Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Zehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

A. Problem und Ziel

Da bei Arzneimitteln mit bestimmten Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen Anwendungsrisiken bestehen, gilt für sie die Verschreibungspflicht. Die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) bestimmt die entsprechenden Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen. Die in Anlage 1 der AMVV auf Grund des § 48 Absatz 1 und 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) benannten Stoffe und Zubereitungen von Stoffen bzw. Arzneimittel weisen Wirkungen auf, die in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannt sind oder die Gesundheit auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch gefährden können, wenn sie ohne ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Überwachung angewendet werden, oder werden häufig in erheblichem Umfang nicht bestimmungsgemäß gebraucht. Auf Grund des wissenschaftlichen Fortschritts ist insbesondere Anlage 1 der AMVV regelmäßig anzupassen.

Mit dieser Verordnung werden in Anlage 1 sechzehn Positionen neu eingefügt; davon entfallen fünf auf Arzneimittel mit Neuzulassungen (eine nationale und vier EU-Zulassungen), zehn auf redaktionelle Änderungen und eine (Pseudoephedrin) auf eine Neuregelung der Verschreibungspflicht nach Anhörung von Sachverständigen. Ferner werden sechs weitere Voten des Sachverständigenausschusses (SVA) für Verschreibungspflicht umgesetzt. Auf Grund dessen werden in zwei Fällen weitere Ausnahmen von der Verschreibungspflicht geschaffen, in zwei Fällen wird das seinerzeit Gewollte klargestellt, in einem Fall wird die Verordnung an den bestehenden Zulassungsstatus angepasst und in einem Fall wird eine redaktionelle Änderung ohne Auswirkungen auf materielles Recht vorgenommen. Vier weitere nomenklatorische Neuregelungen ohne Änderung materiellen Rechts werden ohne Votum des SVA durchgeführt. Schließlich erfolgt mit der Streichung von § 8 eine Rechtsbereinigung: Die darin enthaltene Übergangsregelung endete am 1. Oktober 2010.

B. Lösung

Erlass der Rechtsverordnung.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

2. Vollzugsaufwand

Keiner.

E. Sonstige Kosten

Da der Wirkstoff Pseudoephedrin teilweise der Verschreibungspflicht unterstellt wird, ist bei der Preisgestaltung für die Arzneimittel Reactine duo@ und Rhinopront Kombi@, die diesen Wirkstoff enthalten, künftig die Arzneimittelpreisverordnung anzuwenden. Die Preise dieser Arzneimittel und damit die Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV) könnten sich geringfügig erhöhen. Diese Kostensteigerungen dürften allerdings nicht messbar sein, da die o.g. Arzneimittel nach Angaben des Arzneiverordnungsreports 2009 nicht zu den 3.000 am häufigsten verordneten Arzneimitteln zählen. Mit Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau und hier insbesondere das Verbraucherpreisniveau ist daher nicht zu rechnen.

Für die öffentlichen Apotheken entstehen keine zusätzliche Kosten, da nicht damit zu rechnen ist, dass künftig Arzneimittel mit dem Wirkstoff Pseudoephedrin vermehrt mit der GKV abgerechnet werden müssen.

Für die Bürgerinnen und Bürger entstehen keine zusätzlichen Kosten. Arzneimittel mit dem Wirkstoff Pseudoephedrin wurden ausweislich des Arzneiverordnungsreportes bisher in nur sehr geringem Umfang zu Lasten der GKV verschrieben, weil auf Grund von § 34 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen sind. Diese Arzneimittel sind also derzeit in der Regel von den Patientinnen und Patienten selbst zu finanzieren. Da unterstellt werden kann, dass sich das Verschreibungsverhalten der Ärzteschaft im Hinblick auf diese Arzneimittel auf Grund der partiellen Unterstellung des o.g. Wirkstoffes unter die Verschreibungspflicht nicht grundsätzlich ändern wird und diese Arzneimittel nach Inkrafttreten dieser Verordnung für Erwachsene regelmäßig auf Privatrezepten verordnet werden, sind die Kosten für diese Arzneimittel bei Verschreibungen für Erwachsene auch künftig regelmäßig von den Bürgerinnen und Bürgern zu tragen.

Für Kinder ab dem 12. Lebensjahr oder Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen können diese Arzneimittel auch weiterhin zu Lasten der Krankenkassen verschrieben werden.

F. Bürokratiekosten

Da mit dieser Verordnung der Wirkstoff Pseudoephedrin partiell der Verschreibungspflicht unterstellt wird, entstehen für einen einzigen pharmazeutischen Unternehmer zusätzliche Bürokratiekosten, weil er in Abstimmung mit der Zulassungsbehörde die nach dem Arzneimittelgesetz notwendigen Informationsmaterialien ggf. ändern und Verpackungsmaterialien ggf. neu bestellen muss. Die Bürokratiekosten, die dem pharmazeutischen Unternehmer durch diese Verordnung entstehen, werden unter Zugrundelegung des Leitfadens zur Exante-Abschätzung von Bürokratiekosten auf insgesamt etwa 3.670 Euro geschätzt.

Dem betroffenen pharmazeutischen Unternehmer soll eine Übergangsfrist bis zum 1. Mai 2011 gewährt werden, damit er Restbestände der als apothekenpflichtig gekennzeichneten Arzneimittel abverkaufen und betriebswirtschaftliche Verluste minimieren kann.

Den pharmazeutischen Unternehmern, die seit kurzem neu zugelassene und von dieser Verordnung betroffene Arzneimittel vermarkten, entstehen keine zusätzlichen Bürokratiekosten. Für diese Arzneimittel sind keine Informationsmaterialien zu ändern, weil sie wegen ihrer Neuartigkeit schon seit der Zulassung als verschreibungspflichtig ausgewiesen sind.

Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Zehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 2. Dezember 2010

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Gesundheit und vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu erlassende Zehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla

Zehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

Vom ...

Es verordnen

Artikel 1

Die Arzneimittelverschreibungsverordnung vom 21. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3632), die zuletzt durch die Verordnung vom 21. Juni 2010 (BGBl. I S. 994) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 2

Der Bundesrat hat zugestimmt.
Bonn, den .. Februar 2011
Der Bundesminister für Gesundheit
Dr. Philipp Rösler
Die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Ilse Aigner

Begründung:

Zehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung

A. Allgemeiner Teil

Da bei Arzneimitteln mit bestimmten Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen Anwendungsrisiken bestehen, gilt für sie die Verschreibungspflicht. Die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) bestimmt die entsprechenden Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen. Die in Anlage 1 der AMVV auf Grund des § 48 Absatz 1 und 2 des Arzneimittelgesetzes (AMG) benannten Stoffe und Zubereitungen von Stoffen bzw. Arzneimittel weisen Wirkungen auf, die in der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannt sind oder die Gesundheit auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch gefährden können, wenn sie ohne ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Überwachung angewendet werden oder werden häufig in erheblichem Umfang nicht bestimmungsgemäß gebraucht. Auf Grund des wissenschaftlichen Fortschritts ist insbesondere Anlage 1 der AMVV regelmäßig anzupassen.

Mit dieser Verordnung werden in Anlage 1 sechzehn Positionen neu eingefügt; davon entfallen fünf auf Arzneimittel mit Neuzulassungen (eine nationale und vier EU-Zulassungen), zehn auf redaktionelle Änderungen und eine (Pseudoephedrin) auf eine Neuregelung der Verschreibungspflicht nach Anhörung von Sachverständigen. Ferner werden sechs weitere Voten des Sachverständigenausschusses (SVA) für Verschreibungspflicht umgesetzt. Auf Grund dessen werden in zwei Fällen weitere Ausnahmen von der Verschreibungspflicht geschaffen, in zwei Fällen wird das seinerzeit Gewollte klargestellt, in einem Fall wird die Verordnung an den bestehenden Zulassungsstatus angepasst und in einem Fall wird eine redaktionelle Änderung ohne Auswirkungen auf materielles Recht vorgenommen. Vier weitere nomenklatorische Neuregelungen werden ohne Votum des SVA durchgeführt. Schließlich erfolgt mit der Streichung von § 8 eine Rechtsbereinigung: Die darin enthaltene Übergangsregelung endete am 1. Oktober 2010.

Diese Änderungsverordnung trägt zur Arzneimittelsicherheit bei.

Durch die Verordnung werden Arzneimittel auf Dauer der Verschreibungspflicht unterstellt; somit ist die für Rechtsetzungsvorhaben erforderliche Nachhaltigkeit gegeben.

Im Interesse der Arzneimittelsicherheit ist es nicht vertretbar, die mit dieser Änderungsverordnung verbundenen Regelungen zur Verschreibungspflicht zu befristen.

Die Verordnung ist mit EU-Recht vereinbar, da die EU-Mitgliedstaaten die Verschreibungspflicht für Arzneimittel in Umsetzung der Artikel 70 bis 75 der Richtlinie 2001/83/EG bzw. Artikel 67 der Richtlinie 2001/82/EG jeweils in eigener Kompetenz regeln dürfen.

Die Verordnung hat keine Relevanz für die Gleichstellung von Frau und Mann.

Im Hinblick darauf, ein einheitliches Verbraucherschutzniveau sicherzustellen, ist es nicht vertretbar, Entscheidungen über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln den pharmazeutischen Unternehmern zu überlassen. Zu diesem Zweck sind einheitliche staatliche Festlegungen erforderlich.

Die Rechtsverordnung ergeht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 AMG mit Zustimmung des Bundesrates. Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht wurde gehört.

Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Verordnung nicht mit Kosten belastet.

Da der Wirkstoff Pseudoephedrin teilweise der Verschreibungspflicht unterstellt wird, ist bei der Preisgestaltung für die Arzneimittel Reactine duo® und Rhinopront Kombi®, die diesen Wirkstoff enthalten, künftig die Arzneimittelpreisverordnung anzuwenden. Die Preise dieser Arzneimittel und damit die Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV) könnten sich geringfügig erhöhen. Diese Kostensteigerungen dürften allerdings nicht messbar sein, da die o.g. Arzneimittel nach Angaben des Arzneiverordnungsreports 2009 nicht zu den 3.000 am häufigsten verordneten Arzneimitteln zählen. Mit Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau und hier insbesondere das Verbraucherpreisniveau ist daher nicht zu rechnen.

Für die öffentlichen Apotheken entstehen keine zusätzliche Kosten, da nicht damit zu rechnen ist, dass künftig Arzneimittel mit dem Wirkstoff Pseudoephedrin vermehrt mit der GKV abgerechnet werden müssen.

Für die Bürgerinnen und Bürger entstehen keine zusätzlichen Kosten. Arzneimittel mit dem Wirkstoff Pseudoephedrin wurden ausweislich des Arzneiverordnungsreportes bisher in nur sehr geringem Umfang zu Lasten der GKV verschrieben, weil auf Grund von § 34 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) für Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen sind. Diese Arzneimittel sind also derzeit in der Regel von den Patientinnen und Patienten selbst zu finanzieren.

Da unterstellt werden kann, dass sich das Verschreibungsverhalten der Ärzteschaft im Hinblick auf diese Arzneimittel auf Grund der partiellen Unterstellung des o.g. Wirkstoffes unter die Verschreibungspflicht nicht grundsätzlich ändern wird und diese Arzneimittel nach Inkrafttreten dieser Verordnung für Erwachsene regelmäßig auf Privatrezepten verordnet werden, sind die Kosten für diese Arzneimittel bei Verschreibungen für Erwachsene auch künftig regelmäßig von den Bürgerinnen und Bürgern zu tragen.

Für Kinder ab dem 12. Lebensjahr oder Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen können diese Arzneimittel auch weiterhin zu Lasten der Krankenkassen verschrieben werden.

Da mit dieser Verordnung der Wirkstoff Pseudoephedrin partiell der Verschreibungspflicht unterstellt wird, entstehen für einen einzigen pharmazeutischen Unternehmer zusätzliche Bürokratiekosten, weil er in Abstimmung mit der Zulassungsbehörde die nach dem Arzneimittelgesetz notwendigen Informationsmaterialien ändern und Verpackungsmaterialien neu bestellen muss. Die Bürokratiekosten, die dem pharmazeutischen Unternehmer durch diese Verordnung entstehen, werden unter Zugrundelegung des Leitfadens zur ExanteAbschätzung von Bürokratiekosten auf insgesamt etwa 3.670 Euro geschätzt.

Dem betroffenen pharmazeutischen Unternehmer soll eine Übergangsfrist bis zum 1. Mai 2011 gewährt werden, damit er Restbestände der als apothekenpflichtig gekennzeichneten Arzneimittel abverkaufen und betriebswirtschaftliche Verluste minimieren kann.

Den pharmazeutischen Unternehmern, die seit kurzem neu zugelassene und von dieser Verordnung betroffene Arzneimittel vermarkten, entstehen keine zusätzlichen Bürokratiekosten. Für diese Arzneimittel sind keine Informationsmaterialien zu ändern, weil sie wegen ihrer Neuartigkeit schon seit der Zulassung als verschreibungspflichtig ausgewiesen sind.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (Aufhebung des § 8)

Zu Nummer 2 (Änderung der Anlage 1)

Zu Buchstabe a (Acetylisovaleryltylosin)

Es handelt sich um eine redaktionelle Korrektur ohne Änderung materiellen Rechts (siehe dazu auch die Begründung zu Buchstabe i).

Zu den Buchstaben b (Dexamethason und seine Ester) und c (Epinephrin)

Auf Grund dieser Neuregelung bedürfen die genannten Arzneimittel keiner ärztlichen Verschreibung, sofern sie bei den im Weiteren genannten therapeutischen Anwendungen angewendet werden. Für Dexamethasondihydrogenphosphat gilt dies im Hinblick auf Arzneimittel zur einmaligen parenteralen Anwendung in wässriger Lösung in Ampullen/- Fertigspritzen mit 40 mg Wirkstoff und bis zu maximal 3 Packungseinheiten (entsprechend 120 mg Wirkstoff) für die Notfallbehandlung bei anaphylaktischen Reaktionen; bezüglich Epinephrin gilt die Regelung für Autoinjektoren in Packungsgrößen von einer Einheit zur einmaligen parenteralen Anwendung für die Notfallbehandlung bei anaphylaktischen Reaktionen.

Zu Buchstabe d (Lokalanästhetika)

Die Position wird in dreifacher Hinsicht geändert:

Zunächst werden zur besseren Lesbarkeit der AMVV in dieser Position die uneingeschränkt verschreibungspflichtigen Wirkstoffe Articain, Bupivacain, Cinchocain, Dimethocain, Etidocain, Levobupivacain, Mepivacain, Oxetacain, Ropivacain und Tetracain gestrichen und jeweils als selbständige Positionen etabliert (siehe dazu auch die Begründung zu Buchstabe j, erster Absatz).

Weiterhin wird klargestellt, dass Arzneimittel zur parenteralen Anwendung mit den Wirkstoffen Lidocain und Procain (ohne Zusatz weiterer arzneilich wirksamer Bestandteile in Konzentrationen bis zu 2 % zur intracutanen Anwendung an der gesunden Haut) nur dann keiner Verschreibung bedürfen, wenn sie zu therapeutischen Zwecken im Rahmen der Neuraltherapie angewendet werden. Damit ist es den Apotheken nicht gestattet, entsprechende Arzneimittel an Personen abzugeben, die diese Arzneimittel zu nicht therapeutischen Zwecken anwenden (z.B. Piercing-Studios).

Schließlich wird geregelt, dass auch Arzneimittel mit dem Wirkstoff Myrtecain von der Verschreibungspflicht ausgenommen sind, wenn sie zum Aufbringen auf die Haut und Schleimhaut vorgesehen sind. Damit wird die AMVV den insofern bestehenden Zulassungen angepasst.

Zu Buchstabe e (Tocofersolan)

Es wird klargestellt, dass Arzneimittel mit dem Wirkstoff Tocofersolan (oder einem seiner Ester) nur dann der Verschreibungspflicht unterliegen, wenn sie zur Behandlung eines Vitamin-E-Mangels auf Grund digestiver Malabsorption bei pädiatrischen Patienten zugelassen sind. Arzneimittel, die diesen Wirkstoff als Hilfsstoff enthalten oder laut Zulassung andere Anwendungsgebiete aufweisen, unterliegen weiterhin nicht der Verschreibungspflicht.

Zu den Buchstaben f und g (Triamcinolon und Triamcinolonacetonid)

Im Rahmen der 50. Verordnung zur Änderung der Verordnung über verschreibungspflichtige Arzneimittel vom 23. Juni 2003 (BGBl. I S. 930), die am 1. Juli 2003 in Kraft getreten ist, wurde versehentlich eine Ausnahme von der Verschreibungspflicht für den Wirkstoff Triamcinolon eingeführt, anstatt, wie von einem pharmazeutischen Unternehmer beantragt, für den Wirkstoff Triamcinolonacetonid. Dies wird nun richtiggestellt: Der Zusatz "- ausgenommen zur Anwendung als Hafttabletten bei rezidivierenden Aphthen -", der die Ausnahme von der Verschreibungspflicht begründet hat, wird in der Position "Triamcinolon" gestrichen und in der Position "Triamcinolonacetonid" eingefügt.

Darüber hinaus wird für beide Positionen klar gestellt, dass bestimmte Derivate (Acetale im Fall von Triamcinolon und Ester im Fall von Triamcinolonacetonid) ebenfalls der Verschreibungspflicht unterliegen.

Zu Buchstabe h (Tropicamid)

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung ohne Auswirkungen auf materielles Recht. Sofern im Einzelfall nicht anders geregelt sind auf Grund der Präambel zu Anlage 1 auch solche Arzneimittel verschreibungspflichtig, die die Salze der jeweils aufgeführten Stoffe enthalten.

Zu Buchstabe i (Tylvalosin)

Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung ohne Auswirkungen auf materielles Recht. Anlage 1 der AMVV listet derzeit die Positionen "Acetylisovaleryltylosin" und "Tylvalosin - zur Anwendung bei Tieren -" auf. Da beide Positionen dieselbe Substanz meinen, wird die Position "Acetylisovaleryltylosin" gestrichen (siehe dazu auch die Begründung zu Buchstabe a).

Zu Buchstabe j (Einfügung von Positionen)
Zu den Positionen

"Articain", "Bupivacain", "Cinchocain", "Dimethocain", "Etidocain", "Levobupivacain", "Mepivacain", "Oxetacain", "Ropivacain" und "Tetracain" Nachdem diese Wirkstoffe im Rahmen des bisherigen ersten Anstrichs in der Position Lokalanästhetika gestrichen worden sind, werden sie in Anlage 1 in die bestehende alphabetische Reihenfolge neu eingefügt (siehe dazu auch den ersten Absatz der Begründung zu Buchstabe d).

Zur Position "Eltrombopag"

Anwendung

Eltrombopag ist für die Behandlung erwachsener, splenektomierter Patienten mit chronischer immun (idiopathischer)-thrombozytopenischer Purpura (ITP) indiziert, die gegenüber anderen Therapien refraktär sind (z.B. Kortikosteroide, Immunglobuline). Die Anwendung von Eltrombopag kann als Zweitlinien-Therapie für erwachsene, nicht splenektomierte Patienten in Betracht gezogen werden, für die eine Operation kontraindiziert ist.

Darreichungsform / Art der Anwendung Filmtablette

Begründung:

Erstmaliges Inverkehrbringen des Wirkstoffes Eltrombopag in der EU

Zur Position "Pazopanib"

Anwendung

Pazopanib ist indiziert zur Erstlinien-Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom (RCC) und zur Behandlung von Patienten, die vorher eine Therapie ihrer fortgeschrittenen Erkrankung mit Zytokinen erhalten hatten.

Darreichungsform / Art der Anwendung Filmtablette

Begründung:

Erstmaliges Inverkehrbringen des Wirkstoffes Pazopanib in der EU

Zur Position "Pseudoephedrin"

Es handelt sich um die Umsetzung eines Votums des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht. Dieser hat im Rahmen seiner Sitzung vom 6.07.2010 empfohlen, solche Arzneimittel der Verschreibungspflicht zu unterstellen, die pro Packung einen Gesamtgehalt von mehr als 720 mg Pseudoephedrin aufweisen.

Pseudoephedrin wird missbräuchlich als Ausgangsstoff für die Herstellung von Metamphetamin verwendet, einem Psychostimulans mit hohem Abhängigkeitspotential. Die dazu beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingehenden Meldungen haben beträchtlich zugenommen: Von 1982 bis 2007 wurden dem BfArM insgesamt 19 Missbrauchsmeldungen im Zusammenhang mit Pseudoephedrin übermittelt. Die maximale Berichtszahl betrug zwei Meldungen pro Jahr. Seit Januar 2008 sind dem BfArM 103 Meldungen zu Verdachtsfällen auf Missbrauch Pseudoephedrinhaltiger Arzneimittel zugegangen, davon 58 im Jahr 2010.

Das BfArM hat im Jahr 2008 im Hinblick auf eine solche missbräuchliche Verwendung Abfragen u.a. bei den Landeskriminalämtern und den zuständigen Landesbehörden durchgeführt. Ausgangspunkt war eine Liste der sächsischen Landesapothekerkammer vom Juni 2008 zu Kaufwünschen für pseudoephedrinhaltige Arzneimittel, bei denen jeweils ein Missbrauchsverdacht nahelag. Missbräuchliche Verwendungen wurden aus sechs Bundesländern gemeldet. Die Daten zeigen, dass pseudoephedrinhaltige Arzneimittel offensichtlich in größerem Umfang zur Herstellung von Metamphetamin verwendet werden.

Die Neuregelung trägt diesen Berichten sowie dem o.g. Votum des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht Rechnung.

Zur Position "Roflumilast"

Anwendung

Roflumilast ist indiziert zur Dauertherapie bei Erwachsenen mit schwerer COPD (chronischobstruktive pulmonale Erkrankung) und chronischer Bronchitis sowie häufigen Exazerbationen in der Vergangenheit, begleitend zu einer bronchodilatatorischen Therapie.

Darreichungsform / Art der Anwendung Filmtablette

Begründung:

Erstmaliges Inverkehrbringen des Wirkstoffes Roflumilast in der EU

Zu Buchstabe k ("Zubereitung aus Aciclovir und Hydrocortison und seinen Estern")

Anwendung

Zur Behandlung früher Anzeichen und Symptome von rezidivierendem Herpes labialis (Fieberblasen), zur Senkung der Progression von Fieberblasen zu ulzerativen Läsionen bei immunkompetenten Erwachsenen und Jugendlichen (12 Jahre und älter)

Darreichungsform / Art der Anwendung Creme

Begründung:

Erstmaliges Inverkehrbringen der Kombination der Wirkstoffe Aciclovir und Hydrocortison und seinen Estern im Geltungsbereich des AMG

Zu Buchstabe l ("Zubereitung aus Clopidogrel und Acetylsalicylsäure (Ph. Eur.)")

Anwendung

Die Kombination aus Clopidogrel und Acetylsalicylsäure ist indiziert für die Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei Erwachsenen, die bereits Clopidogrel und Acetylsalicylsäure (ASS) einnehmen. Die fixe Kombination beider Wirkstoffe ist indiziert zur Erhaltungstherapie bei:

Darreichungsform / Art der Anwendung Filmtablette

Begründung:

Erstmaliges Inverkehrbringen der Kombination der Wirkstoffe Clopidogrel und Acetylsalicylsäure in der EU

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Zu Absatz 1

Die Vorschrift regelt das grundsätzliche Inkrafttreten der Verordnung.

Zu Absatz 2

Die Neuregelungen zur Verschreibungspflicht von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Pseudoephedrin treten am 1. Mai 2011 in Kraft. Für den einzigen davon betroffenen pharmazeutischen Unternehmer wird eine Übergangsfrist gewährt, damit er Restbestände der als apothekenpflichtig gekennzeichneten Arzneimittel abverkauft und betriebswirtschaftliche Verluste minimieren kann.

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 1488:
Zehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (BMG)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten geprüft, die durch Informationspflichten begründet werden.

Mit der Verordnung werden drei Informationspflichten der Wirtschaft geändert. Hierdurch entstehen Bürokratiekosten in marginaler Höhe. Für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Verwaltung werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter