Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 118909 - vom 22. November 2005.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 13. Oktober 2005 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Bildung als Eckstein des Lissabon-Prozesses (2004/2272(INI))
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission über die Fortschritte im Hinblick auf die Zielvorgaben von Lissabon im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung - Bericht 2005 (SEK(2005)0419),
- - unter Hinweis auf das Dokument "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" die Dringlichkeit von Reformen für den Erfolg der Lissabon-Strategie - Gemeinsamer Zwischenbericht des Rates und der Kommission über die Maßnahmen im Rahmen des detaillierten Arbeitsprogramms zur Umsetzung der Ziele der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in Europa1 ("Allgemeine und berufliche Bildung 2010"),
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates vom 22. und 23. März 2005 in Brüssel zur Neubelebung der Lissabonner Strategie,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2005 zur Halbzeitüberprüfung der Lissabon-Strategie2,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Integrierte Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung (2005-2008)" (KOM (2005) 0141),
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Das intellektuelle Potenzial Europas wecken: So können die Universitäten ihren vollen Beitrag zur Lissabonner Strategie leisten" (KOM (2005) 0152),
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung (A6-0245/2005),
A. in Erwägung der Ziele der Lissabonner Strategie: nachhaltiges Wirtschaftswachstum auf der Grundlage von Wissen mit mehr und besseren Arbeitsplätzen, Schaffung von Arbeitsplätzen, Stärkung des sozialen Zusammenhalts, Beseitigung der Armut in der Europäischen Union, Förderung der Chancengleichheit und des europäischen Sozialmodells im Rahmen einer wissensbasierten Wirtschaft und Gesellschaft,
B. in der Erwägung, dass eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung der Ziele von Lissabon die tatsächliche Umsetzung kohärenter und umfassender nationaler Strategien für lebenslanges Lernen und die Verbesserung der Kompetenzen ist, wobei die nationalen Reformen in den europäischen Kontext einzubinden sind,
C. in Erwägung der Notwendigkeit einer tatsächlichen Umsetzung des Programms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" auf nationaler und europäischer Ebene,
D. in der Erwägung, dass die große Diskrepanz zwischen den Leistungen der Bildungssysteme in der Union, wie in dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Bericht "Pisa 2003" dargelegt, besorgniserregend ist,
E. in der Erwägung, dass Investitionen in die allgemeine und berufliche Bildung entscheidenden Einfluss auf die Humanressourcen sowie die Verbesserung der Qualität, Effizienz und Zugänglichkeit der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in der Union haben,
- 1. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Arbeitsprogramm "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" umzusetzen und dabei die Beteiligung aller betroffenen Akteure sicherzustellen;
- 2. ist der Auffassung, dass es zur Erreichung der Ziele von Lissabon erforderlich ist, den Schwerpunkt verstärkt auf die Bildung zu legen, und dass die Union dringend die Konvergenz der Bildungssysteme der Mitgliedstaaten hin zu höheren Leistungsstandards fördern müsste;
- 3. ist der Auffassung, dass die konkreten Maßnahmen, die auf gemeinschaftlicher und nationaler Ebene im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung durchzuführen sind, sich vorrangig an bestimmte Zielgruppen wenden müssen wie Jugendliche, Arbeitssuchende und Personen, die sich weiterbilden möchten, um den Anforderungen eines sich wandelnden Arbeitsmarktes zu entsprechen;
- 4. fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten mit dem Ziel, die Kompetenzen im Einklang mit den Erfordernissen der Wissensgesellschaft zu entwickeln, auf, die erforderlichen Maßnahmen und Reformen zur Verringerung der administrativen Hindernisse in die Wege zu leiten, um:
- - die Mobilität von Studierenden, Praktikanten, Arbeitnehmern und ihren Familien sowie von Forschern zu erhöhen sowie die gegenseitige Anerkennung der Qualifikationen zu beschleunigen;
- - den allgemeinen und nicht diskriminierenden Zugang zu einer qualitativ hochwertigen allgemeinen und beruflichen Bildung zu gewährleisten und Politiken zur sozialen Eingliederung für benachteiligte, von Armut betroffene Jugendliche zu entwickeln, indem sie die Möglichkeit erhalten, Kompetenzen zu erwerben und Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden;
- 7. fordert die Mitgliedstaaten auf, geeignete Politiken in die Wege zu leiten, um neue Beschäftigungspotenziale wie personen- und unternehmensbezogene Dienstleistungen, Solidarwirtschaft, Raumordnung und Städtepolitik, Umweltschutz und neue Industrieberufe zu erschließen sowie traditionelle Berufe insbesondere im Handwerkssektor zu fördern;
- 8. hält es, um das lebenslange Lernen unterschiedslos zu einem Angebot für alle Menschen zu machen, für erforderlich, innovative Modelle der Arbeitsorganisation und neue Formen der Kostenteilung zwischen Unternehmen, Arbeitnehmern und öffentlicher Hand einzuführen, wobei die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) erste Priorität erhalten müssen, um auch die Aus- und Weiterbildung im Rahmen der Familie zu ermöglichen;
- 7. äußert seine Zustimmung in Bezug auf die Relevanz der 29 Indikatoren, die von der Kommission zur Bewertung des Erfolgs und der Fortschritte der Bildungssysteme in Europa verwendet werden, sowie in Bezug auf die Notwendigkeit, neue Indikatoren in den Schwerpunktbereichen, in denen diese fehlen (Sprachen, IKT, Lehrkräfte, Effizienz der Investitionen, Erwachsenenbildung, soziale Eingliederung und aktive Bürgerschaft), zu entwickeln; fordert die Mitgliedstaaten auf dieser Grundlage auf, insbesondere geeignete Maßnahmen zu treffen, um als Erstes die hohe Zahl der Schulabbrecher ohne Abschluss unter den Jugendlichen zu senken, da diese Tendenz ein Hindernis für die Stärkung des sozialen Zusammenhalts in der Union darstellt;
- 8. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Orientierung der Jugendlichen hin auf beschäftigungs- und integrationsfördernde technische Studiengänge aufzuwerten; fordert in diesem Zusammenhang, dass die Union über die Mitgliedstaaten eine Kommunikationskampagne einleitet mit dem Ziel, die technischen Spitzenausbildungsgänge bei den Jugendlichen und ihren Eltern attraktiv zu machen, um das Negativimage, das sie oft in der Gesellschaft haben, entgegenzuwirken; befürwortet eine Verstärkung der Forschung, der Forschung und Entwicklung sowie der Mobilität von Forschern und Studierenden durch das Programm Erasmus Mundus; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Mobilitätshindernisse zu beseitigen und ein Pilotprojekt im Hinblick auf die Ausarbeitung eines Programms vom Typ "Erasmus" für Lehrlinge ins Leben zu rufen, um den Zugang von Lehrlingen zu den Programmen der Gemeinschaft im Bereich allgemeine und berufliche Bildung, der so genannten "neuen Generation" von Programmen, zu erleichtern;
- 9. fordert die Mitgliedstaaten auf, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die vom Rat festgelegten Ziele zu erreichen und eine Steigerung der Zahl der Absolventen der naturwissenschaftlichen Studiengänge bis zum Jahr 2010 um 15% zu gewährleisten, wobei gleichzeitig das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen auszugleichen ist;
- 10. fordert die Mitgliedstaaten auf, eine auf allen Bildungsstufen, einschließlich der Hochschulbildung, kohärente und zur sozialen Integration führende Politik des lebenslangen Lernens, die der sozialen, demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung angepasst ist, umzusetzen;
- 11. fordert die Mitgliedstaaten auf, Programme zur systematischen Ausbildung für die Verwendung der neuen Technologien in allen Einrichtungen des lebenslangen Lernens einzuführen;
- 12. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Zahl der Lehrkräfte zu erhöhen und eine qualitativ hochwertige Erstausbildung und Weiterbildung für Lehrer im Rahmen einer beruflichen Bildung bereitzustellen, um den Lehrkräften Qualifikationen und Kompetenzen, insbesondere durch eine pädagogische Ausbildung für die neuen Informationstechnologien, zu vermitteln, damit sie ihre Rolle in der Wissensgesellschaft in den nächsten Jahrzehnten wahrnehmen können;
- 13. fordert die Mitgliedstaaten auf, bedeutende Anstrengungen zu unternehmen, um das für die Union entscheidende Ziel zu erreichen, alle Schüler in durchschnittlich mindestens zwei Fremdsprachen, insbesondere den Sprachen der Nachbarländer, zu unterrichten;
- 14. hält die Stärkung der offenen Methode der Koordinierung und den Austausch bewährter Verfahren im Bereich allgemeine und berufliche Bildung für notwendig und unterstützt voll und ganz das von der Kommission 2005 lancierte Programm für Maßnahmen zum Lernen in der Gruppe ("peer learning activities"); weist auf die entscheidende Rolle der europäischen Indikatoren zur Ermittlung der Fortschritte hin, die im Hinblick auf die Erreichung der Ziele von Lissabon im Bereich allgemeine und berufliche Bildung erzielt wurden;
- 15. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, ihre Kapazitäten zur statistischen Analyse im Bereich des lebenslangen Lernens zu verstärken;
- 16. weist nachdrücklich auf die für die Union bestehende Notwendigkeit hin, eine ausreichende Finanzierung für das neue integrierte Aktionsprogramm im Bereich des lebenslangen Lernens zu gewährleisten; hebt außerdem die Notwendigkeit hervor, dafür Sorge zu tragen, dass der Europäische Sozialfonds nach 2006 in allen Mitgliedstaaten der Union weiterhin in Anspruch genommen werden kann;
- 17. fordert den Rat und die Kommission auf, im Rahmen der nächsten Finanziellen Vorausschau eine angemessene Mittelausstattung für alle Maßnahmen vorzusehen, die das lebenslange Lernen betreffen, da davon die Verwirklichung der Ziele der Lissabonner Strategie in hohem Maße abhängen wird;
- 18. fordert die Mitgliedstaaten auf, höhere Investitionen und eine effizientere Nutzung der verfügbaren Mittel (Partnerschaften zur effizienten Verwaltung öffentlicher und privater Investitionen) im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung vorzusehen;
- 19. fordert die Mitgliedstaaten auf, kohärentere nationale Politiken festzulegen und die Zugangsbedingungen für Arbeitssuchende zu allgemeiner und beruflicher Bildung zu verbessern; weist in diesem Zusammenhang auf die Rolle der Sozialpartner hin und fordert sie auf, dieser sowohl bei der Festlegung als auch bei der Durchführung der Politiken gerecht zu werden;
- 20. fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass ihre nationalen Lissabonner Programme, die sie bis 2006 vorzulegen haben, eine ausführliche Darstellung der Maßnahmen, durch die die Ergebnisse im Bildungsbereich verbessert werden sollen, mit Zeitplänen und Zielen enthalten, und dass diese Pläne in den nationalen Parlamenten vorgestellt und erörtert werden;
- 21. hebt die entscheidende Rolle der Universitäten bei der Hervorbringung und Verbreitung von Wissen hervor und empfiehlt nachdrücklich, deren Bedeutung durch die Entwicklung von Synergien zwischen der europäischen Hochschulbildung, der europäischen Forschung, dem lebenslangen Lernen in Europa und dem Produktionssektor zu stärken;
- 22. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
1 ABl. C 104 vom 30.4.2004, S. I.
2 Angenommene 104 vom 30.4.2004, S. I. 2 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0069.