Unterrichtung durch die Bundesregierung
Initiative des Königreichs Schweden mit dem Entwurf eines Rahmenbeschlusses über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, insbesondere in Bezug auf schwerwiegende Straftaten einschließlich terroristischer Handlungen

übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 30. Juni 2004 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 4. Juni 2004 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Das Europäische Parlament wird an den Beratungen beteiligt.

Gemäß § 45 a GOBR erscheint die Initiative Schwedens auf Verlangen des Freistaates Bayern vom 20. Dezember 2004 als Drucksache des Bundesrates.

Hinweis: vgl. Drucksache 406/04 (PDF) = AE-Nr. 041725

Entwurf
Rahmenbeschluss

über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den
Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, insbesondere in
Bezug auf schwerwiegende Straftaten einschließlich terroristischer Handlungen


Der Rat der Europäischen Union -
gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union,
insbesondere auf Artikel 30 Absatz 1 Buchstaben a und b und Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b,
auf Initiative des Königreichs Schweden,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,
in Erwägung nachstehender Gründe:

HAT folgenden Rahmenbeschluss angenommen:

Titel I
Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen

Artikel 1
Ziel und Anwendungsbereich

(4) Dieser Rahmenbeschluss ist keine Verpflichtung, Informationen oder Erkenntnisse in dem Staat, der das Ersuchen um Bereitstellung von Informationen oder Erkenntnissen entgegen nimmt, durch Zwangsmaßnahmen zu erlangen.

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Rahmenbeschlusses bezeichnet der Ausdruck

Artikel 3
Straftaten

Ein Austausch von Informationen und Erkenntnissen nach diesem Rahmenbeschluss kann bezüglich Straftaten erfolgen, die nach den Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens 12 Monaten bedroht sind. Die Mitgliedstaaten können bilateral vereinbaren, dass die gemäß diesem Rahmenbeschluss anwendbaren Verfahren in einem breiteren Rahmen anzuwenden sind.

Titel II
AUSTAUSCH von Informationen und Erkenntnissen

Artikel 4
Zurverfügungstellung von Informationen und Erkenntnissen

Artikel 4a
Fristen für die Zurverfügungstellung von Informationen und Erkenntnissen

(1) Informationen und Erkenntnisse werden ohne Verzögerung und so umfassend wie möglich innerhalb der geforderten Frist zur Verfügung gestellt. Können Informationen oder Erkenntnisse nicht innerhalb der geforderten Frist zur Verfügung gestellt werden, so gibt die zuständige Strafverfolgungsbehörde, bei der ein Ersuchen um Informationen oder Erkenntnisse eingegangen ist, die Frist an, innerhalb derer sie diese zur Verfügung stellen kann. Diese Angabe erfolgt unverzüglich.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass sie über geeignete Verfahren verfügen, um innerhalb von höchstens 12 Stunden auf Ersuchen um Informationen und Erkenntnisse antworten zu können, sofern der ersuchende Staat angibt, dass er eine strafrechtliche Ermittlung oder polizeiliche Intelligence-Arbeit bezüglich der folgenden Straftaten, wie sie im Recht des ersuchenden Staats definiert sind, durchführt:

Gibt der ersuchende Staat an, dass er die Informationen schneller erhalten möchte, so bemüht der ersuchte Staat sich nach Kräften, dem Ersuchen rasch zu entsprechen.

Artikel 5
Ersuchen um Informationen und Erkenntnisse

Artikel 6
Kategorien von Personen, über die Informationen oder Erkenntnisse ausgetauscht werden können

(1) Der Austausch von Informationen und Erkenntnissen nach diesem Rahmenbeschluss kann sich auf Personen beziehen, die gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats

c) nicht unter Buchstabe a oder b fallen, bei denen aber konkrete Gründe für die Annahme bestehen, dass ein Austausch von Informationen und Erkenntnissen als notwendiger Bestandteil einer strafrechtlichen Ermittlung oder polizeilicher Intelligence-Arbeit dazu beitragen könnte, eine Straftat oder eine kriminelle Aktivität in Verbindung mit den in Artikel 4a genannten Straftaten aufzudecken und zu verhüten sowie die diesbezüglichen Ermittlungen durchzuführen.

(2) Ein Austausch von Informationen und Erkenntnissen kann ferner im Hinblick auf die Identifizierung von Personen, die unter die Kategorien nach Absatz 1 Buchstaben a bis c fallen, stattfinden.

Artikel 7
Kommunikationswege

Artikel 8
Spontaner Austausch von Informationen und Erkenntnissen

Artikel 9
Datenschutz

(3) Informationen und Erkenntnisse, einschließlich personenbezogener Daten, die nach diesem Rahmenbeschluss zur Verfügung gestellt werden, können von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten, denen sie bereitgestellt wurden, zu folgenden Zwecken verwendet werden:

(4) Die zuständige Strafverfolgungsbehörde, die Informationen und Erkenntnisse nach diesem Rahmenbeschluss zur Verfügung stellt, kann nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts dabei Bedingungen für die Verwendung der Informationen und Erkenntnisse durch die zuständige Strafverfolgungsbehörde, die die Informationen und Erkenntnisse erhält, festlegen. Ferner können Bedingungen für die Mitteilung der Ergebnisse der strafrechtlichen Ermittlung oder der polizeilichen Intelligence-Arbeit, in deren Rahmen der Austausch von Informationen und Erkenntnissen stattgefunden hat, festgelegt werden. Die zuständige Strafverfolgungsbehörde, die die Informationen und Erkenntnisse erhält, ist an diese Bedingungen gebunden.

Artikel 10
Vertraulichkeit

Die zuständigen Strafverfolgungsbehörden tragen in jedem konkreten Fall eines Austauschs von Informationen oder Erkenntnissen den Erfordernissen des Untersuchungsgeheimnisses gebührend Rechnung. Zu diesem Zweck gewährleisten die zuständigen Strafverfolgungsbehörden nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts die Vertraulichkeit aller zur Verfügung gestellten Informationen und Erkenntnisse, die als vertraulich gekennzeichnet wurden.

Artikel 11 Gründe für die Zurückhaltung von Informationen oder Erkenntnissen

Eine zuständige Strafverfolgungsbehörde kann die Zurverfügungstellung von Informationen oder Erkenntnissen nur verweigern, wenn konkrete Gründe für die Annahme bestehen, dass die Zurverfügungstellung der Informationen oder Erkenntnisse

Titel III
Schlussbestimmungen

Artikel 12
Umsetzung

Artikel 13
Verhältnis zu anderen Rechtsakten

Artikel 14
Inkrafttreten

Dieser Rahmenbeschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Im Namen des Rates
Der Präsident

Begründung

Hintergrund

Strafverfolgungsbehörden müssen Zugang zu Informationen und Erkenntnissen haben, damit sie Straftaten oder kriminelle Aktivitäten erfolgreich aufdecken und verhüten sowie die diesbezüglichen Ermittlungen durchführen können. Zudem benötigen sie diesen Zugang oft innerhalb einer sehr kurzen Frist, und zwar sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.

Die Fähigkeit der Strafverfolgungsbehörden zur Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Kriminalität leitet sich zu einem großen Teil unmittelbar daraus ab, inwieweit sie in der Lage sind, Informationen und Erkenntnisse rechtzeitig zu erhalten und auszutauschen. Daher ist der Austausch von Informationen und Erkenntnissen die Grundlage jeder Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung.

Da Schwerkriminalität und Terrorismus oft international organisiert sind, ist der einfache Zugang zu Informationen und Erkenntnissen von besonderer Bedeutung bei der Bekämpfung dieser Art von Kriminalität und des Terrorismus auf Unionsebene. Aus diesem Grund hat der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 25. März 2004 in der Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus den Rat beauftragt, über Maßnahmen im Hinblick auf eine Vereinfachung des Austauschs von Informationen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beraten.

In Titel VI des Vertrags über die Europäische Union heißt es, dass die Ziele der Union unter anderem im Wege einer engeren Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden sowie durch ein gemeinsames Vorgehen bei der Strafverfolgung im Hinblick auf die Verhütung von Straftaten sowie ihre Aufdeckung und Ermittlung erreicht werden sollen.

Wie weiter unten ausgeführt, müssen die Möglichkeiten zum Austausch von Informationen und Erkenntnissen zwischen Strafverfolgungsbehörden verbessert werden. Dies wird zum Erreichen der Ziele der Union beitragen.

Ungelöste Fragen

Die praktische Erfahrung im Bereich der Strafverfolgung zeigt, dass es zu oft zu schwierig, zu langwierig oder in einigen Fällen sogar unmöglich ist, sachdienliche und notwendige Informationen oder Erkenntnisse aus anderen Mitgliedstaaten zu erhalten.

Ein Grund für diesen Zustand besteht darin, dass die Mitgliedstaaten über unterschiedliche einzelstaatliche Gesetzgebungen, Verwaltungsstrukturen und Bedingungen für die Sammlung und Weiterleitung von Informationen und Erkenntnissen auf internationaler Ebene verfügen. Tatsächlich ist die derzeitige Lage dadurch gekennzeichnet, dass nicht koordinierte einzelstaatliche Rechtsvorschriften und Verfahren für die Sammlung und den Austausch von Informationen und Erkenntnissen für ein koordiniertes Vorgehen bei der Strafverfolgung auf Unionsebene bestimmend sind.

So ist es zum Beispiel möglich, dass Informationen oder Daten, die in einem Mitgliedstaat öffentlich zugänglich sind, in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund der innerstaatlichen Gesetzgebung dieses Mitgliedstaats nicht verfügbar sind. Ferner kann es vorkommen, dass eine Polizei- oder Zollbehörde, die innerhalb ihrer in der innerstaatlichen Gesetzgebung verankerten Zuständigkeit in einer Phase, in der eine Justizbehörde nicht handlungsbefugt ist, handelt, keinen Zugang zu entscheidenden Informationen oder Erkenntnissen erhält, wenn in einem anderen Mitgliedstaat ein richterliches Ersuchen erforderlich ist. Darüber hinaus gilt der Austausch von Informationen aus dem Strafregister in einigen Mitgliedstaaten als justizielle Zusammenarbeit, was bedeutet, dass eine Polizei- oder Zollbehörde in einem anderen Mitgliedstaat, die im Rahmen ihrer polizeilichen Intelligence-Arbeit Ermittlungen über ein Netz organisierter Kriminalität durchführt, keinen Zugang zu diesen Informationen erhält.

Ferner kann es vorkommen, dass es strengere Regeln für den Austausch von Informationen und Erkenntnissen mit ausländischen Strafverfolgungsbehörden als mit nationalen Behörden gibt; dies ist eine unbefriedigende Situation in einem Raum, in dem die Kontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft sind.

Ein grundlegender Aspekt, den es anzugehen gilt, besteht darin, dass die Bekämpfung von Kriminalität oft "vertikal" betrachtet wird, d.h. Maßnahmen werden im Hinblick auf verschiedene Arten von - organisierter oder nicht organisierter - Kriminalität getroffen. Diese Abgrenzungen spielen jedoch bei Kriminalität und insbesondere organisierter Kriminalität keine Rolle, da Verbrecher sich in jedem Bereich der Kriminalität betätigen, der ihnen die Aussicht auf finanziellen Ertrag oder das Erreichen anderer krimineller Ziele bietet.

Ein weiteres Beispiel für den "vertikalen" Ansatz besteht darin, dass Maßnahmen sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Unionsebene mit Bezug auf verschiedene Strafverfolgungsbehörden, die Kompetenzverteilung zwischen Strafverfolgungs- und Justizbehörden sowie verschiedene Instrumente der internationalen Zusammenarbeit getroffen werden. Solche Maßnahmen stärken zwar zweifelsohne den Kampf gegen die Kriminalität; der vertikale Ansatz kann jedoch Situationen verfestigen, in denen verschiedene Zuständigkeitsbereiche, verschiedene Bedingungen der Zusammenarbeit sowie verschiedene innerstaatliche Rechtsvorschriften, Strukturen und Verfahren tatsächlich Hindernisse für die Sammlung und den Austausch von Informationen und Erkenntnissen auf Unionsebene schaffen.

Um der derzeitigen Lage abzuhelfen und eine wirklich effiziente Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung auf Unionsebene zu erreichen, muss ein horizontaler Ansatz angewandt werden und die Bekämpfung der Kriminalität als solche in den Mittelpunkt gestellt werden. Folglich sollte weniger Gewicht auf die jeweiligen Zuständigkeiten der nationalen Behörden im Bereich der Bekämpfung der Kriminalität gelegt werden, da die Unterschiede zwischen diesen den effizienten Austausch von Informationen und Erkenntnissen auf Unionsebene behindern können.

Ziele

Ziel dieses Rahmenbeschlusses ist es, einen gemeinsamen und vereinfachten Rahmen für den Austausch von Informationen und Erkenntnissen zwischen zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Union im Zuge einer strafrechtlichen Ermittlung oder polizeilicher Intelligence-Arbeit zu schaffen.

Ausgangspunkt ist die Forderung, dass eine nationale Zuständigkeit für die Aufdeckung oder Verhütung einer Straftat oder einer kriminellen Aktivität sowie die diesbezüglichen Ermittlungen, die eine nationale Behörde nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften besitzt, von anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden und das Recht verleihen sollte, in anderen Mitgliedstaaten verfügbare Informationen und Erkenntnisse ohne andere förmliche Anforderungen als jene, die in dem Rahmenbeschluss festgelegt sind, anzufordern und zu erhalten.

Konkret werden folgende Ziele verfolgt:

• Schaffung eines gemeinsamen Rechtsrahmens für den Austausch von Informationen und Erkenntnissen, der für alle nationalen Behörden mit Strafverfolgungsaufgaben anwendbar ist;

Die Hauptgründe für die Schwierigkeiten beim Austausch von Informationen und Erkenntnissen auf Unionsebene bestehen in den unterschiedlichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Verwaltungsstrukturen in den Mitgliedstaaten. Die Ziele dieses Rahmenbeschlusses können daher auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden; sie lassen sich im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip besser auf Ebene der Union erreichen.

Auch wenn der Rahmenbeschluss eine breitere Anwendung auf bilateraler Basis ermöglicht (siehe Artikel 1), so liegt der Schwerpunkt doch auf schwerwiegenden Straftaten einschließlich terroristischer Handlungen. Aus diesem Grund steht der Rahmenbeschluss im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und geht nicht über das zur Erreichung seiner Ziele erforderliche Maß hinaus.

Bemerkungen und Erläuterungen

Präambel

In der Präambel werden die Gründe und Ziele des Rahmenbeschlusses detailliert erläutert. Es wird ferner in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Anforderungen der Strafverfolgung und den anerkannten Regeln bezüglich Datenschutz, Menschenrechten und Grundfreiheiten gefunden werden muss.

Artikel 1

In diesem Artikel werden der Anwendungsbereich und die Ziele des Rahmenbeschlusses dargelegt sowie seine Beschränkungen, wie zum Beispiel die Nicht-Verpflichtung, Informationen und Erkenntnisse mit dem ausschließlichen Ziel zu speichern, sie einer zuständigen Strafverfolgungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus wird die Verwendung der erlangten Informationen und Erkenntnisse auf die Strafverfolgung beschränkt, d.h. sie können nicht als Beweismittel in einem Strafverfahren verwendet werden (siehe Bemerkungen zu Artikel 2).

Artikel 2

In diesem Artikel werden einige wichtige Begriffe definiert.

Bei der Bestimmung des Begriffs "zuständige Strafverfolgungsbehörde" wird die Tatsache berücksichtigt, dass eine Polizei- oder Zollbehörde in einem Mitgliedstaat die einzelstaatliche Zuständigkeit für eine bestimmte Maßnahme besitzen kann, die in einem identischen Fall in einem anderen Mitgliedstaat der Aufsicht einer Justizbehörde untersteht.

Der Rahmenbeschluss gilt für alle nationalen Behörden, die nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften dazu befugt sind, eine strafrechtliche Ermittlung oder polizeiliche Intelligence-Arbeit durchzuführen oder zu beaufsichtigen. Die Begriffsbestimmung unterscheidet ferner deutlich zwischen nationalen Behörden, die befugt sind, öffentliche Gewalt auszuüben und Zwangsmaßnahmen zu ergreifen, und Zivilbehörden, die in bestimmten Bereichen Ermittlungsmaßnahmen, aber keine Zwangsmaßnahmen durchführen können.

"Strafrechtliche Ermittlung" und "polizeiliche Intelligence-Arbeit" umfassen Maßnahmen, die von einer zuständigen Strafverfolgungsbehörde in einem Rechtsrahmen nach Maßgabe ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften durchgeführt werden, und zwar von der Anfangsphase einer Untersuchung oder Ermittlung bis zur Strafverfolgung. Diese Begriffe könnten als "Strafverfolgungsmaßnahmen" zusammengefasst werden.

Durch die Bestimmung des Begriffs "zuständige Strafverfolgungsbehörde" zusammen mit der Bestimmung der Begriffe "strafrechtliche Ermittlung" und "polizeiliche Intelligence-Arbeit" wird der Austausch von Informationen und Erkenntnissen im Zuge der Strafverfolgungsmaßnahmen - unabhängig von Unterschieden der nationalen Strukturen - ermöglicht.

Die Bestimmung des Begriffs "Informationen und Erkenntnisse" muss im Zusammenhang mit Artikel 4 Absatz 1 gesehen werden. Die vier angegebenen Kategorien von Informationen und Erkenntnissen sind nicht als erschöpfende Liste anzusehen. Sie dienen jedoch der Präzisierung, indem sie bestimmte Arten von Informationen und Erkenntnissen hervorheben.

Artikel 3

In diesem Artikel werden die Arten von Straftaten genannt, die Gegenstand eines Austauschs von Informationen und Erkenntnissen sein können. Dabei wird zugrunde gelegt, dass ein Austausch von Informationen und Erkenntnissen im Hinblick auf alle Straftaten stattfinden kann, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung im Höchstmaß von mindestens 12 Monaten bedroht sind, wobei jedoch eine breitere Grundlage für den Austausch von Informationen und Erkenntnissen angewandt werden kann.

Artikel 4

In diesem Artikel wird beschrieben, welchen Verpflichtungen die Mitgliedstaaten nachkommen müssen, um sicherzustellen, dass Informationen und Erkenntnisse den zuständigen Strafverfolgungsbehörden anderer Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden können.

In Absatz 1 wird dargelegt, dass der Austausch von Informationen und Erkenntnissen nach diesem Rahmenbeschluss Informationen und Erkenntnisse betrifft, die im Besitz der zuständigen Strafverfolgungsbehörden sind oder diesen gemäß ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften zugänglich sind; dazu gehören zum Beispiel Informationen, die im Besitz öffentlicher oder privater Körperschaften sind.

Dagegen wird in Absatz 1 ferner darauf hingewiesen, dass es nicht Zweck des Rahmenbeschlusses ist, Regeln für die Erlangung von Informationen und Erkenntnissen durch Zwangsmaßnahmen wie körperliche Untersuchungen, Hausdurchsuchungen oder förmliche Vernehmungen von Personen zu erstellen. Derartige Maßnahmen gelten als justizielle Zusammenarbeit; bestehende Vereinbarungen in diesem Bereich werden von dem Rahmenbeschluss nicht berührt.

In Artikel 4a wird unterstrichen, wie wichtig es ist, Informationen und Erkenntnisse - besonders im Hinblick auf bestimmte Arten von Straftaten - rechtzeitig bereitzustellen.

Artikel 5

In diesem Artikel werden die Bedingungen dargelegt, unter denen Informationen und Erkenntnisse angefordert werden können, wobei deutlich gemacht wird, dass diesbezügliche Ersuchen nicht wahllos eingereicht werden sollten, sondern sich auf ein Maß beschränken müssen, das für den erfolgreichen Abschluss der betreffenden Ermittlung für erforderlich gehalten wird.

Bei dem in Absatz 3 genannten Anhang handelt es sich um ein - auch in elektronischer Form - zu entwickelndes Standardformular im Hinblick auf die Erleichterung der Weiterleitung von Ersuchen um Informationen und Erkenntnisse.

Artikel 6

In Absatz 1 Buchstaben a und b wird festgelegt, dass ein Austausch von Informationen und Erkenntnissen bezüglich Personen stattfinden kann, die eine in Artikel 3 genannte Straftat begangen haben oder möglicherweise begehen bzw. an einer solchen Straftat teilgenommen haben oder möglicherweise teilnehmen.

In Absatz 1 Buchstabe c wird auf die Möglichkeit des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zu nicht verdächtigen Personen hingewiesen. Dies ist notwendig und in bestimmten Fällen unvermeidlich. So kann es zum Beispiel von entscheidender Bedeutung sein, den Inhaber einer Telefon-Geheimnummer zu ermitteln, ohne zum Zeitpunkt des Ersuchens zu wissen, ob der betreffende Teilnehmer eine verdächtige Person ist oder nicht. Der Wortlaut von Absatz 1 Buchstabe c ist im Wesentlichen identisch mit dem Wortlaut des Beschlusses des Rates zur Änderung von Artikel 40 Absatz ldes Schengener Übereinkommens über die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Überwachung nicht verdächtiger Personen.

Im Zuge polizeilicher Intelligence-Arbeit - zum Beispiel wenn eine zuständige Strafverfolgungsbehörde die Aktivitäten eines kriminellen Netzwerks untersucht - kann ein grundlegendes Ziel der Arbeit darin bestehen, die Identität der an dem Netzwerk beteiligten Personen festzustellen. Zur Vermeidung von Zweifeln ist in Absatz 2 vorgesehen, dass ein Austausch von Informationen und Erkenntnissen zur Identifizierung von Personen, die unter die vorgenannten Kategorien fallen, stattfinden kann.

Artikel 7

In diesem Artikel wird die Benutzung der im Rahmen der Europäischen Union etablierten Kommunikationswege empfohlen; es wird jedoch auch vorgesehen, dass andere Wege, die die Mitgliedstaaten möglicherweise für angemessen halten, benutzt werden können.

In Absatz 3 wird die im Europol-Übereinkommen enthaltene Verpflichtung präzisiert, nach der Europol Informationen und Erkenntnisse bezüglich Straftaten, die unter das Europol-Mandat fallen, erhalten muss.

Artikel 8

Dieser Artikel orientiert sich an Artikel 46 des Schengener Übereinkommens und an Artikel 17 des Neapel-II-Übereinkommens. Der Wortlaut ist jedoch nicht identisch mit diesen Artikeln, da sich Artikel 46 (Schengen) auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften bezieht und Artikel 17 (Neapel II) eine Verpflichtung zur spontanen Bereitstellung von Informationen beinhaltet. Folglich ist es möglich, dass Polizei- und Zollbehörden den Grundsatz des spontanen Informationsaustauschs unterschiedlich anwenden.

Es hat ferner den Anschein, dass die Mitgliedstaaten auf die Möglichkeit zurückgreifen, keine verbindlichen Regeln für den spontanen Informationsaustausch einzuführen, sofern diese Möglichkeit besteht. Für die Zwecke dieses Rahmenbeschlusses, der allen Strafverfolgungsbehörden gemeinsam ist, wird es für entscheidend erachtet, dass eine Klausel über den spontanen Austausch von Informationen und Erkenntnissen aufgenommen wird.

Der Artikel enthält die Verpflichtung, sachdienliche Informationen und Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen, falls konkrete Gründe für die Annahme bestehen, dass die Informationen und Erkenntnisse dazu beitragen könnten, eine Straftat oder eine kriminelle Aktivität in Verbindung mit den in Artikel 3 genannten Straftaten aufzudecken und zu verhüten sowie die diesbezüglichen Ermittlungen durchzuführen.

Solche konkreten Gründe könnten zum Beispiel die konkrete Information sein, dass eine bestimmte Straftat in einem anderen Mitgliedstaat erwartet wird oder dass eine Person plant, Gewalttaten gegen Personen und Eigentum in Verbindung mit einem Fußballturnier oder einem internationalen Gipfel zu begehen. Eine derartige proaktive Meldung kann sehr wirksam zur Vorbeugung schwerwiegender Straftaten und somit zu einer Verbesserung der Sicherheit der Unionsbürger beitragen.

Es besteht jedoch keine Absicht, die Mitgliedstaaten allgemein zur Sammlung und Speicherung von Informationen und Erkenntnissen im möglichen künftigen Interesse anderer Mitgliedstaaten zu verpflichten (siehe Artikel 1 Absatz 2). Zudem sollten nur die Informationen und Erkenntnisse zur Verfügung gestellt werden, die für die Verhütung und Aufdeckung der betreffenden Straftat oder kriminellen Aktivität sowie die diesbezüglichen Ermittlungen erforderlich sind.

Artikel 9

Ein derartiges Rechtsinstrument erfordert strenge Datenschutzregeln, die unabhängig von den beteiligten Strafverfolgungsbehörden oder den benutzten Kommunikationswegen anwendbar sind.

Für den Austausch von Informationen und Erkenntnissen über die SIRENE-Büros, Europol oder die Zentralstellen der Zollbehörden gelten die entsprechenden Datenschutzregeln. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch gleichwertige Datenschutzregeln einführen, wenn sie andere Kommunikationswege benutzen. Daraus ergibt sich eine Angleichung der Regeln für den Schutz von Daten und Persönlichkeitsrechten an ein bereits von den Mitgliedstaaten akzeptiertes Niveau, was de facto zu einer allgemeinen Verstärkung des Schutzes von Daten und Persönlichkeitsrechten im Bereich der Strafverfolgung beiträgt.

Der Wortlaut von Absatz 3 orientiert sich an Artikel 23 des Rechtshilfeübereinkommens und an Artikel 1 Absatz 10 des Rahmenbeschlusses über gemeinsame Ermittlungsgruppen. Außer unter Buchstabe c wird in diesem Absatz die Verwendung von Informationen und Erkenntnissen auf Strafverfolgungsmaßnahmen beschränkt, d.h. dass sie nicht für Gerichts- oder Verwaltungsverfahren verwendet werden dürfen (siehe Artikel 1 Absatz 3).

In Absatz 4 wird der zuständigen Strafverfolgungsbehörde die Möglichkeit eingeräumt, Bedingungen für die Verwendung der zur Verfügung gestellten Informationen und Erkenntnisse festzulegen. Im Hinblick auf die Ausgewogenheit der Verpflichtung zur Zurverfügungstellung von Informationen und Erkenntnissen (Artikel 4) sieht dieser Absatz ferner die Möglichkeit vor, eine Mitteilung

der Ergebnisse der Ermittlung oder Intelligence-Arbeit, in deren Rahmen die Informationen und Erkenntnisse zur Verfügung gestellt wurden, an die bereitstellende Stafverfolgungsbehörde vorzuschreiben. Die zuständige Strafverfolgungsbehörde, die die Informationen und Erkenntnisse erhält, ist an diese Bedingungen gebunden.

Artikel 10

Mit diesem Artikel werden die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts die Vertraulichkeit der als vertraulich gekennzeichneten Informationen und Erkenntnisse zu gewährleisten.

Artikel 11

In diesem Artikel wird ein Gleichgewicht zwischen der Verpflichtung zur Zurverfügungstellung von Informationen und Erkenntnissen (Artikel 4) und den Gründen für die Verweigerung der Zurverfügungstellung von Informationen und Erkenntnissen hergestellt.

In Buchstabe c wird als Ergänzung zu Artikel 5 Absatz 2 die Zurückhaltung von Informationen und Erkenntnissen für den Fall vorgesehen, dass ein Ersuchen eindeutig unverhältnismäßig oder irrelevant ist. Diese Bestimmung stärkt den Schutz der Persönlichkeitsrechte.

Artikel 12

Dieser Artikel enthält eine Standardklausel mit den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses.

Artikel 13

Dieser Artikel beschreibt das Verhältnis zu bestimmten Rechtsakten der Union sowie bilateralen und multilateralen Vereinbarungen über den Austausch von Informationen und Erkenntnissen.

Durch die Absätze 5 und 6 werden die Mitgliedstaaten zur Unterrichtung über bestehende sowie neue Vereinbarungen in diesem Bereich verpflichtet.

Artikel 14

Dieser Artikel regelt das Inkrafttreten des Rahmenbeschlusses.