Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu "Der Barcelona-Prozess - neu aufgelegt"

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 316817 - vom 2. Dezember 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 27. Oktober 2005 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zu "Der Barcelona-Prozess - neu aufgelegt" (2005/2058(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Förderung und Achtung der Demokratie, der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundfreiheiten Grundprinzipien und -prioritäten der Europäischen Union und eine wesentliche Grundlage für die Entwicklung des Mittelmeerraums sind,

B. unter Hinweis auf den Inhalt der Europa-Mittelmeer-Assoziierungsabkommen, insbesondere Artikel 2, in dem es heißt, dass die Achtung der demokratischen Grundsätze und Menschenrechte die Innen- und Außenpolitik der Parteien leitet und außerdem ein wesentliches Element der Abkommen ist,

C. in der Erwägung, dass das Parlament in seiner Entschließung vom 23. Februar 2005 zur Partnerschaft Europa-Mittelmeer3 den Rat und die Kommission auffordert, verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um die Demokratie zu stärken und zur Förderung der notwendigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen in den Mittelmeerländern beizutragen,

D. in der Erwägung, dass die Mittelmeerpolitik eine der wichtigsten Prioritäten der EU-Außenpolitik darstellt; in der Erwägung, dass der Barcelona-Prozess nur an Effizienz gewinnen kann durch eine kohärente gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, welche damit auch ihre Glaubwürdigkeit erhöhen würde,

E. in der Erwägung, dass ein erweitertes Europa ein großes Interesse an der Schaffung eines schlüssigen, auf den vorstehend genannten Prinzipien und Werten und einem Dialog zwischen Kulturen und Religionen beruhenden Systems von Beziehungen mit den Nachbarländern im Mittelmeerraum und im Nahen Osten hat und eine umfassende Partnerschaft anstrebt, die eine politische und wirtschaftliche Liberalisierung, nachhaltiges Wirtschaftswachstum und gemeinsamen Wohlstand zum Inhalt hat,

F. in der Erwägung, dass die demokratische und dynamische Entwicklung der Partnerschaft Europa-Mittelmeer wesentlich vom Willen der Partnerländer und ihren Völkern abhängig ist, den gemeinsamen Werten der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte in einem wahren Geist einer symmetrischen Zusammenarbeit, Gleichheit, gemeinsamen Beteiligung und gemeinsamen Verantwortung zu folgen,

G. in der Erwägung, dass die Europäische Nachbarschaftspolitik der Stärkung dieser Partnerschaft dient und eine weitere Möglichkeit zur Vertiefung der Beziehungen, zur Stärkung des politischen Dialogs und zur Integration der Partnerländer in die EU-Politiken bietet,

H. in der Erwägung, dass die Erklärung von Barcelona vom 28. November 1995 einen Wendepunkt in den Beziehungen zwischen der Europäischen Union und ihren Nachbarn im Mittelmeerraum markierte,

I. in der Erwägung, dass die Partnerschaft Europa-Mittelmeer, die bilaterale und multilaterale Konsultationsmechanismen und Entscheidungskanäle vereint, einzigartig ist in ihrer Ausdehnung und Philosophie und deshalb bewahrt, neu belebt, im Lichte ihrer erzielten Ergebnisse neu bewertet und weiter umgesetzt werden muss, um auf die ehrgeizigen Ziele hinzuarbeiten, denen sie sich von Beginn an verschrieben hat,

J. in der Erwägung, dass allerdings in Bezug auf die regionale Dimension der Partnerschaft, die ernsthaft weiterentwickelt werden sollte und für die mehr finanzielle Mittel bereitgestellt werden sollten, wie zu Beginn des Prozesses vorgesehen war, nur geringe Fortschritte erzielt wurden,

K. in der Erwägung, dass der Rückzug der Israelis aus Gaza im Rahmen der "Road Map" nur als ein - wenn auch wichtiger - Schritt hin zu einer umfassenden Lösung des Nahostkonflikts betrachtet werden sollte, der, wenn ihm weitere Schritte auf beiden Seiten folgen, dem Barcelona-Prozess neuen Auftrieb geben könnte,

L. in der Erwägung, dass das Ergebnis der Überprüfung nach zehn Jahren Partnerschaft gemischt ausfällt, da auf der einen Seite viele positive Errungenschaften zu verzeichnen sind, auf der anderen Seite jedoch noch viel zu tun bleibt, um das Potenzial der Erklärung von Barcelona voll auszuschöpfen,

M. in der Erwägung, dass innerhalb des multilateralen Rahmens bilaterale Beziehungen überwogen haben, was auch auf die Schwäche der Partnerländer und die Probleme bei der Entwicklung und Intensivierung der Süd-Süd-Beziehungen zurückzuführen ist,

N. in der Erwägung, dass auf dem Gipfel von Barcelona am 27. und 28. November 2005 für die nahe Zukunft klare und realisierbare Prioritäten gesetzt werden sollten, wobei die Lehren aus Fehlern und Fehlschlägen der Vergangenheit Berücksichtigung finden und kurz und mittelfristig konkrete Ergebnisse angestrebt werden sollten,

O. in der Erwägung, dass Hilfen für eine Bildungsreform, gemeinsames Management von Freizügigkeit und Migration sowie die Intensivierung des Dialogs - auch zwischen den verschiedenen Religionen - und der Hilfeleistung bei abgestimmten Strategien zur Terrorismusbekämpfung als mögliche Bereiche für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Europa-Mittelmeer-Partnerländern erscheinen,

P. in der Erwägung, dass die erfolgreiche erste Sitzung der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer im März 2005 sowie andere institutionelle Entwicklungen der Partnerschaft Europa-Mittelmeer die Stärkung ihrer multilateralen politischen Dimension ermöglichen,

Q. in der Erwägung, dass es wichtig ist, diese Dimension auch durch eine umfassendere Beteiligung der Zivilgesellschaft und nichtstaatlicher Akteure an dem Prozess zu stärken,

R. in der Erwägung, dass aus Anlass der Erklärung des Jahres 2005 zum "Jahr des Mittelmeerraums" der Barcelona-Prozess mehr Aufmerksamkeit erhält und die Bürger mehr über seine Aktivitäten erfahren,


1 ABl. C 97 E vom 22.4.2004, S. 656.
2 ABl. C 87 E vom 7.4.2004, S. 506.
3 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0046.