Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Richterwahlgesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf des Bundesrates Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Richterwahlgesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 819. Sitzung am 10. Februar 2006 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Richterwahlgesetzes

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Richterwahlgesetzes

Das Richterwahlgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 301-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Aufhebung bisherigen Rechts

Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 17. November 2005 (BGBl. I S. 3178) wird aufgehoben.

Artikel 3
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung

I. Allgemeines

Die Rechtsfindung und die Rechtsfortbildung sind auf europäischer Ebene dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und - über die Europäische Union hinaus - dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anvertraut.

Die Entscheidungen dieser Gerichte haben mittlerweile eine nicht zu unterschätzende Bedeutung auch auf nationaler Ebene gewonnen. Das gilt nicht nur für den EuGH, sondern auch für den EGMR, dessen Urteile zur Bodenreform und insbesondere zum Fall "Caroline von Hannover" eine breite Diskussion sowohl in der Fachwelt als auch in der interessierten Öffentlichkeit angestoßen haben. Die supra- und internationalen Rechtssysteme und die mit ihrer Durchsetzung betrauten Kontrollorgane üben mithin einen erheblichen Einfluss auf die deutsche Rechtswirklichkeit aus.

In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit zurück tritt allerdings häufig die Feststellung, dass hinter den Organen EuGH und EGMR Richterpersönlichkeiten stehen, von denen jede einzelne zu den Entscheidungen und ihren Begründungen beiträgt.

Artikel 223 EGV sieht eine Ernennung der Richter und Generalanwälte durch die Regierungen der Mitgliedstaaten in gegenseitigem Einvernehmen vor und überlässt die entscheidende Frage der innerstaatlichen Auswahl der vorzuschlagenden Kandidaten ebenso den Mitgliedstaaten wie Artikel 22 EMRK, der eine Wahl der Richter des EGMR durch die Parlamentarische Versammlung und damit ebenfalls eine hohe demokratische Legitimation vorsieht.

Die Auswahl der deutschen Kandidaten für diese Richterämter erfolgt bislang in einem intransparenten und exekutivischen Verfahren, das der Bedeutung der Ämter nicht gerecht wird. Eine (teilweise) normative Regelung des innerstaatlichen Auswahlverfahrens ist erstmals in Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 17. November 2005 (BGBl. I S. 3178) vorgesehen; das Inkrafttreten dieses Gesetzes ist allerdings vom Inkrafttreten des Vertrages über eine Verfassung für Europa für die Bundesrepublik Deutschland abhängig. Ob und wann dieses erfolgen wird, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Damit steht das Vorschlagsrecht für die Richterämter nach wie vor allein der Bundesregierung zu. Bundestag und Bundesrat werden über die getroffene Auswahl erst im Nachhinein unterrichtet.

Durch eine - alsbald in Kraft tretende - Änderung des Richterwahlgesetzes sollen die beschriebenen Mängel des Auswahlverfahrens dadurch abgestellt werden, dass künftig die Bundesregierung das Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss herzustellen hat. Damit wird eine Regelung des bereits angesprochenen Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union aufgegriffen und in der Sache auf die Auswahl der Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erweitert.

Die Regelung ist so gefasst, dass dieses Verfahren auch nach dem Inkrafttreten des Vertrags über eine Verfassung für Europa für die Bundesrepublik Bestand haben wird.

II. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Änderung des Richterwahlgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 1 Abs. 2, 3 - neu - RiWG)

Zu Absatz 2:

Die Änderung in Absatz 2 soll klarstellen, dass die Regelung nur für die Wahl der Richter der obersten Gerichtshöfe des Bundes gilt. Dies beugt dem Missverständnis vor etwa auch den EuGH als obersten Gerichtshof im Sinne des Wortlauts der bisherigen Regelung anzusehen.

Zu Absatz 3 - neu - :

Der neue Absatz 3 sieht vor, dass die von der Bundesregierung für die Ernennung zu Richtern und Generalanwälten des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, für die Ernennung zu Mitgliedern des Gerichts erster Instanz und für die Wahl zu Richtern des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorzuschlagenden Persönlichkeiten künftig von der Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss benannt werden.

Die Norm stellt damit das Kernstück des Gesetzentwurfs dar. Sie gewährleistet zum einen dass nach wie vor die Bundesregierung die - dem Bereich der auswärtigen Beziehungen (Artikel 32 GG), die grundsätzlich Sache des Bundes sind, zuzurechnende - Benennung der deutschen Richterkandidaten durchführt. Zum anderen wird durch die Notwendigkeit, vor dieser Benennung das Einvernehmen mit dem Richterwahlausschuss vorzunehmen, die demokratische Legitimation des Auswahlverfahrens erhöht da dieser Ausschuss zur Hälfte aus Mitgliedern kraft Wahl besteht, die vom Deutschen Bundestag berufen werden (§ 5 Abs. 1 RiWG). Schließlich gewährleistet die Vorschrift durch die Beteiligung der Landesminister als Mitglieder des Richterwahlausschusses kraft Amtes eine angemessene Mitwirkung der Länder bei der Benennung der deutschen Kandidaten für die Richterämter.

Die vorgenannten Gesichtspunkte gelten nicht nur für die Richter und Generalanwälte am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und die Mitglieder des Gerichts erster Instanz, sondern auch für die deutschen Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Vorschlagsrecht im Hinblick auf die zuletzt Genannten wird daher von der Neuregelung ebenfalls erfasst.

Zu Nummer 2 (§ 3 Abs. 1, 3 - neu - RiWG)

Zu Absatz 1:

Auf die Einzelbegründung zu § 1 Abs. 2 RiWG-E wird verwiesen.

Zu Absatz 3 - neu - :

§ 3 Abs. 1 RiWG weist die Mitgliedschaft kraft Amtes im Richterwahlausschuss demjenigen Landesminister zu, zu dessen Geschäftsbereich die dem jeweiligen obersten Gericht untergeordneten Gerichte des Landes gehören. Damit bedarf es im Hinblick auf die Fälle des neuen § 1 Abs. 3 RiWG-E einer Sondervorschrift, da § 3 Abs. 1 RiWG diese nicht regelt. Die Bestimmung des jeweiligen Mitglieds kraft Amtes, das ebenfalls ein Landesminister sein muss, überlässt der neue Absatz 3 der Landesregierung.

Zu Nummer 3 (§ 7 RiWG)

Die Änderung trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei dem Verfahren der Einvernehmensherstellung nicht um die "Wahl eines Richters" handelt, wie es bei den obersten Gerichtshöfen des Bundes der Fall ist. Das neue Verfahren der Einvernehmensherstellung nach § 1 Abs. 3 RiWG-E ist daher ausdrücklich zu benennen.

Zu Nummer 4 (§ 10 Abs. 1 Satz 2 - neu - RiWG)

Von besonderer Bedeutung für eine sachgerechte Auswahl der vorzuschlagenden Persönlichkeiten ist das Vorschlagsrecht. Nur eine transparente und ausgewogene Regelung dieses Bereichs vermag zu gewährleisten, dass das Ziel der Neuregelung in vollem Umfang erreicht wird. Der neue Satz 2 weist diese Befugnis dem Bundesminister der Justiz und den Mitgliedern des Richterwahlausschusses zu. Hierdurch wird wiederum eine angemessene Mitwirkung der Länder gewährleistet. Eine derartige Möglichkeit der Länder, gestaltenden Einfluss zu nehmen, berücksichtigt insbesondere den Umstand, dass Richterpersönlichkeiten in der Regel im Dienste der Länder herangebildet werden.

Zu Nummer 5 (§ 13 RiWG)

Die Änderung stellt klar, dass diese Verfahrensbestimmung nur für die Wahl der Richter der obersten Gerichtshöfe des Bundes gilt. Für das neu einzufügende Verfahren gilt hinsichtlich der Tätigkeit der Bundesregierung das Ressortprinzip nicht.

Zu Artikel 2 (Aufhebung bisherigen Rechts)

Artikel 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 17. November 2005 (BGBl. I S. 3178) wird durch die Regelungen in Artikel 1 obsolet und kann daher aufgehoben werden.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Diese Vorschrift regelt das Inkrafttreten.