Empfehlungen der Ausschüsse
Zweites Gesetz zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes und anderer Gesetze

847. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2008

A.

Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen zu verlangen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 5, Nr. 9 (§ 11 Abs. 2 Nr. 3, § 20 Abs. 1a GüKG) und Artikel 3 (§ 52 Abs. 2 StVG)

Begründung

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa:

Grundsätzlich wird die Anpassung der Vorschriften über die Kontrolle des gewerblichen Güterkraftverkehrs an die Erfordernisse der Praxis begrüßt. Eine Erweiterung des Aufgabenkataloges des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) begegnet jedoch erheblichen Bedenken. Insbesondere aus föderalistischen Erwägungen ist eine solche Aufgabenerweiterung kritisch zu betrachten. Die Überwachung des Verkehrs und die damit verbundenen Kontrollen sind originäre Länderaufgaben und werden von diesen auch in erforderlichem Maße wahrgenommen. Durch eine "tröpfchenweise" Aufgabenübertragung auf das BAG besteht die Gefahr der Unterwanderung bzw. Missachtung des föderalen Prinzips.

Eine Ergänzung des Überwachungsauftrages des BAG um die Überprüfung der Einhaltung der Rechtsvorschriften des Fahrerlaubnisrechts beim Führen von Kraftfahrzeugen zur Straßengüterbeförderung erscheint nicht sachgerecht und stellt auch keine "sinnvolle Erweiterung der Kontrollbefugnisse des Bundesamtes" dar, da dieses die Befugnisse bereits jetzt besitzt. Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 GüKG bzw. nach dem Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterverkehr kann das BAG auch jetzt schon im Rahmen ihrer Kontrollen die Aushändigung des Führerscheins verlangen. Es ist hier insoweit nicht ersichtlich und auch von der Bundesregierung nicht ausreichend dargetan, warum für diese Fälle eine Ergänzung/Erweiterung des Aufgabenkataloges erforderlich ist.

Gleiches gilt für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften über das Sonn- und Feiertagsfahrverbot sowie der Ferienreiseverordnung. Es ist zutreffend, dass eine konsequente Überwachung und Durchsetzung von Lkw-Fahrverboten gerade für deren Akzeptanz im Straßentransportgewerbe dringend geboten ist. Jedoch kann hier keineswegs davon ausgegangen werden, dass die Überwachung und Durchsetzung dieser Verbote durch die Länderpolizeien nur in unzureichendem Maße erfolgt. Es ist nach hiesiger Auffassung ein erheblicher Unterschied, ob das BAG im Rahmen seiner Kontrollen sporadisch einen Verstoß gegen das Sonn- und Feiertagsfahrverbot feststellt und dabei Kräfte der örtlichen Polizei hinzuziehen muss oder ob es einen konkreten gesetzlichen Auftrag zur flächendeckenden Überwachung dieser Vorschriften erhält. Im Übrigen ist in dieser Angelegenheit in keiner Weise dargelegt worden, wie häufig z.B. eine rechtzeitige Hinzuziehung der Polizei gescheitert ist bzw. wie oft das BAG im Rahmen seiner Kontrollen solche Verstöße bisher festgestellt hat.

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb:

Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) hat im Bereich des Straßenverkehrsrechts bisher keine Befugnis zur Anordnung von Sicherheitsleistungen. Es ist in bestimmten Bereichen des Straßenverkehrsgesetzes ( § 12 Abs. 6 GüKG) zwar Ermittlungs- nicht jedoch Ahndungsbehörde. In dem nun vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung ist geplant, dass das BAG neben der Polizei Sicherheitsleistungen erheben darf.

Gemäß § 132 Abs. 2 StPO dürfen Sicherheitsleistungen grundsätzlich nur vom Richter angeordnet werden. Lediglich bei Gefahr im Verzug steht diese Kompetenz auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 GVG) zu.

Es erscheint nicht vertretbar, dies dahingehend auszuweiten, dass Mitarbeiter des BAG - neben den nur ausnahmsweise befugten Polizeibeamten - zukünftig Sicherheitsleistungen erheben dürfen. Sollte diese Regelung zustande kommen, würde es sich um eine Umgehung der klaren Kompetenzzuweisung in der Strafprozessordnung handeln.

Bei gemeinsamen Kontrollen können bereits jetzt Zuwiderhandlungen durch Gebietsfremde wirksam durch Sicherheitsleistung geahndet werden. Im Übrigen ist durch das beabsichtigte Europäische Vollstreckungsabkommen zukünftig gewährleistet, dass es zu keiner faktischen Besserstellung von Gebietsfremden gegenüber Gebietsansässigen kommt.

Hinzu kommt, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAG bei Verweigerung der Sicherheitsleistung selbst keinerlei Zwangsmittel zur Verfügung stehen. Die in § 132 Abs. 3 StPO vorgesehene Beschlagnahme ist gemäß § 132 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 98 StPO der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen vorbehalten. Hierbei erscheint es ausgeschlossen, dass entsprechende Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs etwa im Wege der Amtshilfe auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAG delegiert werden.

Außerdem bestehen Bedenken in Zusammenhang mit Artikel 33 Abs. 4 des Grundgesetzes (Funktionsvorbehalt für Beamte), wenn zukünftig hoheitsrechtliche Befugnisse - Einbehaltung von Sicherheitsleistungen - nicht mehr von Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, wahrgenommen werden.

Zu Buchstabe b:

Da bereits die Erweiterung des Überwachungsauftrags des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) bezüglich der Überprüfung der Einhaltung der Rechtsvorschriften des Fahrerlaubnisrechts beim Führen von Kraftfahrzeugen zur Straßengüterbeförderung abzulehnen ist, ist auch ein Zugriff auf die entsprechenden Daten durch automatisierten Abruf im Zentralen Fahrerlaubnisregister nicht notwendig und daher abzulehnen.

B.