Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Jahresbericht 2004 über die Tätigkeit des Europäischen Bürgerbeauftragten

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 316817 - vom 2. Dezember 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 27. Oktober 2005 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Jahresbericht 2004 über die Tätigkeit des Europäischen Bürgerbeauftragten (2005/2136(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die Charta der Grundrechte am 7. Dezember 2000 in Nizza feierlich proklamiert wurde und dass der politische Wille vorhanden ist, ihr rechtsverbindlichen Charakter zu verleihen,

B. in der Erwägung, dass Artikel 41 der Charta der Grundrechte vorsieht, dass jede Person ein Recht darauf hat, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden,

C. in der Erwägung, dass Artikel 43 der Charta Folgendes verfügt: "Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche und juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Bürgerbeauftragten der Union im Fall von Missständen bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, mit Ausnahme des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen",

D. in der Erwägung, dass in diesem Jahr der derzeitige Bürgerbeauftragte, Nikiforos Diamandouros, seine zweite Amtszeit antritt und das Amt des Europäischen Bürgerbeauftragten im September zehn Jahre besteht,

E. in der Erwägung, dass der Jahresbericht 2004 des Bürgerbeauftragten dem Präsidenten des Europäischen Parlaments am 8. März 2005 offiziell überreicht wurde und der Bürgerbeauftragte, Nikiforos Diamandouros, seinen Bericht am 10. Mai 2005 dem Petitionsausschuss in Straßburg vorlegte,

F. in der Erwägung, dass im Jahr 2004 die Zahl der Beschwerden an den Bürgerbeauftragten verglichen mit der Gesamtzahl des Vorjahrs deutlich zugenommen hat (um 53%) und dass nur die Hälfte dieser Zunahme (51%) auf die Aufnahme der Angehörigen der zehn neuen Mitgliedstaaten in die Unionsbürgerschaft zurückzuführen ist,

G. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte ein unparteiisches Organ ist und gleichzeitig den Bürgern einen außergerichtlichen Beschwerdeweg innerhalb der Union bietet und dass er 2004 in fast 70% sämtlicher ihm unterbreiteten Fälle, einschließlich der unzulässigen Beschwerden, tatsächlich hat helfen können,

H. in der Erwägung, dass 251 Untersuchungen im Jahr 2004 vom Bürgerbeauftragten abgeschlossen wurden, wobei 247 Untersuchungen im Anschluss an Beschwerden und vier Untersuchungen aus eigener Initiative eingeleitet worden waren, ferner in der Erwägung, dass 65 Fälle von der betreffenden Institution oder dem Organ im Anschluss an eine Beschwerde geregelt und dass 12 einvernehmliche Lösungen vorgeschlagen wurden,

I. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte beschlossen hat, dem Europäischen Parlament einen Sonderbericht (O/2/2003/GG) als Antwort auf eine Beschwerde vorzulegen, die einen Fall betraf, bei dem der Bürgerbeauftragte der Ansicht war, dass der Beschwerdeführer diskriminierenden Beschäftigungsbedingungen im Dienste der Kommission ausgesetzt war, und in dem keine einvernehmliche Lösung erreicht worden war und die Kommission seinen Empfehlungsentwurf nicht akzeptiert hatte,

J. in der Erwägung, dass die Vorlage eines Sonderberichts beim Europäischen Parlament ein wichtiges Mittel darstellt, durch das der Bürgerbeauftragte um die Unterstützung des Europäischen Parlaments und seines Petitionsausschusses nachsuchen kann, um sowohl Bürger, deren Rechte verletzt wurden, zufrieden zu stellen als auch die Verbesserung der europäischen Verwaltungsstandards zu fördern,

K. in der Erwägung, dass die Untersuchungen des Bürgerbeauftragten häufig zu positiven Ergebnissen für die Beschwerdeführer führen und dazu beitragen können, die Qualität der Verwaltungsdienste zu verbessern,

L. in der Erwägung, dass die unzähligen kritischen Bemerkungen betreffend Verwaltungsmissstände, die vom Bürgerbeauftragten in seinem Bericht für das Jahr 2004 veröffentlicht wurden, verhindern können, dass ein Fehler oder Missstand sich in Zukunft wiederholt, indem von Seiten der Institutionen und Organe der EU die angemessenen Maßnahmen ergriffen und effektiv zur Anwendung gebracht werden,

M. in der Erwägung, dass eine kritische Anmerkung an das Europäische Parlament gerichtet wurde, da keine geeigneten Maßnahmen ergriffen worden waren, um ein Rauchverbot in seinen Räumlichkeiten durchzusetzen,

N. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte mit Hilfe von Sitzungen und gemeinsamen Veranstaltungen weiterhin konstruktive Arbeitsbeziehungen zu den Institutionen und Organen der Union aufbaut, um mit Blick auf gemeinsame Ziele Synergien zu verwirklichen,

O. in der Erwägung, dass im Jahresbericht die vom Bürgerbeauftragten unternommenen Anstrengungen deutlich werden, um das Verbindungsnetz der nationalen und regionalen Bürgerbeauftragten in der Union, in den Bewerberländern, in Norwegen und in Island auszubauen und dynamischer zu gestalten, indem Informationen ausgetauscht und bewährte Verfahren übernommen werden, und dies unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die von den Bürgerbeauftragten ausgeübten Befugnisse und ihre Tätigkeits- und Zuständigkeitsbereiche häufig sehr unterschiedlich sind,

P. in der Erwägung, dass die Einbeziehung des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments in dieses Verbindungsnetz die praktische Zusammenarbeit zwischen den europäischen Institutionen und den nationalen und regionalen Bürgerbeauftragten angesichts der ihnen obliegenden unterschiedlichen Verantwortlichkeiten erleichtern kann,

Q. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte 2004 seine Kommunikationstätigkeit um ein Vielfaches gesteigert hat, insbesondere durch Informationsbesuche, öffentliche Veranstaltungen, Konferenzen und Presseinterviews, um die Bürger stärker für ihre Rechte gegenüber der Gemeinschaftsverwaltung zu sensibilisieren,

R. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament am 6. September 20012 den Kodex für gute Verwaltungspraxis der Europäischen Union, der in einem Sonderbericht des Bürgerbeauftragten im April 2000 empfohlen worden war, einstimmig angenommen hat und dass die Kommission diesen Kodex bisher nicht übernommen hat,

S. in der Erwägung, dass Nikiforos Diamandouros kürzlich in einem Schreiben an den Präsidenten des Europäischen Parlaments und bei einem Treffen mit dem Präsidenten der Kommission und dem Kollegium der Kommissionsmitglieder sich dafür ausgesprochen hat, dass sämtliche Institutionen und Organe ein gemeinsames Vorgehen in Bezug auf den Kodex für gute Verwaltungspraxis der Europäischen Union befolgen,

T. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte in seinem Bericht seine Forderung nach einer Überprüfung des für seine Tätigkeit geltenden Statuts wiederholt hat,


1 ABl. C 329 vom 6.12.1993, S. 132.
2 ABl. C 72 E vom 21.3.2003, S. 331.
3 Der Bürgerbeauftragte hat in seinem Jahresbericht 1997 folgende Definition vorgeschlagen: "Ein Missstand ergibt sich, wenn eine öffentliche Einrichtung nicht im Einklang mit für sie verbindlichen Regeln oder Grundsätzen handelt."
4 ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43.
5 ABl. L I13 vom 4.5.1994, S. 15. Geändert durch den Beschluss 2002/262/EG, EGKS, Euratom (ABl. L 92 vom 9.4.2002, S. 13).