Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte
(Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 2. FiMaNoG)

Der Bundesrat hat in seiner 953. Sitzung am 10. Februar 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf insgesamt

Der Bundesrat begrüßt den Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem Vorgaben des europäischen Gesetzgebers zur Verbesserung der Transparenz und Integrität der Finanzmärkte und des Anlegerschutzes umgesetzt werden sollen. Die Finanzkrise ab dem Jahre 2008 hat erhebliche Schwächen in der Funktionsweise und bei der Transparenz der Finanzmärkte zutage treten lassen. Das Vertrauen der Anleger in Finanzdienstleistungen hat darunter nachhaltig gelitten. Heute sehen sich Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Finanzmärkten mit einem immer komplexeren und umfangreicheren Spektrum an Dienstleistungen und Finanzinstrumenten konfrontiert. Der Bundesrat begrüßt insoweit das Bemühen, dass bei der weiteren Harmonisierung der europäischen Finanzmärkte auch das Ziel eines hohen Anlegerschutzniveaus mit Nachdruck verfolgt wird.

2. Zu Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe a (§ 39 Absatz 2g Nummer 1 Halbsatz 2 WpHG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren § 39 Absatz 2g Nummer 1 Halbsatz 2 WpHG-E in sprachlicher Hinsicht zu überprüfen und den Anwendungsbereich dieses Ordnungswidrigkeitstatbestands sprachlich klar zu fassen.

Begründung:

§ 39 Absatz 2g Nummer 1 Halbsatz 2 WpHG-E ist in seiner derzeitigen Fassung sprachlich nicht verständlich. Der Formulierung, dass ordnungswidrig handele, wer vorsätzlich oder leichtfertig über keine Regelungen für die Unternehmensführung verfüge "oder nur über solche, die nicht den dort genannten Anforderungen nicht entsprechende Regelungen für die Unternehmensführung verfügt," ist kein Sinngehalt zu entnehmen. Es wird vermutet, dass das Verhalten eines Administrators oder einer Administratorin (auch) dann als ordnungswidrig eingestuft werden soll, wenn diese vorsätzlich oder leichtfertig - lediglich über Regelungen für die Unternehmensführung verfügen, die den in Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 2016/1011 genannten Anforderungen nicht entsprechen. Eine solche Intention erscheint allerdings nicht hinreichend sicher, weshalb eine konkrete Änderungsempfehlung nicht formuliert werden kann.

3. Zu Artikel 2 Nummer 4 (§ 39 Absatz 2g Nummer 3 und 45 WpHG), Artikel 3 Nummer 123 (§ 120 Absatz 11 Nummer 3 und 45 WpHG), Artikel 6 Nummer 23 (§ 56 Absatz 4h Nummer 5 KWG), Artikel 8 Nummer 30 (§ 50 Absatz 2 Nummer 10 und 11 BörsG) Artikel 14 Nummer 7 (§ 332 Absatz 4g Nummer 2 VAG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Vereinbarkeit der Bußgeldvorschriften des Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetzes mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot zu prüfen.

Begründung:

Das Bestimmtheitsgebot gemäß Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes erfasst auch Bußgeldtatbestände (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.10.1985, juris, 1 BvR 1053/82, juris, Rn. 14; BVerfG NJW 2005, 349; KG, Beschluss vom 3. Februar 1992, NVwZ 1993, 303). In dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte sind Bußgeldtatbestände enthalten, die dem Bestimmtheitsgebot nicht Rechnung tragen. Ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz kommt exemplarisch in den nachfolgenden Vorschriften zum Ausdruck:

So soll es zukünftig bußgeldbewehrt sein, wenn ein Administrator oder eine Administratorin im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Nummer 6 der Verordnung (EU) Nr. 2016/1011 "Beurteilungs- und Ermessensspielräume" nicht "unabhängig und redlich" ausüben (Artikel 2 Nummer 4, § 39 Absatz 2g Nummer 3 WpHG-E; Artikel 3 Nummer 123, § 120 Absatz 11 Nummer 3 WpHG-E).

Auch soll es einem Kontributor oder einer Kontributorin im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Nummer 9 der genannten EU-Verordnung vorgeworfen werden können, wenn diese entgegen Artikel 16 Absatz 3 der Verordnung nicht über wirksame "Strategien" verfügen (Artikel 2 Nummer 4, § 39 Absatz 2g Nummer 45 WpHG-E; Artikel 3 Nummer 123, § 120 Absatz 11 Nummer 3 WpHG E; ebenso Artikel 14 Nummer 7, § 332 Absatz 4g Nummer 2 VAG-E). Welche Strategien indes geboten sind und wann der Gesetzgeber sie als wirksam ansieht, ist weder dem Bußgeldtatbestand noch der EU-Verordnung zu entnehmen. Die EU-Verordnung verlangt in Artikel 16 Absatz 3 nur die Festlegung von "Strategien für die Wahrnehmung von Beurteilungsspielräumen oder die Ausübung von Ermessen".

Nach § 56 Absatz 4h Nummer 5 KWG-E (Artikel 6 Nummer 23) wäre es fortan bußgeldbewehrt, wenn der Geschäftsleiter oder die Geschäftsleiterin i.S.d. § 1 Absatz 2 KWG der Aufgabe "nicht ausreichend Zeit widmet", ohne dass den Regelungen klar zu entnehmen wäre, wieviel Zeitaufwand geboten ist. Insbesondere ergibt sich eine Präzisierung nicht aus § 25c Absatz 1 Satz 1 KWG.

Gemäß § 50 Absatz 2 Nummer 10 BörsG-E wäre es als Ordnungswidrigkeit einzustufen, wenn der Börsenträger "keine hinreichenden Vorkehrungen" trifft, um Konflikte, die in der in Bezug genommenen Vorschrift des § 5 Absatz 4 auch nur schwammig beschrieben werden, "zu erkennen und zu verhindern" (Artikel 8 Nummer 30). Die nachfolgende Vorschrift des § 50 Absatz 2 Nummer 11 BörsG-E erfordert auch nur "angemessene Vorkehrungen und Systeme".

Der Gesetzentwurf erweckt insgesamt den Eindruck, dass das Bestimmtheitsgebot bei Abfassung der Bußgeldtatbestände - insbesondere bei den insgesamt 75 Bußgeldvorschriften des § 39 Absatz 2g WpHG-E, § 120 Absatz 11 WpHG-E - nicht ausreichend in den Blick genommen worden sein könnte.

4. Zu Artikel 3 Nummer 62 ( § 63 Absatz 7 WpHG)

Der Bundesrat begrüßt die im Gesetzentwurf vorgesehenen Verbesserungen der Kostentransparenz bei der Anlageberatung (§ 63 Absatz 7 WpHG-E) für Verbraucherinnen und Verbraucher. Dadurch wird ermöglicht, dass diesem Aspekt bei der Anlageentscheidung zukünftig eine größere Bedeutung als bisher zukommen kann. Denn viele Menschen gehen nach wie vor irrtümlich davon aus, dass die Beratung beim Provisionsvertrieb für sie kostenfrei erfolgt.

Um sicherzustellen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Information über entstehende Kosten tatsächlich rechtzeitig erhalten, spricht sich der Bundesrat für eine Klarstellung im Gesetzestext dahingehend aus, dass die Information über sämtliche Kosten und Nebenkosten durch das Wertpapierdienstleistungsunternehmen vor Vertragsschluss zu erfolgen hat. Um eine Vergleichbarkeit der Unabhängigen Honorar-Anlageberatung mit dem provisionsbasierten Vertrieb und insbesondere eine für Verbraucher verständliche Kostentransparenz zu gewährleisten, hält der Bundesrat überdies eine verpflichtende Ausweisung von Nettotarifen für erforderlich.

Begründung:

Ein Grund für die anhaltende Dominanz des provisionsbasierten Vertriebs von Finanzdienstleistungen liegt darin, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher nach wie vor irrtümlich davon ausgehen, dass die Beratung hierbei für sie kostenlos erfolgt, während bei einer unabhängigen Beratung dafür ein Honorar verlangt wird. Um die Vergleichbarkeit von unabhängiger Beratung auf Honorarbasis mit dem provisionsbasierten Vertrieb zu gewährleisten, ist es deshalb erforderlich, absolute Kostentransparenz für Verbraucher herzustellen. Die in dem Gesetzentwurf (§ 63 Absatz 7 WpHG-E) vorgesehenen Informationspflichten erscheinen zur Erhöhung der Kostentransparenz grundsätzlich geeignet. Entscheidend ist jedoch, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bereits vor Vertragsschluss über alle Kosten und Nebenkosten, die in Zusammenhang mit den erbrachten Wertpapierdienstleistungen und den empfohlenen Finanzinstrumenten entstehen, umfassend und verständlich informiert werden. Nur so ist gewährleistet, dass sie diese Information bei ihrer Anlageentscheidung ausreichend berücksichtigen können. Im Gesetzestext ist der Zeitpunkt der Information jedoch lediglich mit dem unbestimmten Rechtsbegriff "rechtzeitig" definiert (§ 63 Absatz 7 Satz 1 WpHG-E). Da auch die Gesetzesbegründung keine klarstellenden Erläuterungen hierzu enthält, sollte eine Anpassung der Norm dahingehend erfolgen, dass die Information hinsichtlich aller Kosten und Nebenkosten zwingend vor dem Vertragsschluss zu erfolgen hat. Ergänzend sollte außerdem eine Verpflichtung für Wertpapierdienstleistungsunternehmen geschaffen werden, für die von ihnen angebotenen Finanzinstrumente bzw. Wertpapierdienstleistungen grundsätzlich auch Nettotarife auszuweisen, bei denen für den Kunden die Differenz zwischen den eigentlichen Kosten des Produkts und den anfallenden Abschluss- und Vertriebskosten klar ersichtlich wird. Dadurch würde der Vergleich mit einem Honorar, das alternativ für eine unabhängige Beratung zu entrichten wäre, für Verbraucherinnen und Verbraucher deutlich vereinfacht.

5. Zu Artikel 3 Nummer 63 (§ 64 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 WpHG)

Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland die unabhängige Finanzberatung auf Honorarbasis im Vergleich mit dem Provisionsvertrieb nach wie vor kaum verbreitet ist, begrüßt der Bundesrat ausdrücklich, dass der im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) bislang verwendete Begriff der Honorar-Anlageberatung nun um das Attribut "Unabhängig" ergänzt wird (§ 64 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 WpHG-E). Dadurch dürfte es für Verbraucherinnen und Verbraucher leichter werden, den Unterschied zwischen der (abhängigen) provisionsbasierten Anlageberatung und der Unabhängigen Honorar-Anlageberatung und damit den möglichen Mehrwert einer von Provisionsinteressen unabhängigen Beratung zu erkennen.

Der Bundesrat sieht jedoch die Gefahr, dass der bislang von der Bundesregierung verfolgte produktspezifische Ansatz bei der Ausgestaltung der unabhängigen Finanzberatung auf Honorarbasis verfestigt wird, wenn die begriffliche Neuerung ausschließlich auf den Bereich des WpHG beschränkt bleibt. Die gesetzlich normierte, verbraucherunfreundliche Begriffsvielfalt (Honorar-Anlageberater, § 36d WpHG; Honorar-Finanzanlagenberater, § 34h Gewerbeordnung (GewO); Honorar-Immobiliardarlehensberater, § 34i Absatz 5 GewO, Unabhängiger Honorar-Anlageberater, § 94 Absatz 1 WpHG-E) würde weiter vergrößert. Der Bundesrat spricht sich deshalb zur weiteren Stärkung der provisionsunabhängigen, sich ausschließlich am Kundeninteresse orientierenden Beratung für die gesetzliche Schaffung eines "unabhängigen Finanzberaters" aus, der sämtliche Finanzanlageprodukte in seine Beratung auf Honorarbasis einbeziehen darf.

Begründung:

Die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Maßnahmen zur Erhöhung des Anlegerschutzniveaus erscheinen grundsätzlich zur Erreichung dieses Ziels geeignet. Insbesondere die geplante weitere Stärkung der unabhängigen Beratung ist begrüßenswert. Denn in Deutschland werden Finanzprodukte nach wie vor ganz überwiegend auf Provisionsbasis vertrieben. Häufig mit dem Ergebnis, dass die empfohlenen Produkte oft am tatsächlichen Bedarf der Verbraucherinnen und Verbraucher vorbeigehen. Eine Untersuchung des Marktwächters Finanzen ist etwa zu dem Ergebnis gekommen, dass in 95 Prozent der unterbreiteten Anlagevorschläge diese nicht zu den Bedürfnissen der Kunden passten (vgl. Sonderuntersuchung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg "Erhalten Verbraucher bedarfsgerechte Anlageprodukte?" im Rahmen des Projekts Marktwächter Finanzen, Dezember 2015). Die unabhängige Finanzberatung auf Honorarbasis ist hingegen auch zweieinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Honoraranlageberatungsgesetzes kaum verbreitet. Deutschlandweit gibt es lediglich 19 Einträge im BaFin-Honoraranlageberater-Register (Stand: 5. Januar 2017) gegenüber ca. 160 000 registrierten klassischen Anlageberaterinnen und Anlageberatern, die bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen beschäftigt sind. Es bedarf deshalb weiterer Anstrengungen, um die unabhängige Honorarberatung als echte Alternative zu provisionsbasierten Angeboten zu etablieren. Die im Gesetzentwurf vorgesehene begriffliche Anpassung im WpHG dürfte einen Beitrag zur weiteren Stärkung der Unabhängigen Honorar-Anlageberatung leisten. Die für Verbraucher leicht verständliche Bezeichnung der "Unabhängigkeit" darf jedoch nicht auf den Bereich des WpHG beschränkt bleiben. So dürfte die sehr geringe Verbreitung der unabhängigen Finanzberatung auf Honorarbasis auch dem bislang von der Bundesregierung gewählten produktspezifischen, nur wenig verbraucherfreundlichen Ansatz geschuldet sein. Nachdem der Begriff zunächst lediglich im Bereich der Anlageberatung geschützt war, wurde die Honorarberatung mittlerweile auch im Bereich von Verbraucher-Immobilienkrediten etabliert. Im Versicherungsbereich soll es nach dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb vom 21. November 2016 zukünftig einen Honorar-Versicherungsberater geben. Bei anderen Finanzprodukten wie Bausparverträgen oder Krediten fehlt bislang eine gesetzliche Grundlage. Die aus diesem produktspezifischen Ansatz resultierende, gesetzlich normierte Begriffsvielfalt (Honorar-Anlageberater, § 36d WpHG; Honorar-Finanzanlagenberater, § 34h GewO; Honorar-Immobiliardarlehensberater, § 34i Absatz 5 GewO; Unabhängiger Honorar-Anlageberater, § 94 Absatz 1 WpHG-E) wirkt auf Verbraucher irritierend. Zielführender wäre demgegenüber die gesetzliche Schaffung eines "unabhängigen Finanzberaters", der alle denkbaren kapitalansparenden Finanzprodukte (u.a. kapitalansparende Versicherungen, Bausparpläne oder sonstige Sparprodukte) in seine unabhängige Beratung auf Honorarbasis einbeziehen darf. Denn Kunden haben grundsätzlich einen eher abstrakten Beratungswunsch, z.B. eine Anlageentscheidung für die eigene Altersvorsorge zu treffen. Wenn jedoch bestimmte Produktkategorien von einer honorarbasierten Beratung ausgeschlossen sind, ist es der Honorarberatung von vorneherein nicht möglich, bedarfsgerechte Lösungen für ratsuchende Verbraucherinnen und Verbraucher zu entwickeln. Ein Honorarberater muss deshalb in der Lage sein, aus dem gesamten Spektrum optimale individuelle Lösungen für seine Kunden zu entwickeln. Nur dann werden diese bereit sein, für die Beratung ein Honorar zu entrichten.

6. Zu Artikel 3 Nummer 63 (§ 64 Absatz 2 WpHG)

In Artikel 3 Nummer 63 ist dem § 64 Absatz 2 folgender Satz anzufügen:

"Satz 1 gilt nicht für Finanzinstrumente im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1, die von Kapitalgesellschaften im Sinne des § 264d des Handelsgesetzbuches ausgegeben wurden."

Begründung:

Die Aktienberatung in deutschen Banken und Sparkassen ist nach einer Studie des Deutschen Aktieninstituts vom August 2014 zurückgegangen.

Dies ist - mit Blick auf die Zielsetzung, den Aktienmarkt weiterhin für alle Bankkunden zugänglich zu machen - problematisch. Denn es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass die deutschen Sparer - insbesondere auf lange Sicht - in den letzten Jahren deutlich mehr Erträge durch die Anlage in Aktien anstelle von Zinsprodukten hätten erzielen können (z.B. Allianz Global Wealth Report 2014). Von daher können Aktien einen wichtigen Beitrag zum Vermögensaufbau und zur Altersvorsorge liefern. Zudem sind Studien zu berücksichtigen, wonach die deutsche Wirtschaft (BIP) über direkte Beteiligungen (Eigenkapital) viel stärker gewachsen wäre, als über Bankkredite (vgl. ESRB-Studie vom Juni 2014 "Is Europe Overbanked"). Insofern gibt es - sowohl anlegerbezogen als auch volkswirtschaftlich - gute Gründe dafür, dass Privatkunden so weit wie möglich Zugang zu Aktien haben sollten bzw. die Anlageberatung sich nicht auf andere Finanzprodukte ausrichtet.

Ein wesentlicher und wichtiger Baustein der regulatorischen Anforderungen in der Anlageberatung ist das Produktinformationsblatt nach § 64 Absatz 2 WpHG. Für viele kleinere und mittelgroße Banken ist es in der Praxis heute jedoch kaum leistbar, für die Vielzahl an Aktien, die an Börsen im In- und Ausland notiert werden, entsprechende Produktinformationsblätter vorzuhalten. Hinzu kommt, dass sowohl der unabhängige Honorar-Anlageberater als auch alle übrigen Anlageberater auch künftig die Möglichkeit haben, kleine nichtmonetäre Zuwendungen - und damit großzügiges Informationsmaterial und Unterlagen - rund um andere Finanzinstrumente als Aktien von den Produktanbietern anzunehmen. Dies macht den Vertrieb von anderen Finanzinstrumenten im Vergleich zu Aktien attraktiver. Insofern könnten die Vorgaben zum Produktinformationsblatt weiterhin mitursächlich dafür sein, dass Anbieter in der Fläche zunehmend davon Abstand nehmen, den Kunden eine Aktienberatung noch anzubieten.

Weiterhin ist zu beachten, dass der eigentliche Aussagegehalt von Produktinformationsblättern - beispielsweise über Aktien wie Siemens oder VW - kaum über das hinausgeht, was über die Aktien im Internet oder Veröffentlichungen sowieso verfügbar ist, da Emittenten von Aktien, die börsennotiert sind, weitreichenden Publikationsanforderungen unterliegen und verpflichtet sind, anlegerrelevante Informationen fortlaufend bereitzustellen. Lediglich die Kosten und die Gebühren werden dem Kunden möglicherweise transparent.

Die eigentliche Zielsetzung des Produktinformationsblatts, das Produkt zu erklären und mit anderen Produkten vergleichbar zu machen, fällt bei einer Aktie schwer. Ein Ausgestaltungsspielraum des Emittenten dürfte infolge des Gesellschaftsrechts im Grunde fehlen. Die Aktie ist im Korsett "Aktienrecht" eingeschnürt. Insofern gibt es grundlegende Unterschiede zwischen einer Aktie, die eine einfache Auszahlungs- und Kostenstruktur hat, und einem komplexen oder strukturieren Finanzprodukt - etwa im Hinblick auf Chancen, Risiken und Rechte. Vor diesem Hintergrund hat man auf EU-Ebene davon abgesehen, für Aktien Produktinformationsblätter vorzusehen (vgl. Erwägungsgrund 7 der Verordnung Nr. 1286/2014, "PRIIPs-Verordnung"). Die nationale Umsetzung geht damit über die europäischen Vorgaben hinaus. Daher sollte von der Pflicht zur Erstellung und Ausgabe eines Produktinformationsblattes abgesehen bzw. eine Vereinfachung vorgenommen werden. Beispielsweise ließe sich der Anlegerschutz dadurch wahren, dass man ein allgemeines Produktinformationsblatt für einfache Aktien und Anleihen ausgibt, das generell über Risiken, Chancen und Rechte informiert.

7. Zu Artikel 3 Nummer 63 (§ 64 Absatz 3 WpHG)

In Artikel 3 Nummer 63 ist dem § 64 Absatz 3 folgender Satz anzufügen:

"Empfehlungen in Bezug auf Finanzinstrumente, die sich ausschließlich an die Öffentlichkeit richten oder sich allgemein auf das empfohlene Finanzinstrument beziehen und über Informationsverbreitungskanäle oder elektronische Systeme verbreitet werden, sollen den Hinweis enthalten, dass darin keine persönliche Empfehlung im Sinne von Artikel 9 der Delegierten Verordnung EU zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie vom 25.04.2016 liegt, sofern diese unabhängig von den persönlichen Umständen oder der Eignung des Kunden erfolgt."

Begründung:

In den Erwägungsgründen der o.g. Delegierten Verordnung wird darauf hingewiesen, dass es eine wachsende Zahl von Wertpapierdienstleistern gibt, die durch Informationsverbreitungskanäle Empfehlungen abgeben. Vor diesem Hintergrund wird in der Verordnung klargestellt, dass eine Empfehlung, die - auch ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle, wie dem Internet - abgegeben wird, eine persönliche Empfehlung darstellen kann. Als Beispiel für Anlageberatung finden sich in den Erwägungsgründen Fälle von persönlichen Empfehlungen im Rahmen einer E-Mail-Korrespondenz an bestimmte Personen, nicht an die allgemeine Öffentlichkeit.

Gleichzeitig wird in Erwägungsgrund 15 klargestellt, dass eine allgemeine Beratung in Bezug auf die Art von Finanzinstrumenten nicht als Anlageberatung im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU betrachtet wird. Hinzukommen muss vielmehr, dass zu der allgemeinen Beratung das Finanzinstrument als geeignet für den Kunden dargestellt wird oder sich auf die Umstände des Kunden stützt. Darüber hinaus fordern die Erwägungsgründe der Verordnung, dass vorbereitende Schritte, wie die allgemeine Beratung von Kunden, als integraler Bestandteil der Anlageberatung anzusehen sind.

Vor diesem Hintergrund sollte - auch angesichts zahlreicher Rechtsstreitigkeiten vor Zivilgerichten in Deutschland über den Aussagegehalt von Angaben im Internet - den Anlegern aber auch den Wertpapierdienstleistern mehr Rechtssicherheit gegeben werden, insbesondere in Bezug auf mögliche Haftungsansprüche. Wertpapierdienstleister, die Empfehlungen rein an die Öffentlichkeit richten oder allgemein in Bezug auf eine Art von Finanzinstrumenten über Informationsverbreitungskanäle beraten, sollten die Möglichkeit haben, ausdrücklich zu erklären, dass sie keine persönlichen Empfehlungen und damit keine Anlageberatung erbringen wollen.

Gleichzeitig soll aus dem Verzicht auf diesen Hinweis den Kunden kein automatischer Schluss auf eine Beratung ermöglicht werden oder anderweitig eine Haftung entstehen. Von daher wird die Formulierung "soll" gewählt.

8. Zu Artikel 3 Nummer 63 (§ 64 Absatz 4 Satz 1 WpHG)

In Artikel 3 Nummer 63 ist in § 64 Absatz 4 Satz 1 das Wort "Vertragsschluss" durch die Wörter "Durchführung des Geschäfts" zu ersetzen.

Begründung:

Nach § 64 Absatz 4 Satz 1 WpHG-E muss dem Privatkunden im Falle einer Anlageberatung vor Vertragsschluss eine Geeignetheitserklärung zur Verfügung gestellt werden. Der Kunde erhält somit nur dann eine Geeignetheitserklärung, wenn ihm der Abschluss eines Vertrages empfohlen wird. Die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Finanzinstrumente verlangt dies demgegenüber bereits dann, wenn lediglich die Durchführung eines Geschäfts empfohlen wird (vgl. Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2). Hierunter können auch Handlungen verstanden werden, bei denen kein Vertragsschluss erfolgt, beispielsweise die Ausübung eines Rechts zur Änderung eines Finanzinstruments (vgl. Artikel 54 Absatz 11 der delegierten Verordnung (EU) .../... der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU), eines Rücktrittsrechts oder auch das Halten einer Anlage.

Nach Auffassung des Bundesrates sollte die Geeignetheitserklärung insoweit möglichst für jede aus einer Anlageberatung nach § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 9 WpHG resultierende, auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten bezogene Empfehlung vorgesehen werden.

Zu diesen Geschäften sollten insbesondere der Kauf, der Verkauf, die Zeichnung, der Tausch, der Rückkauf oder die Übernahme eines bestimmten Finanzinstruments, aber auch das reine Halten des Produkts sowie die Ausübung oder Nichtausübung von Rechten zählen (vgl. hierzu Gemeinsames Informationsblatt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank zum Tatbestand der Anlageberatung, Stand Juli 2013). Unabhängig davon, ob die Empfehlung des Wertpapierdienstleistungsunternehmens im Ergebnis auf den Abschluss eines Vertrags oder eine andere Handlung gerichtet ist, bemisst sich ihre Geeignetheit nach den gleichen Maßstäben, die dem Kunden daher im Rahmen der Geeignetheitserklärung mitgeteilt werden können und sollten.

Um Auslegungsschwierigkeiten entgegenzuwirken, sollte zudem an geeigneter Stelle im Gesetzentwurf klargestellt werden, dass die Durchführung eines Geschäfts nicht unbedingt einen Vertragsschluss bzw. ein positives Tun umfassen muss, sondern insbesondere auch im Halten eines Finanzprodukts bestehen kann.

9. Zu Artikel 3 Nummer 63 (§ 64 Absatz 4 WpHG)

Begründung:

Für Verbraucherinnen und Verbraucher war bei der bisherigen Beratungsdokumentation teilweise problematisch, dass durch die Ausgestaltung der Protokolle eigene Haftungsrisiken der Unternehmen verringert, Gesprächsinhalte und Produktempfehlungen teilweise nicht vollständig dokumentiert, Protokolle erst gar nicht ausgehändigt oder Angaben für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht hinreichend verständlich oder unübersichtlich dargeboten wurden. Von Seiten der Unternehmer wurden die bisherigen Dokumentationspflichten oft als zu bürokratisch und teuer kritisiert. Diese Probleme sollten aufgegriffen werden, um die künftige Geeignetheitserklärung verbraucherschützender zu machen und gleichzeitig die Interessen der Wertpapierunternehmen zu berücksichtigen.

Hinweise auf eine verbraucher- und anbieterfreundliche Beratungsdokumentation durch eine Standardisierung zeigte bereits die vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg unter Beteiligung des Sparkassenverbandes, des Genossenschaftsverbandes und der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. in Auftrag gegebene Studie von Professor Dr. Andreas Oehler (Universität Bamberg; Verbraucherkommission Baden-Württemberg) auf. Die Studie enthält deshalb ein Musterprotokoll für Erst- und Folgeberatungen. In diesem Zusammenhang hatte sich die Verbraucherschutzministerkonferenz bereits 2012 (8. VSMK in Hamburg, TOP 21) für klare, einheitliche Vorgaben zu Inhalt und Gestaltung der bisherigen Beratungsdokumentation ausgesprochen.

Auch die von der Bundesregierung in Auftrag gegebene und vom Institut für Transparenz verfasste Studie zur "Evaluierung der Beratungsdokumentation im Geldanlage- und Versicherungsbereich" gibt Hinweise darauf, dass es bei den bisherigen Beratungsprotokollen in der Praxis Verbesserungsbedarf gibt, weil es zum Beispiel vielen Kunden nicht hinreichend möglich war, zwischen den Beratungsprotokollen und weiteren Dokumenten zu unterscheiden oder von den Kunden häufig eine Unterschrift auf dem Beratungsprotokoll verlangt wurde. Die Studie hat ebenfalls eine Standardisierung der Beratungsdokumentation angedacht. Dazu wurde bereits in der Studie unter anderem angeregt, "dass der Minister des zuständigen Bundesministeriums die betroffenen Verbände einlädt, eine Arbeitsgruppe für die Standardisierung von Beratungsdokumentationen zu organisieren. Die Verbände sollten die Arbeitsgruppe mit internen und externen Fachleuten besetzen. Außerdem sollten die zuständigen Ministerien, die BaFin und die Verbraucherschutzorganisationen beteiligt werden. Bei der Arbeit kann die Arbeitsgruppe auf bestehende Muster zurückgreifen. Wichtig ist, dass auch die Experten der verschiedenen Produktarten (...) zusammenarbeiten. Das Ziel sollte es sein, eine Muster-Beratungsdokumentation zu entwickeln, die über alle Produkte so weit wie möglich vereinheitlicht ist" (siehe Seite 352 der Evaluation).

10. Zu Artikel 3 Nummer 63 (§ 64 Absatz 5 Satz 3 und 4 WpHG)

In Artikel 3 Nummer 63 sind in § 64 Absatz 5 die Sätze 3 und 4 wie folgt zu fassen:

"Abweichend davon gilt für die Annahme kleinerer nichtmonetärer Zuwendungen Absatz 7 Sätze 2 und 3 entsprechend. Monetäre Zuwendungen dürfen nicht angenommen und behalten werden, sondern sind so schnell wie möglich nach Erhalt und in vollem Umfang an den Kunden auszukehren."

Begründung:

Informiert eine Wertpapierfirma ihre Kunden darüber, dass sie die Anlageberatung unabhängig erbringt, ist es ihr nach Artikel 24 Absatz 7 Buchstabe b der Richtlinie 2014/65/EU nicht gestattet, hierfür Gebühren, Provisionen und andere Vorteile einer dritten Partei anzunehmen und zu behalten. Nach diesem Wortlaut ist die reine Annahme erlaubt. Verboten ist lediglich das anschließende Behalten der Zuwendung.

Der Gesetzentwurf geht über diese Vorgabe der Richtlinie hinaus. Nach dem neu gefassten § 64 Absatz 5 Satz 3 WpHG soll der unabhängige Honorar-Anlageberater monetäre Zuwendungen dann annehmen dürfen, wenn kein gleich geeignetes Finanzinstrument ohne Zuwendung erhältlich ist. Fraglich ist, wann ein gleich geeignetes Finanzinstrument vorliegt. Aus der abweichenden Behandlung von Zuwendungen im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung und unabhängigen Honorar-Anlageberatung resultiert eine Ungleichbehandlung. Bei der Finanzportfolioverwaltung dürfen Zuwendungen nicht angenommen und behalten werden. Eine Annahme ist somit gestattet, wenn die Zuwendungen herausgegeben werden (vgl. § 64 Absatz 7 Satz 3 WpHG). Demgegenüber ist es dem unabhängigen Honorar-Anlageberater von Vornherein nur unter den Voraussetzungen des § 64 Absatz 5 Satz 3 WpHG gestattet, monetäre Zuwendungen anzunehmen. Er darf auch dann keine Zuwendungen annehmen, wenn er diese unverzüglich nach der Annahme an den Kunden der Dienstleistung auskehren will. Für ihn besteht ein Zwang bei der Produktauswahl zu prüfen, ob ein anderes, geeignetes Finanzinstrument ohne Zuwendung erhältlich ist. Dies ist nicht von der Richtlinie 2014/65/EU gefordert. Auch unter Anlegerschutzgesichtspunkten ist durch das Verbot des Annehmens und Behaltens die weitergehende Formulierung des WpHG nicht erforderlich, da die angenommene Zuwendung vollständig an den Kunden weitergegeben werden muss und dem Anlageberater selbst kein finanzieller Vorteil zukommt.

Darüber hinaus sollten entsprechend der Richtlinie auch im Falle der unabhängigen Honorar-Anlageberatung kleine nichtmonetäre Zuwendungen behalten werden dürfen. Es erfolgt damit eine 1:1-Umsetzung der Richtlinie. Zudem ist das grundsätzliche Verbot der Annahme nichtmonetärer Zuwendungen kontraproduktiv, da es z.B. die Teilnahme an kostenlosen Schulungen und Konferenzen für Honorarberater verhindert und damit die Weiterbildung der Honorarberater sowie den fachlichen Austausch innerhalb der Branche erschweren würde. Für die unabhängige Honorarberatung sollten die gleichen Voraussetzungen wie im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung gelten, da insoweit eine Ungleichbehandlung vorliegt (vgl. hierzu § 64 Absatz 7 Satz 2 WpHG).

Um mehr Rechtssicherheit zu schaffen, Missverständnissen vorzubeugen und Interpretationsspielräume zu vermeiden, sollte der Passus "nach vernünftigem Ermessen" aus § 64 Absatz 5 Satz 4 und Absatz 7 Satz 3 WpHG gestrichen werden, da es hierfür weder in der Richtlinie Vorgaben gibt, noch eine Klarheit bringende Erläuterung in der Begründung des Gesetzentwurfs vorhanden ist.

11. Zu Artikel 3 Nummer 63 (§ 64 Absatz 6 Satz 1 WpHG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob in Artikel 3 Nummer 63 in § 64 Absatz 6 Satz 1 WpHG die Wörter "die auf einer Unabhängigen Honorar-Anlageberatung beruhen," gestrichen werden sollten.

Begründung:

Die Offenlegung des möglichen Interessenkonflikts bei einer Vermischung von Anlageberatung mit dem Vertrieb von Finanzinstrumenten, die vom Unternehmen selbst oder von einem mit ihm in Verbindung stehenden Unternehmen angeboten werden, sollte nicht auf die Unabhängige Honorar-Anlageberatung beschränkt bleiben. Denn auch bei der herkömmlichen Anlageberatung durch Banken ist es für die Beurteilung der Anlageempfehlung wichtig, dass der Kunde alle die Anlageempfehlung potenziell beeinflussenden Umstände erfährt.

Neben der allgemeinen Information nach § 64 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 WpHG über die Produktauswahl sollte daher auch bei der konkreten Produktempfehlung das Eigeninteresse generell und unabhängig davon, wie die Anlageberatung vergütet wird, offengelegt werden.

12. Zu Artikel 3 Nummer 69 (§ 70 WpHG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 70 WpHG-E um eine Regelung ergänzt werden sollte, nach der der Kunde grundsätzlich die Herausgabe der Zuwendung oder die Übernahme des Finanzinstruments gegen Erstattung des Kaufpreises verlangen kann, wenn bei einer Anlageberatung die nach § 70 Absatz 1 erforderliche Offenlegung der Zuwendung oder nachträgliche Unterrichtung unterbleibt. Weitere Ansprüche des Kunden sollten unberührt bleiben.

Begründung:

Für die Anlegerentscheidung ist das Provisionsinteresse des Wertpapierdienstleistungsunternehmens eine wichtige Information, die sowohl die Objektivität der Produktempfehlung als auch die Renditemöglichkeiten betrifft. Mit der Einräumung eines Anspruchs auf Herausgabe der Provision oder auf Übernahme des Finanzprodukts gegen Erstattung des Kaufpreises würden die Anlegerinteressen effektiv abgesichert.

Die Rechtsprechung des BGH zur zivilrechtlichen Aufklärungspflicht über Zuwendungen im Zusammenhang mit der Anlagevermittlung und Anlageberatung hat Zurückhaltung bei der Übernahme der aufsichtsrechtlichen Offenlegungspflichten in den zivilrechtlichen Pflichtenkatalog erkennen lassen. Auch ist bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob ein zivilrechtlicher Herausgabeanspruch nach §§ 675, 667 BGB bezüglich der von einem Finanzdienstleister vereinnahmten Provisionen besteht, zumal dieser grundsätzlich abbedungen werden kann.

Daher sollte eine ausdrückliche gesetzliche Regelung von Ansprüchen des Kunden gegen das Wertpapierdienstleistungsunternehmen geprüft werden, die neben die bestehenden Anspruchsgrundlagen des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 280, 667 BGB) träte. Ähnlich den Regelungen zur Prospekthaftung könnte insbesondere der Anspruch auf Übernahme des Finanzinstruments gegen Kaufpreiserstattung zeitlich befristet werden. Zugleich würde mit einer derartigen Regelung eine effektive Umsetzung der Konzeption der MiFID II gewährleistet, die die Annahme von Provisionen weiterhin nur in engen Grenzen zulässt.

13. Zu Artikel 3 Nummer 69 (§ 70 WpHG)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die in § 70 WpHG-E getroffene Regelung, die die Annahme von Zuwendungen begrenzt bzw. eine Verpflichtung zur Offenlegung von Zuwendungen normiert, auf weitere Vertriebsanreize ausgeweitet werden kann.

Die von der Europäischen Union erlassene zweite Richtlinie über Märkte für Finanzdienstleistungen (MiFID II) erklärt Vertriebsanreize wie Provisionen grundsätzlich für unzulässig und erlaubt sie nur in Ausnahmefällen. Für diese Ausnahmefälle erklärt sie, dass Zuwendungen gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern offengelegt werden müssen. Damit bestätigt die MiFID II die bereits 2004 von der Europäischen Union erlassene MiFID in ihrem Regelungswillen und dem Ziel, eine unabhängige Beratung sicherzustellen.

Auf dem deutschen Markt hat sich ein alternatives Verkaufsmodell entwickelt. So besteht parallel zum Provisionsgeschäft die Möglichkeit, dass Wertpapierdienstleistungsunternehmen Bankprodukte ankaufen und mit einem Aufschlag (Marge) an ihre Kunden weiterverkaufen, sogenannte Festpreisgeschäfte. In diesen Fällen liegt keine Zuwendung im Sinne des § 70 Absatz 2 WpHG-E vor, die das Unternehmen offenlegen muss. Gleichwohl existiert ein Vertriebsanreiz, der dem einer Provision gleichkommt und nach dem Regelungswillen der Mi-FID und MiFID II von der entsprechenden Regelung umfasst werden sollte.

14. Zu Artikel 3 Nummer 71 (§ 72 Absatz 1 Nummer 6, Absatz 3 und 8 WpHG)

In Artikel 3 Nummer 71 ist § 72 wie folgt zu ändern:

Begründung:

zu a):

Zuständige Behörde beim Betrieb eines organisierten Handelssystems durch einen Börsenträger ist die jeweilige Börsenaufsichtsbehörde. Eine inhaltsgleiche Regelung hinsichtlich der Festsetzung von Parametern für Volatilitätsunterbrechungen mit entsprechender Meldepflicht gegenüber der Börsenaufsichtsbehörde wurde bereits in § 48b Absatz 1 Satz 4 BörsG in Verbindung mit § 48 Absatz 3 Satz 4 und § 24 Absatz 2b BörsG getroffen.

zu b):

Börsen sind als Betreiber eines organisierten Handelssystems aus dem Anwendungsbereich des § 72 Absatz 3 WpHG auszuschließen. Die im Entwurf vorgesehene Regelung führt zu einer Doppelzuständigkeit der BaFin und der Börsenaufsichtsbehörden. Eine mit § 72 Absatz 5 Satz 1 und 2 WpHG identische Informationspflicht des Betreibers ergibt sich bereits aus § 48b Absatz 1 Satz 2 BörsG zugunsten der Börsenaufsichtsbehörde. Diese stellt die Informationen gemäß § 48b Absatz 1 Satz 3 BörsG der BaFin und auf Verlangen der ESMA zur Verfügung und teilt diesen jede Zulassung eines organisierten Handelssystems an einer Börse mit.

zu c):

Durch die im Entwurf vorgesehene Regelung in § 72 Absatz 8 WpHG werden alle Betreiber eines multilateralen oder organsierten Handelssystems, d.h. auch Börsen, polizeipflichtig gemacht. Damit könnte die BaFin als Bundesbehörde direkte Anordnungen gegenüber einer öffentlichrechtlichen Anstalt eines Bundeslandes treffen. Weisungsbefugnisse des Bundes gegenüber Bundesländern und deren Behörden bestehen nach Artikel 85 GG nur in den Fällen der Bundesauftragsverwaltung. Ein solcher liegt hier nicht vor. Weiterhin wird durch die Regelung im Entwurf eine doppelte Zuständigkeit begründet, da neben den Börsenaufsichtsbehörden der Länder auch die BaFin für Bereiche der Börsenaufsicht zuständig wäre. Dies würde wiederum zu zahlreichen rechtlichen und praktischen Problemen führen. Der neu einzufügende Satz 3 stellt die Zuständigkeit der Börsenaufsichtsbehörden klar. Wird ein organisiertes Handelssystem von einem Börsenbetreiber betrieben, ergibt sich die Meldepflicht über den Eingang von Anträgen auf Zugang nach den Artikeln 7 und 8 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 gegenüber der Börsenaufsichtsbehörde bereits aus § 48b Absatz 1 Satz 4 BörsG in Verbindung mit § 48 Absatz 3 Satz 4 und § 21 Absatz 1 BörsG. Die Anordnungsbefugnisse der Börsenaufsichtsbehörde gegenüber den Börsenbetreibern sind in § 48b Absatz 1 Satz 4 BörsG in Verbindung mit § 48 Absatz 3 Satz 4 und § 3 Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 BörsG geregelt.

15. Zu Artikel 3 Nummer 92 (§ 91 Satz 1 WpHG)

In Artikel 3 Nummer 92 ist in § 91 Satz 1 nach den Wörtern "erbringen will" folgender Halbsatz einzufügen:

"und deren Registrierung nach Artikel 46 Absatz 2 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 nicht abgelehnt wurde".

Begründung:

Der neue § 91 WpHG regelt die Voraussetzungen, unter denen die BaFin Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die ihren Sitz in einem Drittstaat haben und im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs vom Drittstaat aus, d.h. ohne Zweigstelle oder Niederlassung in Deutschland, Wertpapierdienstleistungen erbringen, von den Anforderungen des WpHG größtenteils freistellen kann.

Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, ob ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das zwar die Voraussetzungen nach der EU-Verordnung erfüllt, sich dafür entscheiden könnte, nur in Deutschland unter dem Regime des § 91 WpHG grenzüberschreitend Dienstleistungen zu erbringen, ohne sich nach Artikel 46 der o.g. Verordnung registrieren zu lassen. In gleicher Weise kommt die Frage auf, ob ein Unternehmen, das nicht registriert wird, sei es, dass es am Beschluss der Kommission bzgl. der Gleichwertigkeit fehlt, keine Zusammenarbeitsvereinbarung zustande kommt oder die individuellen Anforderungen nicht erfüllt werden, als "2nd best Option" auf diesem Wege in Deutschland Wertpapierdienstleistungen erbringt. Jedenfalls im zuletzt genannten Fall sollte Deutschland nicht den Weg für grenzüberschreitende Dienstleistungen eines Unternehmens aus einem Drittstaat eröffnen, sondern sich die Prüfung offenhalten, ob ggf. eine Anwendung des Artikels 39 der Richtlinie 2014/65/EU - d.h. das Erfordernis einer Zweigstelle - sinnvoller ist. Vor diesem Hintergrund sollte jedenfalls klargestellt werden, dass eine Ablehnung des Antrags auf Registrierung bei der ESMA schädlich ist.

16. Zu Artikel 3 Nummer 122 (§ 119 Absatz 4 a)

Nach Absatz 4 ist folgender Absatz 4a einzufügen:

Begründung:

Mit der Änderung wird die im 1. FiMaNoG vorgenommene Ausgestaltung der strafrechtlichen Ahndung von Fällen der Marktmanipulation revidiert.

Die Wertung des Gesetzgebers des 1. FiMaNoG, als Anknüpfungspunkt für eine Qualifizierung als besonders schwerer Fall der Begehung einer Marktmanipulation und damit als Verbrechen die bloße Tätigkeit bei einer inländischen Finanzaufsichtsbehörde, einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, einer Börse oder einem Betreiber eines Handelsplatzes genügen zu lassen, ist in keiner Weise durch europarechtliche Bestimmungen vorgegeben. Die Gleichsetzung des Merkmals der Mitarbeitereigenschaft mit Fällen von gewerbsmäßiger oder bandenmäßiger Begehung ist auch nicht zur Wahrung der Integrität des Finanzmarktes geboten.

Es soll daher eine differenzierte Ausgestaltung des Sanktionsrahmens vorgenommen werden. Während die Fälle der bandenmäßigen oder der gewerbsmäßigen Begehung wegen ihrer besonderen Schwere und kriminellen Energie als Verbrechen charakterisiert und im Mindestmaß mit einem Jahr Freiheitsstrafe belegt werden, bleibt es bei den Fällen der Begehung durch Mitarbeiter bei der Einordnung als Vergehen mit einer Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten. Um in diesen Fällen auch besonders strafwürdigen Begehungsweisen Rechnung tragen zu können, soll auch hier eine Höchststrafe von bis zu zehn Jahren verhängt werden können.

Mit der Regelung erfährt der Sanktionsrahmen der Marktmanipulation eine abgewogene Normierung, die den Aspekten der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit in vollem Umfang Rechnung trägt.

17. Zu Artikel 7 Nummer 3 (§ 3b Absatz 1 Satz 2 BörsG), Artikel 8 Nummer 5 (§ 3b Absatz 1 BörsG)

Begründung:

Nach dem Gesetzentwurf werden die Börsenaufsichtsbehörden verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die Meldung von möglichen oder tatsächlichen Verstößen gegen bestimmte gesetzliche Vorgaben zu ermöglichen. Als Rechtsgrundlage werden in der Begründung die Artikel 24 der Verordnung (EU) Nr. 2015/2365 und Artikel 73 der Richtlinie 2014/65/EU genannt. Der Entwurf geht aber über diese Vorgaben hinaus, indem er anordnet, dass die Hinweise auch anonym abgegeben werden können und die Meldungen sich auch auf Verstöße gegen "sonstige" Vorschriften, deren Einhaltung die Börsenaufsichtsbehörde zu überwachen hat (Artikel 8 Nummer 5 § 3b BörsG), beziehen können ("Gold-Plating").

18. Zu Artikel 8 Nummer 2 Buchstabe b und Nummer 4 Buchstabe e (§ 1 Absatz 1 und § 3 Absatz 12 BörsG)

Artikel 8 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Änderungen dienen der Berichtigung offensichtlicher syntaktischer und grammatischer Textfehler.

19. Zu Artikel 8 Nummer 3 Buchstabe b (§ 2 Absatz 6 BörsG)

In Artikel 8 Nummer 3 Buchstabe b ist in § 2 Absatz 6 das Wort "nichtdiskretionären" durch das Wort "festgelegten" zu ersetzen.

Begründung:

Das Wort "nichtdiskretionär" ist weder ein Wort der deutschen noch einer sonstigen Sprache. Es fand sich erstmals als scheinbare Übersetzung des englischen Wortes "nondiscretionary" in der deutschen Fassung der EUFinanzmarktrichtlinie I. Zur Umsetzung dieses Begriffs in deutsches Recht wurde in § 2 Absatz 1 BörsG das deutsche Wort "festgelegt" verwendet. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb im neu eingefügten Absatz 6 von der verständlichen und bewährten Terminologie in Absatz 1 abgewichen werden sollte. Die Verwendung von zwei unterschiedlichen deutschen Worten zur Umsetzung zweier gleichlautender Worte in EU-Richtlinien birgt die Gefahr, dass hieraus zu schließen sein könnte, dass beide Worte im BörsG unterschiedliche Bedeutung haben.

20. Zu Artikel 8 Nummer 4 Buchstabe d (§ 3 Absatz 5c BörsG)

In Artikel 8 Nummer 4 Buchstabe d sind in § 3 Absatz 5c Satz 1 die Wörter "die Börsenaufsichtsbehörde" durch die Wörter "die Geschäftsführung" zu ersetzen und der zweite Halbsatz wie folgt zu fassen:

"so prüft sie, ob ein Widerruf der Zulassung oder die Aussetzung oder die Einstellung des Handels der betroffenen Finanzinstrumente im Sinne des Satz 1 erfolgen kann".

Begründung:

Nach dem Gesetzentwurf hat die Börsenaufsichtsbehörde den Widerruf der Zulassung oder die Aussetzung oder die Einstellung des Handels der betroffenen Finanzinstrumente an Börsen ihres Zuständigkeitsbereiches anzuordnen, wenn sie unter weiteren bestimmten Voraussetzungen Kenntnis vom Widerruf der Zulassung oder der Aussetzung oder der Einstellung des Handels eines Finanzinstruments oder eines mit diesem verbundenen Derivats an einer Börse in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder an einer anderen inländischen Börse erhält. Dabei ist nicht nachvollziehbar, warum diese Entscheidung nicht vom Börsenträger, sondern von der Börsenaufsicht getroffen werden soll. Hierfür gibt es keine ersichtlichen Gründe. Die in der Begründung als Rechtsgrundlage hierfür angegebene Richtlinie 2014/65/EU sieht dies jedenfalls nicht vor. Außerdem dürfte ein Automatismus, wonach - ohne Anhörung und nähere rechtliche Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalles - z.B. der Widerruf eines Finanzinstrumentes erfolgen muss, wenn dieses Finanzinstrument in einem anderen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat der Europäischen Union widerrufen wurde, rechtlich fragwürdig sein. Hinzukommt, dass der Widerruf und die Zulassung eines Finanzinstrumentes nach § 39 BörsG oder die Aussetzung oder Einstellung des Handels nach § 25 BörsG stets im Ermessen der Geschäftsführung liegen. Auf die insoweit unmittelbar vergleichbare Vorschrift des § 73 Absatz 3 WpHG des Regierungsentwurfs wird verwiesen.

21. Zu Artikel 8 Nummer 9 und 13 (§§ 7 und 15 BörsG)

Artikel 8 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu a:

Der Gesetzentwurf verpflichtet in Artikel 8 Nummer 13 Buchstabe c im neu gefassten § 15 Absatz 5 die Geschäftsführung der Börse zur Überwachung der Einhaltung der Positionslimits durch die Handelsteilnehmer und lässt die Aufgaben der Handelsüberwachungsstelle ausdrücklich unberührt. Dies führt dazu, dass die Börsen ggf. kostspielige doppelte Überwachungsstrukturen bei der Geschäftsführung und der Handelsüberwachungsstelle aufbauen und unterhalten müssen. Ein sachlicher Grund ist hierfür nicht ersichtlich. Insbesondere verlangt Artikel 57 der Richtlinie 2014/65/EU nicht, diese Aufgabe gerade der Geschäftsführung der Börse zuzuweisen. Die Zuweisung an die Handelsüberwachungsstelle ist sachgerecht, da dies schon bisher das Börsenorgan mit umfassenden Überwachungsaufgaben ist. Außerdem soll die Handelsüberwachungsstelle die nach § 57 Absatz 3 WpHG erforderlichen Meldungen parallel an die Börsenaufsichtsbehörde und die Bundesanstalt übermitteln. Dies entspricht auch der sonst im Referentenentwurf (z.B. Artikel 8 Nummer 22 Buchstabe b § 25 Absatz 1b BörsG) gewählten Form und dient der Beschleunigung.

Zu b:

Es handelt sich um notwendige Folgeänderungen aufgrund der Änderung zu Buchstabe a.

22. Zu Artikel 8 Nummer 29 (§ 48b Absatz 7 Satz 5 BörsG)

In Artikel 8 Nummer 29 ist § 48b Absatz 7 Satz 5 wie folgt zu fassen:

"Diese Verpflichtung gilt unbeschadet der §§ 72 und 82 des Wertpapierhandelsgesetzes, davon ausgenommen ist § 72 Absatz 1 Nummer 6, Absatz 3 und Absatz 8 des Wertpapierhandelsgesetzes."

Begründung:

Gemäß § 48b Absatz 7 Satz 5 BörsG sind die §§ 72 und 82 WpHG neben § 48b BörsG anwendbar ("gilt unbeschadet"). In § 72 WpHG wird an verschiedenen Stellen (§ 72 Absatz 1 Nummer 6, Absatz 3 und 8 WpHG) eine Zuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begründet. Zuständige Behörde beim Betrieb eines organisierten Handelssystems durch einen Börsenträger ist jedoch die jeweilige Börsenaufsichtsbehörde. Um Unklarheiten bzw. Doppelzuständigkeiten zu vermeiden, sind diese Bestimmungen explizit von der Regelung in § 48b Absatz 7 Satz 5 BörsG auszunehmen.

23. Vor Artikel 25 (§ 48 Absatz 1 Börsenzulassungsverordnung)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob § 48 Absatz 1 der Börsenzulassungsverordnung wie folgt zu ändern ist:

Begründung:

Seit Inkrafttreten der Marktmissbrauchsrichtlinie (MAR) im Juli 2016 (1. FiMalloG) sind die Börsen verpflichtet, definierte Referenzdaten an die nationale Aufsicht (BaFin) zu übermitteln. Hierzu zählt u.a. die Angabe, wann (Datum, Uhrzeit) ein Antrag auf Zulassung / Einbeziehung gestellt wurde. Die Erfassung und Übermittlung der genauen Zeitangabe sind insofern wichtig, da sich aus der MAR für Emittenten von Finanzinstrumenten verschiedene Verhaltens- und Transparenzpflichten ergeben, die zum Teil bereits ab dem Zeitpunkt der Antragstellung zu beachten sind. Durch das bisherige Erfordernis, den Zulassungsantrag in schriftlicher Form zu stellen, erschwert die exakte Ermittlung des Zeitpunktes die Antragstellung oder macht diese sogar gänzlich unmöglich. Diese ist nur durchführbar, wenn der Zulassungsantrag elektronisch gestellt wird.

Der Gesetz- und Verordnungsgeber ist verfassungsrechtlich weder dazu verpflichtet, überhaupt ein Formerfordernis vorzugeben, noch ist er verfassungsrechtlich auf ein Schriftformgebot oder eine der in § 3a Absatz 2 VwVfG beschriebenen Schriftformäquivalente festgelegt. Dementsprechend steht auch § 3a Absatz 2 VwVfG unter dem umfassenden Vorbehalt abweichender Regelung durch Rechtsvorschriften des Fachrechts.

Wie im elektronischen Antragsverfahren die gesicherten authentifizierten Kommunikationswege im Einzelnen sichergestellt werden sollen, wird nach dem Änderungsvorschlag durch die BörsZulV nicht vorgegeben. Dies entscheiden vielmehr die Börsen im Rahmen ihrer Satzungsautonomie unter der Aufsicht der jeweils zuständigen Börsenaufsichtsbehörde (vgl. § 16 Absatz 3 BörsG).