Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft

Brüssel, den 13.3.2014
C(2014) 1590 final

Herrn Stephan Weil
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
D-10117 Berlin

Sehr geehrter Herr Präsident,
Die Kommission möchte dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (COM (2013) 534) danken und sich für die verspätete Antwort entschuldigen.

Die Kommission weiß die Unterstützung durch den Bundesrat zu schätzen, der in seiner Stellungnahme seine Auffassung zu zahlreichen Aspekten der Europäischen Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat. Sie möchte hierzu Folgendes bemerken:

Die Kommission stimmt dem Bundesrat zu, dass sich so viele Mitgliedstaaten wie möglich an der Europäischen Staatsanwaltschaft beteiligen sollten, damit sichergestellt wird dass Verstöße gegen die finanziellen Interessen der EU auf kohärente Weise untersucht und verfolgt werden.

Was die Zahl der Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte anbelangt, ist auch die Kommission der Auffassung, dass in jedem Mitgliedstaat eine ausreichende Zahl tätig sein sollte. Entsprechend dem Kommissionsvorschlag können die Mitgliedstaaten selbst die Zahl der Abgeordneten Europäischen Staatsanwälte festlegen. In Artikel 6 wird lediglich bestimmt, dass es in jedem Mitgliedstaat mindestens einen Abgeordneten Europäischen Staatsanwalt gibt. Die Kommission nimmt die Bedenken bezüglich der Weisungsbefugnis gegenüber den nationalen Staatsanwaltschaften zur Kenntnis. Allerdings ist es für das Funktionieren der Europäischen Staatsanwaltschaft notwendig, dass Abgeordnete Europäische Staatsanwälte die nationalen Strafverfolgungsbehörden in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Standort haben, anweisen (Artikel 18 Absatz 1). Diese bleiben aber Staatsanwälte nach nationalem Recht (, Doppelhut-Funktion").

Die Kommission nimmt den Vorschlag des Bundesrates zur Kenntnis, PIF-Delikte in der Verordnung selbst zu definieren. PIF-Delikte werden im Entwurf einer von der Kommission gemäß Artikel 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgeschlagenen Richtlinie definiert, die als angemessene Rechtsgrundlage angesehen wird

Was die Befugnisse der Europäischen Staatsanwaltschaft und ihr Verhältnis zu den nationalen Behörden anbelangt, stützt sich der Vorschlag auf eine klare Aufgabenverteilung, die im Sinne der Rechtssicherheit Strafverfolgungslücken und Doppelverfolgungen vermeidet.

Die Kommission wird die Auffassung des Bundesrates bei den laufenden Verhandlungen gebührend berücksichtigen.

Im Hinblick auf die Bedenken des Bundesrates, dass die Ermittlungsbefugnisse der Europäischen Staatsanwaltschaft zu weitgehend seien, möchte die Kommission betonen, dass entsprechend dem Vorschlag weitgehendere Ermittlungsbefugnisse der vorherigen Genehmigung eines nationalen Gerichts bedürfen. Dies führt zu einem verbesserten Schutz der Verfahrensrechte in den Mitgliedstaaten, in denen eine vorherige richterliche Genehmigung für diese Maßnahme bisher noch nicht vorgesehen ist. Ferner können Ermittlungen nur angeordnet werden, wenn sie durch angemessene Gründe gerechtfertigt sind und weniger eingriffsintensive Maßnahmen nicht ausreichen.

In Bezug auf die Zulässigkeit von Beweismitteln nimmt die Kommission zu Kenntnis, dass der Bundesrat den Verweis auf die Grundrechtecharta der Europäischen Union möglicherweise nicht jiir ausreichend hält, um die Zulässigkeit von Beweismaterial auszuschließen, das unter Verstoß gegen das geltende nationale Recht gesammelt wurde. Die Kommission vertritt ebenfalls die Auffassung, dass dem Gericht vorgelegte Beweismittel in dem entsprechenden Mitgliedstaat legal beschafft worden sein müssen. Die Mitgliedstaaten haben während des Legislativverfahrens unterschiedliche Ansichten zu den Einzelheiten von Artikel 30 des Vorschlags geäußert. Die Kommission ist für alle Vorschläge in dieser Frage offen.

Die Kommission nimmt die Bemerkungen des Bundestages zu den Beziehungen der Europäischen Staatsanwaltschaft zu Drittstaaten sowie internationalen Organisationen gemäß Artikel 59 des Verordnungsvorschlags zur Kenntnis. Es ist wichtig, dass der Vorschlag Bestimmungen über die Beziehungen der Europäischen Staatsanwaltschaft zu Nicht-EU-Mitgliedstaaten enthält.

Dies gilt auch für die Datenschutzbestimmungen der Europäischen Staatsanwaltschaft. Es müssen wirksame und robuste Bestimmungen im Zusammenhang mit der Europäischen Staatsanwaltschaft vereinbart werden, um die für die Verarbeitung personenbezogener Daten geltenden Vorschriften der Union zu ergänzen. Die Kommission wird die umfassenden Bemerkungen des Bundesrates im Einzelnen prüfen.

Hinsichtlich der allgemeinen Haftung der Europäischen Staatsanwaltschaft weist die Kommission darauf hin, dass das Recht auf Entschädigung, insbesondere beim Ersatz eines von der Europäischen Staatsanwaltschaft verursachten Schadens, gemäß Artikel 340 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der gesamten Union konsistent sein muss.

Was die Bemerkung des Bundesrates betrifft, dass in den Vorschlag Regeln darüber aufgenommen werden sollten, welche Behörde für die Vollstreckung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen zuständig ist, so hat die Kommission dies zwar nicht für notwendig erachtet, wird jedoch alle während der laufenden Verhandlungen unterbreiteten Vorschläge zur Kenntnis nehmen.

Hinsichtlich der Kosten für das Gericht und die Anwälte vertritt die Kommission die Auffassung, dass diese von den Mitgliedstaaten zu tragen sind, während die laufenden Kosten der Europäischen Staatsanwaltschaft durch ihren eigenen Haushalt gedeckt werden.

Die Kommission hofft, mit diesen Bemerkungen den vom Bundesrat geäußerten Bedenken Rechnung getragen zu haben.

Sie wird die von den nationalen Parlamenten geäußerten Auffassungen angemessen berücksichtigen und sieht der Fortsetzung unseres politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.

Mit freundlichen Grüßen