Antrag des Landes Baden-Württemberg
Entschließung des Bundesrates zur Schaffung von begrenzten und befristeten Privilegien für Fahrzeuge mit besonders geringem Kohlendioxid (CO₂)- und Schadstoffausstoß im öffentlichen Straßenraum und zur Kennzeichnung von Fahrzeugen mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß und Euro 6/VIFahrzeugen mittels Plaketten durch gesetzliche Maßnahmen

Staatsministerium Baden-Württemberg
Stuttgart, 25. September 2013
Staatssekretär und Chef der Staatskanzlei

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Baden-Württembergs hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Schaffung von begrenzten und befristeten Privilegien für Fahrzeuge mit besonders geringem Kohlendioxid (CO₂)- und Schadstoffausstoß im öffentlichen Straßenraum und zur Kennzeichnung von Fahrzeugen mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß und Euro 6/VI-Fahrzeugen mittels Plaketten durch gesetzliche Maßnahmen zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 11. Oktober 2013 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski

Entschließung des Bundesrates zur Schaffung von begrenzten und befristeten Privilegien für Fahrzeuge mit besonders geringem Kohlendioxid (CO₂)- und Schadstoffausstoß im öffentlichen Straßenraum und zur Kennzeichnung von Fahrzeugen mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß und Euro 6/VI-Fahrzeugen mittels Plaketten durch gesetzliche Maßnahmen

Der Bundesrat möge beschließen:

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die Schaffung von Parkraummöglichkeiten zum Laden für Elektrofahrzeuge, die Befreiung von der Gebührenpflicht und die Kennzeichnung von Fahrzeugen mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß sowie Euro 6/VI-Fahrzeugen mittels Plaketten sind aus folgenden Gründen erforderlich:

Zu Ziff. 1:

Die Elektromobilität ist die Mobilität der Zukunft, denn sie ist ein Schlüssel zu einer nachhaltigen klima- und umweltverträglichen Mobilität. Für Bund und Länder hat die Elektromobilität deshalb eine hohe Bedeutung. Um diesem Ziel gerecht zu werden, muss die Elektromobilität gefördert werden. Hierzu gehört nicht nur, diese zur Marktreife zu bringen, sondern auch, sie, basierend auf einer rechtlichen Grundlage, in den öffentlichen Verkehrsraum zu integrieren. Es steht zu bezweifeln, dass die derzeit geltenden Regelungen ausreichend sind, dieses Ziel zu erreichen. Denn die derzeit bereits gültigen verkehrsrechtlichen Vorschriften zur Vorhaltung von Parkflächen für Fahrzeuge, die aufgeladen werden müssen, sind zumindest umstritten und erzeugen daher Rechtsunsicherheit. Es sollte deshalb eine rechtssichere gesetzliche Regelung mit entsprechend tragfähiger Begründung erfolgen, um klare und einheitliche Regelungen zur Schaffung von Parkraummöglichkeiten für das Laden von Elektrofahrzeugen zu schaffen. Außerdem sollte für die Länder bzw. Kommunen eine Ermächtigungsgrundlage zur Befreiungen von der Gebührenpflicht für Fahrzeuge mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß im öffentlichen Straßenraum geschaffen werden.

Um die Einrichtungen zum Laden (Ladesäulen und induktive Ladesysteme) von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen benutzen zu können, werden dort Stellflächen benötigt. Zur vollständigen Integration der Fahrzeuge in den Straßenverkehr muss gewährleistet sein, dass Parkplätze mit einer Ladestation nicht von sonstigen Fahrzeugen blockiert werden.

Über die Befreiung von Parkgebühren wird ein zusätzlicher Anreiz für die Nutzung eines Fahrzeuges mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß geschaffen. Diese Förderung der schnelleren Marktdurchdringung von Fahrzeugen mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß kann durch eine Privilegierung - wie beispielsweise solche Nutzervorteile in der Parkraumbewirtschaftung - erfolgen. Die Privilegierung ist allerdings von Vorneherein zeitlich zu befristen, um Fehlentwicklungen zu verhindern.

Zu Ziff.2:

Um derartige Maßnahmen, wie z.B. die Möglichkeit der Befreiung von Parkgebühren, zeitnah in die Praxis umsetzen zu können, sind Regelungen für die Kennzeichnung von emissionsfreien bzw. besonders emissionsarmen Fahrzeugen zwingend erforderlich. Die Kennzeichnung von Fahrzeugen mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß soll mittels einer Plakette erfolgen, die im Immissionsschutzrecht geregelt wird. Die Schaffung eines neuen Kennzeichens auf Basis des Straßenverkehrsrechts erscheint aus vielerlei Gründen ungeeignet. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass auch Haltern von nicht in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen die Möglichkeit eröffnet werden muss, die eingerichteten Benutzervorteile wahrnehmen zu können. Eine Diskriminierung der Fahrer und Fahrerinnen von Fahrzeugen mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß aus anderen EU-Ländern in Deutschland ist mit einer Plakette ausgeschlossen, da auch diese Fahrzeuge eine solche erhalten können. Der Verwaltungsaufwand hielte sich durch die Kennzeichnung mittels einer Plakette auch deutlich geringer als bei der Einführung eines neu zu schaffenden Fahrzeugkennzeichens.

Die Kennzeichnung erfolgt primär aus Luftreinhalte- und Klimaschutzgründen, da es sich um Fahrzeuge handelt, die, insbesondere bei Einsatz von regenerativ gewonnenem Strom, im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren einen erheblichen Umweltvorteil aufweisen. Eine Definition, die eine Abgrenzung allein an einer Bauartvorschrift anlehnt, ist hierfür nicht dienlich, denn dann könnten auch Fahrzeuge umfasst sein, die nur eine sehr geringe Kapazität für elektrische Fahranteile haben und dadurch überwiegend mit dem Verbrennungsmotor betrieben werden, wodurch sie keinen Vorteil beim CO₂- und Schadstoffausstoß aufweisen. Vielmehr ist hier eine Abgrenzung mit einer Wirkvorschrift auf der Grundlage der CO₂-Emissionen (z.B. 50 g CO₂/km) erforderlich.

Zu Ziff.3:

Erhebliche Anstrengungen der Bundesregierung, der Länder und der Kommunen haben zwar zu einer signifikanten Reduzierung der Partikel- und Stickstoffoxidemissionen geführt. Die Abnahme der Emissionen hat aber noch nicht in allen Gebieten zu der für die Einhaltung der Grenzwerte erforderlichen Verbesserung der Luftqualität geführt. Auch der Beschluss der Europäischen Kommission zur Stickstoffdioxid-Fristverlängerung vom 20.02.2013 und das ergänzende Aufforderungsschreiben der Europäischen Kommission vom 25.04.2013 zum Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichteinhaltung der Grenzwerte für Feinstaub PM10 zeigen zusätzlichen Handlungsbedarf auf europäischer, nationaler und kommunaler Ebene für eine weitere Verringerung der Partikel und der Stickstoffoxidemissionen nochmals auf. Zur Senkung der Belastungen müssen Minderungsmaßnahmen in allen Verursacherbereichen und auf allen Handlungsebenen ergriffen werden. Auch mit einer beschleunigten Verbreitung von reinen Elektrofahrzeugen (mit besonders geringem CO₂- Schadstoffausstoß) sind die Schadstoffgrenzwerte kurzfristig nicht einzuhalten. Die aktuelle 35. BImSchV (Kennzeichnungsverordnung) unterscheidet nicht zwischen Kfz mit konventionellen Verbrennungsmotoren der Schadstoffnormen Euro 4, 5, 6 bzw. IV, V, VI sowie Elektro- und Hybridfahrzeugen. Diesen Kfz sowie teilweise auch den mit offenen Dieselrußpartikelfiltern nachgerüsteten Euro 3/III-Fahrzeugen wird einheitlich eine grüne Plakette zugeteilt. Um gezielte Anreize zur schnelleren Verbreitung von Euro 6/VI Fahrzeugen festlegen zu können, ist eine einfache Identifizierung dieser Fahrzeuge erforderlich. Als einfache und europakonforme Lösung können solche Fahrzeuge mit besonders geringem CO₂- und Schadstoffausstoß einerseits und die besonders emissionsarmen Fahrzeuge der Schadstoffnormen 6/VI andererseits mit jeweils unterschiedlichen Plaketten eindeutig gekennzeichnet werden.

In seinem "Bericht über die Umsetzung und Weiterentwicklung von Maßnahmen zur Stickoxidminderung" (Umlaufbeschluss Nr. 013/2013 der Umweltministerkonferenz) führt das Bundesumweltministerium aus, dass es grundsätzlich möglich ist, Euro 6/VI-Fahrzeuge besonders zu kennzeichnen. Weiterhin wird in dem Bericht ausgeführt, dass bereits ein Entwurf einer Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erarbeitet wurde, die Regelungen für die Kennzeichnung von Elektrofahrzeugen als "quasi-"emissionsfreie Fahrzeuge festschreiben soll.

Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung die Möglichkeit einer begrenzten und befristeten Privilegierung von Fahrzeugen mit besonders geringem CO₂- Schadstoffausstoß im Straßenverkehr und die Kennzeichnung solcher Fahrzeuge und Euro 6/VI-Fahrzeuge mittels Plaketten zu schaffen.