Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus KOM (2006) 614 endg. Ratsdok. 14600/06

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 20. November 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 23. Oktober 2006 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 23. Oktober 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 1116/01 = AE-Nr. 014027,
Drucksache 820/05 (PDF) = AE-Nr. 052961,
Drucksache 655/06 (PDF) = AE-Nr. 061494 und
Drucksache 687/06 (PDF) = AE-Nr. 061506

Mitteilung der Kommission
Erwachsenenbildung: Man lernt nie aus

1. Einleitung

Sowohl in der Mitteilung der Kommission "Einen europäischen Raum des lebenslangen Lernens schaffen" (2001) als auch in der Entschließung des Rates zum lebensbegleitenden Lernen (2002) wurde hervorgehoben, dass das lebenslange Lernen von grundlegender Bedeutung ist, und zwar nicht nur für die Wettbewerbs- und die Beschäftigungsfähigkeit, sondern auch für die soziale Integration, den Bürgersinn und die persönliche Entwicklung.

Die Erwachsenenbildung ist eine wichtige Komponente des lebenslangen Lernens.

Der Begriff "Erwachsenenbildung" ist nicht einheitlich definiert. Für die Zwecke dieser Mitteilung wird unter "Erwachsenenbildung" Folgendes verstanden: alle Formen des Lernens durch Erwachsene nach Abschluss der allgemeinen und/oder beruflichen Bildung, unabhängig von dem in diesem Prozess erreichten Niveau (d. h. einschließlich Hochschulbildung).

Die allgemeine und die berufliche Bildung sind zentrale Faktoren für die Erreichung der Ziele der Lissabon-Strategie: mehr Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit und soziale Eingliederung. Die Erwachsenenbildung kann die Erreichung dieser Ziele (über ihren Beitrag zur persönlichen Entwicklung und zur Selbstverwirklichung hinaus) unterstützen, weshalb sie immer stärker in den nationalen Reformprogrammen der Mitgliedstaaten berücksichtigt wird.

Die Umsetzung ist jedoch - von einigen Ausnahmen abgesehen - weiterhin ein Schwachpunkt1. Die meisten Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sind nach wie vor weitgehend auf junge Menschen ausgerichtet, und bei der Anpassung der Systeme an das Erfordernis des lebenslangen Lernens wurden bislang nur begrenzte Fortschritte erzielt. Um die Benchmark für die Teilnahmequote Erwachsener am lebenslangen Lernen zu erreichen, die die Mitgliedstaaten im Rahmen des Arbeitsprogramms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" festgelegt haben, müsste die Zahl der Teilnehmer an der Erwachsenenbildung um vier Millionen steigen2. Jüngste Forschungsergebnisse3 untermauern die große Bedeutung von Investitionen in die Erwachsenenbildung. Zu den öffentlichen und privaten Nutzeffekten der Erwachsenenbildung gehören die Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit, eine höhere Produktivität, qualitativ bessere Beschäftigungsmöglichkeiten, weniger Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung, Sozialleistungen und vorgezogene Altersrenten, aber auch ein höherer sozialer Nutzen in Form einer stärkeren Teilhabe an der Gesellschaft, besserer Gesundheit und geringerer Kriminalität. Hinzu kommt, dass die Betroffenen zufriedener sind und sich stärker selbst verwirklichen können. Wissenschaftliche Untersuchungen über ältere Erwachsene bestätigen, dass diejenigen, die aktiv lernen, gesünder sind, so dass bei ihnen weniger Kosten für die Gesundheitsversorgung anfallen4.

In der vorliegenden Mitteilung wird dargelegt, wie die Erwachsenenbildung, die allen Bürgern den Erwerb von Schlüsselkompetenzen ermöglicht, zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und der Mobilität auf dem modernen Arbeitsmarkt sowie zur sozialen Eingliederung beitragen kann. Dabei werden Erkenntnisse berücksichtigt, die durch den Dialog mit den Mitgliedstaaten im Rahmen des Arbeitsprogramms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" sowie im Zuge der laufenden EU-Programme für die allgemeine und berufliche Bildung, insbesondere der Aktion "Grundtvig" des Programms Sokrates5, gewonnen wurden. Ferner wird der in der Mitteilung über Effizienz und Gerechtigkeit6 beschriebene Ansatz aufgegriffen, dem zufolge sich die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung durch Reformen zugleich effizienter und gerechter gestaltet lassen. Es wird daran erinnert, dass die Strukturfonds, insbesondere der Europäische Sozialfonds (ESF), Möglichkeiten bieten, um die Entwicklung von Infrastrukturen und Strategien zu unterstützen.

Außerdem werden einige spezifische Fragen herausgestellt: die Geschlechterdimension, insbesondere ihre Berücksichtigung bei der Erhebung von Daten, ungleicher Zugang zum lebenslangen Lernen und unterschiedliche Präferenzen bei den Lernformen.

Die Mitteilung soll die strategische Grundlage für die Umsetzung des künftigen Programms "Grundtvig" bilden, das Teil des Gesamtprogramms für lebenslanges Lernen 2007-2013 sein wird. Abschließend wird angeregt, mit den Mitgliedstaaten und relevanten Stakeholdern weitergehende Überlegungen zur Erwachsenenbildung anzustellen, die in die Aufstellung eines Aktionsplans im Jahr 2007 münden sollen.

2. Die Herausforderungen

Trotz der Betonung des lebenslangen Lernens in der Politik der letzten Jahre ist der Erwachsenenbildung nicht immer die ihr gebührende Aufmerksamkeit (in puncto Außenwirkung, strategischer Prioritätensetzung und Ressourcen) zuteil geworden. Dieser Zwiespalt zwischen dem politischem Diskurs und der Realität ist angesichts der großen Herausforderungen, mit denen die EU konfrontiert ist, besonders auffällig.

Wettbewerbsfähigkeit

Die zentrale wirtschaftliche Herausforderung besteht der Lissabon-Strategie zufolge darin, mehr Wettbewerbsfähigkeit und mehr Beschäftigung unter Wahrung des sozialen Zusammenhalts zu erreichen. In anderen Regionen der Welt wurden hier schnell Fortschritte erzielt was die Bedeutung einer innovativen, fortschrittlichen und qualitativ hochwertigen allgemeinen und beruflichen Bildung als Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit unterstreicht. Es gilt, das allgemeine Kompetenzniveau anzuheben, um den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden und es den Bürgern zu ermöglichen, eine angemessene Rolle in der heutigen Gesellschaft zu spielen. In Europa gibt es jedoch etwa 72 Mio. gering qualifizierte Arbeitnehmer7, was einem Drittel der Erwerbsbevölkerung entspricht.

Schätzungen zufolge werden aber im Jahr 2010 nur 15 % der neu geschaffenen Arbeitsplätze für gering Qualifizierte geeignet sein, und 50 % der neuen Arbeitsplätze werden einen Hochschule oder äquivalenten Abschluss8 erfordern. Zudem ist nach wie vor ein erheblicher Anteil der europäischen Bevölkerung nicht in der Lage, im täglichen Leben einen geschriebenen Text zu verstehen und zu verwenden. Eine große Herausforderung für alle Mitgliedstaaten besteht also weiterhin darin, dafür zu sorgen, dass alle Bürger Schlüsselkompetenzen erwerben9. Wissenschaftlichen Studien zufolge hat eine ausgeglichene Kompetenzverteilung innerhalb der Bevölkerung spürbaren Einfluss auf die allgemeine Wirtschaftsleistung10.

Demografischer Wandel

Europa macht einen beispiellosen demografischen Wandel durch, der sich in großem Umfang auf Wirtschaft und Gesellschaft - und somit auch auf das Angebot und den Bedarf an allgemeiner und beruflicher Bildung - auswirken wird. Die europäische Bevölkerung befindet sich in einem Alterungsprozess. In den nächsten 30 Jahren wird sich die Zahl der jungen Europäer (bis 24 Jahre) um 15 % verringern. Jeder dritte Europäer wird über 60 Jahre, jeder zehnte über 80 Jahre alt sein11. Diese Entwicklungen haben weit reichende Implikationen für das europäische Sozialmodell. Da sich der Zustrom junger Menschen zum Arbeitsmarkt verringert und zugleich nur jeder dritte Bürger in der Altersgruppe von 55 bis 64 Jahren erwerbstätig ist, muss das Potenzial der Erwachsenenbildung voll ausgeschöpft werden, um den Anteil der erwerbstätigen jungen Menschen zu erhöhen und die Erwerbstätigkeit älterer Menschen zu verlängern. Zwei wichtige Ansatzpunkte sind hier die Entschärfung der Schulabbrecherproblematik (6 Mio. Schulabbrecher im Jahr 0512) und die Verbesserung der Kompetenzen und der Anpassungsfähigkeit von gering qualifizierten Arbeitnehmern über 40 Jahre, so dass sie mindestens eine Qualifikationsstufe höher kommen.

Die Erwachsenenbildung kann außerdem dazu beitragen, dass die Alterung der Bevölkerung sowie Qualifikationsdefizite und der Arbeitskräftemangel in bestimmten Branchen zum Teil durch Einwanderung ausgeglichen werden können, und zwar so, dass sowohl die Migranten als auch das Aufnahmeland davon profitieren. Bei den meisten Zuwanderern, einschließlich der hoch qualifizierten, besteht Weiterbildungsbedarf auf Ebene der Sprache und des kulturellen Verständnisses. Außerdem werden die Kompetenzen der Zuwanderer oft unterbewertet oder nicht hinreichend anerkannt, so dass unter Umständen nur ein Teil ihrer Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt genutzt wird. Zuwanderer sind in der Regel - unabhängig von ihrer Qualifikation - auf dem Arbeitsmarkt schlechter gestellt als EU-Bürger. Dies gilt nicht nur für neu zugewanderte Personen, sondern auch für die zweite und dritte Migrantengeneration und insbesondere für Frauen.

Soziale Eingliederung

Aktuellen Berichten zufolge sind Armut und soziale Ausgrenzung nach wie vor in allen Mitgliedstaaten ein großes Problem13. Schlechte Grundbildung, Arbeitslosigkeit, soziale Isolierung in ländlichen Gebieten und Mangel an Lebensperspektiven sind einige der Ursachen dafür, dass Menschen in großer Zahl marginalisiert werden, nicht voll an der Gesellschaft teilhaben können und keine aktive Rolle als Bürger spielen können. Diese Ausgrenzung wird durch neue Formen des Analphabetismus verschärft, die durch den fehlenden Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien im Alltag entstehen.

Erwachsene, die nicht mit dem Computer umgehen können, können auch nicht auf wichtige Informationen und Dienstleistungen zugreifen, die häufig nur noch in digitaler Form angeboten werden14. Die Erwachsenenbildung kann somit eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung sozialer Ausgrenzung spielen.

3. Die nächsten Schritte

In Anbetracht der oben beschriebenen Herausforderungen ist es sowohl aus Effizienz- als auch aus Gerechtigkeitsgründen notwendig, das allgemeine Kompetenzniveau der erwachsenen Bevölkerung durch mehr und bessere Lernangebote anzuheben15. Die Erwachsenenbildung steigert nicht nur die Effizienz der Arbeitskräfte, sondern sorgt auch für besser informierte und aktivere Bürgerinnen und Bürger und verbessert zudem ihr persönliches Wohlbefinden.

Eine der größten Herausforderungen für die politischen Entscheidungsträger besteht darin, für eine optimale Nutzung der verschiedenen Bildungsanbieter und Lernumfelder in der Erwachsenenbildung zu sorgen. In diesem Sektor sind zahlreiche Akteure an der Festlegung und Umsetzung von Strategien beteiligt, darunter Ministerien, Sozialpartner, öffentliche Anbieter, Kirchen, Nichtregierungsorganisationen sowie regionale und lokale Behörden.

Politische Entscheidungen werden auf zentraler, regionaler oder lokaler Ebene - teilweise auch auf mehreren Ebenen parallel - getroffen, und viele Länder weisen einen hohen Dezentralisierungsgrad auf16. Unter diesen Rahmenbedingungen ist es wichtig, die Koordination zu verbessern und Partnerschaften aufzubauen, um für mehr Kohärenz zu sorgen Doppelarbeit zu vermeiden und die knapp bemessenen Ressourcen effizient einzusetzen. Die Koordination ermöglicht es, Prioritäten zu setzen, durch legislative Reformen gestützte, schlüssige Strategien zu entwickeln und für eine wirksame Umsetzung zu sorgen. Außerdem trägt sie zur besseren Information und Beratung Lernwilliger bei.

Die nationalen Reformprogramme der Mitgliedstaaten beinhalten auch Pläne und Strategien für den Ausbau des lebenslangen Lernens. Hier muss jedoch der Schritt von der Planungs- in die Umsetzungsphase getan werden. Für die Umsetzung können Mittel aus den europäischen Strukturfonds, insbesondere dem Europäischen Sozialfonds, mobilisiert werden, um sowohl die Infrastrukturen für die Erwachsenenbildung als auch das Bildungsangebot zu verbessern.

Es gibt zahlreiche Beispiele für sinnvolle, mit EU-Unterstützung in den Mitgliedstaaten entwickelte Projekte, die als Vorbilder dienen könnten17.

Für die Mitgliedstaaten ist es heute unerlässlich, über ein effizientes, durch Strategien für lebenslanges Lernen gestütztes System der Erwachsenenbildung zu verfügen, das den Zugang der Teilnehmer zum Arbeitsmarkt und ihre soziale Eingliederung verbessert und sie auf ein aktives Altern vorbereitet. Die Systeme sollten so konzipiert sein, dass die Mitgliedstaaten Prioritäten definieren und deren Umsetzung überprüfen können.

Grundsatzthesen

Im Folgenden werden fünf Grundsatzthesen für Stakeholder im Bereich der Erwachsenenbildung formuliert und erläutert.

1. Zugangsschranken beseitigen

Die Zahl der erwachsenen Teilnehmer an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung ist nach wie vor begrenzt (vgl. Anhang). Für das Jahr 2010 wurde eine Benchmark von 12,5 % für die Teilnahme an der Erwachsenenbildung festgelegt; im Jahr 2005 lag dieser Anteil im Durchschnitt bei 10,8 %. Obwohl die Einzelwerte, aus denen sich dieser Durchschnitt ergibt, weit auseinander liegen (zwischen 1,1 % und 34,7 %18), sind in den Mitgliedstaaten bemerkenswerte Ähnlichkeiten bei der Struktur der Teilnehmerschaft zu beobachten: in allen Ländern wird die Erwachsenenbildung am seltensten von denjenigen mit dem geringsten Bildungsstand, älteren Menschen, Bürgern aus ländlichen Gebieten sowie Behinderten genutzt. Die Barrieren, die einer Teilnahme entgegenstehen, können verschiedene Ursachen haben: Sie können politisch bedingt sein, auf das Informationsangebot (Zugang zu qualitativ hochwertigen, aktuellen Informationen) oder die Anbieter (Zugangsvoraussetzungen, Kosten, Umfang der Unterstützung beim Lernen, Art der Lernergebnisse usw.) zurückzuführen sein, sie können situationsbedingt sein (kultureller Stellenwert der Bildung; inwieweit können die Lebensumstände und das familiäre und soziale Umfeld des Lernenden eine Teilnahme begünstigen) und sie können auf den Lernenden selbst zurückgehen (Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein des Erwachsenen als Lernender, oft besteht hier ein Zusammenhang mit früheren negativen Bildungserfahrungen). Die größten Hürden befinden sich oft auf der Nachfrageseite: Zeitmangel aus beruflichen oder familiären Gründen, fehlendes Bewusstsein und fehlende Motivation (keine hinreichende Wertschätzung bzw. "Belohnung" des Lernens in den Augen der Bürger, so dass der Nutzen nicht gesehen wird), mangelnde Informationen über das Angebot und fehlende Mittel zur Finanzierung der Bildung19.

Die Mitgliedstaaten stellt dies vor eine doppelte Herausforderung: Zum einen müssen sie die Gesamtbeteiligung an der Erwachsenbildung steigern, zum anderen müssen sie Ungleichheiten beseitigen und für eine ausgewogener Teilnehmerstruktur sorgen, indem sie diejenigen die am seltensten an irgendeiner Form des Lernens (formal, nichtformal und informell20) teilnehmen, zum Lernen motivieren, ermutigen und befähigen und sie beim Lernen unterstützen. Um diejenigen zu erreichen, die bislang am wenigsten von den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung profitiert haben, müssen gezielte staatliche Investitionen getätigt werden.

Die Bürger müssen besser zum Lernen motiviert werden. Hierzu muss die Qualität der Informationen gesteigert werden, und das Lernpotenzial von Orten wie Gemeinschaftszentren,

Sportvereinen, Kultureinrichtungen sowie von Einrichtungen für die allgemeine und berufliche Ausbildung muss besser ausgeschöpft werden.

1. These

Es ist von entscheidender Bedeutung, die Beteiligung an der Erwachsenenbildung zu steigern und die Erwachsenenbildung gerechter zu gestalten. Hieran müssen alle Stakeholder mitwirken die staatlichen Stellen müssen jedoch die Führungsrolle bei der Beseitigung von Hindernissen und der Ankurbelung der Nachfrage übernehmen und dabei insbesondere gering qualifizierte Bürger im Blick haben. Unter anderem gilt es, qualitativ hochwertige, auf die Lernenden ausgerichtete Orientierungs- und Informationssysteme zu entwickeln, zielgerichtete finanzielle Anreize für Einzelpersonen zu schaffen und die Gründung lokaler Partnerschaften zu unterstützen.

2. Die Qualität der Erwachsenenbildung sicherstellen

Eine qualitativ schlechte Erwachsenenbildung führt zu schlechten Lernergebnissen. Qualität hat zahlreiche Aspekte: Information und Orientierung, Bedarfsanalyse, relevante, den tatsächlichen Bedürfnissen und Anforderungen entsprechende Lerninhalte, Unterrichtspraxis, Unterstützung beim Lernen, Bewertungskonzepte sowie Anerkennung, Validierung und Bescheinigung von Kompetenzen. Alle diese Aspekte sind wichtig, die folgenden erfordern jedoch besondere Aufmerksamkeit21:

2. These

Um eine Qualitätskultur in der Erwachsenenbildung zur fördern, sollten die Mitgliedstaaten in die Verbesserung von Unterrichtsmethoden und -materialien investieren, die auf die erwachsenen Lernenden zugeschnitten sein sollten. Außerdem sollten Maßnahmen der beruflichen Entwicklung z.B.ginn und während der Tätigkeit in der Erwachsenenbildung vorgesehen werden, damit das Personal qualifiziert und auf dem neuesten Stand ist. Ferner sollten die Mitgliedstaaten Qualitätssicherungsverfahren einführen und den Unterricht verbessern.

3. Anerkennung und Validierung der Lernergebnisse

Das Konzept des lebenslangen Lernens deckt alle Arten des Lernens ab: formales, nichtformales und informelles Lernen. Die Anerkennung und Validierung des nichtformalen und informellen Lernens ist einer der Eckpfeiler der Strategie für lebenslanges Lernen.

Lernergebnisse sollten unabhängig davon, wie sie zustande gekommen sind, Anerkennung und Wertschätzung erfahren. Durch diese Anerkennung können die Lernenden ermitteln, wo sie stehen, auf einer geeigneten Ebene Zugang zu einem Lernprogramm erlangen und auf Grundlage ihrer Kompetenzen Leistungspunkte für die Erlangung einer Qualifikation und/oder eine Vollqualifikation erwerben. Dadurch können zögernde Bürger zum Lernen motiviert werden, dem bisher Erlernten kann besser Rechnung getragen werden, und es werden Zeit und Kosten gespart, da bereits Gelerntes nicht oder nur in geringerem Maße nochmals erlernt werden muss. Zugleich kann die Gesellschaft auf diese Weise von Kompetenzen profitieren, deren Erwerb für die Allgemeinheit mit keinerlei Kosten verbunden ist.

Diese Betonung der Anerkennung und Validierung ist an sich nichts Neues, und viele Mitgliedstaaten haben bereits Systeme zur Anerkennung und Validierung von Lernergebnissen eingerichtet22.

Um das Vertrauen in solche Systeme zu verbessern, hat der Rat (Bildung) im Jahr 2004 gemeinsame europäische Grundsätze für die Ermittlung und Validierung von nicht formalen und informellen Lernprozessen23 festgelegt.

Dennoch besteht noch Handlungsbedarf in Bezug auf die Weiterentwicklung von Validierungsmethoden und -systemen in den Mitgliedstaaten:

3. These

Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollten die Mitgliedstaaten Systeme für die Validierung und Anerkennung des nichtformalen und informellen Lernens einrichten, die auf den gemeinsamen europäischen Grundsätzen für die Validierung und Anerkennung basieren und den bisherigen Erfahrungen voll Rechnung tragen. Die Entwicklung dieser Validierungs- und Anerkennungssysteme kann mit der Entwicklung nationaler Qualifikationsrahmen im Kontext des Europäischen Qualifikationsrahmens verknüpft werden.

4. In ältere Bürger und Migranten investieren Angesichts der alternden Bevölkerung und der Migrantenströme müssen gezielte Investitionen getätigt werden.

Aktives Altern Der oben beschriebene Wandel in der Bevölkerungsstruktur legt nicht nur eine Anhebung des durchschnittlichen Renteneintrittsalters nahe, sondern auch die Anwendung von Strategien für "aktives Altern", die die Zeit vor und nach dem Eintritt in den Ruhestand abdecken. Dies stellt die Erwachsenenbildungssysteme vor eine zweifache Herausforderung:

Migration

Wie oben angesprochen besteht eine Herausforderung für die Erwachsenenbildung darin, die Integration von Migranten in unsere Wirtschaft und Gesellschaft zu unterstützen und die im Herkunftsland erworbenen Kompetenzen sowie den vorhandenen Bildungsstand möglichst optimal auszuschöpfen. Hierzu sollte unter anderem Folgendes umgesetzt werden: - Förderung - im Rahmen geeigneter EU-Programme - von Strategien und Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der allgemeinen und beruflichen Bildung in den Herkunftsländern der Migranten, insbesondere in den Nachbarländern Europas;

4. These

Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass ausreichend in die allgemeine und berufliche Bildung von älteren Bürgern und Migranten investiert wird. Insbesondere sollten sie sicherstellen dass die Bildungsangebote den Bedürfnissen der Lernenden entsprechen und somit effizient sind. Ferner sollten sie die Allgemeinheit für die wichtige Rolle der Migranten und der älteren Bürger in Wirtschaft und Gesellschaft sensibilisieren.

5. Indikatoren und Benchmarks

Um die Erwachsenenbildung in ihrer gesamten Vielfalt zu erfassen und evidenzbasierte Strategien zu entwickeln, werden zuverlässige Daten benötigt. Im Gegensatz zur Pflichtschulbildung gibt es über die Erwachsenenbildung nur wenig Daten, unter anderem weil die Anbieter weit verstreut und sehr unterschiedlich sind und häufig nicht dem öffentlichen Sektor angehören. Laufende und anstehende internationale Erhebungen sorgen jedoch dafür, dass sich die Qualität der Daten bereits verbessert hat und in den nächsten Jahren weiter verbessern wird. Eurostat führt in diesem Bereich zwei Erhebungen durch (die Erhebung über die Erwachsenenbildung und die dritte Erhebung über berufliche Weiterbildung in Unternehmen), die Ende 2007 aktuelle Daten, insbesondere über die Teilnahme von Erwachsenen am lebenslangen Lernen, über die Investitionen von Unternehmen in die berufliche Weiterbildung und über die Teilnahme an der Weiterbildung liefern werden. Außerdem bereitet die OECD derzeit eine Erhebung über die Kompetenzen von Erwachsenen (PIAAC) vor.

Es müssen jedoch noch weitere Untersuchungen und Analysen durchgeführt werden, um die verfügbaren Statistiken sinnvoll zu nutzen und zentrale Fragen wie den Ertrag des formalen, nichtformalen und informellen Lernens und die allgemeine Rolle des informellen Lernens im Leben von Erwachsenen näher zu beleuchten. Trends und Prognosen müssen in der politischen Entscheidungsfindung und bei der Konzeption von Programmen gezielter berücksichtigt werden. Auch die Kommission leistet hierzu einen Beitrag: Kürzlich hat sie in der Gemeinsamen Forschungsstelle in Ispra ein Referat für die Forschung über lebenslanges Lernen eingerichtet.

5. These

Qualität und Vergleichbarkeit der Daten über die Erwachsenenbildung müssen weiter verbessert werden. Insbesondere müssen bessere Erkenntnisse über den Nutzen der Erwachsenenbildung und die Hindernisse, die der Teilnahme an der Erwachsenenbildung entgegenstehen gewonnen werden. Ferner werden bessere Daten über Anbieter, Ausbilder und die Berufsbildungspraxis benötigt.

Die Europäische Kommission (Eurostat inbegriffen) sollte ihre Arbeit in diesem Bereich darauf konzentrieren, die bestehenden Erhebungen und Daten optimal zu nutzen, die Konzepte und Definitionen zu harmonisieren, den Erfassungsbereich und die Häufigkeit der Erhebungen auszuweiten sowie die Aktualität der Daten zu verbessern. Es werden zuverlässige nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten benötigt.

4. Maßnahmen der Europäischen Union

Die Erwachsenenbildung kann eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Herausforderungen spielen, mit denen Europa konfrontiert ist. Bislang wird ihr Potenzial jedoch nicht voll ausgeschöpft. Diese Mitteilung verdeutlicht, dass sowohl die Gesellschaft als auch die Wirtschaft von einer Konzentration auf Qualität, Effizienz und Gerechtigkeit profitieren würden.

Die Zuständigkeit für die Erwachsenenbildung liegt bei den Mitgliedstaaten. Die Kommission hat die Aufgabe, sie bei ihren Anstrengungen zur Modernisierung ihrer Systeme zu unterstützen. Deshalb schlägt die Kommission vor, einen Dialog mit den Mitgliedstaaten und relevanten Stakeholdern über folgende Fragen zu führen:

Die Kommission schlägt vor, auf Grundlage dieser Überlegungen im Jahr 2007 einen Aktionsplan zu entwickeln, um ein wirksames Follow-up der in dieser Mitteilung formulierten Thesen zu erreichen.

Anhang
Teilnahme an der Erwachsenenbildung

Teilnahme Erwachsener am lebenslangen Lernen (2005)

(Prozentualer Anteil der Bevölkerung im Alter von 25-64 Jahren, die in den vier Wochen vor der Erhebung an Maßnahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung teilgenommen hat, ISCED 0-6)


Quelle: Eurostat (Arbeitskräfteerhebung).

Teilnahme am lebenslangen Lernen, aufgeschlüsselt nach Alter und Bildungsniveau (2005)

Quelle: Eurostat (Arbeitskräfteerhebung).

Teilnahmequote (%) an der formalen und nichtformalen Bildung in der Gruppe der 25- bis 64-Jährigen (2003)


Quelle: Eurostat (Arbeitskräfteerhebung, Adhoc-Modul 2003 über lebenslanges Lernen). Zielpopulation: Personen im Alter zwischen 25 und 64 Jahren. Bezugszeitraum: 12 Monate.

Prozentsatz der an der allgemeinen und beruflichen Bildung teilnehmenden Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 Jahren Teilnahmequote an allen Formen des Lernens in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen (2005) (*) UK: informelle Bildung nicht berücksichtigt.


Quelle: Eurostat (Arbeitskräfteerhebung, Adhoc-Modul 2003 über lebenslanges Lernen).
Zielpopulation: 25- bis 64-Jährige.

Teilnahmequote an allen Formen des Lernens, 55- bis 64-Jährige (2005)


(*) UK: informelle Bildung nicht berücksichtigt. Quelle: Eurostat (Arbeitskräfteerhebung, Adhoc-Modul 2003 über lebenslanges Lernen). Zielpopulation: 25- bis 64-Jährige.