Antrag des Landes Berlin
Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG

Punkt 17 der 839. Sitzung des Bundesrates am 30. November 2007

Zu Artikel 1 Nr. 13a ( § 160a StPO)

Der Bundesrat möge beschließen, die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel zu verlangen, dass Artikel 1 Nr. 13a ( § 160a StPO) dahingehend grundlegend überarbeitet wird, dass - wie für Verteidiger, Geistliche und Abgeordnete im Gesetz bereits vorgesehen - auch für alle anderen Berufsgeheimnisträger (u.a. Ärzte, Journalisten, Rechtsanwälte) ein besonderer Schutz vor Ermittlungsmaßnahmen gilt.

Begründung

Der Gesetzesbeschluss schafft erstmals eine einheitliche Schutzvorschrift für alle Berufsgeheimnisträger vor strafprozessualen Überwachungsmaßnahmen.

Der konkrete Schutz, den diese Vorschrift für die einzelnen Berufsgruppen jedoch bietet ist unzureichend. Für Verteidiger, Geistliche und Abgeordnete soll es einen absoluten Schutz vor Ermittlungsmaßnahmen geben, wenn die Maßnahme voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würde, über die diese Personen das Zeugnis verweigern dürften. Für alle anderen Berufsgeheimnisträger (u.a. Ärzte, Journalisten und Rechtsanwälte) wird der Schutz nur im Rahmen einer

Verhältnismäßigkeitsprüfung gewährt. Insbesondere die Unterscheidung zwischen Strafverteidigern und sonstigen Anwälten wird dem Berufsbild des Rechtsanwaltes in keiner Weise gerecht. Nach § 160a Abs. 2 StPO- neu soll bei nicht erheblichen Straftaten in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses ausgegangen werden. Es besteht die Gefahr, dass im Umkehrschluss davon ausgegangen wird, dass bei Straftaten von erheblicher Bedeutung das Strafverfolgungsinteresse regelmäßig überwiegt. Darüber hinaus bestehen bei Straftaten von erheblicher Bedeutung keine verlässlichen Abwägungskriterien.

Kein Angehöriger der von § 160a Abs. 2 StPO- neu erfassten Berufsgruppen kann sich daher von vornherein seines Schutzes sicher sein. Der konkrete Schutzumfang wird vielmehr im Einzelfall von den Ermittlungsbehörden positiv festgestellt.

Der Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages verkennt die besondere Stellung der betroffenen Berufsgruppen. Es ist allein eine rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers, welchen Schutz er speziellen Berufsgruppen vor strafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen zubilligt. Wenn er sich für ein unterschiedliches Schutzniveau entscheidet, muss dies rechtspolitisch aus sachlichen Gründen geboten sein. Diesem Gebot kommt der Gesetzesbeschluss nicht nach. Insbesondere der unzureichende Schutz für Journalisten verkennt deren verfassungsrechtliche Stellung im Hinblick auf Artikel 5 Abs. 1 GG. Das Grundrecht der Pressefreiheit ist für das Funktionieren eines demokratischen Staates und einer demokratischen Gesellschaft schlechterdings unverzichtbar.

Eine freie Presse und ein freier Rundfunk sind von besonderer Bedeutung für den freiheitlichen Staat. Auf Grund der Verhältnismäßigkeitsprüfung in § 160a Abs. 2 StPO- neu kann auch künftig der Informantenschutz nicht mehr verlässlich garantiert werden. Der Journalist kann seinem Informanten nicht zusichern, dass er als Quelle anonym bleibt. Damit wird der verfassungsrechtlich garantierte Informantenschutz unterlaufen. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Geheimhaltung der Informationsquellen und das Vertrauensverhältnis zwischen Presse bzw. Rundfunk und den Informanten geschützt sei. Dieser Schutz sei unentbehrlich, weil die Presse auf private Mitteilungen nicht verzichten könne, diese Informationsquelle aber nur dann ergiebig fließe wenn sich der Informant grundsätzlich auf die Wahrung des Redaktionsgeheimnisses verlassen könne.