Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung

Der Bundesrat hat in seiner 879. Sitzung am 11. Februar 2011 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf insgesamt:

Der Bundesrat fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im vorliegenden Entwurf zur Änderung des AÜG die besonderen Belange von Menschen mit Behinderung ausreichende Berücksichtigung finden. Gerade schwerbehinderte Menschen haben besondere Schwierigkeiten am Arbeitsleben zu partizipieren. Die Neuregelung des AÜG sollte dem Rechnung tragen und nicht nachteilig in bestehende Strukturen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben eingreifen.

Mit dem Gesetzentwurf wird der bisher verwendete Begriff "gewerbsmäßig" durch den Begriff "im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit" ersetzt. Dadurch wird im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage der Anwendungsbereich des AÜG auch für gemeinnützige Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) und gemeinnützige Integrationsprojekte geöffnet. Das AÜG findet in den Fällen Anwendung, wo Werkstattbeschäftigte mit "regulärem" Arbeitsvertrag auf sogenannten Außenarbeitsplätzen beschäftigt und an Dritte überlassen werden. Gleiches gilt bei Arbeitnehmerüberlassungen von gemeinnützigen Integrationsprojekten.

Gerade Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fördern jedoch die von der UN-Behindertenrechtskonvention geforderte Inklusion und stärken das Selbstbestimmungsrecht der schwerbehinderten Menschen. Die Regelungen des AÜG sind in diesem Bereich nicht erforderlich, sie verursachen nur bürokratischen Aufwand. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sollte daher geprüft werden, gemeinnützige Integrationsprojekte und gemeinnützige WfbM vom Anwendungsbereich des AÜG auszunehmen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 1 Absatz 3 Nummer 2a AÜG), Nummer 3 (§ 1a Absatz 1 AÜG)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu a:

Nach dem neuen Ausnahmetatbestand des § 1 Absatz 3 Nummer 2a AÜG soll die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern, sofern sie nur gelegentlich erfolgt und der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird, vom Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ausgenommen sein.

Folglich wäre für den Verleih weder eine Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit erforderlich, noch müsste eine Anzeige der Überlassung erfolgen. Weiterhin würden damit keine sonstigen (Schutz-)Vorschriften des AÜG Anwendung finden. Überlassungen nach dem neuen Ausnahmetatbestand wären einer Datenerhebung und Kontrolle durch die Bundesagentur für Arbeit damit entzogen. Eine Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit, ob die Grenze zur erlaubnispflichtigen Überlassung überschritten ist, ist ihr mangels Kenntnis nicht möglich. Die Arbeitgeber agieren in einem gewissen "Graubereich". Hinzu kommt, dass der unbestimmte Rechtsbegriff "gelegentlich" für die weitreichende Folge einer grundsätzlichen Nichtanwendbarkeit des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auf diese Arbeitnehmerüberlassung nicht hinreichend bestimmt ist. Dies ist nicht sachgerecht. Die Ausnahmeregelung des § 1 Absatz 3 Nummer 2a AÜG ist deshalb aufzuheben.

Zu b:

Mit der Erweiterung des § 1a Absatz 1 AÜG um eine neue Nummer 2 wird geregelt, dass die nur gelegentlich erfolgende Überlassung von Arbeitnehmern, die nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt werden, - wie die sogenannten Kollegenhilfe (§ 1a Absatz 1 Nummer 1 AÜG) - der Bundesagentur für Arbeit vorher schriftlich angezeigt werden muss. Die Anzeigepflicht ersetzt die grundsätzlich bestehende Erlaubnispflicht.

Durch diese Privilegierung wird sichergestellt, dass nur gelegentlich auftretende Überlassungsfälle zur Deckung eines kurzfristigen Personalbedarfs rasch, unbürokratisch und flexibel abgewickelt werden können.

Gleichzeitig wird der Verleih einer präventiven Kontrolle durch die Arbeitsverwaltung unterstellt. Die vorherige Anzeige ermöglicht der Bundesagentur für Arbeit, die Rechtmäßigkeit des Verleihs vorab zu prüfen und mögliche Rechtsverstöße sowie Missbrauch zu unterbinden. Zugleich wird ihr ein Überblick über die Branche eröffnet.