Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2010 zum Versagen bei der Verteidigung der Menschenrechte und der Gerechtigkeit in der Demokratischen Republik Kongo

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 4026 - vom 19. Oktober 2010. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 7. Oktober 2010 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. Oktober 2010 zum Versagen bei der Verteidigung der Menschenrechte und der Gerechtigkeit in der Demokratischen Republik Kongo Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass der stellvertretende Generalsekretär der Vereinten Nationen für UN-Friedensmissionen Atul Khare dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen berichtet hat, dass zwischen dem 30. Juli und dem 4. August im Bergbaugebiet im Ostkongo über 500 Menschen Massenvergewaltigungen zum Opfer gefallen sind, darunter junge Mädchen, Frauen im Alter von bis zu 75 Jahren und Babys; diese Angriffe werden Rebellen, Milizen und der Armee von Kongo zugeschrieben,

B. in der Erwägung, dass es in der Nähe des Friedenscamps der Vereinten Nationen, das nur wenige Meilen von der Stadt Luvungi entfernt liegt, zu sexuellen Übergriffen kam; in der Erwägung, dass Mitarbeiter der Vereinten Nationen anscheinend wussten, dass die Stadt Luvungi und die umliegenden Dörfer im Ostkongo einen Tag nach Beginn der Angriffe am 30. Juli von Rebellen besetzt wurden, dass am Sitz der Vereinten Nationen in New York von den Vergewaltigungen jedoch zwei Wochen lang nichts bekannt war,

C. in der Erwägung, dass die UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (MONUSCO) ein Mandat nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen hat, das es ihr gestattet, zur Wahrnehmung ihres Schutzmandats, das sich auch auf den wirksamen Schutz der durch physische Gewalt einschließlich aller Formen sexueller und geschlechterbezogener Gewalt von Seiten bewaffneter ausländischer oder kongolesischer Truppen unmittelbar bedrohten Zivilbevölkerung, humanitären Helfer und Menschenrechtsaktivisten erstreckt, alle Mittel anzuwenden,

D. in der Erwägung, dass die Kämpfe zwischen der kongolesischen Armee, der Mai-Mai- Miliz, den Rebellen der FDLR (Demokratische Kräfte für die Befreiung Ruandas), der FPJC (Volksfront für Gerechtigkeit im Kongo) sowie der ugandischen LRA (Widerstandsarmee des Herrn) seit 1998 trotz der Präsenz der MONUSCO 6 Millionen Menschenleben gefordert haben und weiterhin allmonatlich direkt oder indirekt Tausende Todesopfer, unerträgliches Leid, Armut und Binnenvertriebene zur Folge haben, während sich die Lage in den Flüchtlingslagern immer weiter verschlimmert,

E. in der Erwägung, dass Angehörige der kongolesischen Streitkräfte für Tod und Vergewaltigung von Hunderten Zivilisten mitverantwortlich waren; in der Erwägung, dass es im Osten der Demokratischen Republik Kongo nach wie vor Vergewaltigungen, Zwangsrekrutierungen von Zivilpersonen und Kindersoldaten sowie gravierende Menschenrechtsverletzungen sowohl von Seiten der Rebellenverbände der LRA als auch der Kämpfer der FDLR und der kongolesischen Armee selbst gibt,

F. in der Erwägung, dass Vergewaltigungen zu einer ebenso schrecklichen wie typischen Waffe der Kriegsführung im Ostkongo geworden sind, von wo nach Angaben der Vereinten Nationen allein im letzten Jahr mindestens 8 300 Vergewaltigungen gemeldet wurden, wobei viele weitere Vergewaltigungen gar nicht bekannt werden; in der Erwägung, dass nach Aussage des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen im ersten Quartal 2010 1 244 Vergewaltigungen von Frauen gemeldet wurden, wodurch sich ein Durchschnittswert von 14 Vergewaltigungen täglich ergibt; in der Erwägung, dass sexuelle Gewalt und geschlechterspezifische Gewalt stets als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit betrachtet werden müssen,

G. in der Erwägung, dass die systematischen Vergewaltigungen von einer Reihe bewaffneter Verbände, auch von der regulären Armee der Demokratischen Republik Kongo, im Rahmen der taktischen Kriegsführung eingesetzt werden, um Schrecken zu verbreiten und ihre militärischen und wirtschaftlichen Ziele durchzusetzen; in der Erwägung, dass Frauen bewusst vor den Augen ihrer Angehörigen oder der gesamten Dorfbevölkerung geschändet werden, um die Gesellschaft in Schrecken zu versetzen; in der Erwägung, dass Frauen durch diese Gewalttaten oft ihre Stellung in der Gesellschaft verlieren, nicht mehr in der Lage sind, für ihre Kinder zu sorgen, oder häufig sogar mit dem AIDS-Virus angesteckt werden,

H. in der Erwägung, dass das Versagen der zivilen und militärischen Strafverfolgungsbehörden bei der Weiterverfolgung unparteiischer Ermittlungen gegen die Urheber von Menschenrechtsverletzungen dazu geführt hat, dass Massenvergewaltigungen und sexuelle Übergriffe für die Bevölkerung von Kongo mittlerweile an der Tagesordnung sind, was in diesem Gebiet eine Art "Akzeptanz" von Menschenrechtsverletzungen schafft,

I. in der Erwägung, dass die kongolesische Armee noch immer nicht über ausreichende personelle, technische und finanzielle Mittel verfügt, um ihre Aufgaben in den östlichen Provinzen der Demokratischen Republik Kongo zu erfüllen, und dass zudem ein Mangel an Disziplin in ihren Reihen herrscht, wodurch sie ihrem Auftrag - Schutz der Bevölkerung und Wiederherstellung des Friedens - kaum gerecht werden kann,

J. in der Erwägung, dass viele nichtstaatliche Organisationen im vergangenen Jahr eine zunehmende Unterdrückung von Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Oppositionsführern, Opfern und Zeugen in der Demokratischen Republik Kongo einschließlich Tötungen, rechtswidriger Verhaftungen, Verfolgungen, Drohanrufen und wiederholten Vorladens bei den Geheimdienststellen beobachtet haben,

K. in der Erwägung, dass der Kriegsverbrecher Bosco Ntaganda noch immer nicht verhaftet und im Gegenteil bei den gemeinsamen Militäroperationen mit den kongolesischen und ruandischen Streitkräften im Osten der Demokratischen Republik Kongo in eine führende Position gehoben wurde; in der Erwägung, dass der frühere führende Politiker Kongos Jean-Pierre Bemba Gombo auf seinen Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof wartet, wo er wegen Kriegsverbrechen, darunter auch Vergewaltigung, angeklagt ist,

L. in der Erwägung, dass durch den illegalen Mineralienhandel in der Demokratischen Republik Kongo viele Akteure die Möglichkeit haben, Mineralien aus Gebieten zu erwerben, die von den Rebellengruppen kontrolliert werden, die Rebellengruppen auf diese Weise finanziert werden und der Konflikt dadurch genährt und verschärft wird,

M. in der Erwägung, dass mit dem in den Vereinigten Staaten unlängst verabschiedeten Gesetz über "Konfliktmineralien" versucht wird zu verhindern, dass US-amerikanische Verbraucher Mobiltelefone, Computer und andere Hightech-Erzeugnisse kaufen, die von US-amerikanischen Unternehmen unter Verwendung von Mineralien hergestellt werden, welche aus von Rebellen kontrollierten Bergwerken stammen; in der Erwägung, dass US-amerikanische Unternehmen - einschließlich Hersteller von Markenerzeugnissen in den Bereichen Elektronik und Mineralienverarbeitung und Juweliere - durch dieses Gesetz ferner aufgerufen werden, der Börsenaufsichtsbehörde alljährlich zu melden, ob in ihren Erzeugnissen Gold, Tantal, Coltan oder Zinnerz verwendet wird, das entweder direkt aus der Demokratischen Republik Kongo eingeführt oder über eines der neun Nachbarländer der Demokratischen Republik Kongo eingeschmuggelt wurde,

1 ABl. C 41 E vom 19.2.2009, S. 83.

2 Angenommene Texte P7_TA(2009)0118.

3 Angenommene Texte P6_TA(2009)0372.