Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Vierte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Vierte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 2. November 2007

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Gesundheit und vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu erlassende


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas de Maizière

Vierte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

Vom ...

Es verordnen

Artikel 1

Die Arzneimittelverschreibungsverordnung vom 21. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3632), zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. Juli 2007 (BGBl. I S.1427), wird wie folgt geändert:

Artikel 2


Der Bundesrat hat zugestimmt.
Bonn, den .. Dezember 2007
Die Bundesministerin für Gesundheit
Ulla Schmidt
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Horst Seehofer

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Der Verbraucherschutz gebietet, dass Arzneimittel, die bestimmte Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen enthalten, der Verschreibungspflicht unterstellt werden. Diese Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen werden durch die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) in den Anlagen 1 und 2 bestimmt.

Diese Verordnung ändert den Verordnungstext und die Anlage 1 der Verordnung.

Der § 2 Abs. 7 der Verordnung wird redaktionell geändert: Der Begriff "Anforderung" wird in Ein- und Mehrzahl durch den Begriff "Verschreibung" ersetzt.

Es wird darüber hinaus ein neuer Absatz 8 angefügt. Darin wird klargestellt, dass entsprechend gängiger Praxis Verschreibungen für den stationären Bedarf auch oder ausschließlich mit Hilfe von Telefaxgeräten übermittelt werden können.

In Anlage 1 der Verordnung werden auf Grund von § 48 Abs. 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) zwölf neue Stoffe und Zubereitungen der Verschreibungspflicht unterstellt. Davon sind elf von der EU-Kommission zugelassen worden, ein Arzneimittel verfügt über eine nationale Zulassung. Darüber hinaus ist auf Grund von § 48 Abs. 2 und 3 AMG vorgesehen, in dieser Anlage zur Steigerung der Transparenz drei Sammelpositionen aufzuheben und zwei Einzelpositionen einzufügen. Bei einundzwanzig Positionen werden die Anwendungsbereiche allgemeiner gefasst.

Die Verordnung trägt zur Arzneimittelsicherheit bei.

Diese Verordnung hat keine Folgen für die Leistungspflicht gesetzlicher Krankenversicherungen (GKV).

Im Interesse der Arzneimittelsicherheit scheidet es aus, das Vorhaben zu befristen.

Das Vorhaben ist mit Gemeinschaftsrecht kompatibel, da die EU-Mitgliedstaaten die Verschreibungspflicht für Arzneimittel in jeweils eigener Kompetenz regeln dürfen.

Das Vorhaben hat keine Relevanz im Hinblick auf die Gleichstellung von Mann und Frau.

Die pharmazeutischen Unternehmer (PU) sollen über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln nicht in eigener Kompetenz entscheiden, weil solche Entscheidungen i. S. des Verbraucherschutzes einheitlicher staatlicher Maßnahmen bedürfen.

Die Rechtsverordnung ergeht nach § 48 Abs. 2 Satz 1 AMG mit Zustimmung des Bundesrates.

Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht wurde gehört.

Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Verordnung nicht mit Kosten belastet.

Der Wirtschaft, und hier insbesondere den betroffenen mittelständischen PU, entstehen keine zusätzlichen Kosten. Daher sind auch keine Auswirkungen auf die Einzelpreise zu erwarten. Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, und hier insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind ebenfalls nicht zu erwarten.

Für PU mit seit längerem verfügbaren Arzneimitteln entstehen durch dieses Vorhaben keine zusätzlichen Bürokratiekosten, weil es für kein bereits vermarktetes Arzneimittel die Verkaufsabgrenzung ändert. Für die PU, die seit kurzem neue Arzneimittel vermarkten und für die diese Verordnung die Verschreibungspflicht vorsieht, entstehen ebenfalls keine Bürokratiekosten. Denn für diese Arzneimittel sind keine Produktinformationen zu ändern.

Diese Präparate sind wegen Ihrer Neuartigkeit auf Grund § 48 Abs. 2 Nr. 1 AMG schon seit der Zulassung mit Produktinformationen ausgestattet, die die Verschreibungspflicht ausweisen.

Daher entstehen durch dieses Vorhaben auch für die GKV und für öffentliche Apotheken keine zusätzlichen Informationspflichten.

Für Bürgerinnen und Bürger werden keine Informationspflichten eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung)

Zu Nr. 1 (§ 2)

Zu Buchstabe a

Es handelt sich um redaktionelle Änderungen: Mit der Ersetzung des Begriffs "Anforderung" bzw. "Anforderungen" erfolgt eine Anpassung an die übrigen Vorschriften der Verordnung, in denen jeweils der Begriff "Verschreibung" bzw. "Verschreibungen" verwendet wurde.

Zu Buchstabe b

Es wird klar gestellt, dass Verschreibungen von Arzneimitteln für einen stationären Bedarf der Apotheke nicht notwendigerweise in Form der Originale vorgelegt werden müssen; vielmehr können diese Verschreibungen auch oder ausschließlich mit Hilfe von Telefaxgeräten übermittelt werden.

Zu Nr. 2 (Änderung der Anlage 1)

Zu Buchstabe a (Streichung von Positionen)

Zur Position Biguanide - zur Diabetesbehandlung -

Die Position wird aufgelöst; es werden künftig nur noch entsprechende Einzelsubstanzen genannt.

Aus der Gruppe der Biguanide ist derzeit nur der Wirkstoff Metformin zugelassen; diese Position wird neu eingefügt (siehe Begründung zu Nr. 2 Buchstabe b, Position "Metformin").

Dieses ist ein therapeutisch etabliertes orales Antidiabetikum.

Die zu den Biguaniden zählenden Wirkstoffe Buformin und Phenformin befinden sich aufgrund ihres ungünstigen Nutzen/Risiko-Verhältnisses (erhöhtes Risiko von Lactatazidosen, etc.) seit Anfang der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts nicht mehr auf dem Markt.

Zur Position Guanidine, einfach substituierte - zur Behandlung des Diabetes mellitus -

Diese Position besteht seit etwa 1968. Wissenschaftliche Beschreibungen antidiabetischer Wirkungen von Guanidin und Guanidin-Derivaten stammen aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Heutzutage spielen diese Wirkstoffe klinisch keine Rolle mehr. Daher entfällt diese Position.

Zur Position Wachstumshormone

Die Position wird aufgelöst; in der Anlage 1 der AMVV werden künftig nur noch entsprechende Einzelsubstanzen genannt.

Zwar existieren mehrere Vertreter dieser Substanzklasse, jedoch findet neben dem bereits in der Anlage aufgeführten Molgramostin lediglich Somatropin (siehe Begründung zu Nr. 2 Buchstabe b) derzeit klinische Anwendung. Andere Wachstumshormone haben entweder keine Zulassung (Somaterm, Somacton) oder sind therapeutisch obsolet (Somatotropin).

Zu Buchstabe b (Einfügung von Positionen)

Zur Position Abatacept

Anwendungsgebiet:

Zur Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, wenn der Patient auf andere krankheitsmodifizierende Antirheumatika, einschließlich mindestens eines Tumor-Nekrose-Faktor-Inhibitors, nicht ausreichend anspricht oder diese nicht verträgt.

Darreichungsform:

Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Abatacept in der EU

Zur Position Betain"

Anwendungsgebiet:

Adjuvante Therapie der Homocystinurie, die bei

Mängel oder Defekte umfasst. Betain soll zusätzlich zu Vitamin B6, Vitamin B12 und Folsäure sowie spezieller Diät angewendet werden.

Darreichungsform:

Pulver zum Einnehmen

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Betain in der EU

Zur Position Darunavir"

Anwendungsgebiet:

In Kombination mit 100 mg Ritonavir ist Darunavir, kombiniert mit weiteren antiretroviralen Arzneimitteln, indiziert zur Therapie von Infektionen mit dem HIV-1-Virus; die Substanz ist Ob ein Patient mit Darunavir/Ritonavir 100 mg behandelt wird, hängt insbesondere ab von seiner Behandlungsgeschichte und den mit den verschiedenen Medikamenten verbundenen Mutationsmustern. Bei der Anwendung von Darunavir sind Resistenzen zu beachten.

Darreichungsform:

Filmtabletten

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Darunavir in der EU

Zur Position Dirlotapid - zur Anwendung bei Tieren -

Indikation:

Zur Reduktion von Übergewicht und Fettleibigkeit erwachsener Hunde. Dirlotapid ist als Teil eines umfassenden Maßnahmenkataloges zur Gewichtsreduzierung anzuwenden, der auch eine geeignete Ernährungsumstellung und ein Bewegungsprogramm beinhaltet.

Darreichungsform:

Lösung zum Eingeben

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Dirlotapid in der EU

Zur Position Fesoterodin

Anwendungsgebiet:

Symptomatische Behandlung von erhöhter Harnfrequenz und/oder imperativem Harndrang und/oder Dranginkontinenz bei Patienten mit überaktiver Blase.

Darreichungsform:

Retardtabletten

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Fesoterodin in der EU

Zur Position Lenalidomid

Anwendungsgebiet:

Die Substanz ist in Kombination mit Dexamethason indiziert für die Behandlung von Patienten mit multiplem Myelom, die vorher mindestens eine andere Therapie erhalten haben.

Darreichungsform:

Hartkapseln

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Lenalidomid in der EU

Zur Position Melatonin

Anwendungsgebiet:

Das Arzneimittel ist zugelassen zur Monotherapie für die kurzzeitige Behandlung der primären, durch schlechte Schlafqualität gekennzeichneten Insomnie bei Patienten ab dem 55. Lebensjahr.

Darreichungsform:

Retardtabletten

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Melatonin in der EU

Zur Position Metformin

Anwendungsgebiet:

Orales Antidiabetikum

Darreichungsform:

Tabletten

Begründung

Siehe Begründung zu Nr. 2, Buchstabe a, Position "Biguanide - zur Diabetesbehandlung -".

Zur Position Paliperidon

Anwendungsgebiet:

Behandlung der Schizophrenie

Darreichungsform:

Retardtabletten

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Paliperidon in der EU

Zur Position Rufinamid

Anwendungsgebiet:

Als Zusatztherapie zur Behandlung von Anfällen des Lennox-Gastaut-Syndroms bei Patienten ab dem 4. Lebensjahr.

Darreichungsform:

Filmtabletten

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Rufinamid in der EU

Zur Position Sitagliptin"

Anwendungsgebiet:

Indiziert bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus zur Verbesserung der Blutzuckerkontrolle in Kombination mit Metformin, wenn Diät und Bewegung plus Metformin den Blutzucker nicht ausreichend senken.

Darreichungsform:

Filmtabletten

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Sitagliptin in der EU

Zur Position Somatropin"

Anwendungsgebiet:

Wachstumsstörungen bei Kindern, Wachstumshormonmangel bei Erwachsenen

Darreichungsform:

Injektionslösung

Begründung

Die Position "Somatropin" wird neu eingefügt. Siehe dazu auch die Begründung zu Nr. 2

Buchstabe a, Position "Wachstumshormone".

Zur Position Telbivudin"

Anwendungsgebiet:

Zur Behandlung der chronischen Hepatitis B bei Erwachsenen mit kompensierter Lebererkrankung und nachgewiesener viraler Replikation, anhaltend erhöhten Glutamat-Pyruvat- Transaminase-(GPT)-Spiegeln und histologischem Nachweis einer aktiven Entzündung und/oder Fibrose.

Darreichungsform:

Filmtabletten

Begründung

Erstmalige Zulassung des Wirkstoffes Telbivudin in der EU

Zur Position Zubereitung aus Florfenicol und Flunixin - zur Anwendung bei Tieren -

Anwendungsgebiet:

Antiinfektivum zur systemischen Anwendung

Darreichungsform:

Injektionslösung

Begründung

Erstmalige Zulassung dieser Wirkstoffkombination im Geltungsbereich des AMG

Zu Buchstabe c ("Phenylpropanolamin") und zu Buchstabe d

("Aglepriston"; "Altrenogest"; "Closantel"; "Enterococcus faecium"; "Escherichia coli"; "Firocoxib"; "Halofuginon"; "Hemoglobinglutamer"; "Insulin(vom Schwein)-Zink-Injektionssuspension, kristallin"; "Lecirelin"; "Nimesulid"; "Nitenpyram"; "Pentosanpolyulfat"; "Pimobendan"; "Pirlimycin"; "Resocortol und seine Ester"; "Tepoxalin"; "Tolfenminäure"; "Tulathromycin"; "Vedaprofen")

Die gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 AMG den Anwendungsbereich konkretisierenden Zusätze mit Einschränkung auf einzelne Tierarten können im Sinne einer Konsolidierung der Anlage 1 vereinheitlicht werden, da alle zugelassenen Arzneimittel im Geltungsbereich des AMG mit diesen Wirkstoffen der Verschreibungspflicht unterliegen.

Für keinen der genannten Stoffe sind zugelassene Präparate im Verkehr, bei denen sich auf Grund der beabsichtigten Änderungen die Verkaufsabgrenzung von der Apothekenpflicht zur Verschreibungspflicht ändert.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Zu Absatz 1

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

Zu Absatz 2

Die Übergangsfrist für den Wegfall der konkretisierenden Zusätze bestimmter Positionen soll pharmazeutischen Unternehmern ermöglichen, für etwaige von der Zulassungspflicht freigestellte Arzneimittel mit betroffenen Stoffen Anträge auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht zu stellen.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Vierte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Für die pharmazeutischen Unternehmen entstehen mit der vorliegenden Verordnung keine zusätzlichen Bürokratiekosten.

Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter