Antrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung

Punkt 25 der 879. Sitzung des Bundesrates am 11. Februar 2011

Der Bundesrat möge zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung nehmen:

Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 3 Absatz 1 Nummer 3, 4 - neu -, 5 - neu -, 6 - neu - AÜG)

In Artikel 1 ist Nummer 5 wie folgt zu fassen:

'5. In § 3 Absatz 1 ist Nummer 3 durch folgende Nummern zu ersetzen:

Folgeänderungen:

"Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Dezember 2011 in Kraft."

Begründung:

Die Situation in der Leiharbeit bedarf dringend einer Verbesserung. Das Grundprinzip jeder gerechten Entgeltgestaltung ist "Gleiches Geld für gleiche Arbeit (Equal pay)". Leiharbeit darf nicht zur Lohndrückerei benutzt werden und Leiharbeitnehmer dürfen nicht zu Arbeitnehmern zweiter Klasse werden. Eine mindestens gleiche Bezahlung wie für die Stammbelegschaft ist wegen des unsicheren Beschäftigungsverhältnisses auch gerechtfertigt. Dieses Grundprinzip ist uneingeschränkt einzuführen, um die Leiharbeit wieder auf ihre ursprüngliche Funktion der Abdeckung von Auftragsspitzen oder für Vertretungsfälle zurückzuführen. Der bestehende weit gefasste Tarifvorbehalt in den §§ 3 und 9 AÜG ist daher zu streichen.

Ansatz des Systems der Leiharbeit in Deutschland anders als z.B. in Frankreich ist zudem, dass das Beschäftigungsrisiko in der verleihfreien Zeit nicht auf den Leiharbeitnehmer verlagert werden soll. Ziel des Synchronisationsverbotes im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ist es, die Arbeitsverhältnisse zu verstetigen. Der Leiharbeitnehmer soll nicht nur begrenzt für einen bestimmten Einsatz beschäftigt werden, sondern dauerhaft bei dem Verleiher angestellt sein. Er erhält so auch dann Lohn, wenn der Verleiher aktuell keinen Einsatz für ihn hat. Dazu ist es notwendig, dass sich die Laufzeit des Leiharbeitsvertrages und der Einsatz bei einem Entleiher nicht entsprechen. Untersuchungen legen aber den Verdacht nahe, dass in der Praxis Verleihbetriebe die Dauer der Beschäftigungsverhältnisse mit den Leiharbeitnehmern eben doch an der Auftragslage und Bedarfen der Einsatzbetriebe orientieren. Obwohl die Leiharbeitsverträge nach Auskunft der Leiharbeitsbranche formal meist unbefristet abgeschlossen werden, kommt es in der Praxis offenbar zu versteckten oder indirekten Synchronisationen der Dauer der Arbeitsverhältnisse mit der Verleihdauer.

Um das zu vermeiden und damit zusätzliche Prekarisierungseffekte bei der Leiharbeit zu verhindern, ist zur Flankierung des Synchronisationsverbotes auch die Wiedereinführung des Wiedereinstellungsverbotes erforderlich.

Das Wiedereinstellungsverbot untersagt dem Leiharbeitsunternehmen mit dem Leiharbeitnehmer jeweils unbefristete Arbeitsverträge abzuschließen, diese Verträge jedoch durch Kündigung zu beenden und den Leiharbeitnehmer wiederholt innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erneut einzustellen.

Beide Regelungen galten vor dem 1. Januar 2004 bereits im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und sind erst im Zuge der Deregulierungen des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz I") entfallen.

Der vollständige Wegfall der zuletzt 24 Monate betragenden Höchstüberlassungsdauer für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer ab 2004 hat es ermöglicht, dass Leiharbeitnehmer dauerhaft bei einem Entleiher beschäftigt werden können. Dies schafft einen Anreiz, reguläre Arbeitsplätze zu vernichten bzw. sie nicht entstehen zu lassen. Die Durchsetzung von Rechten und Forderungen der verbliebenen Kern- oder Stammbelegschaften (Lohnerhöhungen, Arbeitszeit, Überstunden etc.) wird deutlich erschwert, wenn nicht sogar mit dem Hinweis auf die billigeren Leiharbeitskräfte zum Lohnverzicht gedrängt wird.

Der Wegfall der Höchstüberlassungsdauer hat es Unternehmen ermöglicht, Tochterfirmen zu gründen, deren einziger Zweck es ist, ihre Beschäftigten zu schlechteren Arbeits- und Entlohnungsbedingungen als die der Stammbelegschaften an ihre Mutterunternehmen zu verleihen. Mit einer Höchstüberlassungsdauer müssten die auch als Randbelegschaft bezeichneten - Leiharbeitskräfte regelmäßig ausgetauscht werden.

Durch die Wiedereinführung der Höchstüberlassungsdauer hingegen können die beschriebenen Auswüchse unterbunden oder mindestens zurückgedrängt werden.

Die Wiedereinführung einer Höchstüberlassungsdauer verhindert die Verdrängung regulärer Arbeitsplätze durch eine dauerhafte Beschäftigung von Leiharbeitnehmern. Sie führt auch zu einer Verbesserung der Situation der Stammbelegschaften in den Betrieben, da diese sich nicht mehr im dauerhaften Wettbewerb mit den zu schlechteren Bedingungen beschäftigten Leiharbeitnehmer befänden.

Außerdem entspricht eine Höchstüberlassungsdauer dem vorübergehenden Charakter der Zeitarbeit, wie ihn auch die Europäische Richtlinie über Leiharbeit, deren Umsetzung in nationales Recht bis zum 5. Dezember 2011 erfolgt sein muss, vorsieht. Nach Artikel 1 ist Arbeitnehmerüberlassung nämlich nur vorübergehend erlaubt. Ein Verleih auf Dauer wäre eine Arbeitsvermittlung, was ein Zustandekommen von "normalen" Arbeitsverhältnissen mit dem Entleihbetrieb bedeuten würde.