Antrag des Freistaates Bayern
Gesetz über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG
(Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz)

Punkt 49 b) der 828. Sitzung des Bundesrates am 24. November 2006

Der Bundesrat möge beschließen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 9. November 2006 verabschiedeten Gesetz zu verlangen, dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes aus folgendem Grund einberufen wird:

Artikel 2 Nr. 20a, Artikel 2 Nr. 6 und Artikel 7 Nr. 3 sind zu streichen.

Begründung:

Mit den genannten Vorschriften schließt der Bund anlässlich der Richtlinienumsetzung pauschal - und damit weit über die geänderten Verfahrensregelungen hinaus - die Abweichungsmöglichkeit der Länder von den Verfahrensregelungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes aus.

Grundsätzlich eröffnen sich den Ländern durch die Änderung einzelner Verfahrensvorschriften in Bundesgesetzen nach Artikel 125 b Abs. 2 GG schon vor dem 01.01.2009 umfassende Abweichungsbefugnisse. Diese Öffnungsklausel wird durch einen pauschalen Ausschluss der Abweichungsmöglichkeit der Länder in übermäßiger Form in ihr Gegenteil verkehrt. Ohne Darlegung, dass jede der nicht geänderten Verfahrensregelungen der genannten Stammgesetze als Umweltverfahrensrecht wegen eines besonderen Bedürfnisses eine bundeseinheitliche Regelung erfordert wird den Belangen der Länder, die durch die Zustimmungsbedürftigkeit nach Artikel 84 Abs. 1 Satz 6 GG geschützt werden, nicht Rechnung getragen.

Zwar hat der Gesetzgeber bei der Föderalismusreform deutlich gemacht, dass die Anforderungen im Sinne des Artikels 84 Abs. 1 Satz 5 GG im Bereich des Umweltverfahrensrechts geringer sind; die Länder müssen sich deshalb jedoch nicht ohne ein besonderes Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Regelung ihrer eigenen Regelungskompetenz aus Artikel 84 Abs. 1 Satz 2 GG, eines der Kernstücke der Föderalismusreform, begeben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Abweichungsfestigkeit von Verfahrensregelungen nicht der Vereinfachung bei den umweltrechtlichen Zulassungsverfahren dient (so wie es die Gesetzesbegründung zu Artikel 84 Abs. 1 Satz 5 GG vorsieht), sondern unveränderten Verfahrensregelungen, deren Vereinfachung und Deregulierung durch die Länder aber dennoch verhindert würde.

Die Regelungen, die die Abweichungsmöglichkeiten der Länder von allen Verfahrensregelungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, Bundes-Immissionsschutzgesetzes und des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes pauschal ausschließen wollen, sind daher zu streichen.

Das Gesetz in der vom Deutschen Bundestag beschlossenen Fassung bedarf gemäß Artikel 84 Abs. 1 Satz 6 der Zustimmung des Bundesrates, weil es das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regelt.

Würden diese Vorschriften in einem Vermittlungsverfahren vollständig gestrichen wäre das Gesetz nicht mehr zustimmungsbedürftig. Bei im Einzelnen begründeten abweichungsfesten Regelungen bliebe es beim Zustimmungserfordernis.