Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004
zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Entwurf
Gesetz zu dem Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Dem in Straßburg am 10. November 2004 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention wird zugestimmt. Das Protokoll wird nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.

Artikel 2

Das Bundesministerium der Justiz kann die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der durch das Protokoll Nr. 14 geänderten Fassung mit einer amtlichen deutschen Übersetzung bekannt machen.

Artikel 3

(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Der Tag, an dem das Protokoll Nr. 14 nach seinem Artikel 19 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Begründung zum Vertragsgesetz

Zu Artikel 1

Auf das Protokoll Nr. 14 findet Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.

Zu Artikel 2

Die Regelung ermöglicht es, die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der nach Inkrafttreten des Protokolls Nr. 14 geltenden Fassung neu bekannt zu machen. Das erleichtert die Rechtsanwendung in Deutschland.

Zu Artikel 3

Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes.

Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, in dem das Protokoll Nr. 14 nach seinem Artikel 19 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Schlussbemerkung

Die öffentlichen Haushalte werden durch die Ausführung des Gesetzes nicht mit Kosten belastet. Auch sonstige Kosten entstehen daraus nicht.

Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention(Übersetzung)

Präambel

Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Protokoll zu der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden als "Konvention" bezeichnet) unterzeichnen - im Hinblick auf die Entschließung Nr. 1 und die Erklärung, die auf der in Rom am 3. und 4. November 2000 abgehaltenen Europäischen Ministerkonferenz über Menschenrechte angenommen wurden;

haben Folgendes vereinbart:

Artikel 1

Artikel 22 Absatz 2 der Konvention wird aufgehoben.

Artikel 2

Artikel 23 der Konvention erhält Fassung:

"Artikel 23 Amtszeit und Entlassung

(1) Die Richter werden für neun Jahre gewählt. Ihre Wiederwahl ist nicht zulässig.

(2) Die Amtszeit der Richter endet mit Vollendung des 70. Lebensjahrs.

(3) Die Richter bleiben bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger im Amt. Sie bleiben jedoch in den Rechtssachen tätig, mit denen sie bereits befasst sind.

(4) Ein Richter kann nur entlassen werden, wenn die anderen Richter mit Zweidrittelmehrheit entscheiden, dass er die erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt."

Artikel 3 Artikel 24 der Konvention wird aufgehoben.

Artikel 4

Artikel 25 der Konvention wird Artikel 24 und erhält folgende Fassung:

"Artikel 24 Kanzlei und Berichterstatter

(1) Der Gerichtshof hat eine Kanzlei, deren Aufgaben und Organisation in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs festgelegt werden.

(2) Wenn der Gerichtshof in Einzelrichterbesetzung tagt, wird er von Berichterstattern unterstützt, die ihre Aufgaben unter der Aufsicht des Präsidenten des Gerichtshofs ausüben. Sie gehören der Kanzlei des Gerichtshofs an."

Artikel 5

Artikel 26 der Konvention wird Artikel 25 ("Plenum") und sein Wortlaut wird wie folgt geändert:

Artikel 6

Artikel 27 der Konvention wird Artikel 26 und erhält folgende Fassung:

"Artikel 26 Einzelrichterbesetzung, Ausschüsse, Kammern und Große Kammer

(1) Zur Prüfung der Rechtssachen, die bei ihm anhängig gemacht werden, tagt der Gerichtshof in Einzelrichterbesetzung, in Ausschüssen mit drei Richtern, in Kammern mit sieben Richtern und in einer Großen Kammer mit siebzehn Richtern. Die Kammern des Gerichtshofs bilden die Ausschüsse für einen bestimmten Zeitraum.

(2) Auf Antrag des Plenums des Gerichtshofs kann die Anzahl Richter je Kammer für einen bestimmten Zeitraum durch einstimmigen Beschluss des Ministerkomitees auf fünf herabgesetzt werden.

(3) Ein Richter, der als Einzelrichter tagt, prüft keine Beschwerde gegen die Hohe Vertragspartei, für die er gewählt worden ist.

(4) Der Kammer und der Großen Kammer gehört von Amts wegen der für eine als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei gewählte Richter an. Wenn ein solcher nicht vorhanden ist oder er an den Sitzungen nicht teilnehmen kann, nimmt eine Person in der Eigenschaft eines Richters an den Sitzungen teil, die der Präsident des Gerichtshofs aus einer Liste auswählt, welche ihm die betreffende Vertragspartei vorab unterbreitet hat.

(5) Der Großen Kammer gehören ferner der Präsident des Gerichtshofs, die Vizepräsidenten, die Präsidenten der Kammern und andere nach der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ausgewählte Richter an. Wird eine Rechtssache nach Artikel 43 an die Große Kammer verwiesen, so dürfen Richter der Kammer, die das Urteil gefällt hat, der Großen Kammer nicht angehören; das gilt nicht für den Präsidenten der Kammer und den Richter, welcher in der Kammer für die als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei mitgewirkt hat."

Artikel 7

Nach dem neuen Artikel 26 wird r neuer Artikel 27 in die Konvention eingefügt:

"Artikel 27 Befugnisse des Einzelrichters

(1) Ein Einzelrichter kann eine nach Artikel 34 erhobene Beschwerde für unzulässig erklären oder im Register streichen, wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann.

(2) Die Entscheidung ist endgültig.

(3) Erklärt der Einzelrichter eine Beschwerde nicht für unzulässig und streicht er sie auch nicht im Register des Gerichtshofs, so übermittelt er sie zur weiteren Prüfung an einen Ausschuss oder eine Kammer."

Artikel 8

Artikel 28 der Konvention erhält Fassung:

"Artikel 28 Befugnisse der Ausschüsse

(1) Ein Ausschuss, der mit einer nach Artikel 34 erhobenen Beschwerde befasst wird, kann diese durch einstimmigen Beschluss

(2) Die Entscheidungen und Urteile nach Absatz 1 sind endgültig.

(3) Ist der für die als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei gewählte Richter nicht Mitglied des Ausschusses, so kann er von Letzterem jederzeit während des Verfahrens eingeladen werden, den Sitz eines Mitglieds im Ausschuss einzunehmen; der Ausschuss hat dabei alle erheblichen Umstände einschließlich der Frage, ob diese Vertragspartei der Anwendung des Verfahrens nach Absatz 1 Buchstabe b entgegengetreten ist, zu berücksichtigen."

Artikel 9

Artikel 29 der Konvention wird wie folgt geändert:

Artikel 10

Artikel 31 der Konvention wird wie folgt geändert:

Artikel 11

Artikel 32 der Konvention wird wie folgt geändert:

Am Ende des Absatzes 1 werden nach der Zahl 34 ein Komma und die Zahl 46 eingefügt.

Artikel 12 Artikel 35 Absatz 3 der Konvention erhält folgende Fassung:

(3) Der Gerichtshof erklärt eine nach Artikel 34 erhobene Individualbeschwerde für unzulässig,

Artikel 13

Am Ende des Artikels 36 wird folgender neuer Absatz 3 angefügt:

Artikel 14

Artikel 38 der Konvention erhält Fassung:

"Artikel 38 Prüfung der Rechtssache

Der Gerichtshof prüft die Rechtssache mit den Vertretern der Parteien und nimmt, falls erforderlich, Ermittlungen vor; die betreffenden Hohen Vertragsparteien haben alle zur wirksamen Durchführung der Ermittlungen erforderlichen Erleichterungen zu gewähren."

Artikel 15

Artikel 39 der Konvention erhält Fassung:

"Artikel 39 Gütliche Einigung

(1) Der Gerichtshof kann sich jederzeit während des Verfahrens zur Verfügung der Parteien halten mit dem Ziel, eine gütliche Einigung auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte, wie sie in dieser Konvention und den Protokollen dazu anerkannt sind, zu erreichen.

(2) Das Verfahren nach Absatz 1 ist vertraulich.

(3) Im Fall einer gütlichen Einigung streicht der Gerichtshof durch eine Entscheidung, die sich auf eine kurze Angabe des Sachverhalts und der erzielten Lösung beschränkt, die Rechtssache in seinem Register.

(4) Diese Entscheidung ist dem Ministerkomitee zuzuleiten; dieses überwacht die Durchführung der gütlichen Einigung, wie sie in der Entscheidung festgehalten wird."

Artikel 16

Artikel 46 der Konvention erhält folgende Fassung:

"Artikel 46 Verbindlichkeit und Durchführung der Urteile

(1) Die Hohen Vertragsparteien verpflichten sich, in allen Rechtssachen, in denen sie Partei sind, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen.

(2) Das endgültige Urteil des Gerichtshofs ist dem Ministerkomitee zuzuleiten; dieses überwacht seine Durchführung.

(3) Wird die Überwachung der Durchführung eines endgültigen Urteils nach Auffassung des Ministerkomitees durch eine Frage betreffend die Auslegung dieses Urteils behindert, so kann das Ministerkomitee den Gerichtshof anrufen, damit er über diese Auslegungsfrage entscheidet. Der Beschluss des Ministerkomitees, den Gerichtshof anzurufen, bedarf der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder.

(4) Weigert sich eine Hohe Vertragspartei nach Auffassung des Ministerkomitees, in einer Rechtssache, in der sie Partei ist, ein endgültiges Urteil des Gerichtshofs zu befolgen, so kann das Ministerkomitee, nachdem es die betreffende Partei gemahnt hat, durch einen mit Zweidrittelmehrheit der Stimmen der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder gefassten Beschluss den Gerichtshof mit der Frage befassen, ob diese Partei ihrer Verpflichtung nach Absatz 1 nachgekommen ist.

(5) Stellt der Gerichtshof eine Verletzung des Absatzes 1 fest, so weist er die Rechtssache zur Prüfung der zu treffenden Maßnahmen an das Ministerkomitee zurück. Stellt der Gerichtshof fest, dass keine Verletzung des Absatzes 1 vorliegt, so weist er die Rechtssache an das Ministerkomitee zurück; dieses beschließt die Einstellung seiner Prüfung."

Artikel 17

Artikel 59 der Konvention wird wie folgt geändert:

Schluss- und Übergangsbestimmungen

Artikel 18

(1) Dieses Protokoll liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, welche die Konvention unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung auf; sie können ihre Zustimmung, gebunden zu sein, ausdrücken,

(2) Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.

Artikel 19

Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem alle Vertragsparteien der Konvention nach Artikel 18 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu sein.

Artikel 20

(1) Mit Inkrafttreten dieses Protokolls sind seine Bestimmungen auf alle beim Gerichtshof anhängigen Beschwerden und auf alle Urteile, deren Durchführung das Ministerkomitee überwacht, anzuwenden.

(2) Auf Beschwerden, die vor Inkrafttreten dieses Protokolls für zulässig erklärt worden sind, ist die neue Zulässigkeitsvoraussetzung, die durch Artikel 12 dieses Protokolls in Artikel 35 Absatz 3 Buchstabe b der Konvention eingefügt wird, nicht anzuwenden. In den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Protokolls darf die neue Zulässigkeitsvoraussetzung nur von Kammern und der Großen Kammer des Gerichtshofs angewendet werden.

Artikel 21

Mit Inkrafttreten dieses Protokolls verlängert sich die Amtszeit der Richter, deren erste Amtszeit zu jenem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen ist, ohne weiteres auf insgesamt neun Jahre. Die übrigen Richter bleiben für ihre restliche Amtszeit, die sich ohne weiteres um zwei Jahre verlängert, im Amt.

Artikel 22

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Straßburg am 13. Mai 2004 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats beglaubigte Abschriften.

Denkschrift

A.Allgemeines

Der vom Europarat erarbeitete Erläuternde Bericht, der dieser Denkschrift in deutscher Übersetzung beigelegt ist, enthält Hinweise auf die Bedeutung, den Zweck und die Vorgeschichte des Protokolls Nr. 14 sowie zu den einzelnen Bestimmungen. Ergänzend zu diesem Bericht, auf den Bezug genommen wird, wird auf Folgendes hingewiesen:

I.Zielsetzung

Durch die ständig steigende Anzahl von Individualbeschwerden ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte überlastet. Die im Protokoll Nr. 14 vorgesehene Verfahrensreform soll den Gerichtshof entlasten und damit dessen langfristige Funktionsfähigkeit sichern.

Die Reform soll dem Gerichtshof ermöglichen, zukünftig weniger Zeit für offensichtlich unzulässige Beschwerden aufzuwenden. Das Gleiche gilt für Beschwerden, die Rechtsfragen betreffen, die bereits Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung sind. Auch die Einführung einer neuen Zulässigkeitsvoraussetzung soll dazu beitragen, dass sich der Gerichtshof zukünftig auf die Fälle konzentrieren kann, die wichtige Probleme im Bereich der Menschenrechte aufwerfen.

Die Reform ändert jedoch nichts an dem gerichtlichen Charakter des Rechtsschutzsystems der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Konvention). Auch der Grundsatz, nach dem jede Person mit der Behauptung, in einem in der Konvention oder den Protokollen dazu anerkannten Menschenrecht verletzt zu sein, den Gerichtshof anrufen kann, wird nicht angetastet.

Die Verfahrensreform durch das Protokoll Nr. 14 ist lediglich ein Teil der zur wirksamen Entlastung des Gerichtshofs notwendigen Maßnahmen. Vorrangig sind die Vertragsparteien selbst dafür verantwortlich, die Achtung der Menschenrechte sicherzustellen, während der Gerichtshof nur eine subsidiäre Rolle spielen sol1. Menschenrechtsverletzungen sollen primär bereits in den Mitgliedstaaten verhindert oder beseitigt werden. Daher hat das Ministerkomitee des Europarats verschiedene Empfehlungen verabschiedet, die die Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen auf nationaler Ebene und die Verbesserung innerstaatlicher Rechtsbehelfe betreffen1).

II. Die Notwendigkeit einer Reform

Eine Reform des Kontrollsystems der Konvention ist erforderlich, weil aufgrund der Überlastung des Gerichtshofs dessen langfristige Funktionsfähigkeit gefährdet ist.

III. Entstehungsgeschichte des Protokolls Nr. 14

Die Vorgeschichte des Protokolls Nr. 14 ist im Erläuternden Bericht ausführlich beschrieben (Nr. 20 bis 33). Daher wird hier nur ein grober Überblick gegeben.

Im November 2000 fand in Rom anlässlich des 50. Jahrestags der Unterzeichnung der Konvention die Europäische Ministerkonferenz über die Menschenrechte statt. In einer Entschließung3) stellte die Ministerkonferenz fest, dass angesichts der ständig wachsenden Zahl der Beschwerden die Effektivität des Rechtsschutzsystems der Konvention auf dem Spiel stehe. Sie forderte das Ministerkomitee auf, möglichst umgehend Möglichkeiten zu erwägen, um die Effektivität des Gerichtshofs sicherzustellen.

Zu diesem Zweck richteten die Ministerdelegierten im Februar 2001 eine sog. Evaluierungsgruppe ein. Gleichzeitig bildete der Lenkungsausschuss für Menschenrechte (CDDH) eine Arbeitsgruppe (sog. "Reflexionsgruppe") über die Verbesserung des Mechanismus zum Schutz der Menschenrechte (CDDH-GDR), in der auch Deutschland vertreten war.

Die Reflexionsgruppe übermittelte im Juni 2001 der Evaluierungsgruppe ihren Bericht4). Die Evaluierungsgruppe legte ihrerseits dem Ministerkomitee am 27. September 2001 ihren Bericht vor5).

Auf seiner 109. Sitzung im November 2001 verabschiedete das Ministerkomitee seine Erklärung "Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Europa - Langfristige Garantie der Effektivität des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte" 6). In dieser Erklärung beauftragte das Ministerkomitee den CDDH unter Berücksichtigung des Berichts der Evaluierungsgruppe, eine Machbarkeitsstudie über geeignete Maßnahmen zur Vorprüfung der Beschwerden vorzunehmen und Vorschläge zur Änderung der Konvention zu prüfen und gegebenenfalls zu unterbreiten.

Im April 2003 übermittelte der CDDH dem Ministerkomitee seinen Abschlussbericht7). Dieser enthielt Vorschläge zur verbesserten Aussonderung unzulässiger Beschwerden sowie zur Optimierung der Durchführung der Urteile des Gerichtshofs. In dem Bericht wurden aber auch andere Fragen aufgeworfen. Hierbei handelte es sich beispielsweise um den etwaigen Beitritt der Europäischen Union zur Konvention, die Länge der Amtszeit der Rich-

Im April 2004 übermittelte der CDDH dem Ministerkomitee seinen abschließenden Bericht8) mit dem Protokollentwurf zur Änderung der Konvention. Gleichzeitig mit der Annahme des Änderungsprotokolls auf seiner 114. Ministersitzung am 12. und 13. Mai 2004 verabschiedete das Ministerkomitee die Erklärung "Sicherung der wirksamen Umsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention auf nationaler und europäischer Ebene". In dieser Erklärung haben die Mitgliedstaaten die Dringlichkeit des Reformbedarfs festgestellt und daher angekündigt, das Protokoll Nr. 14 innerhalb von zwei Jahren zu ratifizieren.

Das Protokoll Nr. 14 ist am 13. Mai 2004 für die Mitgliedstaaten des Europarats, welche die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, zur Zeichnung aufgelegt worden. Die Bundesrepublik Deutschland hat das Protokoll am 10. November 2004 unterzeichnet.

IV. Erörterte Entlastungsmaßnahmen

In der Anfangsphase der Überlegungen zur Reform des Rechtsschutzsystems wurden zahlreiche Modelle zur Entlastung des Gerichtshofs diskutiert.

Die diskutierten Lösungsansätze entsprechen teilweise denen, die auch im Bericht der Kommission zur Entlastung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998 erörtert wurden9). Die Kommission wies in ihrem Bericht darauf hin, dass die außerordentlich hohe Zahl der jährlich eingehenden Verfahren, insbesondere von Verfassungsbeschwerden, zu einer Arbeitsbelastung geführt habe, die die Funktionsfähigkeit des Gerichts gefährde. Die damalige Situation des Bundesverfassungsgerichts und die heutige des Gerichtshofs weisen also deutliche Parallelen auf.

Ebenso wie hinsichtlich des Bundesverfassungsgerichts sind Vorschläge, die zu einer wesentlichen Änderung des Rechtsschutzsystems und Einschränkung des Beschwerderechts geführt hätten, nicht aufgegriffen worden. Hierbei handelt es sich z.B. um den Vorschlag, ein freies Annahmeverfahren nach dem Vorbild des U.S. Supreme Court ("Writ of certiorari"-Verfahren) einzuführen. Bei diesem Verfahren hat der Rechtsmittelführer keinen Anspruch auf Nachprüfung durch das Gericht. Es läge im Ermessen des Gerichts, einen Fall zur Sachentscheidung anzunehmen. Dieses Modell wurde aber ebenso verworfen wie der Vorschlag, vor dem Gerichtshof einen Anwaltszwang einzuführen. Der Grundsatz, dass jede Person das Recht hat, den Gerichtshof anzurufen, sollte

Verworfen wurde ferner der Vorschlag, im Rahmen eines neu zu schaffenden Organs Personen über die Zulässigkeit von Beschwerden entscheiden zu lassen, die nicht Richter des Gerichtshofs sind. Das Protokoll Nr. 14 geht dagegen von dem Grundsatz aus, dass die Aussonderung unzulässiger Beschwerden auch weiterhin ausschließlich durch Richter des Gerichtshofs erfolgen muss.

V. Der wesentliche Inhalt des Protokolls Nr. 14

Im Gegensatz zu Protokoll Nr. 11 führt das Protokoll Nr. 14 nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung des Rechtsschutzsystems der Konvention. Die Änderungen sollen vielmehr das bestehende System verbessern. Der Gerichtshof soll das verfahrensrechtliche Instrumentarium und die erforderliche Flexibilität erhalten, um sich auf die Fälle konzentrieren zu können, die eine eingehendere Prüfung erfordern.

Die wichtigsten Änderungen zur Entlastung des Gerichtshofs sind:

Es gibt jedoch auch einige Neuerungen, die nicht die Entlastung des Gerichtshofs betreffen, bei denen aber auch ein Regelungsbedarf bestand, wie z.B. hinsichtlich eines eventuellen Beitritts der Europäischen Union oder der Dauer der Amtszeit der Richter.

Im Folgenden wird eine Übersicht über die einzelnen Änderungen gegeben.

VI. Stand der Ratifikation

Bislang haben 44 Staaten das Protokoll Nr. 14 unterzeichnet, davon haben 13 Staaten es auch bereits ratifiziert (Stand 19. Juli 2005). Drei Monate nach Ratifizierung durch alle Vertragsparteien der Konvention tritt das Protokoll in Kraft.

B. Zudeneinzelnen Bestimmungen

Zu Artikel 1

Artikel 22 - Wahl der Richter

Artikel 22 Abs. 2 wird aufgehoben, da er aufgrund der Neuregelung in Artikel 23 gegenstandslos geworden ist: Scheidet ein Richter aus, der noch nicht seine volle Amtszeit abgeleistet hat, wird bislang ein Nachfolger zunächst für die noch verbleibende Amtszeit des Vorgängers gewählt (Artikel 23 Abs. 5 alte Fassung). Nach der Neuregelung wird jedoch jeder Richter für eine einzige Amtszeit von neun Jahren gewählt, auch wenn der Vorgänger seine Amtszeit nicht vollendet hatte. Die Regelung in Artikel 22 Abs. 2 für die Besetzung frei gewordener Sitze ist daher nicht mehr erforderlich. Das gilt auch für den Hinweis in Artikel 22 Abs. 2, dass im Fall des Beitritts eines neuen Vertragsstaats zur Konvention das Wahlverfahren nach Artikel 22 Abs. 1 gilt. Diese Vorschrift gilt nämlich ohnehin für jede Richterwahl.

Artikel 22 Abs. 1 ist nicht verändert worden. Insbesondere wurde davon abgesehen vorzuschreiben, dass die Liste der Kandidaten zwingend Personen beider Geschlechter enthalten müsse. Der Erläuternde Bericht (Nr. 49) weist jedoch darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach Möglichkeit versuchen sollen, geeignete Kandidaten beider Geschlechter in die Kandidatenliste aufzunehmen.

Zu Artikel 2

Artikel 23 - Amtszeit und Entlassung

Die Amtszeit der Richter wird von sechs auf neun Jahre verlängert. Eine Wiederwahl wird zukünftig ausgeschlossen sein. Hierdurch soll die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter gestärkt werden.

Aus dem neuen Wortlaut von Absatz 1 und der Streichung der Absätze 2 bis 4 des früheren Artikels 23 ergibt sich, dass zukünftig nicht mehr möglichst die Hälfte der Richter alle drei Jahre neu gewählt wird. Die Neuregelung soll mit der Zeit zu einer regelmäßigen Erneuerung der Zusammensetzung des Gerichtshofs und in der Regel dazu führen, dass jeder Richter seine Amtszeit zu einem anderen Zeitpunkt beginnt. Es soll vermieden werden, dass gleichzeitig eine große Anzahl von erfahrenen Richtern, die nicht mehr wiedergewählt werden können, durch neue Richter, die sich erst einarbeiten müssen, ersetzt wird. Dies könnte einer kontinuierlichen Arbeit des Gerichtshofs abträglich sein. Artikel 21 des Protokolls enthält Übergangsbestimmungen, die ebenfalls verhindern sollen, dass eine große Anzahl von Richtern gleichzeitig ausscheidet.

Ferner ist Absatz 5 des früheren Artikels 23 aufgehoben worden, damit nicht mehr die Möglichkeit besteht, dass ein Richter im Fall eines frei gewordenen Sitzes gewählt wird, um die Amtszeit seines Vorgängers zu Ende zu führen. In der Vergangenheit hat dies dazu geführt, dass Richter für sehr kurze Amtszeiten gewählt worden waren, was insbesondere bei fehlender Wiederwahlmöglichkeit nicht sinnvoll ist. Nach dem neuen Artikel 23 werden alle Richter für eine Amtszeit von neun Jahren gewählt.

Die Absätze 6 und 7 bleiben unverändert und werden die Absätze 2 und 3 des Artikels 23 neue Fassung.

Die Altersgrenze von 70 Jahren bleibt unverändert. Die Absätze 1 und 2 sind nicht so zu verstehen, dass nur Kandidaten gewählt werden dürfen, die eine volle Amtszeit von neun Jahren erfüllen können, also bei ihrer Wahl nicht älter als 61 Jahre sind. Den Vertragsstaaten wird im Erläuternden Bericht (Nr. 53) jedoch empfohlen, keine Kandidaten vorzuschlagen, die vor Erreichen der Altersgrenze nicht zumindest die Hälfte der Amtszeit von neun Jahren im Amt bleiben könnten.

Ist das Ausscheiden eines Richters, insbesondere aus Altersgründen, absehbar, sollte nach dem Erläuternden Bericht (Nr. 54) die Liste der drei Kandidaten (siehe Artikel 22 Abs. 1 der Konvention) grundsätzlich mindestens sechs Monate vor Ablauf der Amtszeit vorgelegt werden, so dass rechtzeitig ein Nachfolger gewählt werden kann. Hierdurch soll die Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 des neuen Artikels 23 und damit eine Umgehung der Altersgrenze vermieden werden.

Der frühere Artikel 24 (Entlassung) wird aus redaktionellen Gründen als neuer Absatz 4 in Artikel 23 eingefügt und die Überschrift des Artikels 23 entsprechend ergänzt. Hierdurch wird eine neue Nummerierung einer großen Anzahl von Bestimmungen der Konvention aufgrund der Einfügung des neuen Artikels 27 vermieden.

Zu Artikel 3

Artikel 24 (Entlassung) der Konvention wird aus den im vorstehenden Absatz erläuterten Gründen aufgehoben und als neuer Absatz 4 in Artikel 23 eingefügt.

Zu Artikel 4

Artikel 24 - Kanzlei und Berichterstatter

Der frühere Artikel 25 wird Artikel 24.

Der zweite Satz des früheren Artikels 25 ist aufgehoben worden, da die durch das Protokoll Nr. 11 eingeführten wissenschaftlichen Mitarbeiter praktisch nie eigenständig und unabhängig von der Kanzlei existiert haben.

Ferner wird ein neuer Absatz 2 angefügt, um die Funktion des Berichterstatters einzuführen. Die Berichterstatter gehören der Kanzlei des Gerichtshofs an und unterstützen den ebenfalls neu eingeführten Einzelrichter (vgl. Artikel 6 und 7 des Protokolls Nr. 14). Sie haben keine Entscheidungskompetenzen. Daher entspricht die Funktion des Berichterstatters nach dem neuen Artikel 24 der Konvention nicht der eines Richters, der als Mitglied einer Kammer Berichterstatter in einem bestimmten Verfahren ist10).

Da die Berichterstatter lediglich eine unterstützende Funktion haben, wäre es nicht unbedingt erforderlich gewesen, sie in der Konvention zu erwähnen. Hierdurch soll jedoch unterstrichen werden, dass die Mitarbeit der Berichterstatter notwendig ist, um die erforderliche erhebliche Steigerung der Effizienz bei der Aussonderung unzulässiger Beschwerden zu erreichen.

Im Erläuternden Bericht (Nr. 59) wird darauf hingewiesen, dass es Aufgabe des Gerichtshofs sei, den neuen Absatz 2 umzusetzen, insbesondere die Anzahl der erforderlichen Berichterstatter sowie die Art und Dauer ihrer Ernennung zu bestimmen. Juristen der Kanzlei des Gerichtshofs könnten zwar mit dem Amt eines Berichterstatters betraut werden. Der Gerichtshof solle aber auch auf Juristen mit praktischer Erfahrung in ihrem jeweiligen nationalen Rechtssystem zurückgreifen. Im Übrigen solle die neue Aufgabe eines Berichterstatters Personen übertragen werden, die über solide juristische Erfahrung sowie besondere Sachkenntnisse in Bezug auf die Konvention und ihre Rechtsprechung verfügen, mindestens eine der Amtssprachen des Europarats beherrschen und wie die anderen Angehörigen der Kanzlei die Unabhängigkeits- und Unparteilichkeitsbedingungen erfüllen. Ein Einzelrichter solle grundsätzlich von einem Berichterstatter unterstützt werden, der die Sprache der beteiligten Vertragspartei beherrsche und deren Rechtssystem kenne.

Zu Artikel 5

Artikel 25 - Plenum

Diesem Artikel, dem früheren Artikel 26, ist ein neuer Buchstabe f angefügt worden, um die dem Plenum des Gerichtshofs neu übertragene Befugnis zu berücksichtigen, gemäß Artikel 26 Abs. 2 neue Fassung eine Verkleinerung der Kammern zu beantragen.

Der Begriff "Kammern" in den Buchstaben b und c bezieht sich auf die Verwaltungseinheiten des Gerichtshofs, die normalerweise "Sektionen" genannt werden. Hiervon sind die Spruchkörper zu unterscheiden, auf die sich der Begriff "Kammern" in dem neuen Artikel 26 Abs. 1 Satz 1 bezieht. Es wurde nicht für notwendig gehalten, die Konvention zu ändern, um diesen Unterschied zu verdeutlichen.

1) Liste der Empfehlungen in Fußnote 4 des Erläuternden Berichts, vgl. Erläutemder Bericht Nr. 14. grundlegend umgestaltet worden. Die damaligen Kontrollorgane waren nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben in angemessener Zeit zu erledigen. Anstelle der früher mit der Prüfung von Menschenrechtsbeschwerden befassten Kommission, des nicht ständigen Gerichtshofs und des Ministerkomitees, soweit es über Individualbeschwerden zu entscheiden hatte, trat ein neuer ständiger Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte als einziges Kontrollorgan. Hierdurch sollte das Verfahren vereinfacht und beschleunigt sowie dessen gerichtsförmiger Charakter verstärkt werden.
2) Quelle: Broschüre des Europarats "Reform of the European human rights system, Proceedings of the highlevel seminar, Oslo, 18 October 2004", Straßburg 2004, S. 50 f.
3) Entschließung I über die "Institutionelle und funktionelle Umsetzung des Schutzes der Menschenrechte auf nationaler und europäischer Ebene".
4) Der "Bericht der Reflexionsgruppe über die Verbesserung des Mechanismus zum Schutz der Menschenrechte" ist in Anhang III zum "Bericht der Evaluierungsgruppe des Ministerkomitees über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte" enthalten, siehe Fußnote 5.
5) "Bericht der Evaluierungsgruppe des Ministerkomitees über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte", Straßburg, 27. September 2001, veröffentlicht in der Revue universelle des Droits de l"Homme (RUDH), 2001, S. 142 ff.
6) Erklärung veröffentlicht in der Revue universelle des Droits de l"Homme (RUDH), 2002, S. 331.
7) Dokument CM(2003)55. ter des Gerichtshofs sowie die Notwendigkeit sicherzustellen, dass die geplanten Änderungen der Konvention so rasch wie möglich in Kraft treten. Der Bericht wurde auf der 112. Sitzung des Ministerkomitees im Mai 2003 beraten. Im Anschluss an diese Sitzung wurde der CDDH damit beauftragt, einen Protokollentwurf zur Änderung der Konvention nebst Erläuterndem Bericht auszuarbeiten. Die Arbeiten zur Ausarbeitung des Protokolls Nr. 14 und seines Erläuternden Berichts fanden innerhalb des CDDH-GDR (unter dem neuen Namen: Redaktionsgruppe über die Verbesserung des Mechanismus zum Schutz der Menschenrechte) statt.
8) Dokument CM(2004)65.
9) "Entlastung des Bundesverfassungsgerichts", Bericht der vom Bundesminister der Justiz eingesetzten Kommission, Bonn 1998. vielmehr beibehalten werden. Auch der Vorschlag, die Anzahl der Richter zu erhöhen, konnte sich nicht durchsetzen.
10) In den Artikeln 48 bis 50 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs "Judge Rapporteur" (englisch) oder "juge rapporteur" (französisch) genannt.

Zu Artikel 6

Artikel 26 - Einzelrichterbesetzung, Ausschüsse, Kammern und Große Kammer

Artikel 26 (früherer Artikel 27) ist in mehrfacher Hinsicht geändert worden.

In Absatz 1 wurde in die Liste der Spruchkörper des Gerichtshofs der Einzelrichter aufgenommen. Ferner ist ein neuer Absatz 3 eingefügt worden. Dieser bestimmt, dass ein Richter nicht als Einzelrichter in den Sachen tätig werden kann, die die Vertragspartei betreffen, für die er gewählt worden ist. Die Zuständigkeit des Einzelrichters ist im neuen Artikel 27 festgelegt (s. u.).

Die Einführung des Einzelrichters soll die Effizienz des Gerichtshofs bei der Aussonderung eindeutig unzulässiger Beschwerden steigern. Künftig können entsprechende Unzulässigkeitsentscheidungen von einem Richter allein getroffen werden, was bislang Aufgabe der Ausschüsse ist, denen drei Richter angehören. Der für eine Entscheidung erforderliche Personalaufwand wird also reduziert.

Der neue Absatz 2 sieht vor, dass die Anzahl der Richter je Kammer für einen bestimmten Zeitraum von sieben auf fünf verringert werden kann. Auch hierdurch lässt sich erforderlichenfalls der für eine Entscheidung erforderliche Personalaufwand reduzieren. Die Vorschrift ermöglicht jedoch nicht, gleichzeitig Kammern unterschiedlicher Größe zu schaffen.

Schließlich ist Absatz 2 des früheren Artikels 27 geändert worden, um ein neues System für die Benennung von Richtern ad hoc einzuführen. Nach der neuen in Artikel 26 Abs. 4 enthaltenen Regelung muss jede Vertragspartei vorab eine Liste für Richter ad hoc erstellen. Aus dieser wählt der Präsident des Gerichtshofs erforderlichenfalls eine Person aus. Anders als bisher kann also eine Vertragspartei nicht mehr für ein bestimmtes gegen sie gerichtetes und bereits laufendes Beschwerdeverfahren einen Richter ad hoc benennen. Die Änderung soll dazu beitragen, eventuelle Zweifel an der Unparteilichkeit eines Richters ad hoc zu vermeiden. Der Erläuternde Bericht (Nr. 64) weist darauf hin, dass die Liste der möglichen Richter ad hoc selbstverständlich Namen von Richtern, die für andere Vertragsparteien gewählt worden sind, enthalten könne. Eingehendere Regeln für die Umsetzung des neuen Systems könnten in die Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgenommen werden.

Der neue Absatz 5 ist nahezu identisch mit Absatz 3 des früheren Artikels 27.

Zu Artikel 7

Artikel 27 - Befugnisse des Einzelrichters

Der neue Artikel 27 legt die Befugnisse des durch Artikel 26 Abs. 1 neue Fassung eingeführten Einzelrichters fest. Dieser darf Beschwerden nur dann für unzulässig erklären oder aus dem Register streichen, "wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann". Demzufolge trifft der Einzelrichter solche Entscheidungen nur in eindeutigen Fällen, in denen die Unzulässigkeit der Beschwerde von Beginn an offensichtlich ist.

Die durch Artikel 35 neue Fassung eingeführte Zulässigkeitsvoraussetzung wird der Einzelrichter in den ersten zwei Jahren nach Inkrafttreten des Protokolls allerdings nicht anwenden können. Denn dies ist in den ersten beiden Jahren den Kammern und der Großen Kammer vorbehalten (Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 des Protokolls Nr. 14). Die Kammern und die Große Kammer sollen zunächst eine Rechtsprechung zur Auslegung der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung entwickeln. Vorher ist nämlich nicht davon auszugehen, dass der Einzelrichter die Unzulässigkeit aufgrund der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung ohne weitere Prüfung feststellen kann, also diesbezüglich ein eindeutiger Fall von Unzulässigkeit vorliegt.

Der Einzelrichter wird zwar von Berichterstattern unterstützt. Für die Entscheidung selbst ist jedoch allein der Richter verantwortlich. Bestehen Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit, legt der Einzelrichter die Beschwerde einem Ausschuss oder einer Kammer vor.

Zu Artikel 8

Artikel 28 - Befugnisse der Ausschüsse

Artikel 28 Abs. 1 und 2 neue Fassung erweitert die Befugnisse der Ausschüsse mit drei Richtern. Bisher konnte ein Ausschuss Beschwerden nur (einstimmig) für unzulässig erklären. Nach der neuen Fassung von Artikel 28

Abs. 1 Buchstabe b kann er künftig auch über die Begründetheit entscheiden, wenn die dem Fall zugrunde liegende Frage der Auslegung oder Anwendung der Konvention Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist. Der Erläuternde Bericht (Nr. 68) weist darauf hin, dass es sich hierbei in der Regel um die ständige Rechtsprechung einer Kammer handeln werde. Es sei dennoch ausnahmsweise möglich, dass ein einziges Grundsatzurteil des Gerichtshofs eine "gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofs" darstelle, insbesondere wenn es sich um ein Urteil der Großen Kammer handele.

Die Neuregelung betrifft vor allem Wiederholungsfälle, das heißt im Wesentlichen gleich gelagerte Beschwerden im Erläuternden Bericht (Nr. 68) "wiederkehrende Rechtssachen" genannt, die einen erheblichen Teil der Verfahren beim Gerichtshof ausmachen.

Im Erläuternden Bericht (Nr. 69) wird ausgeführt, dass das im Rahmen von Artikel 28 Abs. 1 neue Fassung anzuwendende Verfahren im Vergleich zu dem üblichen Verfahren vor der Kammer dahingehend vereinfacht und beschleunigt werde, dass sich der Gerichtshof darauf beschränke, die Rechtssache der betroffenen Vertragspartei mit dem Hinweis darauf zur Kenntnis zu bringen, dass diese Sache eine Frage betreffe, die Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung sei. Teile der betroffene Vertragsstaat die Auffassung des Gerichtshofs, könne dieser sein Urteil sehr rasch fällen.

Der Vertragsstaat kann der Anwendung von Artikel 28 Abs. 1 Buchstabe b neue Fassung zwar mit der Begründung entgegentreten, dass dessen Voraussetzungen nicht vorlägen. Er hat jedoch nicht das Recht, gegen die Anwendung dieses Verfahrens ein Veto einzulegen. Die Entscheidung über die Anwendung des vereinfachten Verfahrens liegt damit allein bei dem Ausschuss.

Im Verfahren nach Artikel 28 Abs. 1 Buchstabe b neue Fassung entscheidet der Ausschuss gleichzeitig über alle Aspekte der Beschwerde (Zulässigkeit, Begründetheit, gerechte Entschädigung). Es ergeht also keine gesonderte Zulässigkeitsentscheidung. Eine Entscheidung des Ausschusses setzt Einstimmigkeit hinsichtlich aller Aspekte der Entscheidung voraus. Wird keine Einstimmigkeit erzielt, hat die Kammer über die Sache zu entscheiden (Artikel 29 neue Fassung). Der Erläuternde Bericht (Nr. 69) weist darauf hin, dass selbst wenn der Ausschuss ursprünglich beabsichtigte, das neue Verfahren nach Artikel 28 Abs. 1 Buchstabe b anzuwenden, er dennoch eine Unzulässigkeitsentscheidung nach Artikel 28 Abs. 1 Buchstabe a neue Fassung treffen könne. Eine solche Situation könne beispielsweise auftreten, wenn die belangte Partei den Ausschuss davon überzeuge, dass die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht erschöpft worden seien.

Die Umsetzung der Neuregelung soll die Effektivität des Gerichtshofs wesentlich erhöhen, da zahlreiche Rechtssachen nur noch von drei Richtern eines Ausschusses anstelle von sieben Richtern einer Kammer behandelt werden.

Bislang können nur Kammern oder die Große Kammer Urteile über die Begründetheit einer Beschwerde fällen. Diesen Spruchkörpern gehört von Amts wegen der für die beteiligte Vertragspartei gewählte Richter an. Dies ist bei den Ausschüssen, die nunmehr unter den oben genannten Voraussetzungen über die Begründetheit entscheiden können, jedoch nicht der Fal1. Es kann also zukünftig sein, dass Entscheidungen über die Begründetheit ohne die Anwesenheit des für die beteiligte Vertragspartei gewählten Richters ergehen. Es wurde nicht für erforderlich gehalten, die Beteiligung dieses Richters vorzuschreiben, da der Ausschuss nur über die Begründetheit von Beschwerden entscheidet, die sich auf Fragen beziehen, die Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung sind. Es ist jedoch vorgesehen, dass der Ausschuss den für die betroffene Vertragspartei gewählten Richter auffordern kann, den Sitz eines Mitglieds im Ausschuss einzunehmen. In bestimmten Fällen - wenn beispielsweise Fragen der Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe zu klären sind - kann es sinnvoll sein, einen Richter an der Entscheidungsfindung zu beteiligen, der mit dem Rechtssystem des betroffenen Vertragsstaats vertraut ist.

Einer der Umstände, die der Ausschuss berücksichtigen kann, wenn er entscheidet, ob er den für die beteiligte Vertragspartei gewählten Richter einlädt, einen Sitz im Ausschuss zu übernehmen, ist die Frage, ob der Vertragsstaat der Anwendung des Verfahrens nach Absatz 1 Buchstabe b entgegengetreten ist. Dieser Umstand wird ausdrücklich in Absatz 3 erwähnt, um in der Konvention einen Hinweis aufzunehmen, dass beteiligte Vertragsparteien der Anwendung des vereinfachten Verfahrens entgegentreten können. Eine Vertragspartei kann beispielsweise vortragen, dass sich der streitgegenständliche Fall in einem erheblichen Punkt von der angeführten gefestigten Rechtsprechung unterscheide. Die Kenntnisse des für die Vertragspartei gewählten Richters hinsichtlich des innerstaatlichen Rechts können in diesem Fall für den Ausschuss bei der Entscheidungsfindung hilfreich sein. Ist ein solcher Richter nicht anwesend oder nicht in der Lage, an den Sitzungen teilzunehmen, ist das Verfahren nach Artikel 26 Abs. 4 Satz 2 neue Fassung (Richter ad hoc) anzuwenden.

Der Erläuternde Bericht (Nr. 72) weist darauf hin, dass der Gerichtshof in seiner Verfahrensordnung die Modalitäten für die Zusammensetzung der Ausschüsse mit drei Richtern festlegen und insgesamt seine Arbeitsmethoden so gestalten solle, dass die Effektivität dieses neuen Verfahrens sichergestellt werde.

Zu Artikel 9

Artikel 29 - Entscheidungen der Kammern über die Zulässigkeit und Begründetheit

Artikel 29 Abs. 1 wurde geringfügig geändert, um den neuen Bestimmungen der Artikel 27 und 28 Rechnung zu tragen.

Aus der Formulierung des neu eingefügten Satzes 2 des Absatzes 1 ergibt sich, dass die Kammern nunmehr grundsätzlich gleichzeitig über die Zulässigkeit und Begründetheit von Individualbeschwerden entscheiden werden. Die Kammern können jedoch in Einzelfällen auch eine gesonderte Zulässigkeitsentscheidung treffen. Nach der bisherigen Regelung in Artikel 29 Abs. 3, der aufgehoben wird, ergehen Zulässigkeitsentscheidungen gesondert, sofern der Gerichtshof nicht in Ausnahmefällen anders entscheidet. Die Neuregelung kehrt das bisherige Verhältnis von Regel und Ausnahme also um.

Ohnehin bestand beim Gerichtshof die Tendenz, in geeigneten Fällen immer häufiger gleichzeitig über die Zulässigkeit und die Begründetheit zu entscheiden. Die Neuregelung soll der Kanzlei und den Richtern des Gerichtshofs ermöglichen, Beschwerden schneller zu erledigen.

Diese Änderung betrifft nicht die Staatenbeschwerden. Im Gegenteil ist hinsichtlich dieser Beschwerden die Regelung des früheren Artikels 29 Abs. 3 ausdrücklich im neuen Artikel 29 Abs. 2 Satz 2 beibehalten worden.

Zu Artikel 10

Artikel 31- Befugnisse der Großen Kammer

Diesem Artikel wurde ein neuer Buchstabe b angefügt, der die zukünftige Funktion der Großen Kammer widerspiegelt, auf Antrag des Ministerkomitees darüber zu entscheiden, ob eine Vertragspartei der Verpflichtung nachgekommen ist, ein Urteil zu befolgen (Artikel 46 Abs. 4 neue Fassung).

Zu Artikel 11

Artikel 32 - Zuständigkeit des Gerichtshofs

Hier ist ein Verweis auf die neuen Verfahren nach Artikel 46 neue Fassung (s. u.) eingefügt worden.

Zu Artikel 12

Artikel 35 - Zulässigkeitsvoraussetzungen

In Artikel 35 wird eine neue Zulässigkeitsvoraussetzung eingefügt, die dem Gerichtshof ermöglicht, Beschwerden für unzulässig zu erklären, wenn der Beschwerdeführer keinen erheblichen Nachteil erlitten hat. Diese Ergänzung soll dazu beitragen, Beschwerden, die keiner Prüfung der Begründetheit bedürfen, schneller auszusondern. Da voraussichtlich die Anzahl der Individualbeschwerden weiterhin deutlich ansteigen wird, würden die anderen von diesem Protokoll vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen allein nicht ausreichen, um die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Konvention zu gewährleisten.

Hauptbestandteil der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung ist die Frage, ob dem Beschwerdeführer ein erheblicher Nachteil entstanden ist. Es wurde darauf verzichtet, diesen auslegungsbedürftigen Begriff in der Konvention zu definieren. Dem Gerichtshof wird hierdurch bei der Anwendung der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung ein gewisses Maß an Flexibilität eingeräumt. Es ist Aufgabe des Gerichtshofs den Begriff des "erheblichen Nachteils" in der Zukunft durch seine Rechtsprechung näher zu konkretisieren.

Aus heutiger Sicht kommen verschiedene Auslegungskriterien in Betracht. Macht beispielsweise ein Beschwerdeführer einen Vermögensschaden geltend, liegt es nahe zu fragen, inwieweit ihm ein finanziell messbarer Verlust entstanden ist. Allerdings dürfte es kaum möglich sein, den erheblichen Nachteil von einem genauen Betrag abhängig zu machen. Ob ein Vermögensschaden erheblich ist, hängt nämlich auch von den Vermögensverhältnissen des Betroffenen ab. Diese sollten demnach ebenfalls berücksichtigt werden. Geht es nicht um vermögensrechtliche Streitigkeiten, ist es schwieriger, objektive Kriterien zu entwickeln. Hier könnte u. a. auf das Ausmaß einer persönlichen oder moralischen

Beeinträchtigung abgestellt werden. Zumindest dürfte immer dann von einem erheblichen Nachteil auszugehen sein, wenn ein Beschwerdeführer durch angebliches staatliches Fehlverhalten existentiell betroffen ist. Eine solche existentielle Betroffenheit könnte z.B. in dem Unwerturteil liegen, das mit einer strafrechtlichen Verurteilung verbunden ist. Dagegen ist nicht davon auszugehen, dass eine mündliche polizeiliche Verwarnung wegen einer geringfügigen Verkehrsordnungswidrigkeit ein Unwerturteil enthält, das einen erheblichen Nachteil im Sinne der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung begründen könnte.

Selbst wenn dem Beschwerdeführer kein erheblicher Nachteil entstanden ist, kann eine Beschwerde jedoch nicht für unzulässig erklärt werden, wenn die Achtung der in der Konvention und den Protokollen dazu verankerten Menschenrechte eine Prüfung der Begründetheit der Beschwerde erfordert. Der Wortlaut dieser Einschränkung orientiert sich an Artikel 37 Abs. 1 Satz 2 der Konvention, der eine ähnliche Funktion im Zusammenhang mit der Streichung einer Beschwerde im Register erfüllt. Beschwerden, die trotz ihrer Geringfügigkeit wichtige Fragen der Anwendung oder Auslegung der Konvention oder bezüglich des innerstaatlichen Rechts aufwerfen, können daher nicht nach der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung für unzulässig erklärt werden.

Ferner kann der Gerichtshof nie eine Beschwerde wegen Geringfügigkeit zurückweisen, wenn die Sache nicht ordnungsgemäß von einem innerstaatlichen Gericht geprüft worden ist. Diese Regelung stellt sicher, dass jeder Fall, sei es auf nationaler oder europäischer Ebene, mindestens einmal gerichtlich geprüft wird.

Bis die Kammern und die Große Kammer des Gerichtshofs in ihrer Rechtsprechung klare Richtlinien zur Auslegung und Anwendung der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung entwickelt haben, wird vermutlich eine gewisse Zeit vergehen. Nach Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 des Protokolls Nr. 14 dürfen daher in den ersten beiden Jahren nach dessen Inkrafttreten die Einzelrichter und die Ausschüsse mit drei Richtern die neue Zulässigkeitsvoraussetzung nicht anwenden.

Ausgeschlossen ist schließlich die Anwendung der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung auf Beschwerden, die vor dem Inkrafttreten des Protokolls Nr. 14 für zulässig erklärt worden sind (Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls Nr. 14).

Zu Artikel 13

Artikel 36 - Beteiligung Dritter

Der neue Absatz 3 des Artikels 36 soll den Schutz des Allgemeininteresses verbessern. Der Präsident des Gerichtshofs hat bereits jetzt die Möglichkeit, aus eigener Initiative oder aufgrund eines Antrags den Kommissar für Menschenrechte des Europarats aufzufordern, bei anhängigen Beschwerden mitzuwirken. Nunmehr wird dem Kommissar für Menschenrechte, der erstmals im Wortlaut der Konvention erwähnt wird, ein eigenes Recht auf Drittbeteiligung eingeräumt. Er hat allerdings nicht das Recht, selbst den Gerichtshof anzurufen.

Aufgrund seiner Erfahrung wird der Kommissar für Menschenrechte dem Gerichtshof in bestimmten Fällen nützliche Hinweise geben können. Dies gilt insbesondere für

Verfahren, die strukturelle Schwächen eines beteiligten Staates oder anderer Vertragsstaaten offen legen. Die Einzelheiten der Anwendung der Neuregelung sind in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu regeln.

Zu Artikel 14

Artikel 38 - Prüfung der Rechtssache

Artikel 38 neue Fassung greift in abgeänderter Form die Regelung des früheren Artikels 38 Abs. 1 Buchstabe a auf. Nach dieser Vorschrift setzt der Gerichtshof nach der Zulässigkeitsentscheidung mit den Parteien die Prüfung der Rechtssache fort und nimmt erforderlichenfalls Ermittlungen vor. Die betroffenen Staaten haben hierzu die erforderlichen Erleichterungen zu gewähren. Die vorgenommene Modifikation ergibt sich aus den Änderungen der Artikel 28 und 29, die eine gleichzeitige Entscheidung über die Zulässigkeit und die Begründetheit von Individualbeschwerden zur Regel machen. Artikel 38 Abs. 1 alte Fassung setzt voraus, dass bereits eine gesonderte Zulässigkeitsentscheidung ergangen ist. Wird über die Zulässigkeit und die Begründetheit gleichzeitig entschieden, ist diese Bestimmung somit nicht anwendbar. Aufgrund des neuen Wortlauts haben die betroffenen Vertragsstaaten dem Gerichtshof auch bereits vor einer Zulässigkeitsentscheidung alle zur wirksamen Durchführung der Ermittlungen erforderlichen Erleichterungen zu gewähren.

Zu Artikel 15

Artikel 39 - Gütliche Einigung

Die Bestimmungen von Artikel 39 entsprechen teilweise dem früheren Artikel 38 Abs. 1 Buchstabe b und Abs. 2 sowie dem früheren Artikel 39. Nunmehr wird den gütlichen Einigungen ein eigener Artikel gewidmet.

Nach der heutigen Rechtslage stellt sich der Gerichtshof den Parteien zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung zur Verfügung, wenn er die Beschwerde für zulässig erklärt hat (Artikel 38 Abs. 1 Buchstabe b der Konvention). Aufgrund der neuen Artikel 28 und 29 wird die Zahl gesonderter Zulässigkeitsentscheidungen zurückgehen. Daher sieht der neue Artikel 39 vor, dass der Gerichtshof sich jederzeit während des Verfahrens zur Verfügung der Parteien halten kann, um eine gütliche Einigung zu erreichen.

Die Verfahrensbeendigung durch gütliche Einigungen soll auf diese Weise gefördert werden. Der Erläuternde Bericht (Nr. 93) weist darauf hin, dass sich eine gütliche Einigung als besonders nützlich erweisen könne, wenn es um wiederkehrende Rechtssachen gehe, der Fall keine Grundsatzfragen aufwerfe oder keine Änderung des innerstaatlichen Rechts nach sich ziehe.

Artikel 39 Abs. 4 neue Fassung weist dem Ministerkomitee die neue Befugnis zu, die Durchführung von Entscheidungen zu überwachen, die gütliche Einigungen bestätigen. Nach Artikel 46 Abs. 2 der Konvention ist das Ministerkomitee für die Überwachung der Durchführung der endgültigen Urteile des Gerichtshofs zuständig. Entscheidungen sind dort aber nicht erwähnt. Um die Überwachung durch das Ministerkomitee dennoch sicherzustellen, bestätigt daher der Gerichtshof in seiner bisherigen Praxis die gütlichen Einigungen durch ein Urteil und nicht - wie es in Artikel 39 alte Fassung vorgesehen ist - durch eine Entscheidung. Der betroffene Vertragsstaat könnte jedoch den Umstand, dass trotz einer gütlichen Einigung noch ein Urteil und nicht nur eine Entscheidung ergeht, möglicherweise als impliziten Vorwurf deuten. Dies würde den Abschluss eines Vergleichs erschweren. Daher wird mit Artikel 39 Abs. 4 neue Fassung dem Ministerkomitee ausdrücklich die Befugnis zur Überwachung der Durchführung von Entscheidungen, mit denen der Wortlaut einer gütlichen Einigung bestätigt wird, übertragen. Der Erlass von Urteilen wird somit zukünftig nicht mehr erforderlich sein, um die Überwachung durch das Ministerkomitee sicherzustellen. Hierdurch soll der Abschluss gütlicher Einigungen erleichtert und auch die Arbeitsbelastung des Gerichtshofs entsprechend verringert werden.

Zu Artikel 16

Artikel 46 - Verbindlichkeit und Durchführung der Urteile

Die Absätze 3, 4 und 5 sind neu.

Bestehen unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung eines Urteils des Gerichtshofs, kann dies zu Schwierigkeiten bei der Durchführung des Urteils führen. Der neue Absatz 3 ermächtigt daher das Ministerkomitee, den Gerichtshof um Auslegung eines endgültigen Urteils zu ersuchen, um die Überwachung der Durchführung zu erleichtern. Der entsprechende Beschluss des Ministerkomitees bedarf der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder. Es ist daher davon auszugehen, dass das Ministerkomitee von dieser Möglichkeit nur selten Gebrauch machen wird. Schließlich soll das neue Verfahren nicht zu einer nennenswerten Zusatzbelastung des Gerichtshofs führen. Es ist hervorzuheben, dass der Zweck des neuen Absatzes 3 darin besteht, dem Gerichtshof zu ermöglichen, ein Urteil zu erläutern. Es geht nicht um eine Bewertung der Maßnahmen, die ein Vertragsstaat ergriffen hat, um das Urteil umzusetzen.

Die schnelle und vollständige Durchführung der Urteile des Gerichtshofs ist von herausragender Bedeutung. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Fälle handelt, die strukturelle Mängel betreffen. Denn dann ist es wichtig zu vermeiden, dass der Gerichtshof mit einer großen Anzahl weiterer gleich gelagerter Beschwerden belastet wird.

Nach den neuen Absätzen 4 und 5 kann daher das Ministerkomitee die Große Kammer des Gerichtshofs mit einem Nichtbefolgungsverfahren befassen, wenn ein Staat sich beharrlich weigert, ein Urteil umzusetzen. Dieses Verfahren führt zwar nicht dazu, dass der betroffene Staat zu einer Geldstrafe verurteilt würde. Dennoch dürfte der mit dem Verfahren verbundene politische Druck in den meisten Fällen ausreichen, um den betroffenen Staat zu bewegen, das Urteil schließlich zu befolgen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass das Ministerkomitee nur in Ausnahmefällen auf dieses Verfahren zurückgreifen wird. Die Entscheidung, den Gerichtshof anzurufen, setzt wie beim Auslegungsverfahren nach dem neuen Absatz 3 die Zweidrittelmehrheit der Stimmen der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder voraus. Bereits die Existenz des neuen Verfahrens und dessen drohende Anwendung können dazu führen, dass die Umsetzung der Urteile des Gerichtshofs erleichtert wird.

Zu Artikel 17

Artikel 59 - Unterzeichnung und Ratifikation

Artikel 59 wurde im Hinblick auf einen etwaigen Beitritt der Europäischen Union zur Konvention ergänzt. Dieser wird jedoch erst nach Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa erfolgen können. Bislang fehlt der Europäischen Union noch eine entsprechende Kompetenz. Um ihren Beitritt zu ermöglichen, werden zusätzliche Änderungen der Konvention erforderlich sein. Diese könnten durch ein Änderungsprotokoll zur Konvention oder einen Beitrittsvertrag zwischen der Europäischen Union und den Vertragsstaaten der Konvention erfolgen. In jedem Fall wird ein weiteres Ratifikationsverfahren für die zusätzlichen Änderungen notwendig sein.

Zu Artikel 18

Die Bestimmung ist eine der üblichen Schlussbestimmungen in Verträgen, die im Europarat ausgearbeitet werden. Dieses Protokoll enthält keine Bestimmung über Vorbehalte. Bei diesem Änderungsprotokoll sind aufgrund seiner Rechtsnatur Vorbehalte ausgeschlossen.

Zu Artikel 19

Auch bei diesem Artikel handelt es sich um eine übliche Schlussklausel in Verträgen, die im Europarat ausgearbeitet werden.

Zu Artikel 20

Um den von diesem Protokoll bezweckten Entlastungseffekt möglichst bald zu erreichen, bestimmt Absatz 1 dieser Übergangsbestimmung, dass mit Inkrafttreten des Protokolls Nr. 14 seine Bestimmungen grundsätzlich sofort auf alle anhängigen Beschwerden anzuwenden sind. Die neue Zulässigkeitsvoraussetzung nach Artikel 35 Abs. 3 Buchstabe b ist aus Gründen der Rechtssicherheit auf Beschwerden, die vor Inkrafttreten des

Protokolls für zulässig erklärt worden sind, jedoch nicht anwendbar (Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 des Protokolls Nr. 14). Zudem ist die Anwendung dieser neuen Zulässigkeitsvoraussetzung in den beiden Jahren nach Inkrafttreten des Protokolls den Kammern und der Großen Kammer des Gerichtshofs vorbehalten (Artikel 20 Abs. 2 Satz 2 des Protokolls Nr. 14). Diese sollen zunächst eine Rechtsprechung zur Auslegung des neuen Zulässigkeitskriteriums entwickeln, damit eine einheitliche Anwendung durch Einzelrichter und Ausschüsse gewährleistet ist.

Zu Artikel 21

Dieser Artikel enthält Übergangsbestimmungen zur Neuregelung der Amtszeit der Richter in Artikel 23 Abs. 1 der Konvention. Nach dieser Vorschrift werden zukünftig alle Richter für eine Amtszeit von neun Jahren ohne Wiederwahlmöglichkeit gewählt. Die Übergangsbestimmung sieht vor, dass die Amtszeit der Richter nicht mit dem Inkrafttreten dieses Protokolls endet. Die Amtszeit der Richter, deren erste Amtszeit noch nicht abgelaufen ist, wird ohne weiteres auf insgesamt neun Jahre verlängert. Die laufende Amtszeit der Richter, die bereits eine Amtszeit absolviert haben und wiedergewählt worden sind, verlängert sich automatisch um zwei Jahre. Durch diese Regelungen soll vermieden werden, dass gleichzeitig eine große Anzahl von erfahrenen Richtern, die nicht mehr wiedergewählt werden können, durch neue Richter, die sich erst einarbeiten müssen, ersetzt wird. Dies könnte einer kontinuierlichen Arbeit des Gerichtshofs abträglich sein. Vielmehr soll erreicht werden, dass zukünftig die Amtszeit der einzelnen Richter zu unterschiedlichen Zeitpunkten endet bzw. beginnt.

Zu Artikel 22

Dieser Artikel ist eine der üblichen Schlussklauseln in Übereinkünften, die innerhalb des Europarats ausgearbeitet werden.

Erläuternder Bericht zu dem Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention

Einleitung

1. Seit ihrer Annahme im Jahr 1950 ist die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden als "Konvention" bezeichnet) mehrfach geändert und ergänzt worden: Durch Änderungs- oder Zusatzprotokolle haben die Hohen Vertragsparteien dieses Instrument den sich verändernden Bedürfnissen und Entwicklungen der europäischen Gesellschaft angepasst. Insbesondere der durch die Konvention eingeführte Kontrollmechanismus ist 1994 durch die Annahme des Protokolls Nr. 11, das am 1. November 1998 in Kraft getreten ist, grundlegend reformiert worden.

2. Zehn Jahre später, d.h. zu einem Zeitpunkt, in dem nahezu alle europäischen Länder Vertragsparteien der Konvention geworden sind1), wurde es dringend erforderlich, diesen Mechanismus anzupassen und insbesondere langfristig die Effektivität des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden als "Gerichtshof" bezeichnet) sicherzustellen, damit er weiterhin seine herausragende Rolle beim Schutz der Menschenrechte spielen kann.

I. Notwendigkeit, die Wirksamkeit des durch die Konvention eingeführten Kontrollsystems zu verbessern

Protokoll Nr. 11

3. Das Protokoll Nr. 11 hat das frühere durch die Konvention von 1950 eingeführte System, nämlich eine Kommission, einen Gerichtshof und das Ministerkomitee, das gewisse "gerichtliche" Aufgaben wahrnahm, durch einen einzigen ständigen Gerichtshof ersetzt.

4. Das Protokoll Nr. 11, das am 11. Mai 1994 zur Unterzeichnung aufgelegt worden und am 1. November 1998 in Kraft getreten ist, bezweckte erstens, das System zu vereinfachen, um die Verfahrensdauer abzukürzen und zweitens, den gerichtlichen Charakter zu verstärken. Durch dieses Protokoll ist ein rein gerichtliches System (Wegfall der quasigerichtlichen Rolle des Ministerkomitees, Streichung

Anlage zur Denkschrift der Fakultativklausel für Individualbeschwerden und der Fakultativklausel für die obligatorische Zuständigkeit des Gerichtshofs) eingeführt und ein einziger ständiger Gerichtshof geschaffen worden.

5. Durch das Protokoll Nr. 11 konnte die Wirksamkeit des Systems erhöht werden, insbesondere durch die Verbesserung des Zugangs zum Gerichtshof sowie der Wahrnehmung des Gerichtshofs und durch die Vereinfachung des Verfahrens, um der Flut an Beschwerden, verursacht durch die ständig wachsende Zahl der Staaten, zu begegnen. Während die Kommission und der Gerichtshof in den 44 Jahren ihrer Tätigkeit bis 1998 (dem Jahr des Inkrafttretens des Protokolls Nr. 11) insgesamt 38 389 Entscheidungen und Urteile gefällt haben, hat der Gerichtshof allein seitdem in fünf Jahren 61 633 gefällt2). Diese Reform, die auf Vorschläge bereits aus den 80er Jahren zurückzuführen ist, konnte jedoch der neuen Situation nicht gerecht werden. Seit 1990 ist nämlich u. a. infolge der Erweiterung des Europarats die Anzahl der vor dem Gerichtshof erhobenen Individualbeschwerden ständig und erheblich gestiegen. Während die Zahl der Beschwerden im Jahr 1990 noch 5 279 betrug, stieg sie 1994 auf 10 335 (+ 96 %), 1998 auf 18 164 (+ 76 %) und 2002 auf 34 546 (+ 90 %). Auch wenn 2003 durch die vom Gerichtshof selbst ergriffenen Rationalisierungsmaßnahmen die Prüfung von nicht weniger als 1 500 Beschwerden monatlich abgeschlossen werden konnte, reicht dies angesichts der Anzahl der jeden Monat einem Entscheidungsorgan zugewiesenen Beschwerden - nahezu 2 300 - bei weitem nicht aus.

6. Dieser Anstieg ist nicht nur durch den Beitritt neuer Vertragsstaaten (zwischen der Auflegung des Protokolls Nr. 11 zur Unterzeichnung im Mai 1994 und der Annahme des Protokolls Nr. 14 haben 13 neue Vertragsstaaten die Konvention ratifiziert, die mehr als 240 Millionen weitere Einzelpersonen vertreten, die unter den Schutz der Konvention fallen) und den raschen Erweiterungsprozess, sondern auch durch die steigende Zahl der erhobenen Beschwerden gegen Staaten, die 1993 Vertragspartei der Konvention waren, bedingt. 2004 stand das System der Konvention nicht weniger als 800 Millionen Personen offen. Aufgrund der starken Zunahme an Individualbeschwerden waren die Wirksamkeit des Systems und infolgedessen die Glaubwürdigkeit und die Autorität des Gerichtshofs erheblich gefährdet.

Das Problem der Überlastung des Gerichtshofs

7. Es ist allgemein bekannt, dass die Arbeitsüberlastung des Gerichtshofs (im Jahr 2003 ist der Gerichtshof mit circa 39 000 neuen Beschwerden befasst worden und am Ende desselben Jahres waren ungefähr 65 000 Beschwerden bei ihm anhängig) in zwei Bereichen besonders deutlich wird:

Einige statistische Daten veranschaulichen diesen Sachverhalt. 2003 sind circa 17 270 Beschwerden für unzulässig erklärt (oder im Register gestrichen) und 753 Beschwerden für zulässig erklärt worden. Demzufolge enden die Verfahren größtenteils mit einer Unzulässigkeitsentscheidung oder einer Streichung der Rechtssache im Register des Gerichtshofs (96 % der 2003 entschiedenen Sachen). In Bezug auf die anderen Rechtssachen hat der Gerichtshof im Jahr 2003 703 Urteile gefällt, wobei sich etwa 60 % auf wiederkehrende Sachen bezogen.

8. Eine solche Zunahme an Streitfällen wirkt sich sowohl auf die Arbeitsbelastung der Kanzlei des Gerichtshofs als auch auf die der Richter aus und führt zu einer raschen Anhäufung nicht nur der bei den Ausschüssen (s. oben Nr. 5 am Ende), sondern auch der bei den Kammern anhängigen Sachen. Wie auch im Fall der Ausschüsse ist in der Tat die Arbeitsleistung der Kammern bei weitem nicht ausreichend, um mit der Flut der Rechtssachen, mit der sie befasst werden, Schritt zu halten. Nur 8 % aller vom Gerichtshof 2003 abgeschlossenen Sachen waren Kammersachen. Dies steht in deutlichem Widerspruch zur Tatsache, dass mindestens 20 % aller neuen Rechtssachen, mit denen ein Entscheidungsorgan im Lauf des gleichen Jahres befasst worden ist, einer Kammer zugeteilt worden sind. Aufgrund dieses Unterschieds zwischen Eingängen und Erledigungen waren 2003 40 % der Sachen, die bei einem Entscheidungsorgan anhängig waren, bei einer Kammer anhängig. Diese Häufung von Sachen, die bei einer Kammer anhängig waren, findet ihren Ausdruck in der Tatsache, dass am 1. Januar 2004 ungefähr 16 500 Rechtssachen bei einer Kammer anhängig waren. Es ist klar, dass die beachtliche Arbeitszeit, die für das Herausfiltern aufgewendet wird, sich nachteilig auf die Fähigkeit der Richter und der Kanzlei, Kammersachen zu behandeln, auswirkt.

9. Die Aussicht, dass die Arbeitsbelastung des Gerichtshofs und des Ministerkomitees (Kontrolle der Durchführung der Urteile) in den nächsten Jahren wächst, ist dergestalt, dass konkrete und kohärente Maßnahmen - insbesondere die Reform des Kontrollmechanismus selbst - sich als erforderlich erwiesen haben, um die Zukunft des Systems zu sichern.

10. Diese Reform soll jedoch - und dies war die größte Herausforderung bei der Vorbereitung dieses Protokolls - auf keinen Fall das in Frage stellen, was zu Recht als Bestandteil der wesentlichen und einzigartigen Merkmale des durch die Konvention eingeführten Systems erachtet wird. Es handelt sich um den gerichtlichen Charakter der europäischen Kontrolle sowie den Grundsatz, demzufolge jede Person, die behauptet, in einem der in der Konvention anerkannten Rechte oder Freiheiten verletzt zu sein, den Gerichtshof anrufen kann (Recht auf eine Individualbeschwerde).

11. Das Kontrollsystem der Konvention ist in der Tat einzigartig: Die Parteien sind damit einverstanden, ihre Verpflichtung, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in der Konvention bestimmten Rechte und Freiheiten zuzusichern, einer internationalen gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Diese Kontrolle wird vom Gerichtshof ausgeübt, der über die Individualbeschwerden, mit denen er nach Artikel 34 der Konvention befasst wird, sowie über die Staatenbeschwerden - die sehr selten sind3) -, die nach Artikel 33 erhoben werden, entscheidet. Die Urteile des Gerichtshofs sind für die belangten Parteien verbindlich und ihre Durchführung wird vom Ministerkomitee des Europarats überwacht.

12. Der Subsidiaritätsgrundsatz liegt allen Maßnahmen zugrunde, die ergriffen werden, um die Wirksamkeit des von der Konvention eingeführten Kontrollsystems zu verbessern. Nach Artikel 1 der Konvention obliegt es den Hohen Vertragsparteien, "allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen" die in der Konvention bestimmten "Rechte und Freiheiten" zuzusichern, während die Rolle des Gerichtshofs nach Artikel 19 der Konvention darin besteht, "die Einhaltung der Verpflichtungen sicherzustellen, welche die Hohen Vertragsparteien in d(...)er Konvention (...) übernommen haben". Daher sind vorrangig die Parteien dafür verantwortlich, die Achtung der Rechte und Freiheiten sicherzustellen, während der Gerichtshof eine subsidiäre Rolle spielt.

13. Voraussagen durch die Kanzlei auf der Grundlage der aktuellen Zahlen deuten darauf hin, dass die Arbeitsbelastung des Gerichtshofs weiterhin erheblich zunehmen wird, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden. Sie stellen außerdem nur eine Mindesteinschätzung dar. Die zusammentreffenden Auswirkungen einer größeren Sensibilisierung für die Konvention, insbesondere in den neuen Vertragsstaaten, und des Inkrafttretens des Protokolls Nr. 12, der Ratifikation weiterer Zusatzprotokolle durch die Staaten, die noch nicht Vertragspartei sind, der sich entwickelnden und extensiven Auslegung der Rechte der Konvention durch den Gerichtshof sowie des etwaigen Beitritts der Europäischen Union zur Konvention, geben Anlass zur Annahme, dass die Zahl der Beschwerden gegenüber der im Jahr 2003 deutlich steigen wird.

14. Die Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Wirksamkeit des von der Konvention eingeführten Kontrollsystems im weitesten Sinn langfristig sicherzustellen, beschränkt sich nicht auf das Protokoll Nr. 14. Es sind auch Maßnahmen zu ergreifen, um Verletzungen auf innerstaatlicher Ebene vorzubeugen und um die innerstaatlichen Rechtsbehelfe zu verbessern sowie um die Durchführung der Urteile des Gerichtshofs zu verbessern und zu beschleunigen4). Allein umfassende kohärente und interdependente Maßnahmen, die das Problem unter verschiedenen Gesichtspunkten angehen, können es ermöglichen, der derzeitigen Arbeitsüberlastung des Gerichtshofs abzuhelfen.

Auf innerstaatlicher Ebene zu ergreifende Maßnahmen

15. Nach dem Subsidiaritätsprinzip ist der Schutz der Rechte und Freiheiten aus der Konvention zunächst und vor allem auf innerstaatlicher Ebene zu gewährleisten. Dort ist er nämlich am wirksamsten. Die Verantwortung der nationalen Behörden in dieser Hinsicht ist erneut festzustellen und die Fähigkeit der innerstaatlichen Rechtssysteme, Verletzungen von Rechten aus der Konvention zu verhüten und wieder gutzumachen, muss verstärkt werden. Die Staaten sind verpflichtet, die Übereinstimmung ihrer Rechtsvorschriften und Verwaltungspraktiken mit den Erfordernissen aus der Konvention und der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu kontrollieren. Hierbei können sie von externen Stellen unterstützt werden. Werden diese Maßnahmen in vollem Umfang angewandt, können sie den auf den Gerichtshof ausgeübten Druck in mehrfacher Hinsicht mildern: Sie sollten in der Tat nicht nur dazu beitragen, die Anzahl der begründeten Individualbeschwerden

In der allgemeinen Erklärung des Ministerkomitees "Sicherung der wirksamen Umsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention auf nationaler und europäischer Ebene", die am 12. Mai 2004 angenommen wurde, wird auf all diese Instrumente sowie auf dieses Protokoll Bezug genommen. zu verringern, indem sie ermöglichen, Unvereinbarkeiten der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Konvention zu vermeiden, behauptete Verletzungen festzustellen oder ihnen auf innerstaatlicher Ebene abzuhelfen, sondern auch die Arbeit des Gerichtshofs dadurch erleichtern, dass der Entscheidungsfindungsprozess des Gerichtshofs vereinfacht wird, wenn die fragliche Rechtssache Gegenstand einer innerstaatlich begründeten Entscheidung war. Es versteht sich jedoch von selbst, dass die erhoffte Wirkung erst mittelfristig eintreten wird.

Zur Durchführung der Urteile zu ergreifende Maßnahmen

16. Die Durchführung der Urteile des Gerichtshofs ist Bestandteil des Konventionssystems. Die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen sollen die Durchführung verbessern und beschleunigen. Die Autorität des Gerichtshofs und die Glaubwürdigkeit des Systems hängen weitgehend von der Wirksamkeit dieses Durchführungsprozesses ab. Eine rasche und angemessene Durchführung wirkt sich natürlich auf den Eingang neuer Rechtssachen aus: Je schneller die Vertragsstaaten allgemeine Maßnahmen ergreifen, um die Urteile, denen ein strukturelles Problem zugrunde liegt, durchzuführen, desto geringer wird die Anzahl wiederkehrender Beschwerden sein. Hierbei wäre es wünschenswert, wenn die Staaten über ihre Verpflichtungen aus Artikel 46 Absatz 1 der Konvention hinaus diesen Maßnahmen und Rechtsbehelfen rückwirkende Kraft verleihen würden. Mehrere in den weiter oben erwähnten Empfehlungen und Entschließungen (siehe Fußnote 4) befürwortete Maßnahmen sollen dieses Ziel erreichen. Außerdem wäre es nützlich, wenn der Gerichtshof und - in Bezug auf die Überwachung der Durchführung der Urteile - das Ministerkomitee ein besonderes Verfahren anwenden würden, um die Urteile, die ein strukturelles Problem aufzeigen, das möglicherweise zu einer erheblichen Anzahl wiederkehrender Beschwerden führt, vorrangig zu behandeln, damit das Urteil rasch durchgeführt wird. Im Rahmen der Durchführung der Urteile des Gerichtshofs besteht die bedeutendste Änderung der Konvention darin, dass dem Ministerkomitee die Möglichkeit eingeräumt wird, gegen einen Staat, der sich weigert, ein Urteil zu befolgen, vor dem Gerichtshof ein Nichtbefolgungsverfahren anzustrengen.

17. Die im vorstehenden Absatz aufgeführten Maßnahmen sollen auch die Wirksamkeit des von der Konvention eingeführten Systems insgesamt verbessern. Obgleich die Kontrolle der Durchführung der Urteile in der Regel zufriedenstellend erfolgt, ist es dennoch vonnöten, das Verfahren zu verbessern, um in Zukunft die Wirksamkeit des Systems zu sichern.

Wirksamkeit des Herausfilterns und der anschließenden Behandlung der Beschwerden durch den Gerichtshof

18. Das Protokoll Nr. 14 enthält im Wesentlichen in den Bereichen des Herausfilterns und der anschließenden Behandlung der Beschwerden durch den Gerichtshof konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Systems. Diese Maßnahmen werden unten in Kapitel III in groben Zügen dargelegt und durch die Kommentare zu jeder Bestimmung des Protokolls in Kapitel IV eingehender erläutert.

19. Im Verlauf der vorbereitenden Arbeiten zum Protokoll Nr. 14 herrschte weitgehend Einigkeit hinsichtlich der Bedeutung mehrerer weiterer Fragen im Zusammenhang mit der Funktionsweise des durch die Konvention eingeführten Kontrollmechanismus, die jedoch keine Änderung der Konvention erforderten. Es geht um die Notwendigkeit, die Kanzlei des Gerichtshofs zu verstärken, damit sie den massiven Eingang von Beschwerden bewältigen und gleichzeitig die Qualität der Urteile beibehalten kann, die Notwendigkeit, häufiger andere Staaten als Dritte in Rechtssachen zu beteiligen, die beim Gerichtshof anhängig sind und allgemeine wichtige Fragen aufwerfen, und im Bereich der Überwachung der Durchführung die Notwendigkeit, die für die Durchführung der Urteile zuständige Stelle des Generalsekretariats des Europarats zu verstärken und bestmöglichen Gebrauch von anderen Institutionen, Mechanismen und Aktivitäten innerhalb des Europarats zu machen, um eine rasche Durchführung der Urteile zu fördern.

II. Wesentliche Etappen bei der Vorbereitung des Protokolls Nr. 14

20. Im November 2000 hat die Europäische Ministerkonferenz über die Menschenrechte, die anlässlich des 50. Jahrestags der Unterzeichnung der Konvention in Rom stattfand, festgestellt, dass "die Effektivität des von der Konvention eingeführten Mechanismus jetzt auf dem Prüfstand steht" wegen der "Schwierigkeiten, denen der Gerichtshof begegnet, um die ständig wachsende Zahl an Beschwerden zu bewältigen" (Entschließung I über die "Institutionelle und funktionelle Umsetzung des Schutzes der Menschenrechte auf nationaler und europäischer Ebene")5). Sie hat daher das Ministerkomitee aufgefordert, "möglichst umgehend die verschiedenen Möglichkeiten eingehend zu erwägen, um die Effektivität des Gerichtshofs angesichts der neuen Situation zu gewährleisten"6). Die Konferenz hielt es auch für "unabdingbar, in Anbetracht der Zunahme von Beschwerden Sofortmaßnahmen zu ergreifen, um den Gerichtshof bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen, und möglichst umgehend die verschiedenen Möglichkeiten eingehend zu erwägen, um die Effektivität des Gerichtshofs angesichts der neuen Situation zu gewährleisten"7).

21. Im Anschluss an diese Ministerkonferenz ist im Februar 2001 von den Ministerdelegierten eine Evaluierungsgruppe eingerichtet worden, welche die möglichen Mittel prüfen sollte, um die Effektivität

22. Gleichzeitig hat der Lenkungsausschuss für Menschenrechte (CDDH) seinerseits eine Arbeitsgruppe über die Verbesserung des Mechanismus zum Schutz der Menschenrechte sog. "Reflexionsgruppe" gebildet. Sie hat ihren Bericht im Juni 2001 der Evaluierungsgruppe übermittelt, damit diese ihn bei ihren Arbeiten berücksichtigen kann9).

23. Um den Schlussfolgerungen des Berichts der Evaluierungsgruppe nachzukommen, hat sich das Ministerkomitee grundsätzlich einverstanden erklärt, für den Zeitraum 2003 bis 2005 zusätzliche Haushaltsmittel zu bewilligen, die es dem Gerichtshof ermöglichen sollen, die Zahl seiner Juristen wie die des Verwaltungs- und Hilfspersonals erheblich aufzustocken. Dies galt ebenso für die Verstärkung der Stellen des Sekretariats des Europarats, die an der Durchführung der Urteile des Gerichtshofs beteiligt sind.

24. Der Gerichtshof hat ebenfalls den Schlussfolgerungen des Berichts der Evaluierungsgruppe sowie denjenigen seiner Arbeitsgruppe über die Arbeitsmethoden des Gerichtshofs Rechnung getragen10). Auf dieser Grundlage hat er eine Reihe von Maßnahmen in Bezug auf seine Arbeitsmethoden und die seiner Kanzlei getroffen. Er hat auch seine Verfahrensordnung im Oktober 2002 und anschließend im November 2003 geändert.

25. Auf seiner 109. Sitzung (8. November 2001) hat das Ministerkomitee seine Erklärung "Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Europa - Langfristige Garantie der Effektivität des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte" verabschiedet11). In dieser Erklärung begrüßte es die in dem Bericht der Evaluierungsgruppe enthaltenen Empfehlungen; um diesen nachzukommen, hat es anschließend den CDDH insbesondere damit beauftragt:

26. Im Anschluss an die Arbeiten vor allem seiner Reflexionsgruppe über die Verbesserung der Mechanismen zum Schutz der Menschenrechte (CDDH-GDR) und seines Sachverständigenausschusses zur Verbesserung der Verfahren zum Schutz der Menschenrechte (DH-PR) hat der CDDH den Stand seiner Arbeiten zu diesen beiden Punkten in einem Zwischenbericht, der im Oktober 2002 verabschiedet wurde (Dokument CM(2002)146), dargelegt. Seine Überlegungen konzentrierten sich auf drei Hauptbereiche: die Verhütung von Verletzungen auf innerstaatlicher Ebene und die Verbesserung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe, die Optimierung der Wirksamkeit des Herausfilterns und der anschließenden Behandlung der Beschwerden sowie die Verbesserung und Beschleunigung der Durchführung der Urteile des Gerichtshofs.

27. Im Lichte dieses Zwischenberichts und im Anschluss an seine auf seiner 111. Sitzung (6. bis 7. November 2002)12) angenommenen Erklärung "Der Gerichtshof für Menschenrechte für Europa" hat das Ministerkomitee den Wunsch geäußert, dass ihm eine Reihe von konkreten und kohärenten Vorschlägen zur Prüfung auf seiner Ministersitzung im Mai 2003 vorgelegt werden. Daher hat ihm der CDDH im April 2003 einen Abschlussbericht übermittelt, in dem seine Vorschläge in den drei vorgenannten Bereichen eingehend erläutert werden (Dokument CM(2003)55). Sie dienten als Grundlage für die Ausarbeitung von Empfehlungen des Ministerkomitees für die Mitgliedstaaten und die Änderungen der Konvention.

28. In seiner Erklärung "Langfristige Garantie der Effektivität des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte", die es auf seiner 112. Sitzung (14. bis 15. Mai 2003) angenommen hat, hat das Ministerkomitee diesen Bericht begrüßt und sich dem Ansatz des CDDH angeschlossen. Es hat die Ministerdelegierten beauftragt, die Vorschläge des CDDH umzusetzen, um die auf seiner 114. Sitzung im Jahr 2004 zu verabschiedenden Texte unter Berücksichtigung einiger der in dieser Erklärung aufgeführten Aspekte prüfen zu können. Es hat sie auch gebeten, anderen in dem Bericht aufgeworfenen Fragen Rechnung zu tragen; hierbei handelte es sich um den etwaigen Beitritt der Europäischen Union zur Konvention, die Dauer der Amtszeit der Richter des Gerichtshofs sowie die Notwendigkeit sicherzustellen, dass künftige Änderungen der Konvention so rasch wie möglich in Kraft treten.

29. Der CDDH ist daher damit beauftragt worden, im Hinblick auf die Annahme durch das Ministerkomitee nicht nur einen Protokollentwurf zur Änderung der Konvention nebst Erläuterndem Bericht, sondern auch einen Erklärungsentwurf, drei Empfehlungsentwürfe und einen Entschließungsentwurf auszuarbeiten. Die Arbeiten zur Ausarbeitung des Protokolls Nr. 14 und seines Erläuternden Berichts fanden innerhalb des CDDH-GDR (unter dem neuen Namen: Redaktionsgruppe über die Verbesserung des Mechanismus zum Schutz der Menschenrechte) und die Arbeiten zu den anderen Texten innerhalb des DH-PR statt.

30. Das Ministerkomitee hat den CDDH ebenfalls aufgefordert, die Zivilgesellschaft, den Gerichtshof und die Parlamentarische Versammlung zu Rate zu ziehen. Im Hinblick hierauf hat der CDDH die Stellungnahmen und Vorschläge, die von dem Ausschuss für Recht und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung, dem Gerichtshof, dem Kommissar für Menschenrechte des Europarats und einigen Mitgliedstaaten sowie nichtstaatlichen Organisationen (NGOs) und nationalen Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte vorgelegt wurden, mit äußerster Sorgfalt geprüft. Der CDDH-GDR und der CDDH haben großen Nutzen aus den Beiträgen der Vertreter der Parlamentarischen Versammlung, der Kanzlei des Gerichtshofs und des Büros des Kommissars, die sich aktiv an ihren Arbeiten beteiligt haben, gezogen. Die vom CDDH und CDDH-GDR angenommenen Berichte und Textentwürfe waren über das Internet zugängliche öffentliche Dokumente, die unmittelbar dem Gerichtshof, der Parlamentarischen Versammlung, dem Kommissar für Menschenrechte und den NGOs in Kopie übermittelt wurden. Der CDDH-GDR hat auch zwei sehr nützliche Konsultationen mit den NGOs durchgeführt und der CDDH hat aus dem Beitrag der bei ihm akkreditierten NGOs Nutzen gezogen. Die Ministerdelegierten waren während des gesamten Prozesses eng eingebunden. So ist das Protokoll Nr. 14 das Ergebnis gemeinsamer Überlegungen, die sehr transparent erfolgten.

31. Im Anschluss an einen Tätigkeitszwischenbericht im November 2003 (Dokument CM(2003)165 addendum I) hat der CDDH dem Ministerkomitee im April 2004 seinen Tätigkeitsabschlussbericht (Dokument CM(2004)65) übermittelt. Er enthielt den Protokollentwurf zur Änderung der Konvention. Die Parlamentarische Versammlung hat eine Stellungnahme zu dem Protokollentwurf verabschiedet (Stellungnahme Nr. 251 (2004) vom 28. April 2004).

32. Gleichzeitig mit der Annahme des Änderungsprotokolls auf seiner 114. Ministersitzung am 12. und 13. Mai 2004 hat das Ministerkomitee die Erklärung "Sicherung der wirksamen Umsetzung der Europäischen Menschenrechtskonvention auf nationaler und europäischer Ebene" verabschiedet. In dieser Erklärung haben die Mitgliedstaaten den dringenden Reformbedarf festgestellt. Sie haben sich daher verpflichtet, das Protokoll Nr. 14 innerhalb von zwei Jahren zu ratifizieren.

33. Der Wortlaut des Änderungsprotokolls ist am 13. Mai 2004 für die Mitgliedstaaten des Europarats, welche die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung aufgelegt worden.

III. Übersicht über die durch das Protokoll Nr. 14 erfolgten Änderungen des Kontrollsystems der Europäischen Menschenrechtskonvention

34. In der Anfangsphase der Überlegungen zur Reform des Systems, die unmittelbar nach der Europäischen Ministerkonferenz über die Menschenrechte im Jahr 2000 begann, haben sowohl die Evaluierungsgruppe als auch die Reflexionsgruppe des CDDH eine breite Palette an möglichen Änderungen des Kontrollsystems der Konvention geprüft. Mehrere Vorschläge sind aufgegriffen und jetzt in dieses Protokoll aufgenommen worden. Andere, darunter Vorschläge für eine radikale Änderung des Kontrollsystems, sind aus verschiedenen Gründen in der Reflexionsphase verworfen worden13). Einige sollten an dieser Stelle Erwähnung finden. Beispielsweise ist die Idee, im Rahmen der Konvention "regionale Gerichtshöfe erster Instanz" zu schaffen, einerseits wegen der Gefahr voneinander abweichender Rechtsprechung und andererseits wegen der erhöhten Kosten für ihre Einrichtung verworfen worden. Die Vorschläge, die darauf abzielten, dem Gerichtshof die Befugnis zu erteilen, auf Ersuchen innerstaatlicher Gerichte Vorabentscheidungen zu prüfen oder die Zuständigkeit des Gerichtshofs bei Gutachten zu erweitern (Artikel 47 bis 49 der Konvention), sind ebenfalls verworfen worden. Solche Neuerungen hätten nämlich mit der Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen der streitigen Gerichtsbarkeit kollidieren können und würden zumindest kurzfristig zu einer verstärkten Arbeitsbelastung des Gerichtshofs und nicht zum Gegenteil führen. Zwei weitere Vorschläge sind verworfen worden, weil sie das Recht auf Erhebung einer Individualbeschwerde eingeschränkt hätten. Es handelte sich einerseits um den Vorschlag, dem Gerichtshof die Befugnis einzuräumen, nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob er eine Rechtssache prüft oder nicht (ein mit dem Certiorari-Verfahren des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten vergleichbares System), und andererseits den Vorschlag, die Beschwerdeführer zu verpflichten, sich von einem Anwalt oder einem anderen juristischen Sachverständigen vertreten zu lassen, sobald die Beschwerde erhoben worden ist (siehe jedoch Artikel 36 Absatz 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs). Es wurde die Meinung vertreten, dass der Grundsatz, demzufolge jede Person das Recht hat, den Gerichtshof anzurufen, strikt beibehalten werden sollte. Verworfen wurde ebenfalls der Vorschlag, ein gesondertes Filterorgan bestehend aus Personen, bei denen es sich nicht um Richter des Gerichtshofs handelt, einzusetzen. In diesem Zusammenhang stützt sich das Protokoll auf zwei grundlegende Prämissen: Das Herausfiltern muss im gerichtlichen Rahmen des Gerichtshofs erfolgen und es darf nicht mehrere Kategorien von Richtern innerhalb einer Instanz geben. Im Lichte der Stellungnahme Nr. 251 (2004) der Parlamentarischen Versammlung des Europarats ist schließlich beschlossen worden, keine Bestimmung vorzusehen, die eine Erhöhung der Anzahl der Richter ohne erneute Änderung der Konvention ermöglicht.

35. Im Gegensatz zum Protokoll Nr. 11 ändert das Protokoll Nr. 14 das durch die Konvention eingeführte Kontrollsystem nicht radika1. Die Änderungen beziehen sich eher auf die Funktionsweise dieses Systems als auf seine Struktur. Sie sollen es vor allem verbessern, indem sie dem Gerichtshof die erforderlichen verfahrensrechtlichen Mittel und die erforderliche Flexibilität geben, um alle Beschwerden innerhalb angemessener Frist zu behandeln, wobei ihm ermöglicht werden soll, sich auf die wichtigsten Fälle zu konzentrieren, die einer eingehenden Prüfung bedürfen.

36. Hierzu erfolgen Änderungen in drei Hauptbereichen:

40. All diese Reformbestandteile sollen insgesamt die Zeit verringern, die der Gerichtshof für offensichtlich unzulässige und wiederkehrende Beschwerden aufwendet, um ihm zu ermöglichen, sich auf die Rechtssachen zu konzentrieren, die wichtige Probleme im Bereich der Menschenrechte aufwerfen.

41. Die Filterfähigkeit wird dadurch erhöht, dass ein Einzelrichter berechtigt wird, eine Individualbeschwerde für unzulässig zu erklären oder sie im Register zu streichen. Dieser neue Mechanismus wahrt daher den gerichtlichen Charakter der Entscheidungsfindung in Bezug auf die Zulässigkeit. Die Einzelrichter werden von Berichterstattern, die keine Richter sind und der Kanzlei angehören, unterstützt.

42. In Artikel 35 der Konvention wird eine neue Zulässigkeitsvoraussetzung eingefügt. Sie gibt dem Gerichtshof ein zusätzliches Mittel an die Hand, das ihm ermöglichen sollte, sich auf die Sachen zu konzentrieren, die einer Prüfung der Begründetheit bedürfen, indem sie ihn befugt, Beschwerden für unzulässig zu erklären, wenn dem Beschwerdeführer kein erheblicher Nachteil entstanden ist, und die im Übrigen im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte keiner Prüfung der Begründetheit durch den Gerichtshof bedürfen. Darüber hinaus trägt diese neue Voraussetzung ausdrücklich dafür Sorge, dass sie nicht zur Ablehnung von Rechtssachen führt, die nicht von einem innerstaatlichen Gericht ordnungsgemäß geprüft worden sind. Es ist darauf hinzuweisen, dass die neue Voraussetzung weder das Recht einer Einzelperson einschränkt, den Gerichtshof anzurufen, noch den Grundsatz ändert, demzufolge jede Individualbeschwerde hinsichtlich ihrer Zulässigkeit zu prüfen ist. Obgleich der Gerichtshof allein dafür zuständig ist, diese neue Zulässigkeitsvoraussetzung auszulegen und anzuwenden, sollte der Wortlaut, in dem sie abgefasst ist, sicherstellen, dass vermieden wird, dass eine Sache, die einer Prüfung der Begründetheit bedarf, zurückgewiesen wird. Daher müssten insbesondere immer die Rechtssachen geprüft werden, die trotz ihrer Geringfügigkeit ernsthafte Fragen der Anwendung oder Auslegung der Konvention oder wesentliche Fragen in Bezug auf das innerstaatliche Recht aufwerfen.

40. Die Befugnisse der mit drei Richtern besetzten Ausschüsse werden auf die wiederkehrenden Rechtssachen ausgedehnt. Diese Ausschüsse sind somit berechtigt, im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens nicht nur über die Zulässigkeit, sondern auch über die Begründetheit einer Beschwerde zu entscheiden, wenn die Frage, die der Sache zugrunde liegt, Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist.

41. In Bezug auf die anderen durch dieses Protokoll erfolgten Änderungen ist zunächst festzustellen, dass dem Gerichtshof eine größere Flexibilität eingeräumt wird, um gleichzeitig über die Zulässigkeit und die Begründetheit von Individualbeschwerden zu entscheiden. Die gleichzeitige Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit von Individualbeschwerden wird nämlich nicht nur gefördert, sondern wird zur Rege1. Der Gerichtshof kann jedoch von Fall zu Fall entscheiden, ob er dennoch gesondert über die Zulässigkeit entscheidet.

42. Außerdem ist das Ministerkomitee befugt, durch einen mit Zweidrittelmehrheit der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigten Mitglieder gefassten Beschluss vor der Großen Kammer des Gerichtshofs ein Verfahren gegen eine Hohe Vertragspartei einzuleiten, die sich weigert, einem endgültigen Urteil des Gerichtshofs in einem Streitfall Folge zu leisten, an dem sie beteiligt ist, nachdem diese Partei dazu aufgefordert worden ist. Ein solches Verfahren soll bewirken, dass der Gerichtshof über die Frage entscheidet, ob diese Partei ihre Verpflichtung aus Artikel 46 Absatz 1 der Konvention verletzt hat.

43. Unter bestimmten Umständen kann das Ministerkomitee den Gerichtshof auch um die Auslegung eines Urteils bitten.

44. Gütliche Einigungen werden in allen Stadien des Verfahrens gefördert. Es ist vorgesehen, dass das Ministerkomitee die Durchführung der Entscheidungen des Gerichtshofs überwacht, die den Wortlaut der gütlichen Einigungen bestätigen.

45. Es ist auch festzustellen, dass die Richter künftig für eine einzige Amtszeit von neun Jahren gewählt werden. Übergangsbestimmungen sind vorgesehen, um zu verhindern, dass eine große Anzahl an Richtern gleichzeitig ausscheidet.

46. Schließlich ist eine Änderung im Hinblick auf den etwaigen Beitritt der Europäischen Union zur Konvention eingefügt worden.

47. In Kapitel IV unten werden alle zuvor erwähnten sowie die anderen durch das Protokoll eingefügten Änderungen erläutert.

IV. Kommentare zu den Bestimmungen des Protokolls14)

Artikel 1 des Änderungsprotokolls Artikel 22 - Wahl der Richter

48. Artikel 22 Absatz 2 wird aufgehoben, da er wegen der Änderungen in Artikel 23 gegenstandslos geworden ist. Es geht nämlich nicht mehr darum, "frei gewordene Sitze zu besetzen", da jeder für den Gerichtshof gewählte Richter für eine einzige Amtszeit von neun Jahren gewählt wird, auch dann, wenn der Vorgänger dieses Richters seine Amtszeit nicht vollendet hat (siehe auch Nr. 51 unten). Mit anderen Worten: Die in dem geänderten Artikel 22 enthaltene Regelung (die der in dem früheren Artikel 22 Absatz 1 entspricht) findet in allen Fällen Anwendung, in denen es notwendig ist, einen Richter zu wählen.

49. Es ist beschlossen worden, Artikel 22 Absatz 1 nicht in der Weise zu ändern, dass die Listen von drei Kandidaten, die von den Hohen Vertragsparteien vorgeschlagen werden, zwingend Kandidaten beider Geschlechter enthalten, da dies der vorrangigen Berücksichtigung der Kompetenz potenzieller Kandidaten hätte abträglich sein können. Die Parteien sollten jedoch ihr Möglichstes tun, damit ihre Listen Kandidaten beider Geschlechter enthalten.

Artikel 2 des Änderungsprotokolls Artikel 23 - Amtszeit und Entlassung

50. Die Dauer der Amtszeit der Richter ist geändert und auf neun Jahre verlängert worden. Ihre Wiederwahl ist jedoch nicht zulässig. Diese Änderungen sollen ihre Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gemäß dem Wunsch, den insbesondere die Parlamentarische Versammlung in ihrer Empfehlung 1649 (2004) zum Ausdruck gebracht hat, verstärken.

51. Um zu vermeiden, dass die Einführung einer einzigen Amtszeit die Kontinuität des Gerichtshofs gefährdet, ist das System, demzufolge große Gruppen von Richtern in Zeitabständen von drei Jahren wiedergewählt wurden, abgeschafft worden. Dies ergibt sich aus dem neuen Wortlaut von Absatz 1 und der Streichung der Absätze 2 bis 4 des früheren Artikels 23. Ferner ist Absatz 5 des früheren Artikels 23 gestrichen worden, damit nicht mehr die Möglichkeit besteht, dass ein Richter im Fall eines frei gewordenen Sitzes gewählt wird, um die Amtszeit seines Vorgängers zu Ende zu führen. In der Vergangenheit hat dies zu unerwünschten Situationen geführt, in denen Richter für sehr kurze Amtszeiten gewählt worden waren; dies ist in einem System, in dem die Wiederwahl möglich ist, verständlich, jedoch in dem neuen System inakzeptabe1. Nach dem neuen Artikel 23 werden alle Richter für eine Amtszeit von neun Jahren ohne Wiederwahlmöglichkeit gewählt. Dies soll mit der Zeit zu einer regelmäßigen Erneuerung der Zusammensetzung des Gerichts-

52. Die Absätze 6 und 7 des früheren Artikels 23 werden beibehalten und werden die Absätze 2 und 3 des neuen Artikels 23.

53. In Bezug auf Absatz 2 (die Altersgrenze von 70 Jahren) ist beschlossen worden, keine zusätzliche Altersgrenze für die Kandidaten festzulegen. Die Absätze 1 und 2 können gemeinsam betrachtet nicht so ausgelegt werden, als schlössen sie die Kandidaten aus, die im Zeitpunkt der Wahl älter als 61 Jahre sind. Dies würde bedeuten, dass dem Gerichtshof unnötigerweise die Möglichkeit genommen würde, Nutzen aus erfahrenen Personen zu ziehen, wenn sie gewählt werden. Gleichzeitig wird den Hohen Vertragsparteien allgemein empfohlen, keine Kandidaten vorzuschlagen, die aufgrund ihres Alters nicht mindestens für die Hälfte ihrer Amtszeit von neun Jahren im Amt bleiben könnten, bevor sie das Alter von 70 Jahren erreichen.

54. Ist das Ausscheiden eines Richters, insbesondere aus Altersgründen, absehbar, sollte die betroffene Hohe Vertragspartei auf jeden Fall dafür Sorge tragen, dass eine Liste mit drei Kandidaten (siehe Artikel 22) im Vorfeld vorgelegt wird, um zu vermeiden, dass Absatz 3 des neuen Artikels 23 Anwendung findet. Grundsätzlich sollte die Liste mindestens sechs Monate vor Ablauf der Amtszeit vorgelegt werden. Hierdurch soll ermöglicht werden, der von der Parlamentarischen Versammlung in Absatz 14 ihrer Empfehlung 1649 (2004) zum Ausdruck gebrachten Besorgnis Rechnung zu tragen.

55. Artikel 21 des Protokolls enthält Übergangsbestimmungen.

56. Aus redaktionellen Gründen (um eine neue Nummerierung einer großen Anzahl von Bestimmungen der Konvention wegen der Einfügung eines neuen Artikels 27 zu vermeiden) ist der Wortlaut des früheren Artikels 24 (Entlassung) als neuer Absatz 4 in Artikel 23 eingefügt worden. Die Überschrift des Artikels 23 ist daher geändert worden.

Artikel 3 des Änderungsprotokolls

57. Aus den im vorstehenden Absatz erwähnten Gründen ist der frühere Artikel 24 aufgehoben worden; die darin enthaltene Bestimmung ist in den neuen Absatz 4 des Artikels 23 eingefügt worden.

Artikel 4 des Änderungsprotokolls Artikel 24 - Kanzlei und Berichterstatter

58. Der frühere Artikel 25 wird Artikel 24; er wird in zweierlei Hinsicht geändert. Zunächst ist der zweite Satz des früheren Artikels 25 aufgehoben worden, da die wissenschaftlichen Mitarbeiter, die durch das Protokoll Nr. 11 eingeführt worden waren, im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Mitarbeitern des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften praktisch nie eigenständig und unabhängig von der Kanzlei existiert haben. Zweitens wird ein neuer Absatz 2 angefügt, um das Amt eines Berichterstatters als Mittel einzuführen, die neue Funktion des Einzelrichters nach Artikel 27 in geänderter Fassung zu unterstützen. Obgleich es rechtlich gesehen nicht erforderlich ist, die Berichterstatter im Wortlaut der Konvention zu erwähnen, ist es dennoch als wichtig erachtet worden, dies wegen der Neuerung zu tun, die in der Tatsache besteht, dass die Arbeit eines Berichterstatters von anderen Personen als Richtern erledigt wird, und weil es unabdingbar sein wird, diese Funktion eines Berichterstatters zu schaffen, um die mögliche erhebliche Steigerung der Filterkapazität zu bewirken, auf die sich die Einführung der Einzelrichterbesetzungen bezieht. Die Angehörigen der Kanzlei, die die Aufgaben des Berichterstatters wahrnehmen, unterstützen die neuen Einzelrichter. Grundsätzlich sollte ein Einzelrichter von einem Berichterstatter unterstützt werden, der die Sprache der belangten Partei beherrscht und deren Rechtssystem kennt. In diesem Zusammenhang wird die Aufgabe eines Berichterstatters nie von einem Richter wahrgenommen werden.

59. Es ist die Aufgabe des Gerichtshofs, diesen neuen Absatz 2 umzusetzen und insbesondere die Anzahl der erforderlichen Berichterstatter sowie die Art und Dauer ihrer Ernennung zu bestimmen. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass es sinnvoll wäre, die Rekrutierung der Juristen der Kanzlei und der Berichterstatter unterschiedlich zu gestalten. Unbeschadet der Möglichkeit, Juristen der Kanzlei mit dem Amt eines Berichterstatters zu betrauen, wäre es wünschenswert, für bestimmte Zeiträume die Kanzlei durch Juristen zu unterstützen, die in Bezug auf die Funktionsweise ihres jeweiligen Rechtssystems über geeignete praktische Erfahrungen verfügen. Da die Berichterstatter der Kanzlei des Gerichtshofs angehören, finden die üblichen Einstellungsverfahren sowie die einschlägigen Vorschriften über die Personalordnung Anwendung. Hierdurch kann die Arbeitsleistung der Kanzlei erhöht werden, und sie kann aus der Erfahrung dieser Juristen auf nationaler Ebene Nutzen ziehen. Im Übrigen soll dieses neue Amt eines Berichterstatters selbstverständlich Personen übertragen werden, die über solide juristische Erfahrung sowie besondere Sachkenntnis in Bezug auf die Konvention und die diesbezügliche Rechtsprechung verfügen, mindestens eine der Amtssprachen des Europarats beherrschen und wie die anderen Angehörigen der Kanzlei die Unabhängigkeits- und Unparteilichkeitsbedingungen erfüllen.

Artikel 5 des Änderungsprotokolls Artikel 25 - Plenum

60. Diesem Artikel (dem früheren Artikel 26) ist ein neuer Absatz f angefügt worden, um die neue, dem Plenum des Gerichtshofs durch dieses Protokoll übertragene Aufgabe widerzuspiegeln. Selbstverständlich bezieht sich der Begriff "Kammern" in den Buchstaben b und c auf Verwaltungseinheiten des Gerichtshofs (die normalerweise "Sektionen" des Gerichtshofs genannt werden) im Unterschied zu den Spruchkörpern, auf die sich der Begriff "Kammern" im neuen Artikel 26 Absatz 1 erster Satz bezieht. Es ist nicht für notwendig erachtet worden, die Konvention zu ändern, um diese Unterscheidung herauszustellen.

Artikel 6 des Änderungsprotokolls

Artikel 26 - Einzelrichterbesetzung, Ausschüsse, Kammern und Große Kammer

61. Der Wortlaut des Artikels 26 (früherer Artikel 27) ist in mehrfacher Hinsicht geändert worden. Erstens ist in Absatz 1 in die Liste der Spruchkörper des Gerichtshofs eine Einzelrichterbesetzung eingefügt worden; auch ist eine neue Regelung in einen neuen Absatz 3 eingefügt worden, damit ein Richter nicht als Einzelrichter in den Sachen tagen kann, die die Hohe Vertragspartei betreffen, für die er gewählt worden ist. Die Zuständigkeit der Einzelrichter ist in dem neuen Artikel 27 festgelegt. Nr. 67 unten enthält die entsprechenden Erläuterungen dazu.

62. Eine angemessene Unterstützung der Einzelrichter erfordert zusätzliche Mitte1. Die Einführung eines solchen Systems bewirkt eine erhebliche Steigerung der Filterkapazität des Gerichtshofs, zunächst aufgrund der Verringerung - verglichen mit der Praxis der früheren Ausschüsse - der Anzahl an Akteuren, die an der Vorbereitung und Annahme von Entscheidungen beteiligt sind (ein Richter anstelle von drei Richtern, wobei die neuen Berichterstatter ihrerseits die Aufgaben als Jurist und Berichterstatter vereinen können) und außerdem, weil die Richter nicht mehr ihre Rolle als Berichterstatter wahrnehmen, sobald sie als Einzelrichter tagen, und schließlich wegen der Zunahme der Filterstellen, die gleichzeitig tätig werden.

63. Zweitens ist eine gewisse Flexibilität in Bezug auf die Größe der Kammern des Gerichtshofs durch den neuen Absatz 2 eingeführt worden. Durch die Umsetzung dieses Absatzes wird die Größe der Kammern für einen bestimmten Zeitraum allgemein verringert; hierdurch soll es jedoch nicht möglich sein, ein System einzuführen, bei dem Kammern unterschiedlicher Größe gleichzeitig für verschiedene Arten von Rechtssachen tätig wären.

64. Schließlich ist Absatz 2 des früheren Artikels 27 geändert worden, um ein neues System für die Benennung von Richtern ad hoc vorzusehen. Nach der neuen in Absatz 4 des neuen Artikels 26 enthaltenen Regelung muss jede Hohe Vertragspartei eine Reserveliste für Richter ad hoc erstellen, aus der der Präsident des Gerichtshofs eine Person auswählt, wenn sich die Benennung eines Richters ad hoc als erforderlich erweist. Mit Hilfe dieses neuen Systems kann der Kritik an dem früheren System begegnet werden, die es einer Hohen Vertragspartei gestattete, einen Richter ad hoc zu wählen, wenn das Verfahren bereits begonnen hatte. Die Parlamentarische Versammlung hatte ebenfalls ihre Bedenken hierzu zum Ausdruck gebracht. Selbstverständlich kann die Liste der möglichen Richter ad hoc den Namen von Richtern, die für andere Hohe Vertragsparteien gewählt worden sind, enthalten. Eingehendere Regeln für die Umsetzung dieses neuen Systems können in die Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgenommen werden.

65. Der Wortlaut von Absatz 5 ist nahezu identisch mit dem von Absatz 3 des früheren Artikels 27.

Artikel 7 des Änderungsprotokolls Artikel 27 - Befugnisse des Einzelrichters

66. Artikel 27 enthält neue Bestimmungen über die Befugnisse der neuen Einzelrichterbesetzung.

67. Der neue Artikel 1egt die Befugnisse der durch Artikel 26 Absatz 1 in geänderter Fassung geschaffenen Einzelrichterbesetzungen fest. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Befugnis des Einzelrichters beschränkt auf Entscheidungen über die Unzulässigkeit oder Entscheidungen, die Beschwerde im Register zu streichen, "wenn eine solche Entscheidung ohne weitere Prüfung getroffen werden kann". Demzufolge trifft der Richter solche Entscheidungen nur in absolut eindeutigen Fällen, in denen die Unzulässigkeit der Beschwerde von Beginn an offensichtlich ist. Dieser letzte Aspekt ist besonders wichtig im Hinblick auf die neue durch Artikel 35 eingeführte Zulässigkeitsvoraussetzung (siehe Nr. . 77 bis 85 unten), wobei die Kammern und die Große Kammer des Gerichtshofs zunächst eine Rechtsprechung entwickeln müssen (siehe hierzu die Übergangsvorschrift in Artikel 20 Absatz 2 zweiter Satz dieses Protokolls, derzufolge die Anwendung dieser neuen Zulässigkeitsvoraussetzung den Kammern und der Großen Kammer in den zwei Jahren nach Inkrafttreten des Protokolls vorbehalten ist). Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Einzelrichter, wie in Nr. 58 oben erläutert, von Berichterstattern unterstützt werden. Für die Entscheidung selbst ist allein der Richter verantwortlich. Bestehen Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit, legt der Richter die Beschwerde einem Ausschuss oder einer Kammer vor.

Artikel 8 des Änderungsprotokolls Artikel 28 - Befugnisse der Ausschüsse

68. Artikel 28 Absatz 1 und 2 in geänderter Fassung erweitert die den Ausschüssen mit drei Richtern erteilten Befugnisse. Bisher konnten diese Ausschüsse die Beschwerden einstimmig für unzulässig erklären. Nach der neuen Fassung von Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe b können sie künftig in einer einzigen Entscheidung die Individualbeschwerden für zulässig erklären und über die Begründetheit entscheiden, wenn die der Rechtssache zugrunde liegende Frage der Auslegung oder Anwendung der Konvention Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs ist. Bei einer "gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs" handelt es sich in den meisten Fällen um eine ständige Rechtsprechung einer Kammer. Es ist dennoch ausnahmsweise möglich, dass ein einziges Grundsatzurteil des Gerichtshofs eine "gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofs" darstellt, insbesondere wenn es sich um ein Urteil der Großen Kammer handelt. Dies betrifft daher vor allem wiederkehrende Rechtssachen, die einen erheblichen Teil der Urteile des Gerichtshofs ausmachen (im Jahr 2003 ungefähr 60 %). Die Parteien haben selbstverständlich die Möglichkeit, vor dem Ausschuss zu bestreiten, dass es sich um die "gefestigte" Rechtsprechung des Gerichtshofs handelt.

69. Das vorgesehene Verfahren ist ein vereinfachtes und zugleich beschleunigtes Verfahren, das jedoch für die Entscheidungen über die Begründetheit seinen kontradiktorischen Charakter behält und den Grundsatz einer gerichtlichen Entscheidungsfindung durch ein Kollegium wahrt. Im Vergleich zu dem üblichen kontradiktorischen Verfahren der Kammer wird es dahingehend vereinfacht und beschleunigt, dass sich der Gerichtshof darauf beschränkt, die Rechtssache (unter Umständen eine Gruppe vergleichbarer Rechtssachen) der belangten Partei mit dem Hinweis darauf zur Kenntnis zu bringen, dass diese Sache eine Frage betrifft, die Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung ist. Teilt die belangte Partei die Auffassung des Gerichtshofs, kann dieser sein Urteil sehr rasch fällen. Die belangte Partei hat die Möglichkeit, der Anwendung von Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe b entgegenzutreten - beispielsweise, wenn sie der Meinung ist, dass die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht erschöpft worden sind, oder wenn sich ihres Erachtens der Fall von den Beschwerden unterscheidet, die zu der gefestigten Rechtsprechung geführt haben. Sie hat jedoch keinesfalls das Recht, gegen die Anwendung dieses Verfahrens, worüber allein der Ausschuss entscheidet, ihr Veto einzulegen. Der Ausschuss entscheidet in einem einzigen Urteil oder einer einzigen Entscheidung über alle Aspekte der Rechtssache (Zulässigkeit, Begründetheit, gerechte Entschädigung). Dieses Verfahren verlangt Einstimmigkeit in Bezug auf jeden dieser Aspekte. Wird keine Einstimmigkeit erzielt, bedeutet dies, dass keine Entscheidung getroffen wurde und das Verfahren vor der Kammer Anwendung findet (Artikel 29). Somit hat die Kammer darüber zu entscheiden, ob es notwendig ist, in einem einzigen Urteil über alle Aspekte der Rechtssache zu entscheiden. Selbst wenn der Ausschuss ursprünglich beabsichtigte, das Verfahren nach Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe b anzuwenden, kann er dennoch eine Unzulässigkeitsentscheidung nach Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe a treffen. Eine solche Situation kann beispielsweise auftreten, wenn die belangte Partei den Ausschuss davon überzeugt hat, dass die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht erschöpft worden sind.

70. Die Umsetzung dieses neuen Verfahrens wird die Entscheidungsfindungskapazität und die Effektivität des Gerichtshofs wesentlich erhöhen, da zahlreiche Rechtssachen nur von drei anstelle von sieben Richtern (derzeitige Besetzung der Kammer, um eine Entscheidung oder ein Urteil zu fällen) behandelt werden.

71. Selbst wenn der Ausschuss mit drei Richtern ein Urteil über die Begründetheit fällt, gehört - im Gegensatz zu der Situation in Bezug auf Urteile über die Begründetheit, wie sie sich derzeit aus der Konvention ergibt - der für die als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei gewählte Richter nicht von Amts wegen dem Entscheidungsorgan an. Die Anwesenheit dieses Richters wäre nicht vonnöten, da der Ausschuss über Rechtssachen entscheidet, die sich auf Fragen beziehen, die Gegenstand einer gefestigten Rechtsprechung sind. Es ist jedoch vorgesehen, dass der Ausschuss den für die als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei gewählten Richter einladen kann, den Sitz eines Mitglieds im Ausschuss einzunehmen, da die Anwesenheit dieses Richters in bestimmten Fällen von Nutzen sein kann. Beispielsweise kann es als erforderlich erachtet werden, diesen Richter, der mit dem Rechtssystem der belangten Partei vertraut ist, an der Entscheidungsfindung zu beteiligen, vor allem, wenn beispielsweise Fragen der Erschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe zu klären sind. Einer der Umstände, die der Ausschuss berücksichtigen kann, um zu entscheiden, ob er den für die als Partei beteiligte Hohe Vertragspartei gewählten Richter auffordert oder nicht, an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen, ist die Frage, ob diese Partei der Anwendung des Verfahrens nach Absatz 1 Buchstabe b entgegengetreten ist. Dieser Umstand wird ausdrücklich in Absatz 3 erwähnt, da es für wichtig erachtet wurde, in die Konvention selbst zumindest einen Bezug auf die Möglichkeit der belangten Parteien aufzunehmen, der Anwendung des vereinfachten Verfahrens entgegenzutreten (siehe Nr. 69 oben). Eine belangte Partei kann beispielsweise dem neuen Verfahren mit der Begründung entgegentreten, dass sich die fragliche Rechtssache in einem erheblichen Punkt von der angeführten gefestigten Rechtsprechung unterscheidet. Wahrscheinlich ist die Sachkenntnis des "nationalen Richters" in Bezug auf das innerstaatliche Recht und die innerstaatliche Praxis in diesem Fall von Belang und hilft folglich dem Ausschuss. Ist ein solcher Richter nicht anwesend oder nicht in der Lage, an den Sitzungen teilzunehmen, findet das Verfahren nach dem neuen Artikel 26 Absatz 4 (am Ende) Anwendung.

72. Der Gerichtshof hat in seiner Verfahrensordnung die Modalitäten für die Zusammensetzung der Ausschüsse mit drei Richtern festzulegen und allgemeiner gesehen seine Arbeitsmethoden so zu gestalten, dass die Effektivität dieses neuen Verfahrens optimiert wird.

Artikel 9 des Änderungsprotokolls

Artikel 29 - Entscheidungen der Kammern über die Zulässigkeit und Begründetheit

73. Abgesehen von einer redaktionellen Änderung, die vorgenommen wurde, um den neuen Bestimmungen der Artikel 27 und 28 Rechnung zu tragen, befürwortet Artikel 29 Absatz 1 in geänderter Fassung die gemeinsame Entscheidungsfindung der Kammern über die Zulässigkeit und Begründetheit von Individualbeschwerden und erhebt sie zum Prinzip. Dieser Artikel schreibt in Wirklichkeit nur die Praxis fest, die sich innerhalb des Gerichtshofs entwickelt hat. Während zuvor die Entscheidungen über die Zulässigkeit in der Regel gesondert ergingen, werden künftig die Entscheidungen über die Zulässigkeit und Begründetheit von Individualbeschwerden häufig zusammen getroffen, wodurch es der Kanzlei und den Richtern des Gerichtshofs ermöglicht wird, bei der Behandlung der Rechtssachen Zeit zu gewinnen, ohne hierbei den Grundsatz der vollen und umfassenden Achtung des kontradiktorischen Verfahrens zu verletzen. Der Gerichtshof kann jedoch immer von Fall zu Fall entscheiden, ob er dennoch lieber gesondert über die Zulässigkeit entscheidet.

74. Diese Änderung betrifft nicht die Staatenbeschwerden. Im Gegenteil ist die Regelung des früheren Artikels 29 Absatz 3 ausdrücklich in Artikel 29 Absatz 2 in Bezug auf solche Beschwerden beibehalten worden. Absatz 3 des früheren Artikels 29 ist aufgehoben worden.

Artikel 10 des Änderungsprotokolls " Artikel 31 - Befugnisse der Großen Kammer

75. Diesem Artikel ist ein neuer Buchstabe b angefügt worden, um die neue, der Großen Kammer durch dieses Protokoll übertragene Funktion widerzuspiegeln, nämlich die Entscheidung über Fragen, mit denen das Ministerkomitee den Gerichtshof nach dem neuen Artikel 46 Absatz 4 befasst (Frage, ob eine Hohe Vertragspartei der Verpflichtung nachgekommen ist, ein Urteil zu befolgen).

Artikel 11 des Änderungsprotokolls Artikel 32 - Zuständigkeit des Gerichtshofs

76. Es ist ein Verweis auf die neuen Verfahren nach Artikel 46 in geänderter Fassung eingefügt worden.

Artikel 12 des Änderungsprotokolls Artikel 35 - Zulässigkeitsvoraussetzungen

77. Zu den Kriterien nach Artikel 35 ist eine neue Zulässigkeitsvoraussetzung hinzugefügt worden. Wie bereits in Nr. 39 oben dargelegt, besteht das Ziel dieser Ergänzung darin, dem Gerichtshof ein zusätzliches Mittel an die Hand zu geben, das ihm bei seiner Filterarbeit behilflich sein und ihm ermöglichen soll, den Rechtssachen mehr Zeit zu widmen, die einer Prüfung der Begründetheit, sei es wegen des rechtlichen Interesses des Individualbeschwerdeführers oder des allgemeineren Interesses des Rechts der Konvention und des europäischen ordre public, zu dem diese beiträgt, bedürfen. Die neue Voraussetzung verfolgt daher das gleiche Ziel wie andere durch dieses Protokoll eingeführte grundlegende Änderungen und ergänzt sie.

78. Angesichts der stetig wachsenden Arbeitsbelastung des Gerichtshofs ist die Einführung dieser neuen Voraussetzung für notwendig erachtet worden. Insbesondere muss der Gerichtshof eine gewisse Flexibilität zusätzlich zu derjenigen erhalten, die ihm bereits durch die bestehenden Zulässigkeitsvoraussetzungen eingeräumt wird, deren Auslegung durch die Rechtsprechung gefestigt worden ist, die sich in mehreren Jahrzehnten entwickelt hat und daher schwer zu ändern ist. Dies verhält sich so, da sehr wahrscheinlich die Anzahl an Individualbeschwerden beim Gerichtshof weiterhin steigt, und zwar bis zu einem Punkt, wo die anderen von diesem Protokoll vorgesehenen Maßnahmen sich möglicherweise als unzureichend erweisen, um zu verhindern, dass das von der Konvention eingeführte System völlig lahmgelegt wird, das somit unfähig wäre, seine vorrangige Aufgabe, nämlich den rechtlichen Schutz der Menschenrechte auf europäischer Ebene zu gewährleisten, zu erfüllen, wodurch das Recht auf Erhebung einer Individualbeschwerde in der Praxis illusorisch würde.

79. Die neue Voraussetzung kann dazu führen, dass einige Rechtssachen für unzulässig erklärt werden, während sie zuvor zu einem Urteil hätten führen können. Ihre Hauptwirkung besteht jedoch wahrscheinlich darin, dass sie langfristig ermöglicht, die Sachen, die keiner Prüfung der Begründetheit bedürfen, rascher zu behandeln. Sobald die Kammern des Gerichtshofs klare, objektive und unmittelbar anzuwendende Rechtsprechungskriterien entwickelt haben, wird die neue Voraussetzung für den Gerichtshof leichter als andere Zulässigkeitsvoraussetzungen anzuwenden sein, und dies ebenfalls bei Rechtssachen, die auf jeden Fall aus einem anderen Grund für unzulässig erklärt werden sollen.

80. Hauptbestandteil dieser neuen Voraussetzung ist die Frage, ob dem Beschwerdeführer ein erheblicher Nachteil entstanden ist. Zugegebenermaßen bedürfen diese Begriffe einer Auslegung (hierbei handelt es sich um die eingeführte zusätzliche Flexibilität); dies gilt auch für eine Reihe weiterer in der Konvention verwendeter Begriffe, einschließlich einiger anderer Zulässigkeitsvoraussetzungen. Wie in diesen anderen Fällen handelt es sich um Rechtsbegriffe, die Gegenstand einer Auslegung sein können und müssen, die durch die Weiterentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs objektive Kriterien festlegt.

81. Der zweite Bestandteil ist eine Schutzklausel, die bewirkt, dass die Beschwerde, selbst wenn dem Beschwerdeführer kein erheblicher Nachteil entstanden ist, nicht für unzulässig erklärt wird, wenn die Achtung der in der Konvention und den Protokollen dazu verankerten Menschenrechte eine Prüfung der Begründetheit der Beschwerde erfordert. Der Wortlaut dieses Bestandteils lehnt sich an Artikel 37 Absatz 1 zweiter Satz der Konvention an, wo er eine ähnliche Funktion im Zusammenhang mit der Entscheidung, eine Beschwerde im Register zu streichen, erfüllt.

82. Zu dieser ersten Schutzklausel kommt eine zweite hinzu. Der Gerichtshof kann nie eine Beschwerde wegen Geringfügigkeit zurückweisen, wenn die Rechtssache nicht ordnungsgemäß von einem innerstaatlichen Gericht geprüft worden ist. Diese Klausel, die den Grundsatz der Subsidiarität widerspiegelt, stellt sicher, dass jede Rechtssache im Hinblick auf die Anwendung der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung, sei es auf nationaler oder europäischer Ebene, gerichtlich geprüft wird.

83. Daher ist die neue Voraussetzung so formuliert worden, um die Zurückweisung einer Sache zu verhindern, die einer Prüfung der Begründetheit bedarf. Wie bereits in Nr. 39 oben dargelegt worden ist, sind hier vor allem die Rechtssachen betroffen, die trotz ihrer Geringfügigkeit ernste Fragen der Anwendung oder Auslegung der Konvention oder wesentliche Fragen in Bezug auf das innerstaatliche Recht aufwerfen.

84. Wie bereits in Nr. 67 oben dargelegt wurde, wird eine gewisse Zeit verstreichen, bis die Kammern und die Große Kammer des Gerichtshofs klare Rechtsprechungskriterien zur Anwendung der neuen Voraussetzung in konkreten Fällen festgelegt haben. Wie aus dem Wortlaut der Artikel 27 und 28 hervorgeht, können die Einzelrichter und die Ausschüsse ganz offensichtlich die neue Voraussetzung nicht anwenden, wenn eine solche Rechtsprechung fehlt. Nach Artikel 20 Absatz 2 zweiter Satz dieses Protokolls können die Einzelrichter und die Ausschüsse diese neue Voraussetzung während eines Zeitraums von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Protokolls nicht anwenden.

85. Gemäß der Übergangsregelung nach Artikel 20 Absatz 2 erster Satz dieses Protokolls (siehe auch Nr. 105 unten) kann diese neue Zulässigkeitsvoraussetzung nicht auf Beschwerden angewandt werden, die vor Inkrafttreten dieses Protokolls für zulässig erklärt worden sind.

Artikel 13 des Änderungsprotokolls Artikel 36 - Beteiligung Dritter

86. Diese Bestimmung ist auf eine ausdrückliche Bitte des Kommissars für Menschenrechte des Europarats15) zurückzuführen, die von der Parlamentarischen Versammlung in ihrer Empfehlung 1640 (2004) betreffend den 3. Jahresbericht über die Tätigkeiten des Kommissars für Menschenrechte des Europarats (1. Januar bis 31. Dezember 2002), angenommen am 26. Januar 2004, ausdrücklich unterstützt wird.

87. Der Präsident des Gerichtshofs hat bereits jetzt die Möglichkeit, aus eigener Initiative oder aufgrund eines Antrags den Kommissar für Menschenrechte aufzufordern, bei anhängigen Rechtssachen mitzuwirken. Im Hinblick auf einen stärkeren Schutz des Allgemeininteresses wird in dem Artikel 36 angefügten Absatz 3 zum ersten Mal der Kommissar für Menschenrechte in dem Wortlaut der Konvention erwähnt und ihm förmlich ein Recht auf Drittbeteiligung zuerkannt. Aufgrund seiner Erfahrung kann der Kommissar dem Gerichtshof bei der Klärung einer Reihe von Rechtssachen behilflich sein, insbesondere bei denjenigen, die strukturelle oder systematische Schwächen der belangten Partei oder der anderen Hohen Vertragsparteien offen legen.

88. Die Verfahrensordnung des Gerichtshofs sieht vor, dass der Gerichtshof jeder Hohen Vertragspartei, deren Staatsangehörigkeit ein Beschwerdeführer besitzt, die Entscheidung, mit der eine Beschwerde zugelassen wird, übermittelt. Eine solche Regelung kann auf den Kommissar keine Anwendung finden, da es wegen der Anzahl der Entscheidungen und der übermäßigen Arbeitsbelastung, die dies für die Kanzlei bedeuten würde, unmöglich ist, ihm alle Zulässigkeitsentscheidungen zu übermitteln. Der Kommissar hat sich folglich selbst hierüber zu informieren. Die Regelungen zur Ausübung des Rechts auf Drittbeteiligung und insbesondere die Fristen

89. Es ist nicht für notwendig erachtet worden, Artikel 36 in anderer Hinsicht zu ändern. Es ist insbesondere entschieden worden, in dem neuen Ausschussverfahren nach Artikel 28 Absatz 1 Buchstabe b wegen der Einfachheit der in diesem Verfahren zu behandelnden Rechtssachen die Möglichkeit der Drittbeteiligung nicht vorzusehen.

Artikel 14 des Änderungsprotokolls Artikel 38 - Prüfung der Rechtssache

90. Artikel 38 greift die Bestimmungen des früheren Artikels 38 Absatz 1 Buchstabe a auf. Die Änderungen sollen es dem Gerichtshof ermöglichen, die Rechtssache mit den Vertretern der Parteien zu prüfen und jederzeit während des Verfahrens und nicht nur im Anschluss an die Zulässigkeitsentscheidung Ermittlungen vorzunehmen. Diese Änderung ergibt sich aus den Änderungen der Artikel 28 und 29, die eine gemeinsame Entscheidung über die Zulässigkeit und die Begründetheit von Individualbeschwerden befürworten. Da diese Bestimmung schon vor der Zulässigkeitsentscheidung Anwendung findet, haben die Hohen Vertragsparteien dem Gerichtshof vor dieser Entscheidung alle erforderlichen Erleichterungen zu gewähren. Die Verpflichtung der Parteien in diesem Bereich ist also verstärkt worden. Es ist nicht für erforderlich erachtet worden, Artikel 38 (oder Artikel 34 letzter Satz) in anderer Hinsicht, insbesondere in Bezug auf eine etwaige Nichtbeachtung dieser Bestimmungen, zu ändern. Nach diesen Bestimmungen werden den Hohen Vertragsparteien bereits erhebliche rechtliche Verpflichtungen auferlegt; jedes Problem, dem der Gerichtshof hinsichtlich der Beachtung dieser Verpflichtungen nach der derzeitigen Praxis begegnen kann, kann dem Ministerkomitee zur Kenntnis gebracht werden, damit es die für erforderlich erachteten Maßnahmen ergreift.

Artikel 15 des Änderungsprotokolls Artikel 39 - Gütliche Einigung

91. Die Bestimmungen von Artikel 39 sind teilweise dem früheren Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 sowie dem früheren Artikel 39 entnommen worden. Zum besseren Verständnis der Konvention in Bezug auf das Verfahren der gütlichen Einigung ist beschlossen worden, sie in einem speziellen Artikel zu behandeln.

92. Die Umsetzung der neuen Artikel 28 und 29 dürfte weniger gesonderte Entscheidungen über die Zulässigkeit von Beschwerden zur Folge haben. Da sich der Gerichtshof nach dem früheren Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe b erst nach dieser Zulässigkeitsentscheidung den Parteien zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung zur Verfügung stellte, war es erforderlich, das diesbezügliche Verfahren anzupassen und flexibler zu gestalten. Der Gerichtshof hat daher künftig das Recht, sich den Parteien jederzeit während des Verfahrens zur Verfügung zu stellen, um eine solche gütliche Einigung herbeizuführen.

93. Gütliche Einigungen werden somit gefördert und können sich insbesondere in wiederkehrenden Rechtssachen und in anderen Sachen, die keine Grundsatzfragen oder Fragen einer Änderung des innerstaatlichen Rechts aufwerfen, als nützlich erweisen16). Selbstverständlich haben diese gütlichen Einigungen auf der Grundlage der Achtung der Menschenrechte nach Artikel 39 Absatz 1 in geänderter Fassung zu erfolgen.

94. Der neue Artikel 39 sieht die Überwachung der Durchführung der gütlichen Einigungen durch das Ministerkomitee vor. Diese neue Bestimmung ist eingefügt worden, um einer bereits gängigen Praxis des Gerichtshofs Rechnung zu tragen. Im Lichte des Artikels 46 Absatz 2 bestätigte der Gerichtshof nämlich diese gütlichen Einigungen durch ein Urteil und nicht - wie es in dem früheren Artikel 39 der Konvention vorgesehen ist - durch eine Entscheidung, deren Durchführung nicht vom Ministerkomitee überwacht wurde. Diese Praxis des Gerichtshofs erklärt sich dadurch, dass allein die Durchführung der Urteile vom Ministerkomitee überwacht wurde (früherer Artikel 39). Es wurde jedoch erkannt, dass die Tatsache, dass bei einer gütlichen Einigung ein Urteil und nicht eine Entscheidung ergeht, möglicherweise für die belangten Parteien eine negative Konotation hat, wodurch der Abschluss solcher gütlicher Einigungen nicht unbedingt gefördert wurde. Das neue Verfahren soll den Abschluss gütlicher Einigungen erleichtern und hierdurch auch die Arbeitsbelastung des Gerichtshofs verringern. Mit dem neuen Artikel 39 soll daher dem Ministerkomitee eine neue Befugnis zur Überwachung der Durchführung von Entscheidungen, mit denen der Wortlaut der gütlichen Einigungen bestätigt wird, übertragen werden. Diese Änderung zielt keinesfalls darauf ab, die derzeitigen Überwachungsmöglichkeiten des Ministerkomitees vor allem in Bezug auf andere Entscheidungen zur Streichung einer Beschwerde im Register nach Artikel 37 zu verringern. Es wäre ratsam, wenn das Ministerkomitee in seiner Praxis klarer zwischen seiner Überwachungsfunktion nach dem neuen Artikel 39 Absatz 4 (Gütliche Einigung) einerseits, und der Funktion nach Artikel 46 Absatz 2 (Durchführung der Urteile) andererseits unterscheiden würde.

Artikel 16 des Änderungsprotokolls

Artikel 46 - Verbindlichkeit und Durchführung der Urteile

95. Die beiden ersten Absätze des Artikels 46 greifen die beiden Absätze des früheren Artikels 46 auf. Die Absätze 3, 4 und 5 sind neu.

96. Nach dem neuen Artikel 46 Absatz 3 ist das Ministerkomitee befugt, den Gerichtshof um die Auslegung eines endgültigen Urteils zu ersuchen, um die Überwachung seiner Durchführung zu erleichtern. Die Erfahrung des Ministerkomitees bei der Überwachung der Durchführung von Urteilen zeigt in der Tat, dass einige Schwierigkeiten wegen der unterschiedlichen Meinungen hinsichtlich der Auslegung eines Urteils des Gerichtshofs auftreten können. Die Antwort des Gerichtshofs ermöglicht es daher, jeden Streit über die genaue Bedeutung des Urteils beizulegen. Die qualifizierte Mehrheit, die nach Absatz 3 letzter Satz für den Beschluss des Ministerkomitees erforderlich ist, zeigt, dass es von dieser ihm eröffneten Möglichkeit vorsichtig Gebrauch machen sollte, um den Gerichtshof nicht zu überlasten.

97. Ziel dieses neuen Absatzes 3 ist es, dem Gerichtshof zu gestatten, ein Urteil auszulegen, und nicht über die Maßnahmen zu entscheiden, die von einer Hohen Vertragspartei ergriffen wurden, um das Urteil durchzuführen. Es wurde keine zeitliche Begrenzung für die Einreichung von Auslegungsanträgen festgesetzt, da eine Auslegungsfrage jederzeit im Verlauf der Prüfung der Durchführung eines Urteils durch das Ministerkomitee auftauchen kann. Es steht im Ermessen des Gerichtshofs, über die Art und Form zu entscheiden, in der er diesen Antrag zu beantworten wünscht. Grundsätzlich hat die Besetzung des Gerichtshofs, die das betroffene Urteil gefällt hat, sich zur Auslegungsfrage zu äußern. Die Verfahrensordnung des Gerichtshofs kann detailliertere Regelungen für dieses neue Verfahren enthalten.

98. Die rasche und vollständige Durchführung der Urteile des Gerichtshofs ist von vorrangiger Bedeutung. Dies ist umso wichtiger, wenn sich diese Urteile auf Rechtssachen beziehen, die strukturelle Probleme betreffen, damit vermieden wird, dass der Gerichtshof mit einer großen Anzahl von wiederkehrenden Beschwerden überschwemmt wird. In diesem Zusammenhang ist es daher seit der Ministerkonferenz vom 3./4. November 2000 in Rom (Entschließung I)17) für unabdingbar erachtet worden, die dem Ministerkomitee zur Verfügung stehenden Mittel zu verstärken. Die Vertragsparteien der Konvention sind gemeinsam verpflichtet, die Autorität des Gerichtshofs - und somit die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit des durch die Konvention eingeführten Systems - gegenüber einer Hohen Vertragspartei zu wahren, die sich dem Ministerkomitee zufolge ausdrücklich oder durch ihr Verhalten weigert, ein endgültiges Urteil des Gerichtshofs in einer Rechtssache, in der es Partei ist, zu befolgen.

99. Die Absätze 4 und 5 des Artikels 46 befugen daher das Ministerkomitee, den Gerichtshof (der in der Großen Kammer tagt - siehe den neuen Artikel 31 Buchstabe b) mit einem Nichtbefolgungsverfahren gegen einen solchen Staat zu befassen, nachdem er ihn gemahnt hat. Der Beschluss des Ministerkomitees hierüber bedarf der Zweidrittelmehrheit der Stimmen der zur Teilnahme an den Sitzungen des Komitees berechtigen Mitglieder. Durch dieses Verfahren soll der Gerichtshof nicht erneut mit der Frage der Verletzung befasst werden, über die bereits mit dem ersten Urteil entschieden worden ist. Es sieht auch nicht vor, dass die Hohe Vertragspartei, die nach Auffassung des Gerichtshofs Artikel 46 Absatz 1 verletzt hat, eine Geldstrafe zu zahlen hat. Es wird die Meinung vertreten, dass der politische Druck, den ein solches Verfahren vor der Großen Kammer bedeuten würde, und deren Urteil ausreichend sein müssten, damit der betroffene Staat das ursprüngliche Urteil des Gerichtshofs durchführt.

100. Das Ministerkomitee sollte von diesem Nichtbefolgungsverfahren nur in Ausnahmefällen Gebrauch machen. Allerdings hat es sich als erforderlich erwiesen, das Ministerkomitee, welches das für die Überwachung der Durchführung der Urteile des Gerichtshofs zuständige Organ bleibt, mit mehr Druckmitteln auszustatten, um die Durchführung der Urteile sicherzustellen. Zurzeit ist nämlich das letzte dem Ministerkomitee zur Verfügung stehende Mittel der Rückgriff auf Artikel 8 der Satzung des Europarats (Aussetzung des Stimmrechts im Ministerkomitee oder sogar Ausschluss aus der Organisation). Dies ist eine äußerst harte Maßnahme, deren Anwendung in den meisten Fällen kontraproduktiv wäre; die Hohe Vertragspartei, die sich in der in Artikel 46 Absatz 4 aufgeführten Lage befindet, muss mehr als jede andere weiterhin der Disziplin des Europarats unterworfen bleiben. Der neue Artikel 46 fügt daher zu den bereits bestehenden Möglichkeiten neue Möglichkeiten der Druckausübung hinzu. Die bloße Tatsache, dass ein solches Verfahren besteht und dessen Anwendung droht, sollte in Bezug auf die Durchführung der Urteile des Gerichtshofs eine neue effektive anspornende Wirkung haben. Es ist vorgesehen, dass das Ergebnis dieses Verfahrens in einem Urteil des Gerichtshofs zum Ausdruck kommt.

Artikel 17 des Änderungsprotokolls Artikel 59 - Unterzeichnung und Ratifikation

101. Artikel 59 ist im Hinblick auf einen etwaigen Beitritt der Europäischen Union zur Konvention geändert worden. Ein neuer Absatz 2 sieht diese Möglichkeit vor, um den Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union, insbesondere im Zusammenhang mit dem Verfassungsentwurf, im Hinblick auf den Beitritt zur Konvention Rechnung zu tragen. Es ist darauf hinzuweisen, dass zusätzliche Änderungen der Konvention erforderlich sein werden, um einen solchen Beitritt unter rechtlichen und verfahrenstechnischen Gesichtspunkten zu ermöglichen. Der CDDH hat im Jahre 2002 einen Bericht, der diese Fragen behandelt, angenommen (Dokument DGII(2002)006). Dieser Bericht ist dem Ministerkomitee übermittelt worden, das ihn zur Kenntnis genommen hat. Der CDDH war der Auffassung, dass die Änderungen entweder durch ein Änderungsprotokoll zur Konvention oder durch einen Beitrittsvertrag, der zwischen der Europäischen Union einerseits und den Vertragsparteien der Konvention andererseits abzuschließen wäre, eingeführt werden könnten. Obgleich der CDDH zum Ausdruck gebracht hat, dass er der zweiten Lösung den Vorzug gibt, wurde es für ratsam erachtet, in dem derzeitigen Protokoll nicht auf einen etwaigen Beitrittsvertrag zu verweisen, um für die Zukunft alle Möglichkeiten offen zu halten.

102. Bei der Ausarbeitung dieses Protokolls war es noch nicht möglich, mit der Europäischen Union über den Zeitpunkt eines etwaigen Beitritts zur Konvention zu verhandeln - und noch weniger eine Übereinkunft zu schließen -, da die Europäische Union hierzu einfach noch nicht befugt war. Daher war es nicht möglich, in dieses Protokoll die weiteren Änderungen der Konvention, die für einen solchen Beitritt erforderlich sind, aufzunehmen. Infolgedessen wird ein zweites Ratifikationsverfahren für diese zusätzlichen Änderungen notwendig sein, ob sie nun in einem Änderungsprotokoll oder einem Beitrittsvertrag enthalten sind.

Schluss- und Übergangsbestimmungen

Artikel 18 des Änderungsprotokolls

103. Dieser Artikel ist eine der üblichen Schlussbestimmungen in Übereinkünften, die innerhalb des Europarats ausgearbeitet werden. Dieses Protokoll enthält keine Bestimmung über Vorbehalte. Aufgrund seiner Art schließt dieses Änderungsprotokoll das Anbringen von Vorbehalten aus.

Artikel 19 des Änderungsprotokolls

104. Dieser Artikel ist eine der üblichen Schlussbestimmungen in Übereinkünften, die innerhalb des Europarats ausgearbeitet werden. Bei dem Zeitabschnitt von drei Monaten, der darin aufgeführt ist, handelt es sich um den Zeitabschnitt, der für die Protokolle Nr. 12 und 13 gewählt worden ist. Da die Umsetzung der Reform eilbedürftig ist, ist vielmehr dieser Zeitabschnitt und nicht ein Zeitabschnitt von einem Jahr gewählt worden, was bei dem Protokoll Nr. 11 der Fall war. Beim Protokoll Nr. 11 war dieser Zeitabschnitt von einem Jahr erforderlich, um den neuen Gerichtshof einsetzen und insbesondere die Richter wählen zu können.

Artikel 20 des Änderungsprotokolls

105. Absatz 1 dieser Übergangsbestimmung bestätigt, dass mit Inkrafttreten dieses Protokolls seine Bestimmungen unmittelbar auf alle anhängigen Beschwerden Anwendung finden können, um die Auswirkungen der gesteigerten Wirksamkeit des Systems, die sich aus diesem Protokoll ergeben wird, nicht zu verzögern. Im Hinblick auf Artikel 35 Absatz 4 (am Ende) der Konvention ist es für notwendig erachtet worden, in Artikel 20 Absatz 2 erster Satz des Änderungsprotokolls darauf hinzuweisen, dass die neue, durch Artikel 13*) dieses Protokolls in Artikel 35 Absatz 3 Buchstabe b der Konvention eingefügte Zulässigkeitsvoraussetzung nicht auf Beschwerden angewandt wird, die vor Inkrafttreten dieses Protokolls für zulässig erklärt worden sind. Absatz 2 zweiter Satz behält für einen Zeitabschnitt von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Protokolls ausdrücklich den Kammern und *) Zutreffend wäre "Artikel 12" der Großen Kammer des Gerichtshofs die Anwendung der neuen Zulässigkeitsvoraussetzung vor. Diese Regelung verdeutlicht die Notwendigkeit, eine Rechtsprechung über die Auslegung dieser neuen Voraussetzung zu entwickeln, bevor sie durch die Einzelrichter oder Ausschüsse angewandt werden kann.

Artikel 21 des Änderungsprotokolls

106. Dieser Artikel enthält Übergangsvorschriften für die Einführung der neuen Bestimmung des Artikels 23 Absatz 1 über die Amtszeit der Richter (die Absätze 2 bis 4 des neuen Artikels 23 werden in keiner Weise von diesen Übergangsregelungen berührt). Die Amtszeiten der Richter enden nicht im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls, sondern dauern danach weiter an. Darüber hinaus werden diese Amtszeiten nach der Bestimmung des ersten oder des zweiten Satzes von Artikel 21 verlängert, je nachdem, ob es sich bei Inkrafttreten des Protokolls um die erste Amtszeit der Richter handelt oder nicht. Durch diese Regelungen soll vermieden werden, dass zu irgendeinem bestimmten Zeitpunkt eine große Anzahl an Richtern durch neue Richter ersetzt wird. Sie sollen nach Inkrafttreten dieses Protokolls verhindern, dass - aus Gründen im Zusammenhang mit der Wahl - nach dem alten System zwei Hauptgruppen von Richtern bestehen, deren Amtszeit gleichzeitig abläuft. Durch diese Regelung werden die beiden fraglichen Gruppen in kleinere Gruppen aufgeteilt, die wiederum zeitlich gestaffelte Richterwahlen zur Folge haben werden. Artikel 23 in geänderter Fassung soll bewirken, dass diese Gruppen allmählich verschwinden (siehe hierzu den Kommentar in Nr. 51 oben).

107. Im Sinne des Artikels 21 erster Satz sollten die Richter, die nach Artikel 23 Absatz 5 die Amtszeit ihres Vorgängers zu Ende führen, so angesehen werden, als erfüllten sie ihre erste Amtszeit. Der zweite Satz findet auf die anderen Richter unter der Voraussetzung Anwendung, dass ihre Amtszeit nicht mit Inkrafttreten dieses Protokolls geendet hat.

Artikel 22 des Änderungsprotokolls

108. Dieser Artikel ist eine der üblichen Schlussbestimmungen in Übereinkünften, die innerhalb des Europarats ausgearbeitet werden.

1) Anfang 2004 waren Weißrussland und Monaco unter den möglichen oder tatsächlichen Beitrittskandidaten als Einzige nicht Mitglied des Europarats.
2) Vorbehaltlich gegenteiliger Angaben, sind diese hier erwähnten Zahlen dem Dokument "Übersicht 2003" des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entnommen worden oder beruhen auf neueren Angaben seitens seiner Kanzlei.
3) Bis zum 1. Januar 2004 gab es nur 20 Staatenbeschwerden.
4) Das Ministerkomitee hat diese Instrumente genau zu diesem Zweck angenommen:
5) Absatz 16 der Entschließung.
6) Absatz 18 ii. der Entschließung.
7) Erklärung der Ministerkonferenz in Rom, "Die Europäische Menschenrechtskonvention ist 50 Jahre alt: Welche Zukunft hat der Schutz der Menschenrechte in Europa?". des Gerichtshofs sicherzustellen. Sie hat ihren Bericht dem Ministerkomitee am 27. September 2001 vorgelegt8).
8) "Bericht der Evaluierungsgruppe des Ministerkomitees über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte", Straßburg, 27. September 2001, veröffentlicht in der Revue universelle des Droits de l"Homme (RUDH), 2001, S. 142 ff.
9) Der "Bericht der Reflexionsgruppe über die Verbesserung des Mechanismus zum Schutz der Menschenrechte" ist in Anhang III zum "Bericht der Evaluierungsgruppe des Ministerkomitees über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte" enthalten (a. a. O.).
10) "Drei Jahre Arbeit für die Zukunft. Abschlussbericht der Arbeitsgruppe über die Arbeitsmethoden des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte", Straßburg, Europarat, 2002.
11) Erklärung veröffentlicht in der Revue universelle des Droits de l"Homme (RUDH), 2002, S. 331.
12) Erklärung veröffentlicht in der Revue universelle des Droits de l"Homme (RUDH), 2002, S. 331.
13) Siehe, um einen umfassenderen Überblick zu gewinnen, den Tätigkeitsbericht der Reflexionsgruppe des CDDH (Dokument CDDHGDR(2001)10, insbesondere seine Anhänge I und II), den Bericht der Evaluierungsgruppe (siehe Fußnote 8 oben) sowie den Zwischenbericht des CDDH von Oktober 2002 (Dokument CM(2002)146), der eine Erörterung verschiedener Vorschläge enthält, die in dem Seminar der Partner zum Schutz der Menschenrechte vorgetragen worden sind: "Das Zusammenspiel zwischen Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte und den nationalen Gerichten verstärken" (Straßburg, 9. bis 10. September 2002).
14) Vorbehaltlich anderer Angaben beziehen sich die Verweise der Artikel auf die Artikel der Konvention in der durch dieses Protokoll geänderten Fassung. hofs und in der Regel dazu führen, dass jeder Richter seine Amtszeit zu einem anderen Zeitpunkt beginnt.
15) Das Amt des Kommissars für Menschenrechte des Europarats ist mit der Entschließung (99) 50, die am 7. Mai 1999 vom Ministerkomitee angenommen worden ist, eingerichtet worden. werden nicht unbedingt die gleichen für eine Hohe Vertragspartei oder den Kommissar sein. Die Verfahrensordnung des Gerichtshofs bestimmt die Anwendungsmodalitäten von Artikel 36 Absatz 3.
16) Siehe hierzu die Entschließung Res(2002)59 über die Praxis der gütlichen Einigung (angenommen am 18. Dezember 2002 vom Ministerkomitee auf seiner 822. Tagung der Ministerdelegierten).
17) Siehe die Absätze 19 bis 22 der Entschließung.