Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. September 2008 zu gemeinnützigen Bürger- und Alternativmedien in Europa (2008/2011(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 317905 - vom 20. Oktober 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 25. September 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass gemeinnützige Bürger- und Alternativmedien (nachstehend "Bürgermedien" genannt) nichtkommerzielle Organisationen sind, die gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die sie bedienen wollen, verantwortlich sind,

B. in der Erwägung, dass "nichtkommerziell" bedeutet, dass es das vorrangige Ziel solcher Medien ist, sich Aktivitäten zu widmen, die für die Allgemeinheit und/oder Einzelne von Interesse sind, ohne damit einen kommerziellen oder finanziellen Gewinn zu erzielen,

C. in der Erwägung, dass "gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern verantwortlich sein" bedeutet, dass die Bürgermedien über ihre Aktionen und Entscheidungen informieren müssen, sie rechtfertigen müssen und bei möglichem Fehlverhalten sanktioniert werden müssen,

D. in der Erwägung, dass in Bezug auf Verbreitung und Tätigkeit der Bürgermedien in den Mitgliedstaaten große Unterschiede bestehen, wobei diese Medien in den Mitgliedstaaten am stärksten präsent sind, in denen sie eindeutig rechtlich anerkannt werden und ein Bewusstsein für ihren Mehrwert besteht,

E. in der Erwägung, dass die Bürgermedien den jeweiligen Interessengruppen zur Beteiligung an der Schaffung von Inhalten offen stehen und so statt eines rein passiven Konsums der Medien eine freiwillige aktive Beteiligung an der Schaffung von Medieninhalten fördern sollten,

F. in der Erwägung, dass Bürgermedien sehr oft keine gesellschaftlichen Mehrheiten vertreten, sondern eine Vielfalt von einzelnen kleineren Zielgruppen bedienen, die von den anderen Medien übersehen werden und die in vielen Fällen lokal oder regional verhaftet sind,

G. in der Erwägung, dass Bürgermedien eine umfassende, wenn auch weitestgehend nicht wahrgenommene Rolle in der Medienlandschaft, insbesondere für lokale Inhalte, spielen und zu innovativen, kreativen und vielfältigen Inhalten beitragen,

H. in der Erwägung, dass Bürgermedien ein klar definiertes Mandat vorweisen müssen, das sich auch in den von ihnen geschaffenen Inhalten widerspiegeln muss, wie beispielsweise die Erzielung eines sozialen Zugewinns,

I. in der Erwägung, dass eine der Hauptschwächen der Bürgermedien in der Europäischen Union darin besteht, dass sie in vielen nationalen Rechtssystemen nicht anerkannt werden, und darüber hinaus die Bürgermedien bisher in keinem der einschlägigen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft berücksichtigt werden,

J. in der Erwägung, dass die Einführung eines Verhaltenskodexes - zusätzlich zur rechtlichen Anerkennung - die Stellung, die Handlungsweise und die Rolle des Sektors abklären und damit zu dessen Sicherheit beitragen, dessen Unabhängigkeit gewährleisten und Fehlverhalten vorbeugen würde,

K. in der Erwägung, dass das Internet die Bürgermedien in ein neues Zeitalter mit neuen Möglichkeiten und Herausforderungen katapultiert hat und die Kosten für die Umstellung von der analogen auf die digitale Übertragung eine schwere Bürde für die Bürgermedien sind,

L. in der Erwägung, dass das Jahr 2008 zum Europäischen Jahr des interkulturellen Dialogs ausgerufen worden ist, womit den Medien in der Europäischen Union eine besondere Rolle als vortreffliches Instrument zur Meinungsäußerung und Information für kleinere kulturelle Gruppen in der Gesellschaft als Ganzes zukommt und sie zur Fortsetzung des interkulturellen Dialogs auch über das Jahr 2008 hinaus beitragen können,

M. in der Erwägung, dass Bürgermedien ein wichtiges Instrument sind, Bürgerinnen und Bürgern Einfluss zu verleihen und sie aktiv in die Bürgergesellschaft einzubeziehen; in der Erwägung, dass sie als Ausdrucksmittel der (Meinungs-)Vielfalt die gesellschaftliche Diskussion bereichern, sowie in der Erwägung, dass die Medienkonzentration eine Bedrohung der eingehende Medienberichterstattung über Themen von lokalem Interesse für alle Interessengruppen darstellt,