Empfehlungen der Ausschüsse
Zweite Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung

853. Sitzung des Bundesrates am 19. Dezember 2008

A.

Der Agrarausschuss (A), der Ausschuss für Kulturfragen (K) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Abs. 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 Nr. 1 Buchstabe c (§ 2 Abs. 4 - neu - BeschV)

In Artikel 1 Nr. 1 ist Buchstabe c wie folgt zu ändern:

Begründung

Haupthindernis für ausländische Fachkräfte, die sich in Deutschland um eine Stelle bewerben wollen, sind die mangelhaften Sprachkenntnisse. Die Folge ist, dass sie entweder keine oder nur eine geringfügig bezahlte Stelle finden oder bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zustimmung der Agentur für Arbeit nicht erfüllen.

So erfordern z.B. §§ 29 und 30 BeschV (Fachkräfte im Bereich Sozialarbeit und Pflegekräfte) ausreichende deutsche Sprachkenntnisse. In der Verwaltungspraxis der Länder wird hier ein Sprachniveau B2 gefordert, was im Ausland nur nach mehrjährigem Unterricht zu erreichen ist.

Es sollten Bestimmungen aufgenommen werden, die es Fachkräften und Akademikern ermöglichen, über einen begrenzten Zeitraum in Deutschland ein Praktikum zu absolvieren. Bislang ist die Möglichkeit eines Praktikums gesetzlich oder untergesetzlich nicht fixiert. Ein Praktikumsplatz sollte für einen begrenzten Zeitraum ohne Zustimmung der Agentur für Arbeit zu besetzen sein. Begründung: Während eines Praktikums könnten die Bewerber die erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse erwerben, sich aus Deutschland nach Deutschland bewerben und wären nicht sofort dem Druck ausgeliefert, vollumfänglich leistungsfähig zu sein. Die sprachlichen Voraussetzungen für die Arbeit als Sozial- und Pflegekraft oder auch als Arzt würden bei einer konkreten Einbindung in das Gesundheitssystem erfolgen. Schließlich würde sich das Risiko für den Arbeitgeber verringern, jemanden einzustellen, der auf Grund seiner sprachlichen Barrieren fehlerhaft Aufträge ausführt. Die finanzielle Belastung während eines kostenlosen oder gering bezahlten Praktikums würde eine Vielzahl von Ausländern für einen begrenzten Zeitraum hinnehmen wenn sich damit für sie auf mittlere Sicht in Deutschland eine berufliche Perspektive böte (Bekanntermaßen leben und arbeiten überall in Europa, aber auch in den USA und Kanada eingewanderte Akademiker im nicht einschlägigen Bereich, weil sie in die jeweiligen Systeme ihrer Berufe nicht vordringen).

Mit der vorgeschlagenen Formulierung wird sichergestellt, dass für ausländische Akademiker in Deutschland sowie für Fachkräfte der Sozialarbeit und Pflegekräfte die Möglichkeit besteht, ein Praktikum zu absolvieren (bislang wird dies von den deutschen Behörden - z.B. Gesundheitsbehörden für ausländische Ärzte ohne Aufenthaltsstatus teilweise verneint, während es bei in Deutschland mit Aufenthaltstitel lebenden Ausländern zulässig ist.

Hierzu bietet die Otto-Benecke-Stiftung in Kooperation mit dem BMBF sogenannte Integrationskurse für Spätaussiedler und anerkannte Flüchtlinge mit einem Praktikumsanteil an).

2. Zu Artikel 1 Nr. 4 (§ 18 Satz 1 bis 3 BeschV)

In Artikel 1 ist Nummer 4 wie folgt zu fassen:

"4. § 18 wird wie folgt geändert:

Begründung

Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Verlängerung der maximalen Dauer für ausländische Saisonbeschäftigung in der Landwirtschaft von bisher vier auf zukünftig sechs Monate reicht nicht aus. Notwendig ist eine Verlängerung auf neun Monate.

Die landwirtschaftlichen Betriebe sind in erheblichem Maße auf ausländische Saisonarbeitskräfte angewiesen. Dabei ist jedoch festzustellen, dass in diesem Jahr rund ein Drittel der zugelassenen Arbeitsgenehmigungen storniert worden sind. Dieser Rückgang der Saisonbeschäftigung kann nur durch eine Verlängerung der maximalen Beschäftigung auf neun Monate aufgefangen werden, da dann ein Teil der Saisonarbeitskräfte für einen längeren Zeitraum über vier Monate hinaus zur Verfügung stehen wird.

Der Rückgang bei den polnischen Saisonarbeitskräften kann nicht durch Arbeitskräfte aus Rumänien oder Bulgarien ausgeglichen werden. Hinzu kommt, dass die Möglichkeiten einer verstärkten Beschäftigung inländischer Arbeitskräfte ausgeschöpft sind.

Die Nichterfüllung von abgeschlossenen Arbeitsverträgen durch ausländische Saison-Arbeitnehmer und zusätzlich vorzeitig abgebrochene Arbeitsverhältnisse führen bei zunehmender Kurzfristigkeit von Bestellungen durch den Lebensmitteleinzelhandel zu erheblichen Problemen bei der betrieblichen Planung und damit auch zu wirtschaftlichen Konsequenzen. Im Durchschnitt hängt an vier bis fünf Erntehelfern ein fester Arbeitsplatz im Produktionsprozess.

Viele Gartenbau- und Sonderkulturbetriebe bauen entweder mehrere Kulturarten nacheinander bzw. in zeitlich gestaffelten Kulturfolgen an und benötigen dadurch bis zu neun Monate im Jahr Erntehelfer. Saisonarbeitskräfte, die in kleineren oder Spezialbetrieben zum Einsatz kommen, welche ausschließlich z.B. Spargel oder Erdbeeren mit kurzen Erntephasen anbauen, hätten bei einer Verlängerung der Beschäftigungsdauer auf neun Monate die Möglichkeit, den Betrieb zu wechseln und wesentlich länger in der hiesigen Landwirtschaft zu arbeiten.

3*. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 27 Abs. 1 und 2 - neu - BeschV)

In Artikel 1 Nr. 5 ist § 27 wie folgt zu ändern:

Begründung

Absatz 1 Satz 1 gibt die derzeit geltende Regelung in § 1 Fallgruppe 2 HSchulAbsZugV wieder. Insbesondere beruht die Formulierung auf der gesetzlichen Grundlage in § 16 Abs. 4 AufenthG, die eine dem Abschluss angemessene Beschäftigung fordert. Satz 2 verdeutlicht den Unterschied zur strengeren Forderung einer der Qualifikation "entsprechenden" Beschäftigung in § 27 Abs. 2 - neu - BeschV, die für Neuzuwanderer aus dem Ausland, z. T. ohne Hochschulabschluss gelten soll.

Wie auch in Veröffentlichungen der Bundesagentur für Arbeit bestätigt, werden (deutsche wie ausländische) Absolventen insbesondere der Geistes- und Sozialwissenschaften häufig fachfremd eingesetzt. Solche Personalentscheidungen der einstellenden Firmen, die unter Berücksichtigung des vollständigen Qualifikationsprofils der Arbeitsplatzbewerber auf erweiterte Einsatzmöglichkeiten schließen, sollen nicht erschwert oder verhindert werden.

Die vorliegende Verordnung dagegen würde zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei der Agentur für Arbeit, zur Verzögerung des Genehmigungsverfahrens und ggf. zur Abwanderung vielseitig einsetzbarer Fachkräfte führen. Angesichts der vorgeleisteten deutschen Bildungsinvestitionen in die Qualifizierung dieser Personen liegt es nicht im öffentlichen Interesse, ihrer Einstellung in hochqualifizierte Beschäftigungen unnötige Hindernisse in den Weg zu legen.

Absatz 2 übernimmt den Text der Verordnung mit Ausnahme dessen bisheriger Fallgruppe 3, die jetzt in Absatz 1 erfasst wird.

4. Zu Artikel 1 Nr. 5 ( § 27 Satz 2 BeschV)

In Artikel 1 Nr. 5 sind in § 27 Satz 2 die Wörter "in den Fällen der Nummern 3 und 4" zu streichen.

Begründung

Angesichts des bestehenden Fachkräftemangels ist die von der Bundesregierung vorgesehene Vorrangprüfung weder notwendig noch sachgerecht sie dürfte vielmehr deutsche Unternehmen bei der Gewinnung von ausländischen Fachkräften behindern.

5. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 27 Satz 4 - neu - BeschV)

In Artikel 1 Nr. 5 ist dem § 27 folgender Satz anzufügen:

Begründung

Es sollten Bestimmungen aufgenommen werden, die es ermöglichen, die Facharztausbildung in Deutschland ohne Vorrangprüfung zu absolvieren.

Deutschland wird seinen Facharztmangel auf mittlere Sicht nur mit ausländischen Ärzten oder durch eine erhebliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich auffangen können. Da Letzteres momentan eher nicht zu erwarten ist, sollte es möglich sein, dass sich ausländische Ärzte in allen Ländern zu Fachärzten ausbilden lassen, ohne dass es einer Vorrangprüfung bedarf.

Die Weiterbildung bereits hoch qualifizierter Ärzte zu Fachärzten verläuft in verschiedenen Stationen (z.B. in Kliniken und Arztpraxen). Es ist ausländischen Ärzten nicht zuzumuten, bei jeder Station eine erneute Vorrangprüfung zu durchlaufen, obwohl die Anstellung für einen eng begrenzten Zeitraum erfolgen soll. Anders ist die Situation bei Festanstellungen, da hier der deutsche Arbeitsmarkt weiterhin vorrangig zu behandeln sein muss. Derzeit ist ein Bewerber trotz eines erfolgreichen Bewerbungsgesprächs, auf die engagierte Unterstützung der Krankenhausverwaltung angewiesen die dann mit den Arbeitsagenturen verhandeln muss um den erfolgreichen Bewerber letztlich auch einstellen zu können.

B.

C.

Zu Artikel 1 Nr. 4 ( § 18 Satz 1 BeschV)

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, ungeachtet einer Verlängerung der Beschäftigungsdauer von ausländischen Saisonkräften, darauf hinzuwirken, dass bei Inanspruchnahme der Übergangsregelung bis 2011, für Bulgarien und Rumänien bis 2012, die Landwirtschaft hiervon ausgenommen wird. Auch sollten zukünftige Drittstaatsabkommen bereits jetzt vorbereitet werden, um für den Fall, dass der Arbeitskräftebedarf trotz aller Bemühungen nicht gedeckt werden kann, Abkommen mit Drittstaaten umgehend in Kraft gesetzt werden können.