Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat
Sechstes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch

Der Bundesrat hat in seiner 865. Sitzung am 18. Dezember 2009 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 4. Dezember 2009 verabschiedeten Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel zu verlangen, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten.

Begründung

Das nunmehr vorliegende Sechste Gesetz zur Änderung des SGB II sieht einen Rückgang der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung von zurzeit 25,4 Prozent auf bundesdurchschnittlich 23,6 Prozent im Jahr 2010 vor.

Die vom Bund vorgesehene Absenkung der Bundesbeteiligung folgt zwar rechnerisch aus dem im Gesetz enthaltenen Anpassungsmechanismus, der sich an der Entwicklung der Zahl der Bedarfsgemeinschaften in den Vorjahren orientiert. Diese waren in 2007 und 2008 rückläufig. Daher geht die neue Quote der Bundesbeteiligung nunmehr zurück.

Dieser Anpassungsmechanismus bildet jedoch zum einen nicht die tatsächliche aktuelle Kostenentwicklung ab, zum anderen werden retrospektiv zeitlich weit zurückliegende Daten einbezogen.

Nachweislich ist bereits zum jetzigen Zeitpunkt die geltende Quote für die Länder nicht auskömmlich. Die gesetzlich verankerte Entlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Mrd. Euro wird bei weitem nicht erreicht.

Daher fordert die Mehrheit der Länder die Ausrichtung der Anpassungsformel an den tatsächlichen Unterkunftskosten. Angesichts der Entwicklung der letzten Jahre ist festzustellen, dass die bisher maßgebliche Anzahl der Bedarfsgemeinschaften in keinem direkt proportionalen Verhältnis zur Entwicklung der Ausgaben der kommunalen Träger für Unterkunft und Heizung steht. Im Vergleich der Jahre 2008 und 2007 war bundesweit ein Rückgang der Zahl der Bedarfsgemeinschaften um rd. - 4,3 Prozent (2009 zu 2008: - 3,9 Prozent) zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu stagnierten die Kosten in 2008 und steigen seit Februar 2009 kontinuierlich an. Dieser Trend wird sich im Jahr 2010 infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise fortsetzen. Die sich hieraus ergebende Finanzierungslücke geht zu Lasten der kommunalen Haushalte, die durch die krisenbedingten Folgen bereits besonders betroffen sind.

Abweichende Berechnungen des Deutschen Landkreistages haben ergeben, dass unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung inzwischen eine Bundesbeteiligung von 35,9 Prozent und damit deutlich mehr als die derzeitige Quote gezahlt werden müsste. Somit werden im Ergebnis alle Länder von der jetzigen Anpassungsregelung benachteiligt.

Der Bundesrat hat zum Gesetzentwurf in seiner 863. Sitzung am 6. November 2009 auf der Basis des Antrages von Nordrhein-Westfalen die Bundesregierung aufgefordert, eine Änderung der Anpassungsformel für die Bundesbeteiligung hin zu den tatsächlichen Kosten vorzunehmen.

Die hierzu von der Bundesregierung vorgelegte Gegenäußerung vom 12. November 2009 enthält keine sachlich oder rechtlich neuen Gesichtspunkte. Insbesondere das Argument, die Kommunen hätten bei einer Anpassung der Quote anhand der tatsächlichen Kostenentwicklung geringere eigene Anreize zur Kostenbegrenzung, ist vor dem Hintergrund der weit überwiegenden Finanzierung der Unterkunftskosten durch die kommunalen Haushalte offenkundig verfehlt. Auch der Verweis auf die in der Vergangenheit mehrheitlich vereinbarte Anpassungsformel ist jedenfalls dann nicht überzeugend, wenn sich dieser Mechanismus angesichts der tatsächlichen Kostenentwicklung als untauglich erweist. Im Übrigen hatte zum Beispiel Nordrhein-Westfalen den entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Vierten und Fünften Gesetz zur Änderung des SGB II stets nicht zugestimmt.

Die Kritik an der jetzigen Anpassungsformel wurde im Übrigen mehrheitlich im Rahmen der Anhörung von Sachverständigen am 30. November 2009 beim Deutschen Bundestag bestätigt.