Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. September 2008 zur Zwischenbewertung des Europäischen Aktionsplans Umwelt und Gesundheit 2004-2010 (2007/2252(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 117789 - vom 19. September 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 4. September 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. hält mit Interesse fest, dass die Gesundheitsschutzpolitik der Europäischen Union seit 2003 auf einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Gesundheit, Umwelt und Forschung basiert, was die Hoffnung zulässt, dass im Laufe der Zeit eine kohärente und integrierte europäische Strategie in der Umwelt- und Gesundheitspolitik entsteht,

B. in der Erwägung, dass die zurzeit von der Europäischen Union im Rahmen ihres ersten Aktionsplans für Umwelt und Gesundheit (2004-2010) (KOM (2004) 0416) umgesetzten Strategien, nämlich die Ermittlung von Indikatoren, die Entwicklung eines integrierten Monitoring, die Erfassung und Auswertung relevanter Daten sowie die Förderung von Forschungsarbeiten, vermutlich dazu beitragen werden, die Zusammenhänge zwischen Umweltbelastungsquellen und Auswirkungen auf die Gesundheit besser zu verstehen, dass sie aber bei weitem nicht dazu ausreichen, die wachsende Zahl umweltbedingter Krankheiten zu reduzieren,

C. in der Erwägung, dass es kaum möglich ist, eine vorläufige Bilanz des Aktionsplans Umwelt und Gesundheit zu ziehen, da er keine klar formulierten, quantifizierten Ziele verfolgt und außerdem das Gesamtbudget, das für den Aktionsplan zur Verfügung steht, weiterhin nur schwer festgelegt werden kann und für das effiziente Voranbringen des Plans mit Sicherheit nicht ausreicht,

D. in der Erwägung, dass die Zielsetzung des Gesundheitsprogramms 2008-2013 hauptsächlich darin besteht, Maßnahmen für traditionelle auf die Gesundheit Einfluss nehmende Faktoren - wie Ernährung, Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum - zu entwickeln und sich der neue Aktionsplan 2004-2010 auf neue Herausforderungen im Bereich Gesundheit konzentrieren und darüber hinaus mit den bestimmenden Umweltfaktoren befassen sollte, die sich auf die menschliche Gesundheit auswirken, wie die Luftqualität in Innenräumen und im Freien, elektromagnetische Wellen, Nanopartikel und besonders gefährliche chemische Stoffe (als krebserregend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend (CMR) oder endokrinschädlich eingestufte Stoffe) sowie mit dem Klimawandel einhergehende Gesundheitsrisiken,

E. in der Erwägung, dass Atemwegserkrankungen bei der Häufigkeit von Todesfällen, der allgemeinen Häufigkeit, der Prävalenz und den Kosten in der Europäischen Union an zweiter Stelle stehen, dass sie die häufigste Todesursache bei Kindern unter 5 Jahren sind, und dass sie immer häufiger auftreten, hauptsächlich aufgrund von Luftverschmutzung im Freien und in Innenräumen,

F. in der Erwägung, dass die Luftverschmutzung, insbesondere durch Feinstaub und bodennahes Ozon, die menschliche Gesundheit erheblich gefährdet, wodurch eine normale Entwicklung von Kindern beeinträchtigt und die Lebenserwartung in der Union verkürzt wird3 ,

G. in der Erwägung, dass die Gemeinschaft unter Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, mehr in Bezug auf die umweltmedizinischen Bedingungen in Städten, insbesondere die Luftqualität in Innenräumen, und gegen die Umweltbelastung in Haushalten unternehmen muss, vor allem angesichts der Tatsache, dass europäische Bürger im Durchschnitt 90 % ihrer Zeit im Inneren von Gebäuden verbringen,

H. in der Erwägung, dass auf den WHO-Ministerkonferenzen über Umwelt und Gesundheit 2004 und 2007 betont wurde, dass ein Zusammenhang zwischen der komplexen, kumulierten Wirkung chemischer Schadstoffe und bestimmten Syndromen und chronischen Krankheiten, vor allem bei Kindern, besteht und dass auch in offiziellen Dokumenten des VN-Umweltprogramms (UNEP) und des Zwischenstaatlichen Forums für Chemikaliensicherheit (IFCS) auf dieses Phänomen hingewiesen wird,

I. in der Erwägung, dass sich die wissenschaftlichen Hinweise darauf mehren, dass bestimmte Krebserkrankungen wie Blasen-, Knochen-, Lungen-, Haut-, Brustkrebs und andere, auf die Einwirkung von chemischen Substanzen, Strahlung und Partikeln, die sich in der Luft befinden, sowie auf andere Umwelteinflüsse zurückzuführen sind,

J. in der Erwägung, dass neben diesen problematischen Entwicklungen auf dem Gebiet der umweltbedingten Gesundheitsprobleme im Lauf der letzten Jahre neue Krankheiten oder Syndrome aufgetreten sind, wie multiple chemische Hypersensibilität, Amalgamsyndrom bei Zahnfüllungen, Hypersensibilität gegenüber elektromagnetischen Strahlungen, das so genannte Sick-Building-Syndrom (SBS) oder das Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom (Attention deficit and hyperactivity syndrome) bei Kindern,

K. in der Erwägung, dass das Vorsorgeprinzip seit 1992 ausdrücklich im Vertrag festgehalten ist, und dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mehrfach darauf hingewiesen hat, dass der Inhalt und die Anwendungsgebiete dieses Prinzips im Gemeinschaftsrecht zu den Grundlagen der Umweltschutz- und Gesundheitspolitik der Gemeinschaft gehören4,

L. in der Erwägung, dass die von der Kommission in ihrer Mitteilung vom 2. Februar 2000 festgelegten Kriterien für die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips (KOM (2000) 0001) ausgesprochen schwierig bzw. undurchführbar sind,

M. in der Erwägung, dass humanbiologisches Monitoring ein wichtiges Instrument ist, mit dem bewertet werden kann, inwieweit die europäische Bevölkerung den Auswirkungen der Umweltbelastung ausgesetzt ist; sowie in Erwägung seiner mehrfach, etwa in Ziffer 3 seiner oben genannten Entschließung vom 23. Februar 2005 zum Ausdruck gebrachten und in den Schlussfolgerungen des Rates "Umwelt" vom 20. Dezember 2007 festgehaltenen Absicht, möglichst bald ein EU-weites Programms für biologisches Monitoring einzuführen,

N. unter Hinweis darauf, dass Einigkeit darüber besteht, dass der Klimawandel Schwere und Häufigkeit bestimmter Krankheiten erheblich verschlimmern kann, und dass besonders Hitzewellen, Überschwemmungen und Waldbrände, die in der Europäischen Union die häufigsten Umweltkatastrophen sind, zusätzliche Erkrankungen, schlechte sanitäre Bedingungen und Todesfälle verursachen können und dass sich Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels positiv auf die Gesundheitslage auswirken,

O. in der Erwägung, dass der Klimawandel erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben wird, weil er unter anderem die Zunahme bestimmter Infektionskrankheiten und durch Parasiten übertragener Krankheiten bewirkt, die auf die Veränderung vor allem der Temperatur, der Feuchtigkeit und deren Auswirkungen auf Ökosysteme, Tiere, Pflanzen, Insekten, Parasiten, Einzeller, Mikroben und Viren zurückzuführen ist,

P. unter Hinweis darauf, dass die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik5 und ihre Tochterrichtlinien klare Vorgaben für die Erhaltung und die Wiederherstellung gesunder Gewässer schaffen,

Q. in der Erwägung, dass die Umweltmedizin ein neues medizinisches Spezialgebiet ist, das in den Mitgliedstaaten im Rahmen der Hochschulausbildung noch zu bruchstückhaft und uneinheitlich behandelt wird, und das aus diesem Grund in der Europäischen Union begünstigt und gefördert werden sollte,

R. in der Erwägung, dass die Zahl der Menschen, die aufgrund der Einwirkung von Umweltfaktoren erkranken, steigt und epidemiologisch erfasst werden muss, damit sich ein vollständiges Bild der Erkrankungen gewinnen lässt, die ganz oder teilweise auf Umweltfaktoren zurückzuführen sind,