Beschluss des Bundesrates
Verordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik
(Präimplantationsdiagnostikverordnung - PIDV)

Der Bundesrat hat in seiner 906. Sitzung am 1. Februar 2013 beschlossen, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe der sich aus der Anlage ergebenen Änderungen zuzustimmen.

Anlage
Anlage zur Verordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (Präimplantationsdiagnostikverordnung - PIDV)

1. Zu § 3 Absatz 2 Satz 1, Satz 2 - neu -, Satz 3 - neu -, Absatz 3 Nummer 2 und Absatz 4 Satz 3 PIDV

§ 3 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Es sollte ausdrücklich vorgesehen werden, dass ein Anspruch auf Zulassung nicht besteht. Die Zulassung eines Zentrums zur Durchführung der PID sollte vielmehr für jeden Einzelfall anhand der Kriterien - öffentliche Interessen, Vielfalt der Bewerber und Bedarf an Zentren - entschieden werden. So kann eine Konzentration der Durchführung der PID auf einige wenige Zentren erreicht werden. Dies ist erforderlich, um eine Qualitätssicherung sicherzustellen. Es ist davon auszugehen, dass die Anzahl der Anträge auf Durchführung der PID bundesweit nicht besonders hoch sein wird. Daher wird keine Notwendigkeit für eine Vielzahl von PID-Zentren bestehen, zumal die Qualität der Durchführungsmaßnahmen in den einzelnen Zentren mit der Zahl der dort behandelten Fälle zunehmen dürfte.

Eine Beschränkung der Zulassung von PID-Zentren entspricht auch dem Gedanken des Regel-Ausnahme-Prinzips von § 3a Absatz 1 und Absatz 2 des Embryonenschutzgesetzes, das besagt, dass die PID grundsätzlich verboten und strafbewehrt ist. Die Vornahme der PID ist aber dann nicht rechtswidrig, wenn aufgrund der genetischen Disposition der Eltern für den Embryo das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht oder sie zur Feststellung einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos vorgenommen wird.

Eine solche Beschränkung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Insbesondere handelt es sich nicht um eine objektive Zulassungsbeschränkung.

Auch bei Nichtzulassung eines Zentrums als PID-Zentrum können dort von den Ärzten weiterhin reproduktionsmedizinische Maßnahmen oder humangenetische Untersuchungen durchgeführt werden; einzig die Durchführung der PID ist rechtlich nicht möglich. Deshalb liegt eine Berufsausübungsregelung vor, die die Art und Weise der Berufstätigkeit bestimmt. Solche Regelungen sind bereits gerechtfertigt, soweit sie auf Grund vernünftiger Allgemeinwohlerwägungen zweckmäßig erscheinen. Mit dem Ziel der Wahrung des Regel-Ausnahme-Prinzips der PID (Verhinderung der Ausweitung der PID-Durchführung) und dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung kann hier eine solche Berufsausübungsregelung gerechtfertigt werden.

2. Zu § 3 Absatz 2 Nummer 3 PIDV

In § 3 Absatz 2 Nummer 3 sind die Wörter "hierfür qualifiziertes Personal durchgeführt wird," durch die Wörter "eine Ärztin oder einen Arzt erfolgt, die oder der die Maßnahmen nicht selbst durchführt," zu ersetzen.

Begründung:

Um die Effektivität der Beratung zu gewährleisten, ist es erforderlich, Betroffenen einen klar benannten Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen. Dieser sollte die Beratung durchführen. Die Änderung dient darüber hinaus der Rechtssicherheit, da sie die Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen von Zentren vereinfacht.

3. Zu § 3 Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe b PIDV

In § 3 Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe b ist nach dem Wort "Invitro-Kultur" das Wort "und" durch ein Komma zu ersetzen und nach dem Wort "Andrologie" sind die Wörter "und psychosomatische Grundversorgung" einzufügen.

Begründung:

Die psychosomatische Grundversorgung gehört entsprechend der (Muster-)Richtlinie der Bundesärztekammer zur Durchführung der assistierten

Reproduktion - Novelle 2006 - zu den nachzuweisenden Kenntnissen und Erfahrungen für die Durchführung künstlicher Befruchtungen. Ebenso ist die Berechtigung zur Teilnahme an der psychosomatischen Grundversorgung Voraussetzung für die Durchführung der Beratung nach Nummer 14 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung (vgl. Nummer 20 dieser Richtlinien). Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der psychosomatischen Grundversorgung sind somit Voraussetzung für die Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 12 1a SGB V.

Es ist notwendig, dass für die Zulassung als PID-Zentrum Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der psychosomatischen Grundversorgung nachgewiesen werden, damit die fachlichen Voraussetzungen in den PID-Zentren nicht hinter denen zurückbleiben, die für die Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 12 1a SGB V bestehen.

4. Zu § 3 Absatz 2a - neu - PIDV

In § 3 ist nach Absatz 2 folgender Absatz 2a einzufügen:

Begründung:

Im Sinne eines einheitlichen Vollzugs bei der Zulassung von PID-Zentren sollten die Länder die rechtliche Option haben, eine gemeinsame Zulassungsstelle einzurichten oder zu benennen. Diese Möglichkeit sollte in Analogie zu vergleichbaren Übertragungen von Aufgaben auf gemeinsame Einrichtungen (siehe zum Beispiel § 12 Absatz 3 Satz 2 BÄO) in der Verordnung verankert werden.

5. Zu § 4 Absatz 1 Satz 4 - neu - PIDV

Dem § 4 Absatz 1 ist folgender Satz anzufügen:

"Bei der Zusammensetzung der Ethikkommission hat die berufende Stelle Frauen und Männer mit dem Ziel ihrer gleichberechtigten Teilhabe zu berücksichtigen."

Begründung:

Die vorgeschlagene Ergänzung in § 4 PIDV entspricht dem Bundesgremienbesetzungsgesetz, welches den Bund verpflichtet, auf die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Gremien hinzuwirken. Die geschlechtsparitätische Besetzung der Kommissionen entspricht deren gesellschaftspolitischer Bedeutung und stellt einen Indikator für praktizierte Gleichstellung dar.

6. Zu § 5 Absatz 2 Nummer 1 PIDV

In § 5 Absatz 2 Nummer 1 ist das Wort "ärztlicher" durch das Wort "ärztlichhumangenetischer" zu ersetzen.

Begründung:

Für Aussagen zur genetischen Disposition ist der humangenetische Befund ausschlaggebend.

7. Zu § 6 Absatz 4 Satz 1 und Satz 2 PIDV

§ 6 Absatz 4 ist wie folgt zu fassen:

(4) Die Ethikkommissionen haben den Antrag auf Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik zustimmend zu bewerten, wenn sie nach Prüfung der in § 5 Absatz 2 genannten Angaben und Unterlagen unter Berücksichtigung der im konkreten Einzelfall maßgeblichen psychischen, sozialen und ethischen Gesichtspunkte zu dem Ergebnis kommen, dass die in § 3a Absatz 2 des Embryonenschutzgesetzes genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Sie treffen ihre Entscheidung mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder."

Begründung:

Die Einbeziehung maßgeblicher psychischer, sozialer und ethischer Gesichtspunkte bei der Bewertung der Ethikkommission ist in der Verordnung ausdrücklich zu regeln. Die Entscheidung kann nicht nur unter Berücksichtigung der medizinischen Aspekte getroffen werden, sondern muss zwingend aufgrund einer Zusammenschau aller berührten medizinischen, psychischen, sozialen und ethischen Aspekte des Einzelfalles erfolgen. Gerade die Bewertung, ob eine genetische Krankheit schwerwiegend ist, ergibt sich selten aus der Diagnose allein. Vielmehr bedarf es dazu in der Regel auch der Einbeziehung des familiären Hintergrunds des betroffenen Paares. Insbesondere sind diese Aspekte in jedem Einzelfall zu berücksichtigen und nicht nur dann, wenn die Frau eine diesbezügliche Begründung abgibt und von der Ethikkommission angehört worden ist.

Die Entscheidungsfassung der Ethikkommission mit mindestens Zweidrittelmehrheit gewährleistet eine Belastbarkeit der Entscheidung und repräsentiert einen breiteren Konsens innerhalb der Ethikkommission als bei einer Entscheidung mit einfacher Mehrheit. Eine solche Entscheidungsfassung wird auch dem Gewicht der mit der Entscheidung verbundenen ethischen Folgen eher gerecht.

8. Zu § 7 Absatz 4 Satz 1 und 2 PIDV

§ 7 Absatz 4 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Eine dreißigjährige Aufbewahrungsfrist entspricht der Frist für die Aufbewahrung von Unterlagen zur künstlichen Befruchtung gemäß § 15 Absatz 2 TPG. Der Sachzusammenhang gebietet es, auch im Bereich der PID eine dreißigjährige Aufbewahrung zwingend vorzuschreiben.

Dass die Antragstellerin eine über zehn Jahre hinausgehende Aufbewahrung verlangen kann (§ 7 Absatz 4 Satz 2 PIDV), ersetzt nicht die gesetzlich geregelte dreißigjährige Aufbewahrung. Es kann nicht unterstellt werden, dass sich jede Antragsberechtigte der Folgen bewusst ist, die eine Vernichtung der Unterlagen nach zehn Jahren haben kann.

Zu Buchstabe b:

Die Möglichkeit, eine über § 7 Absatz 4 Satz 1 PIDV hinausgehende längere Aufbewahrung zu verlangen, ist nicht notwendig, wenn die regelmäßige Aufbewahrungsfrist bereits dreißig Jahre beträgt.

9. Zu § 10 PIDV (Inkrafttreten)

In § 10 ist das Wort "sechsten" durch das Wort "zwölften" zu ersetzen.

Begründung:

Die Umsetzung der Präimplantationsdiagnostikverordnung in landesrechtliche Regelungen und die damit einhergehende Errichtung neuer Strukturen ist mit einem hohen Abstimmungsaufwand verbunden, insbesondere weil bundeseinheitliche Regelungen angestrebt werden. Vor diesem Hintergrund wird der notwendige Zeitaufwand für die landesrechtliche Umsetzung die in der Präimplantationsdiagnostikverordnung vorgesehene Frist von sechs Monaten übersteigen. Es ist daher eine Verlängerung der Umsetzungsfrist auf zwölf Monate erforderlich.