Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes und weiterer Gesetze

Der Bundesrat hat in seiner 804. Sitzung am 15. Oktober 2004 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a0 - neu - (§ 15a Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 2 ist vor Buchstabe a folgender Buchstabe a0 einzufügen:

Begründung

Die Änderungen in Absatz 4 Satz 1 dienen der Klarstellung, dass dem Sinn und Zweck der Vorschrift entsprechend nur die Ausländer (zwingend) einer Aufnahmeeinrichtung zugewiesen werden, die in ein anderes Bundesland umverteilt werden. Die Verfahrensweise bei Personen, die in dem Land bleiben, dessen Behörde ihre Verteilung veranlasst hat, soll diesem Land überlassen bleiben. Damit besteht die Möglichkeit, unnötigen Verwaltungsaufwand und Kosten zu vermeiden.

Die Änderung in Absatz 4 Satz 2 dient der Klarstellung, dass in der Regel nicht die die Verteilung veranlassende Behörde die Anhörung durchführt, sondern diese im Rahmen der ausländerrechtlichen Behandlung durch die örtlich zuständige Ausländerbehörde erfolgt. Die die Verteilung veranlassende Stelle erhält dann das Ergebnis der Anhörung, um es an die zentrale Verteilungsstelle weiterzugeben.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a01 - neu - (§ 15a Abs. 4 Satz 6 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 2 ist vor Buchstabe a folgender Buchstabe a01 einzufügen:

Begründung

Die Verteilungsvorschrift ist den vergleichbaren Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes nachgebildet; sie soll eine zügige Verteilung ermöglichen. Daher sollten die entsprechenden Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes für anwendbar erklärt werden, um ein nicht gewollte Bevorzugung zu vermeiden.

3. Zu Artikel 1 Nr. 2a - neu - (§ 16 Abs. 4 Satz ... AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 2 folgende Nummer 2a einzufügen:

Begründung

Nach § 16 Abs. 2 AufenthG wird der Wechsel des Aufenthaltszwecks im Grundsatz ausgeschlossen. Es soll sichergestellt werden, dass nur Studien- und keine anderen Aufenthaltszwecke verfolgt werden. Durch die Sperrwirkung des § 16 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, nach dem § 9 AufenthG keine Anwendung findet wird die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis in diesem Zeitraum ausgeschlossen werden.

Eine entsprechende Regelung fehlt jedoch in § 16 Abs. 4 AufenthG, der dem Studienabsolventen durch Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausreichend Zeit für die Arbeitsplatzsuche einräumt. Nach Sinn und Zweck sollte auch für diesen Zeitraum die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG ausgeschlossen sein.

4. Zu Artikel 1 Nr. 3a - neu - (§ 24 Abs. 4 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer 3a einzufügen:

Begründung

Die Verteilungsvorschrift ist den vergleichbaren Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes nachgebildet; sie soll eine zügige Verteilung ermöglichen. Daher sollten die entsprechenden Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes für anwendbar erklärt werden, um eine nicht gewollte Bevorzugung zu vermeiden.

5. Zu Artikel 1 Nr. 8 ( § 49a Abs. 2 AufenthG)

In Artikel 1 Nr. 8 sind in § 49a Abs. 2 die Wörter ", sofern sie nicht binnen sieben Tagen" durch die Wörter "nach Ablauf von sieben Tagen unverzüglich, sofern sie nicht" zu ersetzen.

Begründung

Der Entwurfstext wird der Begründung angepasst, nach der eine konkrete Bearbeitungsfrist geboten ist. Bisher ist lediglich geregelt, wie lange die öffentliche Stelle mit der Weiterleitung zuwarten muss, nicht aber, wann sie das Fundpapier weiterleiten muss.

6. Zu Artikel 1 Nr. 8 ( § 49a Abs. 2 AufenthG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in Artikel 1 Nummer 8 in § 49a Abs. 2 eine Regelung aufgenommen werden kann, die das Bedürfnis der zuständigen Stelle berücksichtigt, ein Fundpapier zu Beweiszwecken verwenden zu können.

7. Zu Artikel 1 Nr. 8 und Nummer 13 (§ 49a Abs. 3 - neu -, § 49b und § 89a AufenthG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Inhalt und Verfahren sind auf fachlicher Ebene nicht abgestimmt worden. Es besteht deswegen die Gefahr, dass die sehr detaillierten gesetzlichen Regelungen Vorgaben enthalten, die sich im Nachhinein als unpraktikabel erweisen.

Daher wird vorgeschlagen, Einzelheiten in einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums des Innern mit Zustimmung des Bundesrates festzulegen.

8. Zu Artikel 1 Nr. 8a - neu - ( § 51 Abs. 5 AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 8 folgende Nummer 8a einzufügen:

Begründung

Redaktionelle Änderung. Nach dem Wortlaut der Vorschrift entfällt die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels nicht im Falle der Zurückschiebung, obwohl die in § 51 Abs. 5, 2. Halbsatz AufenthaltsG geregelte Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG, die entsprechende Anwendung finden soll, die Zurückschiebung enthält.

9. Zu Artikel 1 Nr. 8b - neu - (§ 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 8 folgende Nummer 8b einzufügen:

Begründung

Das Änderungsgesetz korrigiert in mehreren Vorschriften den Begriff der "Sozialhilfe" und stellt klar, dass es um "Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches" geht, weil das Arbeitslosengeld II künftig in großem Umfang an die Stelle der Sozialhilfe treten wird. Für den Bereich der Ermessensausweisung ist dies ohne ersichtlichen Grund unterblieben. Es besteht die Gefahr einer Auslegung, wonach der Bezug von Arbeitslosengeld II keinen Ausweisungsgrund darstellen soll. Schon aus Gründen der Signalwirkung ist klarzustellen, dass auch Leistungsbezug nach SGB II einen Ausweisungsgrund darstellt.

10. Zu Artikel 1 Nr. 9a - neu - (§ 71 Abs. 4 Satz 2 AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 9 folgende Nummer 9a einzufügen:

Begründung

§ 71 Abs. 4 AufenthG regelt die Zuständigkeit für die Durchführung von Maßnahmen zur Feststellung und Sicherung der Identität eines Ausländers und verweist hierzu auf die §§ 48, 49 AufenthG. Neben den in § 71 Abs. 4 Satz 1 AufenthG genannten Behörden kann nach Satz 2 in bestimmten Fällen auch die die Verteilung nach § 15a AufenthG veranlassende Stelle zuständig sein. Da nach § 49 Abs. 2a AufenthG die Identität eines Ausländers durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern ist, wenn eine Verteilung gemäß § 15a AufenthG stattfindet, erscheint es sachgerecht und nach dem Wortlaut des § 71 Abs. 4 Satz 2 AufenthG vom Gesetzgeber auch beabsichtigt, diese Aufgabe auch von der die Verteilung nach § 15a AufenthG veranlassende Stelle wahrnehmen lassen zu können. Beim jetzigen Verweis des § 71 Abs. 4 Satz 2 AufenthG auf § 49 Abs. 3 AufenthG handelt es sich um einen redaktionellen Fehler, den es zu korrigieren gilt.

11. Zu Artikel 1 Nr. 11a - neu - (§ 83 Abs. 2 - neu - AufenthG)

In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer 11a einzufügen:

"11a. § 83 wird wie folgt geändert:

Begründung

Nach der jetzigen Fassung des Aufenthaltsgesetzes soll § 71 Abs. 3 AuslG ersatzlos wegfallen. Nachdem die Vorschriften über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) entgegen der ersten Fassung des Gesetzentwurfs durch § 60a wieder in das Aufenthaltsgesetz eingefügt worden sind, ist nicht ersichtlich, warum entgegen dem jetzigen Recht gegen die Versagung der Aussetzung der Abschiebung der Widerspruch statthaft sein soll. Eine Reihe von Bundesländern ­ so auch Berlin ­ haben das Widerspruchsverfahren gegen die Versagung der Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels teilweise oder ganz ausgeschlossen. Ohne die vorgeschlagene Ergänzung würden Ausreisepflichtige somit besser gestellt werden.

12. Zu Artikel 1 Nr. 16 (§ 99 Abs. 1 Nr. 14 Buchstabe b AufenthG)

Artikel 7 Nr. 1 Buchstabe a und Buchstabe b Doppelbuchstabe aa und cc (§ 73 Inhaltsübersicht, Überschrift und Absatz 2 Aufenthaltsverordnung)

Begründung

Nach dem Zuwanderungsgesetz (Artikel 6 Nummer 4) werden die Bescheinigungen nach § 15 Abs. 1 und 2 des Bundesvertriebenengesetzes für nach dem 1. Januar 2005 einreisende Spätaussiedler und deren Familienangehörige nach § 7 des Bundesvertriebenengesetzes nicht mehr von den Ausstellungsbehörden nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes in den Ländern, sondern vom Bundesverwaltungsamt erteilt. Erforderlich ist, dass die Ausländerbehörden über sämtliche Ablehnungen von Bescheinungsausstellungen unterrichtet werden.

Bei den betroffenen Personen handelt es sich dann nicht um deutsche Staatsangehörige, sondern um Ausländer, auf die das allgemeine Ausländerrecht Anwendung findet. Die Ausländerbehörden haben insbesondere zu prüfen, ob aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ergreifen sind.

In den Fällen abgelehnter Bescheinigungen muss daher auch das Bundesverwaltungsamt den Ausländerbehörden die Ablehnung der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 oder 2 mitteilen.

Hierfür ist eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich. Eine Datenweitergabe allein auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften, wie sie das Bundesinnenministerium in einem Entwurf allgemeiner Verwaltungsvorschriften zu § 15 des Bundesvertriebenengesetzes vorgesehen hat reicht nicht aus.

Der bislang im Änderungsgesetz verwendete Begriff Vertriebenenbehörden" ist ungeeignet zur Bezeichnung aller Stellen, die eine Bescheinigung nach § 15 des Bundesvertriebenengesetzes ablehnen können. Das Bundesvertriebenengesetz verwendet nicht diesen, sondern den Begriff Ausstellungsbehörde" zur Bezeichnung der nach § 15 der geltenden Fassung zuständigen Stellen für die Erteilung von Bescheinigungen für die Spätaussiedler und deren Angehörige, die im Übrigen keinen Vertriebenenstatus haben. Durch das Zuwanderungsgesetz wurde die Bezeichnung Behörde" in § 15 dann ausdrücklich durch Bundesverwaltungsamt" ersetzt. Das lässt es zumindest als zweifelhaft erscheinen, ob es durch den Begriff Vertriebenenbehörde" erfasst ist. Die Bezeichnung des Änderungsantrages erfasst alle jeweils zuständigen Behörden, unabhängig davon ob es Bundes-, Landes- oder kommunale Behörden sind.

13. Zu Artikel 6 Nr. 6 (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Asylbewerberleistungsgesetz)

In Artikel 6 ist Nummer 6 zu streichen.

Begründung

Die Vorschrift des Art. 6 Nr. 6 sieht vor, dass künftig Personen, die aufgrund einer Bleiberegelung der obersten Landesbehörden im Bundesgebiet eine Aufenthaltserlaubnis erhalten (es sei denn es handelt sich um Bürgerkriegsflüchtlinge), sowie Personen, deren Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen verlängert wird, nicht mehr wie bisher nach dem Zuwanderungskompromiss vorgesehen lediglich abgesenkte Leistungen nach dem AsylbLG erhalten, sondern von Anfang an Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe in vollem Umfang.

Bislang bestand Anspruch auf Leistungen auf dem Leistungsniveau der Sozialhilfe erst nach drei Jahren.

Personen, die bislang aus humanitären Gründen im Bundesgebiet bleiben konnten erhielten grundsätzlich lediglich eine Duldung. Erst das Zuwanderungsgesetz sieht hier die Erteilung eines Aufenthaltstitels vor, ohne jedoch zu einer Besserstellung im Falle des Sozialhilfebezugs zu gelangen. Entgegen der amtlichen Begründung rechtfertigen Integrationsgesichtspunkte keine Anhebung des Leistungsumfangs. Ziel von Integrationsbemühungen muss es vielmehr sein, hier länger aufhältige Personen dazu zu bringen, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu sichern. Die Erhöhung von Leistungen trägt für sich genommen nicht zur Integration bei und kann unter Umständen einen gegenteiligen Effekt haben, wenn aufgrund hohen Leistungen aufgrund von SGB II oder SGB XII, keine Notwendigkeit für die Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit mehr gesehen wird.

Auch der Gesichtspunkt der Begrenzung staatlicher Ausgaben im Sozialhilfebereich rechtfertigt keine Anhebung des Leistungsniveaus.

Schließlich besteht auch keinerlei Veranlassung den Zuwanderungskompromiss in dieser Frage noch vor Inkrafttreten des Gesetzes in Frage zu stellen.

14. Zu Artikel 6 Nr. 8 - neu - ( § 53 Asylverfahrensgesetz)

Dem Artikel 6 ist folgende Nummer 8 anzufügen:

Begründung

Der hohe Aufwand für die Zustellung von Entscheidungen des BAFl. oder der Verwaltungsgerichte an Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften bereitet seit Jahren Probleme.

Der Bundesgesetzgeber hatte 1993 mit dem § 10 Abs. 4 AsylVfG eine Sondervorschrift für Zustellungen in Aufnahmeeinrichtungen geschaffen, nach der die Aufnahmeeinrichtung selbst die Zustellungen vorzunehmen hat. Für die Zeit danach in der Asylbewerber (nach § 53 Abs. 1 AsylVfG) in der Regel in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden sollen, fehlt es aber an einer entsprechenden Regelung. Der VGH Baden-Württemberg hatte in dem Beschluss vom 05.02.1999 (DÖV 1999, 437) entschieden, dass § 10 Abs. 4 AsylVfG auf die Zustellungen in Gemeinschaftsunterkünften nicht entsprechend anwendbar ist.

Durch die Regelung, dass § 10 Abs. 4 AsylVfG für die Zustellungen in Gemeinschaftsunterkünften entsprechend gilt, wird erheblicher Aufwand für oftmals vergebliche Zustellversuche vermieden und gleichzeitig der Abschluss des jeweiligen Verfahrens beschleunigt.