenfalls drohender Wettbewerbsverzerrung ist es daher dringend geboten, eine EU-einheitliche Weiterentwicklung anzustreben.