Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs - Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Der Bundesrat hat in seiner 877. Sitzung am 26. November 2010 beschlossen zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchtstabe aa - neu - ( § 113 Absatz 1 StGB)

Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:

Begründung:

Die Beschränkung des sachlichen Schutzbereichs des § 113 Absatz 1 StGB auf konkrete Vollstreckungshandlungen hatte in der bisherigen Fassung der Vorschrift ihre Berechtigung, weil § 113 Absatz 1 StGB als Privilegierung verstanden wurde, die auf mögliche Affektsituationen durch die Konfrontation mit einer Vollstreckungshandlung Rücksicht nimmt. Durch die Erhöhung des Strafrahmens auf drei Jahre besteht diese Privilegierung jedoch nicht mehr. Es leuchtet dann nicht mehr ein, weshalb Vollstreckungsbeamte nur bei der Vornahme einer konkreten Vollstreckungshandlung, nicht aber bei ihrer "normalen" Diensttätigkeit (z.B. Streifendienst, schlichte Überwachungs- und Ermittlungstätigkeiten) vor tätlichen Angriffen geschützt sein sollten. Der neu einzufügende Satzteil stellt sicher, dass auch solche Dienstkräfte verstärkt in den Schutzbereich des § 113 Absatz 1 StGB einbezogen werden, die zwar grundsätzlich zur Anwendung von Zwang befugt sind, jedoch in der Praxis nach ihrem Selbstverständnis kaum echte Vollstreckungshandlungen vornehmen, wie zum Beispiel Mitarbeiter kommunaler Ordnungsämter.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 ( § 114 Absatz 3 StGB)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob Artikel 1 Nummer 2 § 114 Absatz 3 StGB auch Katastrophenschutzhelfer und Kräfte sonstiger Rettungsdienste erfassen soll.

Begründung:

Dem Entwurf ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob § 114 Absatz 3 StGB-E auch Katastrophenschutzhelfer und Kräfte sonstiger Rettungsdienste erfasst. Die Formulierung "des Rettungsdienstes" ist auch unter Berücksichtigung der Formulierung "eines Rettungsdienstes" in § 305a Absatz 1 Nummer 2 StGB-E nicht hinreichend konkret genug. Die Begründung spricht im Vergleich mit der Feuerwehr nur von Hilfeleistenden anderer Rettungsdienste (vgl. Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 2, BR-Drs. 646/10 (PDF) , S. 5), ohne diese weiter zu bestimmen. Hingegen schützt § 305a StGB-E (Artikel 1 Nummer 6) künftig neben Polizei und Bundeswehr auch wesentliche technische Arbeitsmittel und Fahrzeuge der Feuerwehren, eines Rettungsdienstes und ausdrücklich des Katastrophenschutzes. Es ließe sich gegebenenfalls vertreten, dass § 114 Absatz 3 StGB-E für die Hilfeleistenden des Katastrophenschutzes und Kräfte sonstiger Rettungsdienste nicht einschlägig wäre. Der geschützte Personenkreis in § 114 Absatz 3 StGB-E sollte daher offener bzw. weiter gefasst werden, um auch Katastrophenschutzhelfer und Kräfte sonstiger Rettungsdienste ausdrücklich zu erfassen. Sofern es zu einer klarstellenden Formulierung in § 114 Absatz 3 StGB-E im Sinne des Antrages kommen sollte, wäre eine gleichlautende Formulierung in § 305a Absatz 1 Nummer 2 StGB-E angezeigt.

Ab dem 1. Januar 2011 wurden in den Katalog der Geschädigtenspezifik der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zwar auch Gewaltdelikte gegen Feuerwehr, Rettungsdienste nach den Rettungsdienstgesetzen der Länder und sonstige Rettungsdienste (z.B. Katastrophenschutz und THW) aufgenommen. Dabei umfasst der Begriff "sonstige Rettungsdienste" in entsprechender Auslegung der IMK-Beschlusslage (vgl. 190. Innenministerkonferenz, TOP 5, insbesondere Ziffer 3) nach polizeilichem Verständnis alle Institutionen, die als Hilfeleistende bei Unglücksfällen und gemeiner Gefahr eingesetzt werden, also auch Mitarbeiter des Katastrophenschutzes ebenso wie des THW. Damit ist jedoch lediglich sichergestellt, dass Straftaten gegen diesen Personenkreis statistisch gesondert erfasst und ausgewertet werden können. Rückschlüsse auf die Auslegung des geschützten Personenkreises des § 114 Absatz 3 StGB-E lassen sich daraus allerdings nicht ziehen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 5 ( § 244 Absatz 3 StGB)

In Artikel 1 Nummer 5 § 244 Absatz 3 ist nach dem Wort "Fällen" die Angabe "des Absatzes 1 Nummer 1 Buchstabe a Alternative 2" einzufügen.

Begründung:

Ein Bedürfnis für die Einführung eines minder schweren Falles für alle Fälle des § 244 Absatz 1 StGB ist nicht ersichtlich und wird auch in der Entwurfsbegründung nicht dargelegt. Die derzeit geltende Mindeststrafe von sechs Monaten führt in der Praxis nur in den Fällen zu Schwierigkeiten, bei denen der Täter ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Alternative 2 StGB bei sich führt. In diesen Fällen kann es zu Ergebnissen kommen, die als nicht angemessen erscheinen können.