Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21. Oktober 2010 zu Kambodscha, insbesondere dem Fall von Sam Rainsy

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 113050 - vom 11. November 2010. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung vom 21. Oktober 2010 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass in den letzten Jahren in Kambodscha ein besorgniserregender autoritärer Trend erkennbar ist, der sich in Form einer Verschlechterung der Menschenrechtssituation, der Einschränkung der Grundfreiheiten, einer brutalen Landnahmepolitik, die im Wesentlichen die Armen trifft, der Unterdrückung aller Formen von Kritik und Protest, der Verfolgung der parlamentarischen Opposition und von Aktivisten der Zivilgesellschaft, den Einsatz der Gerichte zu politischen Zwecken und einer Tendenz zu einem Einparteiensystem äußert,

B. in der Erwägung, dass Sam Rainsy, Mitglied des Parlaments von Kambodscha und Vorsitzender der zweitgrößten politischen Partei seines Landes, von der autoritären herrschenden Partei und der Regierung Kambodschas verfolgt wird,

C. in der Erwägung, dass der Oppositionsführer Sam Rainsy von einem Gericht in Phnom Penh am 23. September 2010 in Abwesenheit wegen Desinformation und Fälschung öffentlicher Dokumente zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde, dass seine Verurteilung mit einem Akt zivilen Ungehorsams begründet wurde, der darin bestand, dass er an der vietnamesischkambodschanischen Grenze, die zwischen beiden Ländern nach wie vor umstritten ist, sechs hölzerne Grenzpfähle ausriss, was mit Unterstützung der Dorfbewohner geschah, die behaupteten, sie seien Opfer einer Aneignung von Land, bei der die Vietnamesen die Pfähle unrechtmäßig auf kambodschanischen Grund und Boden in ihre Reisfelder versetzten, und ihre Beschwerden gegenüber den lokalen Behörden hätten kein Ergebnis erbracht,

D. in der Erwägung, dass das Berufungsgericht in Phnom Penh am 13. Oktober 2010 beschloss, ein Urteil des Provinzgerichts von Svay Rieng vom 27. Januar 2010 aufrecht zu erhalten, mit dem Sam Rainsy in Abwesenheit zu zwei Jahren Haft in Zusammenhang mit einem Protest gegen mutmaßliche vietnamesische Übergriffe auf kambodschanisches Hoheitsgebiet verurteilt worden war, jedoch auch beschloss, zwei gemeinsam mit Sam Rainsy verurteilte Bauern nach neun Monaten und zwanzig Tagen Haft freizulassen,

E. in der Erwägung, dass die Strategie der regierenden Partei in Kambodscha darin besteht, eine politisch untertänige Justiz zu nutzen, um jegliche Kritik an der Regierung zu unterbinden,

F. in der Erwägung, dass sich in Kambodscha eine alarmierend hohe Zahl von Menschen wegen verschiedener Mängel im Strafjustizwesen in Haft befindet und es nach wie vor keine Garantie für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz gibt,

G. in der Erwägung, dass die nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen die Auffassung vertreten, dass die Regierung die Gerichte nutzt, um die Kritiker an ihren Reaktionen auf die Aneignung von Land, Korruption und Grenzstreitigkeiten zum Schweigen zu bringen,

H. in der Erwägung, dass am 30. August 2010 ein Mitarbeiter der NRO Licadho, Leang Sokchoeun, vom Provinzgericht in Takeo zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde, weil er angeblich im Januar 2010 gegen die Regierung gerichtete Flugblätter verteilt hatte, wobei das Verfahren allerdings mit gravierenden Unregelmäßigkeiten behaftet war,

I. in der Erwägung, dass die Abgeordnete Mu Sochua, ein Mitglied der parlamentarischen Opposition, wegen Diffamierung des Ministerpräsidenten verurteilt wurde,

J. in der Erwägung, dass der Journalist Hang Chakra neun Monate in Haft verbrachte, weil er die Korruption im Umfeld von Vizepräsident Sok An angeprangert hatte,

K. in der Erwägung, dass Sam Rainsy 1995 verfassungswidrig aus der Nationalversammlung ausgeschlossen wurde, es ihm jedoch bei nachfolgenden Wahlen gelang, seinen Sitz im Parlament zurückzuerobern, dass er mehreren Mordversuchen entging, so einem Granatenangriff 1997, der Todesopfer forderte, und dass circa 80 seiner Anhänger ermordet wurden,

L. in der Erwägung, dass ihm die herrschende Partei dreimal aus fragwürdigen Gründen seine parlamentarische Immunität entzog, damit er zu Haftstrafen verurteilt werden konnte,

M. in der Erwägung, dass die EU weltweit die bedeutendste Geberinstitution für Kambodscha ist,