Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes - Grunderwerbsteuerbefreiung bei Zusammenschlüssen kommunaler Gebietskörperschaften

A. Problem und Ziel

In zahlreichen Landesteilen Deutschlands sind kommunale Zusammenschlüsse notwendig, um bei zurückgehender Bevölkerung die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten. Bei solchen Zusammenschlüssen gehen typischerweise auch kommunale Grundstücke oder kommunale Gesellschaftsanteile an Unternehmen, die ihrerseits über Grundeigentum verfügen, auf eine andere oder eine neu gebildete Kommune über. In zahlreichen dieser Fallkonstellationen kommt es dabei zu einem nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) bzw. nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 4 GrEStG steuerbaren Vorgang.

Diese steuerrechtlichen Rahmenbedingungen stellen ein spürbares Hemmnis für notwendige Gemeindezusammenschlüsse dar. Es ist daher erforderlich, für Zusammenschlüsse von kommunalen Gebietskörperschaften in § 4 GrEStG eine Ausnahme von der Besteuerung der zuvor genannten Fälle zu regeln.

B. Lösung

Es wird in den Katalog der bestehenden Ausnahmen von der Besteuerung in § 4 GrEStG eine Ausnahme als Nummer 4 eingefügt, die nur für Zusammenschlüsse von kommunalen Gebietskörperschaften und ausschließlich hinsichtlich derjenigen Grunderwerbsteuertatbestände gilt, die "unmittelbar" aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge, die durch den Zusammenschluss ausgelöst wird, eintreten.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer stehen den Ländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 GG). Die vorgesehene Gesetzesänderung führt bei diesen zu geringeren Einnahmen, deren Höhe sich nicht beziffern lässt. Sie hängt unter anderem von der Zahl der Gemeindezusammenschlüsse, deren konkreter Durchführung (Beitritt oder Vereinigung) und der Vermögenszusammensetzung der beteiligten Kommunen sowie dem im jeweiligen Land geltenden Steuersatz ab. Die meisten Länder haben nämlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Steuersatz abweichend von der bundesgesetzlichen Regelung zu bestimmen (Art. 105 Abs. 2a GG) und diesen von 3,5 Prozent auf 4 Prozent, 4,5 Prozent oder 5 Prozent der Bemessungsgrundlage angehoben. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich in den von diesem Gesetzesentwurf erfassten - durch Gesamtrechtsnachfolge ausgelösten - Besteuerungsfällen nach dem gemäß § 138 Abs. 2 bis 4 Bewertungsgesetz ermittelt Grundbesitzwert (§ 8 Abs. 2 GrEStG). Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 2. März 2011 das Bundesverfassungsgericht angerufen, weil er die Verfassungsmäßigkeit dieser Wertermittlung bezweifelt. Das Bundesfinanzministerium hat darauf hin mit gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17. Juni 2011 mitgeteilt, dass die Grunderwerbsteuer in diesen Fällen nur vorläufig festgesetzt wird.

E. Sonstige Kosten

Keine.

Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes - Grunderwerbsteuerbefreiung bei Zusammenschlüssen kommunaler Gebietskörperschaften

Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen Dresden, 17. November 2011

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Horst Seehofer

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Sächsische Staatsregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes - Grunderwerbsteuerbefreiung bei Zusammenschlüssen kommunaler Gebietskörperschaften mit dem Antrag zuzuleiten, dass der Bundesrat diesen gemäß Artikel 76 Absatz 1 Grundgesetz im Deutschen Bundestag einbringen möge.

Ich bitte Sie, diesen Gesetzesantrag gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 890. Sitzung des Bundesrates am 25. November 2011 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Stanislaw Tillich

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes - Grunderwerbsteuerbefreiung bei Zusammenschlüssen kommunaler Gebietskörperschaften

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes

§ 4 des Grunderwerbsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Februar 1997 (BGBl. I S. 418, 1804), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 22. Juni 2011 (BGBl. I S. 1126) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Nummern 4 bis 8 werden aufgehoben.

2. Nach Nummer 3 wird eingefügt:

"4. der Übergang von Grundstücken gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 und von Gesellschaftsanteilen gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 4 als unmittelbare Rechtsfolge eines Zusammenschlusses kommunaler Gebietskörperschaften, der durch Vereinbarung der beteiligten Gebietskörperschaften mit Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Stelle oder durch Gesetz zustande kommt;"

3. Die bisherige Nummer 9 wird Nummer 5.

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung:

A. Allgemeiner Teil

I. Ausgangslage und Zielsetzung des Entwurfs

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes ergibt sich aus Artikel 105 Abs. 2 GG.

III. Kosten der öffentlichen Haushalte

Die Höhe der Steuermindereinnahmen lässt sich nicht beziffern. Sie hängt im Wesentlichen von der Zahl der Gemeindezusammenschlüsse, aber auch deren konkreter Durchführung (Beitritt oder Vereinigung) und der Vermögenszusammensetzung der beteiligten Kommunen ab.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes)

Zu Nummer 1:

Die Regelungen in den Nummern 4 bis 8 sind durch Zeitablauf gegenstandslos geworden. Sie werden deshalb aus Gründen der Rechtsbereinigung aufgehoben.

Zu Nummer 2:

Es wird eine weitere Ausnahme von der Besteuerung in § 4 als Nummer 4 eingefügt. Die Regelung gilt nur für Zusammenschlüsse von kommunalen Gebietskörperschaften. Dabei handelt es sich zum einen um den Fall der Eingliederung einer kommunalen Gebietskörperschaft. Die aufnehmende kommunale Gebietskörperschaft tritt in diesem Fall die Gesamtrechtsnachfolge der als Rechtsträger untergehenden beitretenden kommunalen Gebietskörperschaft an. Zum anderen handelt es sich um den Fall der Vereinigung kommunaler Gebietskörperschaften, bei dem die neu gebildete kommunale Gebietskörperschaft Gesamtrechtsnachfolger der an der Vereinigung teilnehmenden kommunalen Gebietskörperschaften wird.

Durch die Regelung wird eine Ausnahme von der Besteuerung nur hinsichtlich derjenigen Grunderwerbsteuertatbestände eingeführt, die bei Zusammenschlüssen kommunaler Gebietskörperschaften "unmittelbar" aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge, die durch den Zusammenschluss ausgelöst wird, eintreten.

Die neue Regelung ist daher einerseits enger als die bestehende Ausnahme von der Besteuerung in § 4 Nr. 1. Diese gilt nämlich für den Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts und erfasst die Fallkonstellation, dass das Grundstück aus Anlass von Grenzänderungen oder der Übertragung von öffentlichrechtlichen Aufgaben von einer juristischen Person auf die andere übergeht bzw. rechtsgeschäftlich übertragen wird. Andererseits ist die neue Regelung weitergehender, weil sie auch für die von der Freistellung in § 4 Nr. 1 ausgeschlossen Grundstücke kommunaler Gebietskörperschaften, die einem Betrieb gewerblicher Art dienen, gilt. Sie erfasst darüber hinaus auch Fälle der Besteuerung des Grundeigentums von kommunalen Gesellschaften, die bei einem kommunalen Zusammenschluss durch die Rechtsnachfolge in die Gesellschaftsanteile nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 4 ausgelöst werden.

Bei der vorgeschlagenen Regelung handelt es sich um eine Befreiungsvorschrift, die die grundsätzliche Steuerbarkeit nach dem Grunderwerbsteuergesetz nicht berührt. Demzufolge ist keine flankierende Maßnahme auf dem Gebiet des Umsatzsteuerrechts erforderlich.

Zu Nummer 3:

Es handelt sich um eine durch die Regelung in Artikel 1 Nr. 1 notwendig gewordene Folgeänderung.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten):

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.