Unterrichtung durch die Bundesregierung
Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Qualität von Agrarerzeugnissen: Produktnormen, Bewirtschaftungsauflagen und Qualitätsregelungen KOM (2008) 641 endg.; Ratsdok. 14358/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 21. Oktober 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 17. Oktober 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 17. Oktober 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Grünbuch
zur Qualität von Agrarerzeugnissen: Produktnormen, Bewirtschaftungsauflagen und Qualitätsregelungen

Mit dieser Konsultation möchte die Kommission die Meinung aller Organisationen und Bürger einholen, die sich für die Qualität von Agrarerzeugnissen interessieren.

Landwirte und Nahrungsmittelerzeuger, Nichtregierungsorganisationen, Verarbeiter, Groß- und Einzelhändler, Vertriebsgesellschaften, Verbraucher und öffentliche Stellen werden um Stellungnahme gebeten.

Sie können zum Grünbuch insgesamt oder zu einem Teil davon Stellung nehmen. Die Beiträge können bis zum 31. Dezember 2008 gerichtet werden an:

oder an

Die eingegangenen Beiträge werden unter Angabe des Verfassers (Name, Wohnort, Land)1 ins Netz gestellt. Falls Sie die Veröffentlichung Ihrer persönlichen Daten ausdrücklich ablehnen, wird Ihr Beitrag entweder anonym oder gar nicht veröffentlicht. Für weitere Auskünfte zur Website der Kommission und zum Schutz personenbezogener Daten siehe "Wichtiger rechtlicher Hinweis":

Einleitung

Mit Zunahme der Globalisierung nimmt der Druck auf die EU-Landwirte durch Erzeugnisse aus Schwellenländern mit geringen Produktionskosten immer stärker zu. Der Konkurrenzkampf wird sowohl bei landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen als auch bei Verarbeitungserzeugnissen immer härter. Angesichts dieser neuen wirtschaftlichen Herausforderungen ist Qualität die mächtigste Waffe der EU-Landwirte. Dank des hohen Maßes an Sicherheit, das die Gemeinschaftsvorschriften entlang der gesamten Lebensmittelkette garantieren und in das die Landwirte und ganz allgemein die Erzeuger investiert haben, ist die EU, was Qualität anbelangt, anderen Akteuren überlegen. Es gibt jedoch noch andere Aspekte, mit denen sich die Qualität im weiteren Sinn verbessern lässt.

Qualität bedeutet, die Erwartungen der Verbraucher zu erfüllen. Die Qualitätsaspekte von Agrarerzeugnissen, mit denen sich dieses Grünbuch befasst, sind die Produktmerkmale, wie beispielsweise die Bewirtschaftungsverfahren, der Produktionsort usw., die der Landwirt bekannter machen und über die der Verbraucher mehr wissen möchte. Qualität ist für jeden Landwirt und für jeden Käufer ein Thema, unabhängig davon, ob es sich um nach Mindestnormen produzierte Erzeugnisse oder um die hochwertigen Qualitätserzeugnisse handelt, mit denen Europa aufwarten kann. Dieses Grünbuch befasst sich nicht mit Qualitätsfragen, die die Lebensmittelsicherheit betreffen und die bereits durch andere Gemeinschaftsmaßnahmen (z.B. Nährwertkennzeichnung, Tierschutz usw.) abgedeckt sind.

Anforderungen des Marktes und der Gesellschaft Hohe Rohstoffpreise verleiten dazu, das Produktionsvolumen zu steigern, doch sollte dies nicht als Vorwand dienen, die Qualitätsnormen herabzusetzen. Die Verbraucher wollen erschwingliche Nahrungsmittel, bei denen das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt. Abgesehen vom Preis stellen die Verbraucher und die Händler aber noch zahlreiche andere Ansprüche an den Wert und die Qualität der von ihnen gekauften Produkte. Diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist für die Landwirte eine große Herausforderung.

Die Anforderungen am Markt sind breit gefächert, und ständig kommen neue Wünsche hinzu. Die wichtigsten Themen in der EU sind Hygiene und Lebensmittelsicherheit (hier gibt es keine Kompromisse), Gesundheit und Nährwert sowie gesellschaftliche Belange. Darüber hinaus achten die Verbraucher zunehmend darauf, welche Rolle die Landwirtschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit, Klimawandel, Ernährungssicherung und Entwicklung, Biodiversität, Tierschutz und Wasserknappheit spielt. Da die Landwirtschaft mit Abstand der flächenmäßig größte Landnutzer ist, beeinflusst sie die räumliche Entwicklung von Regionen, Landschaften und wertvollen Umweltgebieten wesentlich. Schließlich gibt es in vielen Teilen der Welt Verbraucher mit einem steigenden verfügbaren Einkommen, die bei den von ihnen gekauften Nahrungsmitteln Geschmack, Tradition und Authentizität sowie die Einhaltung von höheren Tierschutznormen erwarten.

Für die Landwirte der EU bietet sich hier eine echte Chance. Anstatt solche Forderungen als Belastung anzusehen, sollten sie sich diese zum Vorteil machen, indem sie den Verbrauchern genau liefern, was sie wollen, wofür sie im Gegenzug höhere Preise erzielen.

Die Agrarpolitik der EU muss die Anstrengungen unterstützen, die die Landwirte unternehmen, um im Qualitätswettbewerb zu gewinnen. Es gibt bereits EU-Regelungen und -Vorschriften, die dieses Ziel im Wesentlichen auf zwei Wegen verwirklichen sollen, nämlich durch Maßnahmen betreffend Mindestanforderungen und durch Qualitätsmaßnahmen.

Maßnahmen betreffend Mindestanforderungen

Die EU-Verordnungen enthalten einige der weltweit striktesten Mindestanforderungen an die Produktion. Diese betreffen die Bereiche Sicherheit und Hygiene, Produktidentität und Zusammensetzung des Erzeugnisses, Umweltschutz, Pflanzen- und Tiergesundheit sowie Tierschutz und spiegeln somit die eindeutig und demokratisch zum Ausdruck gebrachten Wünsche der Verbraucher und Bürger in der EU wider.

Qualitätsmaßnahmen und -regelungen auf EU-Ebene

Viele Landwirte in der EU suchen ständig nach neuen, originellen Wegen, um neue Absatzmöglichkeiten zu finden und ihren Gewinn zu erhöhen. Dies umfasst

Grünbuch

Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Kommission zu analysieren, wie optimale politische und regulatorische Rahmenbedingungen gewährleistet werden können, um die Qualität von Agrarerzeugnissen ohne zusätzliche Kosten oder Belastungen zu schützen und zu fördern. Als ersten Schritt will sie eine breit angelegte Konsultation zu folgenden Fragen einleiten: Sind die bisherigen Instrumente adäquat oder könnten sie verbessert werden? Welche neuen Initiativen könnten ergriffen werden?

Teil I
Produktionsanforderungen und Vermarktungsnormen

1. EU-Bewirtschaftungsauflagen

Die Landwirte in der EU müssen eine Reihe von Bewirtschaftungsauflagen beachten, und alle in der EU erzeugten Nahrungsmittel werden gemäß diesen Vorschriften erzeugt. Diese Auflagen sollen nicht nur dafür sorgen, dass die in Verkehr gebrachten Endprodukte den Hygiene- und Sicherheitsnormen entsprechen, sondern sie umfassen auch gesellschaftliche (ökologische, ethische, soziale usw.) Belange.

Für die Landwirte bedeutet dies, dass sie Pestizide und Düngemittel mit der gebotenen Sorgfalt auswählen und anwenden, Hygienevorschriften beachten, Tierseuchen und Pflanzenerkrankungen vorbeugen, dafür sorgen, dass Landarbeiter ausgebildet und angemessen geschützt sind, Nutztiere artgerecht halten und die Natur schützen.

Für die Verbraucher bedeutet dies, dass sie darauf vertrauen können, dass bei allen in der EU erzeugten Agrarerzeugnissen tragbare Produktionsauflagen, einschließlich der bereits genannten legitimen gesellschaftlichen Belange, beachtet werden.

Die Bewirtschaftungsauflagen entwickeln sich entsprechend den Wünschen der Gesellschaft ständig weiter. Sie sollten einen wichtigen Teil der Qualität der zum Verkauf angebotenen Nahrungsmittel ausmachen und ein Plus bieten, mit dem die Landwirte aufwarten können. Allerdings gelingt es offenbar nicht, den Verbrauchern zu vermitteln, dass es diese Bewirtschaftungsauflagen gibt und dass sie bei der Nahrungsmittelproduktion beachtet werden.

Viele dieser Bewirtschaftungsauflagen, die nicht die Produkthygiene und -sicherheit betreffen, beispielsweise Umwelt- und Tierschutzvorschriften, gelten jedoch nicht notwendigerweise auch für importierte Nahrungsmittel. Warum diese Diskrepanz? Bewirtschaftungsnormen, Umwelt- und Tierschutz sowie die Sicherheit am Arbeitsplatz sind Angelegenheiten, die von den Regierungen der Länder geregelt werden, in denen die Landwirtschaft ausgeübt wird. Die Gemeinschaft kann also darauf bestehen, dass eingeführte Nahrungsmittel Mindestproduktnormen vor allem in Bezug auf Hygiene und Sicherheit genügen, und sie tut dies auch. Für die Überwachung der landwirtschaftlichen Verfahren, mit denen eingeführte Agrarerzeugnisse und Nahrungsmittel erzeugt werden, ist jedoch der Gesetzgeber im Produktionsland zuständig.

Der Zusammenhang zwischen den über Hygiene und Sicherheit hinausgehenden Bewirtschaftungsauflagen, an die sich alle Landwirte in der EU halten, und dem dabei erzeugten Produkt muss deutlicher herausgestellt werden. Wären diese Bewirtschaftungsauflagen mehr Verbrauchern bekannt und vertraut, könnten sie potenziell bei der Vermarktung einen Vorteil darstellen.

Allerdings muss auf diese Belange eingegangen werden, ohne Hindernisse für das Funktionieren des Binnenmarktes zu schaffen oder den Wettbewerb zu verzerren.

Frage 1:

2. Vermarktungsnormen

Die EU-Vermarktungsnormen sind Verordnungen, die die Begriffsbestimmungen für Erzeugnisse, Mindestnormen für Erzeugnisse und Erzeugniskategorien sowie die Etikettierungsanforderungen zur Information der Verbraucher für eine beträchtliche Zahl von Agrarerzeugnissen und einige verarbeitete Lebensmittel2 enthalten. Sie sollen dazu beitragen, dass die Landwirte Produkte in der von den Verbrauchern gewünschten Qualität liefern, die Verbraucher nicht enttäuscht werden und Preise für unterschiedliche Erzeugnisqualitäten verglichen werden können. Die Vermarktungsnormen wurden aufgestellt, um verschiedene einzelstaatliche Normen zu ersetzen und so den Handel im Binnenmarkt zu erleichtern.

Nicht für alle Lebensmittel gelten Vermarktungsnormen auf EU-Ebene. So werden beispielsweise im Sektor Ackerkulturen (Weizen, Mais, Leguminosen usw.) Grunderzeugnisse nach amtlichen internationalen, nationalen oder privat aufgestellten Einstufungs- und Klassifizierungsnormen gehandelt. Für nicht unter EU-Vermarktungsnormen fallende Erzeugnisse, die an die Verbraucher verkauft werden, gelten allgemeine Vorschriften für den Verbraucherschutz und die Etikettierung, um eine Irreführung der Verbraucher zu verhindern.

Während einige EU-Vermarktungsnormen problemlos aufgestellt werden konnten, erwiesen sich andere als umstritten. Die Überarbeitung von Vermarktungsnormen im Wege einer EU-Verordnung kann ebenfalls aufwändig sein.

In diesem Grünbuch stellt die Kommission Fragen zu drei allgemeinen Aspekten von Vermarktungsnormen: Was soll mit den obligatorischen Bestandteilen der EU-Vermarktungsnormen geschehen? Könnte die Verwendung fakultativer Angaben (auch "vorbehaltene" Angaben genannt) ausgedehnt werden? Welche Möglichkeiten gibt es, den Rechtssetzungsprozess als solchen zu vereinfachen?

2.1. Pflichtbestandteile von Vermarktungsnormen

Produktidentität: In den meisten EU-Vermarktungsnormen sind die Agrarerzeugnisse oder Lebensmittel, für die sie gelten, so definiert, dass klare, gemeinsame Regeln für die Beschreibung des Erzeugnisses vorgegeben sind. Beispielsweise darf der Begriff "Saft" nicht verwendet werden, wenn der Fruchtsaft verdünnt wurde. In gleicher Weise darf der Begriff "Milch" nicht für Sojagetränke verwendet werden.

Bewirtschaftungsauflagen: In einigen Fällen, wie bei frischem Obst und Gemüse oder bei Geflügelfleisch, wird in den Vermarktungsnormen verbindlich verlangt, dass die Erzeugnisse in "einwandfreiem Zustand, unverfälscht und von vermarktbarer Qualität" sind, was eine Grundvoraussetzung für den Verkauf an die Verbraucher ist. Frisches Obst und Gemüse darf nicht an Verbraucher verkauft werden, wenn es verdorben oder verfault, beschädigt, schmutzig, von Schädlingen befallen, unterentwickelt oder - im Falle von Frischobst - nicht reif ist. Die Vorschriften umfassen außerdem Mindestgrößen (Reifeindikator). Dies kann dazu führen, dass genusstaugliches Obst und Gemüse (das gefahrlos gegessen werden könnte) vom Markt für Frischerzeugnisse ausgeschlossen und stattdessen entweder verarbeitet oder vernichtet wird.

Güte- und Größenklassen: Mehrere Vermarktungsnormen sehen verbindliche Klassifizierungssysteme vor. Diese wurden ursprünglich der Markttransparenz halber eingeführt, damit die Käufer die Preise bekannter Erzeugnisklassen oder -kategorien vergleichen können. Geflügelschlachtkörper und Geflügelteile müssen nach Qualitätskriterien wie der technischen Beschreibung der Beschaffenheit und des Aussehens sowie etwaiger Schäden des Schlachtkörpers in die Handelsklasse "A" oder die Handelsklasse "B" eingestuft werden. Eier müssen nach Gewicht in eine der vier Klassen - "XL", "L", "M" und "S" - und nach der Legehennenhaltung wie folgt eingestuft werden: Käfighaltung, Bodenhaltung, Freilandhaltung und ökologische Erzeugung. Ebenso müssen einige Obst- und Gemüsesorten, bevor sie verkauft werden können, in die Klassen "Extra", "Klasse I" oder "Klasse II" eingestuft werden.

In Bezug auf die Verbindlichkeit der Vermarktungsnormen stellt sich in erster Linie die Frage, ob Regeln notwendig sind, um berechtigte politische Ziele zu verwirklichen, ob die mit dem Verwaltungsaufwand verbundenen Kosten verhältnismäßig sind und ob ihre Anwendung unerwünschte Auswirkungen hat, ob sie also zum Beispiel verhindert, dass innovative oder nicht gängige Erzeugnisse auf den Markt gebracht oder genusstaugliche Erzeugnisse vernichtet werden.

Frage 2:

2.2. Vorbehaltene Angaben in Vermarktungsnormen

Fakultative, vorbehaltene Angaben sind gesetzlich definiert. Durch vorbehaltene Angaben erfahren die Käufer, dass das betreffende Erzeugnis einem vorgegebenen landwirtschaftlichen Verfahren oder bestimmten Merkmalen entspricht. Vorbehaltene Angaben in Vermarktungsnormen sollen dem Verbraucher nützliche, richtige und sachbezogene Informationen liefern. Vorbehaltene Angaben dürften auch für Landwirte hilfreich sein, indem sie wertsteigernde Merkmale oder landwirtschaftliche Verfahren hervorheben und somit sicherstellen, dass zusätzliche Produktionskosten zu einer zusätzlichen Rendite führen.

Mit fakultativen, vorbehaltenen Angaben werden außerdem Handelsklassen oder Qualitätsstufen eines Erzeugnisses gekennzeichnet. Das Erzeugnis darf allerdings auch ohne Verwendung einer solchen vorbehaltenen Angabe verkauft werden. Beispiele:

Vorbehaltene Angaben, deren Gebrauch fakultativ ist, können erforderlichenfalls feststehende Begriffsbestimmungen umfassen, sodass die Landwirte auf bestimmte Erzeugnismerkmale und landwirtschaftliche Verfahren hinweisen können.

Andererseits verwenden Landwirte und Primärerzeuger von Nahrungsmitteln in verschiedenen Agrarsektoren, die die Verbraucher über bestimmte Bewirtschaftungsverfahren informieren wollen, häufig Begriffe wie "Bauern-", "Berg-", "kohlendioxidarm", "natürlich" usw. Diese beschreibenden Begriffe können verwendet werden, solange sie der eventuell für sie geltenden einzelstaatlichen Definition und der allgemeinen Vorschrift genügen, dass der Verbraucher nicht irregeführt werden darf. Diese Wörter und die dahinterstehenden Bewirtschaftungsverfahren machen die Erzeugnisse attraktiv. Deswegen können die Verbraucher in die Irre geführt werden, wenn beispielsweise durch bestimmte Begriffe der Einsatz extensiver Bewirtschaftungsverfahren nahegelegt wird, das Erzeugnis aber aus einer eher intensiven Landwirtschaft stammt. In jüngster Zeit sind verschiedene Kennzeichnungen aufgetreten, denen zufolge die entsprechenden Bewirtschaftungsverfahren angeblich weniger klimaschädlich sind, was für eine gewisse Verwirrung gesorgt hat. Deswegen kann es erforderlich sein, solche Bewirtschaftungsbegriffe in bestimmten Sektoren auf EU-Ebene festzulegen.

Frage 3:

2.3. Vereinfachung von Vermarktungsnormen

Um allgemein EU-Vermarktungsnormen aufzustellen, müssen wir untersuchen, wie sich das Regelungsverfahren vereinfachen lässt. Diese Aufgabe kann entweder in der Kommission wahrgenommen oder anderen Stellen übertragen werden. Möglich ist auch die Heranziehung internationaler Normen.

Eine Vereinfachung sollte auch dem Verwaltungsaufwand der öffentlichen Behörden und der Interessenvertreter Rechnung tragen. So ist die obligatorische Klassifizierung (z.B. Größeneinstufung) von Obst und Gemüse mit Kosten für die Erzeuger verbunden und erfordert, dass die Behörden die Einhaltung der Normen kontrollieren.

Viele EU-Vermarktungsnormen basieren auf den international im Codex Alimentarius oder in der UN-Wirtschaftskommission für Europa (United Nations Economic Commission for Europe - UN/ECE) vereinbarten Normen. Wenn sie sachdienlich sind, werden diese internationalen Normen als Grundlage für die EU-Vermarktungsnormen herangezogen. Bei Ackerkulturen, für die keine EU-Vermarktungsnormen aufgestellt wurden, wird in einzelstaatlichen Normen auf internationale Normen Bezug genommen oder die privaten Händler berufen sich unmittelbar auf diese, während für bestimmte Obst- und Gemüsesorten verbindliche EU-Normen gelten. Die EU nimmt auch an der Ausarbeitung internationaler Normen teil, denen zuweilen die Normen der EU als Grundlage dienen.

Da sich die Marktnachfrage ändert und technologische Fortschritte erzielt werden, können Vermarktungsnormen teilweise veraltet sein und müssen angepasst und aktualisiert werden. Ganz allgemein gesprochen, gibt es zwei Möglichkeiten, auf dem Laufenden zu bleiben.

Selbstregulierung

Die Wirtschaftsbeteiligten in dem betreffenden Sektor können damit betraut werden, Vermarktungsnormen aufzustellen und zu überwachen, die Produktidentitäten, Produktklassifikationen und vorbehaltene Angaben umfassen. Sofern es internationale Normen gibt, können diese einfach im Handel von den Erzeugern und Händlern angewendet werden.

Händler und Geschäftsleute in einem bestimmten Sektor können auf eigene Initiative Referenznormen oder Verhaltenskodizes aufstellen. Dies bezeichnet man als Selbstregulierung. Die Verwaltungskosten für die Durchsetzung in der Öffentlichkeit sind niedrig, etwaige Streitigkeiten können von den Betreffenden selbst beispielsweise durch Schlichtung gelöst werden. Dagegen ziehen Normen, für deren Durchsetzung Behörden zuständig sind, Inspektions- und Kontrollkosten nach sich, zu denen gegebenenfalls noch Gerichtskosten hinzukommen.

Die Selbstregulierung hat den Vorteil, dass die Maßnahmen von Fachleuten aus der Praxis, die dem tatsächlichen Marktgeschehen sehr nahe stehen, beschlossen, durchgeführt und durchgesetzt werden. Die Verfahren für den Entwurf von Normen können einfacher sein und mehr Flexibilität und schnellere Anpassungen in einem dynamischen Marktumfeld gestatten. Gleichzeitig gelten die technischen Vorschriften nur für die Unternehmen, die sich verpflichtet haben, sie zu beachten (Vereinbarungen unter Vertragspartnern)

Beispiele für die Selbstregulierung bilden der Handel mit Kartoffeln und der Fruchtsaftsektor.

Vereinfachte EU-Verordnung

Eine weitere Möglichkeit, Vermarktungsnormen auf dem neuesten Stand zu halten, besteht darin, die Annahme und Überarbeitung von EU-Vermarktungsnormen durch Koregulierung, direkte Bezugnahme auf internationale Normen und gegebenenfalls durch Selbstverpflichtungen zu vereinfachen.

Frage 4:

Teil II
Besondere EU-Qualitätsregelungen

Die EU hat vier spezifische EU-Qualitätsregelungen eingeführt, um geografische Angaben, den organischen Landbau, traditionelle Spezialitäten und Erzeugnisse aus den Regionen in äußerster Randlage der EU zu fördern. Im Rahmen dieser Regelungen werden dem Verbraucher Erzeugnisse kenntlich gemacht, die aufgrund ihres besonderen Ursprungs und/oder der Bewirtschaftungsverfahren besondere Qualitätsmerkmale haben. Damit die Verbraucher darauf vertrauen können, dass die mit dem Gütezeichen verbundenen Behauptungen gerechtfertigt sind, überwachen öffentliche Behörden oder eine private Zertifizierungsstelle, ob die Spezifikation beachtet wird. Die Landwirte, die die Originalerzeugnisse produzieren, werden davor geschützt, von Nachahmungserzeugnissen, die mit der geschützten Bezeichnung verkauft werden, unterboten zu werden. Deswegen sollte es ihnen möglich sein, für ihre zusätzliche Sorgfalt und Mühe einen Premiumpreis zu erzielen.

Die vier Regelungen sollen auf bestimmte Marktnachfragen nach Erzeugnissen mit diesen besonderen Qualitätsmerkmalen eingehen. Zweck dieses Grünbuchs ist es, verschiedene Aspekte dieser Regelungen sowie das Potenzial für weitere EU-Regelungen eingehend zu prüfen.

3. Geografische Angaben

Eine "geografische Angabe" ist ein Name für ein Agrarerzeugnis oder Lebensmittel, dessen Merkmale oder Ansehen auf das geografische Gebiet zurückgeht, in dem es erzeugt wird. Viele Verbraucher in der EU und zunehmend auch weltweit wünschen Qualitätserzeugnisse und wählen authentische Erzeugnisse aus einem bestimmten geografischen Gebiet. Sie sind bereit, hierfür einen Aufpreis zu bezahlen. Für die Landwirte und Erzeuger können geografische Angaben eine wichtige Einkommensquelle und ein wichtiger Sicherheitsfaktor sein. Darüber hinaus erfüllt sie die Produktion von Qualitätserzeugnissen, die Teil des europäischen Erbes sind, mit Zufriedenheit und mit Stolz.

Dies erklärt, warum die EU Register mit geografischen Angaben für Agrarerzeugnisse, Lebensmittel, Wein und Spirituosen eingerichtet hat, die es erleichtern sollen, den Namen der in Betracht kommenden Erzeugnisse als geistiges Eigentum zu schützen. Die "geografische Angabe" schließt sowohl die "geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.)" als auch die "geschützte geografische Angabe (g. g. A.)" ein. Damit ein Name als g. U. anerkannt wird, müssen sämtliche Produktionsstufen3 grundsätzlich in dem geografischen Gebiet erfolgen, und die Merkmale des Erzeugnisses müssen ausschließlich oder im Wesentlichen auf den geografischen Ursprung zurückgehen. Damit ein Name als g. g. A. anerkannt wird, muss mindestens eine Produktionsstufe in dem Gebiet erfolgen und der Zusammenhang mit dem Gebiet kann aufgrund einer bestimmten Qualität, des Ansehens oder eines anderen mit dem geografischen Gebiet zusammenhängenden Merkmals begründet werden.

Die Regelung für geografische Angaben der EU steht selbstverständlich auch Drittlandserzeugern offen.

3.1 Schutz und Durchsetzung geografischer Angaben

Schutz

Die Eintragung einer geografischen Angabe bewirkt ihren Schutz als geistiges Eigentum und berechtigt die Erzeuger, Händler und Verkäufer des Originalerzeugnisses, den eingetragenen Namen zu verwenden. Der eingetragene Name darf nicht für ähnliche Erzeugnisse verwendet werden, auch nicht zusammen mit Ausdrücken wie "Art", "Typ", "Fasson"; ebenso sind Anspielungen auf den Namen oder Übersetzungen des Namens verboten.

Die Eintragung und der Schutz einer geografischen Angabe können zu Konflikten mit bisherigen (oder potenziellen) Verwendern des Namens führen, wie Inhabern von Marken oder Verwendern von Namen von Pflanzensorten oder Tierrassen, die eine geografische Angabe enthalten. Einige Verwender führen an, der Name werde als Gattungsbezeichnung verwendet, da eine Gattungsbezeichnung nicht als geografische Angabe eingetragen werden kann. Es gibt Rechtsvorschriften, mit denen eine Lösung solcher Konfliktfälle angestrebt wird, und der Europäische Gerichtshof hat die Frage der Gattungsbezeichnung weitgehend geklärt.

Zur besseren Kennzeichnung von Erzeugnissen mit einer geschützten geografischen Angabe hat die EU Bildzeichen eingeführt, mit denen Erzeugnisse mit eingetragenem Namen vermarktet werden.

Durchsetzungsmaßnahmen

Die öffentlichen Behörden oder private Zertifizierungsstellen kontrollieren, ob die Landwirte die Produktspezifikation beachtet haben. Außerdem nehmen die Mitgliedstaaten Verwaltungskontrollen in Bezug auf die Verwendung eingetragener Namen für im Groß- und Einzelhandel vertriebene Produkte, für die die besonderen Rechtsvorschriften für Weine und Spirituosen gelten, und als Teil der amtlichen Kontrollen nach dem EU-Nahrungsmittelrecht bei anderen Produkten vor.

Die Tatsache, dass die Kontrollen geografischer Angaben durch öffentliche Behörden vorgenommen werden, unterscheidet dieses Instrument vom Schutz von Warenzeichen. Warenzeichen sind ein privatrechtliches Instrument. Der Inhaber muss das Warenzeichen notfalls durch Privatklage schützen.

Frage 5:

Sollte der Rückgriff auf andere Instrumente wie den Schutz von Warenzeichen aktiver gefördert werden?

3.2. Kriterien für die Eintragung geografischer Angaben

Eintragungen müssen unbedingt den Erwartungen entsprechen, die Verbraucher an Qualitätsprodukte richten. Nur so kann das Vertrauen in die Regelung der geografischen Angaben erhalten werden. Insgesamt wurden etwa 3000 geografische Angaben für Weine, Spirituosen, Agrarerzeugnisse und Lebensmittel eingetragen bzw. werden derzeit geprüft. Zahlreiche Anträge werden heutzutage für Produkte eingereicht, die hauptsächlich auf lokalen oder regionalen Märkten verkauft werden. Bei einigen Namen von Verarbeitungserzeugnissen basiert der Zusammenhang zwischen dem geografischen Ort und der Herstellung weniger auf der Rohstofferzeugung, sondern eher auf dem Verarbeitungsverfahren und dem Ansehen des Erzeugnisses. Es ist daher möglich, dass die Rohstoffe außerhalb des Gebiets erzeugt werden, was möglicherweise nicht den Verbrauchererwartungen entspricht.

Bei vielen Produkten beruhen die Qualität und das Ansehen nicht ausschließlich auf Faktoren, die mit der Herkunft und/oder dem Knowhow der örtlichen Erzeuger zusammenhängen. Für die Produktqualität und die Erfüllung der Verbrauchererwartungen können auch Nachhaltigkeitskriterien von Belang sein, wie

Frage 6:

3.3. Schutz der geografischen Angaben der EU in Drittländern

Einige Erzeugnisse mit geografischer Angabe haben beträchtliches Potenzial für die Ausfuhr auf Märkte für Spitzenprodukte. Wo immer Verbraucher Qualitätsprodukte wünschen, können die EU-Ausführer ihre Stärken ausspielen. Allerdings sind erfolgreiche geografische Angaben auch verlockend für Nachahmung und unbefugte Verwendung. Als Anreiz für EU-Ausführer, Qualitätserzeugnisse außerhalb der EU zu vermarkten, und um ihre Investition zu schützen, muss unbedingt für den Rechtsschutz von geografischen Angaben der Europäischen Union gesorgt werden.

Einige Drittländer haben spezielle Systeme für den Schutz geografischer Angaben, während andere sich für diesen Zweck auf Gesetze über Warenzeichen, Etikettierungsvorschriften oder eine Kombination von Rechtsinstrumenten stützen.

Geografische Angaben sind im Rahmen zahlreicher multilateraler Abkommen geschützt. Die EU hat namentlich im Weinbausektor eine Reihe bilateraler Abkommen geschlossen. Sie strebt einen besseren Schutz und eine besser gesicherte Eintragung auf multilateraler (WTO)-Ebene und durch die Aushandlung zahlreicher bilateraler Übereinkünfte für alle Agrarerzeugnisse an. In bilateralen Übereinkünften wurde angestrebt, die Gesamtliste der geografischen Angaben der EU unter Schutz zu stellen. Da aber viele der 3000 geografischen Angaben, die derzeit in der EU geschützt sind, nur Produkte betreffen, die hauptsächlich auf lokalen oder regionalen Märkten verkauft werden, stellt sich die Frage, ob der internationale Schutz all dieser Namen weiter angestrebt werden sollte.

Frage 7:

3.4. Produkte mit geografischen Angaben als Zutaten von Verarbeitungserzeugnissen

Auf den Etiketten verarbeiteter und zubereiteter Erzeugnisse werden häufig die Hauptzutaten genannt. Fällt eine Zutat unter eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) oder eine geschützte geografische Angabe (g. g. A.), so will der Hersteller des Verarbeitungserzeugnisses möglicherweise auf die Verwendung dieser Zutat verweisen, indem er die eingetragene Bezeichnung verwendet. Die Hersteller der Zutat können allerdings Einspruch dagegen einlegen, dass ein Verarbeitungserzeugnis mit der eingetragenen Bezeichnung vermarktet wird.

Die allgemeinen Vorschriften über die Angaben für den Verbraucher umfassen Bestimmungen darüber, wie auf solche Zutaten verwiesen werden darf, ohne die Verbraucher irrezuführen. Wird beispielsweise eine Zutat in der Handelsbezeichnung verwendet, so muss der prozentuale Anteil der Zutat in der Zutatenliste vermerkt sein.

Frage 8:

3.5. Ursprung der Rohstoffe von Produkten mit geschützten geografischen Angaben

Um der Definition der geschützten geografischen Angaben zu genügen, braucht nur eine Produktionsstufe in dem namensgebenden Gebiet stattzufinden. Bei vielen g. g. A. (und einigen g. U.) für Verarbeitungserzeugnisse werden die Rohstoffe nicht in dem betreffenden Gebiet erzeugt. Einige Verbraucher erwarten möglicherweise, dass die Rohstoffe aus diesem Gebiet stammen, während andere möglicherweise erwarten, dass die spezialisierten Hersteller im geografischen Gebiet die hochwertigsten Rohstoffe ungeachtet der Herkunft auswählen. Je nach Art des Erzeugnisses können die Erwartungen der Verbraucher also unterschiedlich sein.

Frage 9:

3.6. Kohärenz und Vereinfachung der Regelungen für geografische Angaben

Derzeit gibt es drei Regelungen für die Eintragung und den Schutz geografischer Angaben für Agrarerzeugnisse in der EU, eines für Agrarprodukte und Lebensmittel, eines für Spirituosen und eines für Weinbauerzeugnisse. Dies geht zum Teil auf die Besonderheiten der betreffenden Erzeugnisse und die schrittweise Einführung einer Schutzregelung für jede Erzeugnisart zurück.

Die drei Regelungen basieren zwar auf einer ähnlichen Grundlage: Art des Schutzes, Begriffsbestimmungen, Durchsetzung durch die Verwaltung, Zusammenhang mit Warenzeichen, Regeln für das gleichzeitige Bestehen von gleichlautenden Bezeichnungen, Einrichtung eines Registers und Rolle einer Produktspezifikation. Aufgrund der besonderen Anforderungen für die einzelnen Arten von Erzeugnissen gibt es aber auch Unterschiede u. a. bei den Verfahren. So kommen Weine, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel sowohl für eine g. U. als auch für eine g. g. A. in Betracht, für Spirituosen hingegen ist nur eine Eintragung als g. g. A. möglich.

Frage 10:

4. Garantiert traditionelle Spezialitäten

"Garantiert traditionelle Spezialitäten" (g. t. S.) sind die Bezeichnungen von Agrarerzeugnissen oder Lebensmitteln, die unter Verwendung traditioneller Rohstoffe oder mittels traditioneller Herstellungsverfahren erzeugt werden oder die eine traditionelle Zusammensetzung haben. Unter diese Regelung fallen für den menschlichen Verzehr bestimmte Agrarerzeugnisse und eine Reihe von Lebensmitteln wie Bier, Süßwaren, Teigwaren, Fertiggerichte, Suppen, Eiscreme und Sorbets.

Seit der Einführung im Jahr 1992 wurden lediglich 20 g. t. S. eingetragen und etwa 30 weitere Erzeugnisse warten auf die Eintragung. Doch selbst wenn diese durchweg eingetragen werden, ist diese Zahl sehr klein. Wenige der eingetragenen Namen sind wirtschaftlich von Bedeutung.

In den meisten Fällen dient die Eintragung nur dazu, die traditionelle Form des Erzeugnisses festzuhalten, für nicht traditionell hergestellte Erzeugnisse kann die Bezeichnung weiter verwendet werden. Mehr als zwei Drittel der Antragsteller haben sich für diese Art der Eintragung ohne Schutz des Namens entschieden. Als Alternative kann der Name durch die Eintragung vorbehalten werden. In diesem Fall darf er nur für das Erzeugnis verwendet werden, das nach der Spezifikation hergestellt wurde, unabhängig davon, ob es die Angabe "garantiert traditionelle Spezialität", die Abkürzung "g. t. S." oder das EU-Logo trägt. Dies zeigt, dass die meisten Eintragungen als g. t. S. nur der Bestimmung des traditionellen Erzeugnisses, nicht jedoch dem Schutz der Bezeichnung dienen.

Nach dieser Regelung darf jeder Erzeuger, der die vorgeschriebenen Kontrollen zulässt, das traditionelle Erzeugnis herstellen und vermarkten. Offensichtlich haben allerdings nur wenige Erzeuger, die nicht in dem Land tätig sind, in dem der ursprüngliche Antrag gestellt wurde, diese Bestimmung der Verordnung über die garantiert traditionelle Spezialität ausgenutzt.

Frage 11:

5. Ökologischer Landbau/Biologische Landwirtschaft

Die Verbrauchernachfrage nach ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln nimmt seit einigen Jahren ständig zu, und die Nachfrage wächst schneller als das Angebot. Die Landwirte und die Verbraucher verlassen sich darauf, dass die Integrität der Regelung für den ökologischen Landbau gewährleistet, dass das Erzeugnis wie behauptet produziert wurde. Kontrollen durch öffentliche Behörden oder durch Zertifizierungsstellen sind wesentlich, um das Vertrauen in das System zu erhalten und Premiumpreise zu rechtfertigen.

Der Markt für ökologische Nahrungsmittel ist in der EU noch immer in nationale Märkte aufgesplittert. Die Supermärkte der einzelnen Länder neigen dazu, Waren mit dem Zertifikat inländischer Zertifizierungsstellen anzukaufen, obwohl sich alle Zertifizierungsstellen nach den einheitlichen EU-Normen für den ökologischen Landbau richten. Die EU hat daher derzeit die Aufgabe, einen funktionierenden Binnenmarkt für ökologisch erzeugte Waren zu schaffen, ohne den Ruf und die Glaubwürdigkeit der Öko-Kennzeichnung aufs Spiel zu setzen oder zu schmälern.

Seit 1991 gilt in der EU für europäische Erzeuger und Verarbeiter sowie für Drittlandsausführer die ökologische Erzeugnisse in der EU vermarkten wollen, eine Norm mit den Vorschriften für den ökologischen Landbau. Die EU-Norm orientiert sich weitestgehend an den Vorschriften für den ökologischen Landbau, die in einer internationalen Norm des Codex Alimentarius festgelegt wurde, was die Anerkennung von ökologischen EU-Erzeugnissen bei der Ausfuhr in Drittländer vereinfacht. 2004 wurden strategische und politische Ziele für den ökologischen Landbau vereinbart, die im Europäischen Aktionsplan für ökologisch erzeugte Lebensmittel und den ökologischen Landbau dargelegt sind. Das wichtigste Ergebnis bei der Rechtsetzung war eine neue Verordnung über den ökologischen Landbau, die im Juni 2007 angenommen wurde. Da dieser Rechtsakt erst seit Kurzem besteht, will die Kommission in den Mittelpunkt der Anhörung nicht die strategischen Einzelheiten des Rechtsaktes, sondern vielmehr die Frage stellen, wie der Markt für ökologische Erzeugnisse funktioniert.

Frage 12:

6. Strategie für Qualitätsprodukte aus den Regionen in äusserster Randlage

Die Verordnung über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union4 sieht die Einführung eines Bildzeichens vor, das für unbearbeitete oder verarbeitete, für die Regionen in äußerster Randlage typische landwirtschaftliche Qualitätserzeugnisse sensibilisieren und deren Verbrauch steigern soll. Die Verwendung des Bildzeichens wird von Stellen überwacht, die von den nationalen Behörden benannt werden. Die Bedingungen für die Verwendung werden von den betreffenden Berufsverbänden aufgestellt. Die Agrarerzeugnisse, für die das Bildzeichen verwendet werden darf, müssen Anforderungen entsprechen, die auf EU-Vorschriften oder - in Ermangelung solcher Vorschriften - auf internationale Normen basieren.

Erforderlichenfalls können auf Vorschlag der repräsentativen Berufsverbände zusätzliche Sonderanforderungen für Erzeugnisse aus den Regionen in äußerster Randlage aufgestellt werden. Bislang haben die Erzeuger in den spanischen und französischen Regionen in äußerster Randlage diese Möglichkeit genutzt (z.B. für Ananas, Bananen, Melonen und andere exotische Früchte aus Guadeloupe, Martinique und La Réunion sowie für Bananen, Tomaten, Gurken und anderes Obst und Gemüse sowie für Blumen und Wein von den Kanarischen Inseln).

Diese Initiativen sollen die Landwirte motivieren, die Qualitätsanforderungen für ihre Erzeugnisse zu beachten, und den Wert der lokalen Erzeugung von Regionen steigern, die durch ihre Entfernung vom europäischen Mutterland und durch die Insellage sowie durch die schwierigen geografischen und meteorologischen Bedingungen benachteiligt sind. Auf diese Weise sollen das Bildzeichen und die daran geknüpften Produktionsauflagen dazu beitragen, den Agrarsektor auf den lokalen und auf den externen Märkten wettbewerbsfähiger zu machen.

Frage 13:

7. Weitere EU-Regelungen

Themen der derzeitigen EU-Qualitätsregelungen sind der geografische Ursprung, traditionelle Erzeugnisse, Erzeugnisse aus bestimmten Regionen und der ökologische Landbau. Diese Systeme sind ein Eckstein der Qualitätspolitik der EU. Es gibt zahlreiche Anwärter für weitere EU-Regelungen, einschließlich Produkte aus Gebieten mit hohem Landschaftswert oder aus Berggebieten, die tiergerechte Haltung (Welfare Quality®)5, ein EU-Ursprungskennzeichen und die Ausdehnung des Umweltzeichens auf verarbeitete Agrarerzeugnisse. Auch könnte die Innovation gefördert werden.

Jede neue Qualitätsregelung auf EU-Ebene muss politischen Erfordernissen auf EU-Ebene entsprechen, denen eine einzelstaatliche Regelung, eine Regelung des Privatsektors oder ein anderes Instrument nicht adäquat nachkommen kann. Im Rahmen des Gesundheitschecks der Gemeinsamen Agrarpolitik wurden als die wichtigsten Prioritäten die Auswirkungen des Klimawandels, die Erhaltung der biologischen Vielfalt und die Wassernutzung hervorgehoben.

Die Kommission würde bei etwaigen neuen Regelungen prüfen, ob weitere Rechtsvorschriften erforderlich sind oder ob in einigen Fällen die Aufstellung von Leitlinien ausreichen könnte.

Verbindliche Regelungen wären insbesondere bei komplexen rechtlichen und wissenschaftlichen Bereichen (z.B. Tierschutz) von Vorteil, während in anderen Fällen freiwillige Regelungen, die dazu dienen, die Betreiber der Systeme bei der Ausarbeitung und Verbesserung ihrer Systeme zu unterstützen, ausreichen könnten.

Der Verwaltungsaufwand für Landwirte und andere Interessenträger, aber auch für die Behörden der Mitgliedstaaten und für die Kommission ist gemäß dem Grundsatz einer besseren Rechtssetzung zu berücksichtigen.

Frage 14:

Teil III
Zertifizierungsregelungen

8. Regelungen für die Qualitätszertifizierung von Nahrungsmitteln

In den letzten Jahren war ein beträchtlicher Zuwachs bei den privaten und staatlichen Regelungen für die Qualitätszertifizierung von Nahrungsmitteln zu beobachten. Dem Einzelhandel bieten diese die Möglichkeit, auf die sich wandelnde Verbrauchernachfrage zu reagieren und den Verbrauchern Erzeugnisse mit besonderen Qualitätsmerkmalen (Eigenschaften des Erzeugnisses oder Produktionsverfahren) anzubieten. Den Verbrauchern bietet die Tatsache, dass die Regelungen auf einer Zertifizierung beruhen, eine zusätzliche Garantie, dass die Angaben auf dem Etikett zuverlässig sind. Für die Landwirte bedeuten sie einerseits einen Kostenfaktor, aber sie bieten ihnen andererseits auch die Möglichkeit, die Verbraucher über die Qualitätsmerkmale des Erzeugnisses zu unterrichten.

In der EU reichen Zertifizierungsregelungen von der Einhaltung verbindlicher Produktionsvorschriften bis zu zusätzlichen Auflagen im Hinblick auf Umwelt- und Tierschutz, organoleptische Merkmale, Arbeitnehmerschutz, fairen Handel, Klimaschutz, ethische, religiöse oder kulturelle Erwägungen, Anbauverfahren und den Ursprung.

Die Lebensmittelindustrie und der Einzelhandel können sich auf die Qualitätszertifizierung verlassen, die eine zusätzliche Garantie für die gelieferten Erzeugnisse bietet. Die Zertifizierung gewährleistet die Rechtssicherheit, dass die Landwirte sich an die richtigen Vorschriften gehalten haben, und verbessert das Image des Einzelhändlers.

Mit der Multiplikation von Regelungen und Kennzeichnungen in jüngster Zeit nahmen allerdings die Bedenken hinsichtlich der Transparenz der Anforderungen von Regelungen, der Glaubwürdigkeit der aufgestellten Behauptungen und deren möglicher Wirkung auf faire Handelsbeziehungen zu.

Mit dieser Anhörung möchte die Kommission Meinungen zum Funktionieren dieser weitgehend privaten Regelungen und ihrer Auswirkungen auf Landwirte innerhalb und außerhalb der EU, einschließlich in Entwicklungsländern, einholen.

8.1. Wirksamkeit der Zertifizierungsregelungen bei der Verwirklichung politischer Ziele

Große Einzelhändler können mithilfe der Zertifizierungsregelungen sicherstellen oder durchsetzen, dass bestimmte Produktions- und Lieferbedingungen beachtet werden. In der Tatsache, dass die Regelungen im Laufe der Zeit immer mehr wurden, hat sich widergespiegelt, wie die Einzelhändler den Wunsch der Verbraucher nach mehr Informationen über die von ihnen gekauften Lebensmittel eingeschätzt haben. Die wichtigsten Aspekte für viele Verbraucher sind Hygiene und Sicherheit sowie der Preis. Für Verbraucher, die Qualitätserzeugnisse mit bestimmten Merkmalen oder mit bestimmten landwirtschaftlichen Verfahren erzeugte Qualitätserzeugnisse nachfragen, schließen die innovationsbegründenden Faktoren Folgendes ein:

Diese Impulse für die Politik könnten zumindest teilweise erklären, warum so viele Zertifizierungsregelungen eingerichtet wurden. Die Einrichtung und Nutzung einer Zertifizierungsregelung hängt in einigen Fällen davon ab, ob eine Marktnachfrage vorhanden ist.

Regelungen, die sicherstellen sollen, dass geltende Rechtsvorschriften beachtet werden, werden als "Grundregelungen" bezeichnet. Mit diesen Regelungen werden nicht zusätzlich besondere Qualitätsauflagen eingeführt, sondern ausgehend von grundlegenden Vorschriften ausführliche Regeln für Betreiber vorgegeben (beispielsweise zusätzliche Aufzeichnungen) und Kontrollen vorgesehen, die sicherstellen, dass diese Regeln beachtet werden. Eine solche Regelung wird herangezogen, um damit zu werben, dass die Erzeugung "zertifiziert" oder "garantiert" den geltenden Vorschriften (Hygiene usw.) entspricht. Solche Regelungen werden häufig bei Geschäften zwischen Unternehmen eingesetzt, da sie den Unternehmen gewährleisten, dass das gelieferte Erzeugnis geltenden Normen und Auflagen genügt. Diese Regelungen können zum Schutz des Rufs des Unternehmens konzipiert werden und verringern die Wahrscheinlichkeit und die Folgen von Haftungsklagen. Derzeit werden die Endverbraucher nicht darüber informiert, dass ein Erzeugnis diese Grundregelungen erfüllt.

Frage 15:

8.2. EU-Aufsicht

Wegen der breiten Vielfalt der Zertifizierungsregelungen sind die einschlägigen Rechtsvorschriften komplex und umfassen mehrere Politikbereiche. Zertifizierungsregelungen unterliegen bestimmten Zwängen, namentlich

Die Kommission sieht grundsätzlich keinen Bedarf für eine weitere, spezielle Rechtsetzung für Zertifizierungsregelungen zu diesen Themen, könnte jedoch die Aufstellung von Leitlinien in Betracht ziehen. Diese könnten dazu dienen, den Regelungseignern bei der Aufstellung und Verbesserung der Regelungen zu helfen.

Frage 16:

8.3. Aufwands- und Kostensenkung

Die Kosten für den Beitritt zu einer Zertifizierungsregelung lassen sich in "direkte" und "indirekte" Kosten gliedern. Direkte Kosten ergeben sich aus Mitgliedsbeiträgen sowie aus Kontrollen und der Zertifizierung durch Dritte. Indirekte Kosten hängen mit der Einhaltung der Normen der Zertifizierungsregelung (Investitionskosten für die Modernisierung von Anlagen) und zusätzlichen Produktionskosten zusammen.

Die Notwendigkeit, mehr als einer Regelung anzugehören, geht vor allem für Kleinerzeuger mit beträchtlichem (finanziellem und Verwaltungs-)Aufwand einher. Tritt ein Landwirt nicht einer bestimmten Regelung bei, kann sein Erzeugnis von bestimmten Absatzmärkten ausgeschlossen werden.

Die Zertifizierungs- und Kontrollauflagen privater Regelungen kommen zu den amtlichen Kontrollauflagen hinzu.

Frage 17:

8.4. Internationale Dimension

Im internationalen Handel können Zertifizierungsregelungen dazu dienen, Erzeugnisse mit bestimmten Qualitätsmerkmalen zu bewerben und zu vermarkten. Da die meisten derzeitigen Regelungen in privater Hand (Landwirte, Erzeuger, Lebensmittelindustrie oder Einzelhändler) sind, ist die Europäische Kommission kaum einbezogen.

Für Landwirte in Entwicklungsländern, die den EU-Markt beliefern, sind private Zertifizierungsregelungen mit Kosten, aber auch mit Chancen verbunden. Die Landwirte haben möglicherweise Schwierigkeiten, die Auflagen zu erfüllen. Wenn sie jedoch im Rahmen einer Regelung eines EU-Einzelhändlers zertifiziert werden können, sind sie möglicherweise besser gestellt, um ihre Erzeugnisse in der EU abzusetzen.

Was den Tierschutz anbelangt, so könnte die Anwendung extensiver Bewirtschaftungsverfahren, insbesondere in Entwicklungsländern, die Möglichkeit bieten, den Handel mit tierschutzgerecht erzeugten Produkten zu entwickeln, da die Zertifizierung der Produktionsmethode den Verbrauchern in der EU die gewünschte Garantie in Bezug auf die Angemessenheit der Produktionsbedingungen bieten würde.

Frage 18:

Fazit

Vorstehend wurde die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse allgemein dargestellt. Dieses Grünbuch soll den Anstoß für Diskussion und schriftliche Beiträge geben. Deswegen werden alle interessierten Kreise und Beteiligten aufgefordert zu antworten. In Einklang mit der Mitteilung der Kommission über "Bessere Rechtsetzung" sollte die Erarbeitung von politischen Maßnahmen so transparent wie möglich sein, und Maßnahmen sollten erst nach einer eingehenden Anhörung der Beteiligten getroffen werden.

Das Grünbuch ist daher der erste Schritt für die politische Entscheidungsfindung. Die eingegangenen Beiträge sollen die Grundlage für die Überlegungen der Kommission über den Entwurf eines Papiers über politische Optionen in Form einer Mitteilung bilden, die heutigen Plänen zufolge im Mai 2009 veröffentlicht werden soll. Der Erfolg der Anhörung im Rahmen dieses Grünbuchs hängt von der Bereitschaft eines breiten Spektrums von Beteiligten ab, in diesem wichtigen öffentlichen Prozess ihre Sorgen, Analysen und Ideen mitzuteilen und auszuführen.

Die Kommission wird die Beiträge veröffentlichen und prüfen und ihre eigene Rückmeldung bekannt machen.

Frage 19: