Empfehlungen der Ausschüsse
Zweite Verordnung zur Änderung der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes
(Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV)

992. Sitzung des Bundesrates am 3. Juli 2020

A

Der federführende Verkehrsausschuss (Vk), der Gesundheitsausschuss (G), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2 16. BImSchV) und Nummer 3 ( § 6 16. BImSchV)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Das Wertepaar von mindestens 70 Dezibel (A) am Tage und mindestens 60 Dezibel (A) in der Nacht als ein Kriterium für das Vorliegen einer wesentlichen Änderung im Sinne des § 1 Absatz 2 der 16. BImSchV, wird dem Gesundheitsrisiko durch Lärm aus dem Straßenverkehr und auch aus dem Schienenverkehr nach dem Kenntnisstand der Lärmwirkungsforschung nicht gerecht.

Zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken definieren Umweltbundesamt und Weltgesundheitsorganisation Werte von 65 Dezibel (A) tags bzw. 55 Dezibel (A) nachts als Minimalziel. Und auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen schlägt in seinem im Mai 2020 erschienenen Umweltgutachten vor, "dass diese Grenzwerte für bestehende Straßen und Schienenwege in Wohngebieten bundesweit gesetzlich festgeschrieben werden" .

Mit den Immissionsgrenzwerten des § 2 der 16. BImSchV bestehen beim Bau oder der wesentlichen Änderung einzuhaltende Grenzwerte, die laut § 2 Absatz 1 den Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche sicherstellen.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht plausibel, wenn zur Prüfung auf das Vorliegen einer wesentlichen Änderung bei baulichen Eingriffen an bestehenden Verkehrswegen auf die Werte von mindestens 70 Dezibel (A) am Tage oder mindestens 60 Dezibel (A) in der Nacht abgestellt wird. Unter dieser Regelung ist möglich, dass in Bestandssituationen trotz eines erheblichen baulichen Eingriffs am zu ändernden Verkehrsweg kein Anspruch auf Lärmschutz entsteht, obwohl dort Beurteilungspegel vorliegen, die bis zu 10 Dezibel (A) oberhalb der Immissionsgrenzwerte (für Wohngebiete 59 Dezibel (A) tags, 49 Dezibel (A) nachts) liegen und damit doppelt so laut empfunden werden, wie es die Grenzwerte zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen vorsehen.

Die Absenkung der Werte von 70 Dezibel (A) am Tage und 60 Dezibel (A) in der Nacht um 5 Dezibel (A) auf 65 Dezibel (A) tags und 55 Dezibel (A) nachts setzt eine Empfehlung der Lärmwirkungsforschung zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung um und trägt dazu bei, das Lärmschutzniveau an den Straßen und Schienenwegen in Deutschland sukzessive zu steigern.

In Bezug auf eine Zunahme des Schallpegels ist ein Toleranzbereich vorzusehen, innerhalb dessen der Bau oder die Änderung von öffentlichen Straßen sowie von Schienenwegen der Eisenbahnen und Straßenbahnen (Straßen und Schienenwege) als nicht wesentlich anzusehen ist.

So kann vorgebeugt werden, dass minimale Überschreitungen der Schwellenwerte gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2 im Nachkommabereich stets gutachterlich zu überprüfen sind und einen unverhältnismäßig hohen Aufwand sowie deutliche Verzögerungen auch bei Bauvorhaben geringen Umfangs nach sich ziehen. Dies betrifft insbesondere die zu berücksichtigenden Fernwirkungen bzw. mittelbaren Folgen von Baumaßnahmen. Die Schwelle von mehr als 1 Dezibel (A) ist auf die Berechnungsmethodik der RLS-19 zurückzuführen, gemäß derer der Gesamtbeurteilungspegel stets auf ganze Dezibel aufzurunden ist, was auch auf die nicht mehr ausreichende Aussagekraft der Berechnungspegel im Nachkommabereich zurückzuführen ist. Eine Erhöhung von 1 Dezibel (A) oder weniger liegt laut aktuellem Stand der Forschung unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle. Eine sukzessive Pegelzunahme durch Baumaßnahmen, die einzeln betrachtet zu einer Erhöhung des Beurteilungspegels von weniger als 1 Dezibel (A) führen, aber im unmittelbarem räumlichen Zusammenhang sowie in kurzer oder mittelfristiger zeitlicher Abfolge durchgeführt werden und somit in Summe eine Zunahme von > 1 Dezibel (A) nach sich ziehen können, ist dabei nicht zu befürchten. Die Straßenbauverwaltungen gewährleisten für Ihren Zuständigkeitsbereich durch eine strategische und langfristige Planung sowie Koordinierung aller vorgesehenen Baumaßnahmen, die mit einer Lärmpegelerhöhung verbunden sein könnten, dass derartige Fälle ausgeschlossen werden können.

Zu Buchstabe b:

Die strengeren Ziele für zulässige Schallemissionen bedeuten für die Projektträger zusätzlichen Finanzbedarf. Deshalb müssen Rahmenbindungen und Zeitvorgaben für die von der Regelung betroffenen Projekte verlässlich sein. In Abwägung mit den berechtigten Lärmschutzbedürfnissen der Anwohnerinnen und Anwohnern ermöglicht es die vorliegende Übergangsregelung den Aufgabenträgern, sich auf die neue Rechtslage einzustellen.

Mit der Regelung wird gewährleistet, dass bei komplexen Vorhaben, bei denen bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung wesentliche Fragen zur Erfassung und Bewertung der Lärmsituation und der zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens geklärt wurden, nicht nachträglich eine aufwendige Umstellung auf die neue Rechtslage erfolgen muss. Sind die in § 6 Absatz 1 genannten Tatbestände vor Ablauf der genannten Fristen (31. Dezember 2025 bzw. 31. Dezember 2027) erfüllt, sind die Verfahren nach der bisherigen Rechtslage fortzuführen. Eine Frist von circa fünf Jahren wird hierbei als ausreichend erachtet, um bereits begonnene und fortgeschrittene Planungsprojekte abzuschließen oder in einen der in § 6 neu genannten Planungs- bzw. Verfahrensstände zu überführen und so Verzögerungen bei der Projektrealisierung zu vermeiden. Solche Verzögerungen stünden den Bestrebungen der Länder und des Bundes hinsichtlich der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren beim Aus- und Neubau von Verkehrsinfrastruktur entgegen. Zudem wurde berücksichtigt, dass der Schienenbonus bei Straßenbahnen erst seit dem 1. Januar 2019 entfallen ist, weshalb die Übergangsfrist für Straßenbahnen entsprechend circa sieben Jahre beträgt.

In allen Fällen ist auf den jeweiligen Abschnitt des Straßenbauvorhabens abzustellen. Gemeint ist hiermit der jeweilige Planungsabschnitt, für den Baurecht geschaffen werden soll.

2. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2 16. BImSchV)

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

"01. § 1 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Nach den Ergebnissen der Lärmkartierung 2017 sind in Deutschland circa 320 000 Menschen einer durchschnittlichen 24-Stunden-Belastung durch Schienenverkehrslärm von mehr als 70 Dezibel (A) ausgesetzt, durch Straßenverkehrslärm sogar 670 000 Menschen. Unter nächtlichen schienenverkehrsbedingten Lärmpegeln von mehr als 60 Dezibel (A) leben circa 700 000 Menschen, straßenverkehrsbedingt mehr als 840 000.

Die Leitlinien der WHO für Umgebungslärm aus dem Jahre 2018 empfehlen zur Vermeidung schädlicher gesundheitlicher Auswirkungen die Lärmbelastung durch Schienenverkehr auf Werte von LDEN = 54 dB(A) und LNight = 44 dB(A) zu reduzieren. Für Straßenverkehrslärm werden Werte von LDEN = 53 dB(A) und LNight = 45 dB(A) empfohlen.

Das Umweltbundesamt hat die Empfehlungen der WHO einer fachlichen Bewertung unterzogen und den dringenden Handlungsbedarf bestätigt.

In einem vom Land Baden-Württemberg initiierten Memorandum von Februar 2019 empfehlen anerkannte Lärmwirkungsforscher, die 070/60-Schwelle um 5 Dezibel zu senken. Sie gehen davon aus, dass sich die Zahl verkehrslärmbedingter Herz-Kreislauf-Erkrankungen um circa 15 Prozent reduzieren würde und die Zahl stark Lärmbelästigter wie auch im Schlaf Gestörter um 5 bis 10 Prozent.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen schließt sich dieser Empfehlung in seiner aktuellen Veröffentlichung an .

Die in § 1 normierten Werte zur Definition wesentlicher Änderungen von Verkehrswegen mit 70 bzw. 60 Dezibel (A) tags/nachts repräsentieren somit einen überholten Kenntnisstand zur Schwelle lärmbedingter Gesundheitsgefährdungen und sollten den aktuellen Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung folgend um 5 Dezibel reduziert werden.

3. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 2 Absatz 1 Nummer 2 und 3 16. BImSchV)*

* Bei Annahme mit Ziffer 1 oder 2 ist die Nummerierung redaktionell anzupassen. Bei Annahme der Ziffern 3 und 6 sind diese im Beschluss redaktionell zusammenzuführen.

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

"01. § 2 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Leitlinien der WHO für Umgebungslärm aus dem Jahre 2018 empfehlen, die durch durchschnittliche Lärmbelastung über 24 Stunden (LDEN) bedingt durch Schienenverkehr auf weniger als 54 Dezibel (A) und bedingt durch Straßenverkehr auf weniger als 53 Dezibel (A) zu begrenzen. Die WHO geht davon aus, dass bei höheren Werten schädliche Folgen für die menschliche Gesundheit bestehen.

Sie empfiehlt weiterhin, die durchschnittliche nächtliche Lärmbelastung (LNight) durch Schienenverkehrslärm auf weniger als 44 Dezibel (A) und durch Straßenverkehrslärm auf weniger als 45 Dezibel (A) zu begrenzen, weil oberhalb dieser Werte Beeinträchtigungen des Schlafes bestehen. Die WHO stützt Ihre Empfehlungen auf eine hohe Evidenz.

Das Umweltbundesamt hat die Empfehlungen der WHO einer fachlichen Bewertung unterzogen und den dringenden Handlungsbedarf bestätigt. Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen empfiehlt in seiner aktuellen Veröffentlichung, dass langfristig eine Lärmbelastung von 55 Dezibel (A) tags und 45 Dezibel (A) nachts nicht überschritten werden sollte .

Die in § 2 der Verordnung normierten Grenzwerte liegen insbesondere für Kern-, Dorf- und Mischgebiete deutlich höher und werden demnach Ihrer Funktion als Vorsorgewerte zum Schutz gegen schädliche Lärmeinwirkungen nicht gerecht.

Nach den Ergebnissen der Lärmkartierung 2017 sind in Deutschland ca. 6,4 Millionen Menschen einer Lärmbelastung durch Schienenverkehr von LDEN > 55 Dezibel (A) ausgesetzt, circa 8,5 Millionen einer entsprechenden Lärmbelastung durch Straßenverkehr.

Unter nächtlichen Lärmpegeln LNight > 50 Dezibel (A) bedingt durch einen der beiden Verkehrsträger leben jeweils mehr als 5 Millionen Menschen.

Die Vorsorgegrenzwerte der 16. BImSchV sollten daher den aktuellen Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung folgend als kurz- und mittelfristige Perspektive für reine und allgemeine Wohngebiete sowie Kleinsiedlungsgebiete um 2 Dezibel und für Misch-, Kern und Dorfgebiete um 5 Dezibel abgesenkt werden.

4. Hilfsempfehlung zu Ziffer 3

Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 2 Absatz 1 Nummer 3 16. BImSchV)*

* Bei Annahme mit Ziffer 1 oder 2 ist die Nummerierung redaktionell anzupassen. Bei Annahme mit Ziffer 5 und/oder Ziffer 6 werden die Ziffern im Beschluss redaktionell zusammengeführt.

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

"01. § 2 Absatz 1 Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

"3. in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten

59 Dezibel (A) 49 Dezibel (A)" "

Begründung:

In der 16. BImSchV sind die Lärmvorsorge-Grenzwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete im Vergleich zu reinen und allgemeinen Wohn- sowie Kleinsiedlungsgebieten um jeweils 5 dB(A) höher angesetzt. Unter lärmschutzfachlichen Gesichtspunkten ist dies bedenklich, da auch in Kern-, Dorf- und Mischgebieten eine Wohnnutzung grundsätzlich zulässig ist. Diese Gebiete dienen ebenfalls dem Wohnen. Ausgehend vom Schutzgedanken der 16. BImSchV sollten daher die Grenzwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete in § 2 Absatz 1 Nummer 3 der 16. BImSchV entsprechend abgesenkt werden.

5. Hilfsempfehlung zu Ziffer 3

Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 2 Absatz 1 Satz 2 - neu - 16. BImSchV)*

* Bei Annahme mit Ziffer 1 oder 2 ist die Nummerierung redaktionell anzupassen.

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

"01. In § 2 wird dem Absatz 1 folgender Satz angefügt:

"Für innerörtliche Straßen ist bei Anwendung des in § 3 geregelten Berechnungsverfahrens jeweils ein Abschlag von 2 Dezibel (A) auf die in Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Immissionsgrenzwerte vorzunehmen." "

Begründung:

Die für die Lärmvorsorge nach der 16. BImSchV vorgesehene verbindliche Anwendung der "Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen"- Ausgabe 2019 - (RLS-19) führt im Vergleich zur Anwendung der RLS-90 bei innerörtlichen Straßen zur Berechnung von durchschnittlich rund 2 dB(A) geringeren Lärmimmissionen. Obwohl die Lärmimmissionen durch die neuen Berechnungsvorschriften der RLS-19 realitätsgetreuer abgebildet werden (sollen), bewirkt die verbindliche Einführung dieses Regelwerks in Bezug auf die Lärmvorsorge für innerörtliche Straßen gegenüber der Berechnungsmethode der derzeitigen RLS-90 eine Verschlechterung des Lärmschutzniveaus an innerörtlichen Straßen.

Eine Herabsetzung des Lärmschutzniveaus für Innerortsstraßen gegenüber dem Status Quo läuft den Interessen der betroffenen Wohnbevölkerung und den Bestrebungen einer Verbesserung des Straßenverkehrslärmschutzes zuwider. Zur Kompensation der vorstehend genannten negativen Auswirkungen sollte somit in der vorgesehenen Änderungsverordnung zumindest eine Regelung (als wertendes Korrektiv) aufgenommen werden, nach der die Immissionsgrenzwerte gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der 16. BImSchV für innerörtliche Straßen um 2 dB(A) niedriger angesetzt werden. Damit wäre das Lärmschutzniveau für innerörtliche Straßen wiederhergestellt, das bei Anwendung der RLS-90 besteht.

Zu den Innerortstraßen bzw. innerörtlichen Straßen zählen nicht sogenannte Stadtautobahnen. Erfasst werden sollen ausschließlich Bundes-, Kreis-, Landes- und Gemeindestraßen, die innerhalb der geschlossenen Bebauung im Sinne von Abschnitt I zu den Zeichen 310 und 311 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung liegen.

Bei Annahme mit Ziffer 4 und/oder Ziffer 6 werden die Ziffern im Beschluss redaktionell zusammengeführt.

6. Zu Artikel 1 Nummer 01 - neu - (§ 2 Absatz 1 Nummer 3 16. BImSchV)*

* Bei Annahme mit Ziffer 1 oder 2 ist die Nummerierung redaktionell anzupassen.

In Artikel 1 ist der Nummer 1 folgende Nummer 01 voranzustellen:

"01. In § 2 Absatz 1 Nummer 3 wird das Wort "und" durch ein Komma ersetzt und nach dem Wort "Mischgebieten" werden die Wörter "und Urbanen Gebieten" angefügt."

Begründung:

In der geltenden Fassung der Verkehrslärmschutzverordnung fehlen in § 2 der 16. BImSchV Immissionsgrenzwerte für das durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 4. Mai 2017 (BGBl. I S. 1057) eingeführte Urbane Gebiet ( § 6a Baunutzungsverordnung). Urbane Gebiete dienen wie Mischgebiete dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben sowie anderen Einrichtungen, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Es ist daher sachgerecht, sie hinsichtlich der Immissionsgrenzwerte in die gleiche Kategorie wie die Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete einzuordnen.

7. Zu Artikel 1 Nummer 1 und Nummer 2 (§ 3 Absatz 3 und § 3a Absatz 2 Satz 3 16. BImSchV)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Nach § 3 Absatz 3 sind die Tabellen 4a und 4b der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - Ausgabe 2019 - RLS-19 in ihrer jeweils aktuellen Fassung anzuwenden und mit der festgelegten Straßendeckschichtkorrektur in die Bei Annahme mit einer der Ziffern 3 bis 5 werden die Ziffern im Beschluss redaktionell zusammengeführt.

Berechnung einzustellen.

§ 3a Absatz 2 ermächtigt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, durch Ergänzung oder Änderung der Tabellen 4a oder 4b eine jeweils aktuelle Straßendeckschichtkorrektur im Verkehrsblatt bekannt zu geben. Nach § 3a Absatz 2 Satz 3 ist die aktuelle Straßendeckschichtkorrektur ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung in die Berechnung nach § 3 einzustellen.

Selbstverständlich sind neu bekannt gemachte Straßendeckschichtkorrekturen als neue Regel der Technik in jedem Planungsstadium zu beachten. Die verbindliche Forderung jedoch, bei neu bekannt gemachten Straßendeckschichtkorrekturen jeweils die Lärmberechnung anzupassen, kann bei fortgeschrittener Planung oder im Falle eines bereits eingeleiteten Planfeststellungsverfahrens zu vermeidbaren Verzögerungen führen. Dies betrifft Fälle, in denen sich die akustischen Eigenschaften der vorgesehenen Straßendeckschicht nicht verschlechtern und eine verbalargumentative Auseinandersetzung mit der neu bekannt gemachten Straßendeckschichtkorrektur ausreichen würde.

B

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat ferner, nachfolgende

Entschließung zu fassen:

8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, das Berechnungsverfahren der 16. BImSchV mit dem Berechnungsverfahren der EU für den Umgebungslärm BUB ("Berechnungsmethode für den Umgebungslärm von bodennahen Quellen") aus dem Jahr 2018 zukünftig zu harmonisieren, damit der Aufwand für Mehrfachberechnungen entfällt und eine Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen der EU-Umgebungslärmkartierung gegeben ist. Dabei sollte ein möglichst umfassender Schutz der Bevölkerung vor Verkehrslärm sichergestellt werden.

Begründung:

Für die Umgebungslärmkartierung in Deutschland wurde 2018 die Berechnungsmethode für den Umgebungslärm von bodennahen Quellen (BUB) eingeführt. Diese ist für die vierte Runde der Lärmkartierung anzuwenden.

Eine Umsetzung der Maßnahmen aus der daraus folgenden Lärmaktionsplanung erfolgt jedoch auf der Grundlage der vorhandenen Regelungen zum Verkehrslärmschutz. Dies sind zum Beispiel für den Neubau und die wesentliche Änderung von Straßen die 16. BImSchV bzw. für verkehrsrechtliche Maßnahmen die Lärmschutz-Richtlinie StV. In beiden Regelungen kommt bisher die RLS-90 als Berechnungsmethode für den Straßenverkehrslärm zur Anwendung.

Die Einführung eines neuen Verfahrens zur Berechnung des Straßenverkehrslärms in der 16. BImSchV verkompliziert die Behandlung von Straßenverkehrslärmproblemen ohne einen nennenswert neuen Beitrag zu deren Lösung zu leisten.

Die erste Berechnung der Umgebungslärmkartierung mit den neuen einheitlichen Berechnungsverfahren der EU steht im Jahr 2022 an. Danach sollten die dabei gesammelten Erfahrungen mit den EU Methoden auf eine Übertragbarkeit für den nationalen Verkehrslärmschutz abgeprüft werden, um dann nach Möglichkeit zu einem einheitlichen oder zumindest angenäherten Verfahren zu gelangen, womit die Transparenz und Akzeptanz der Aktionsplanung und ihrer Umsetzung deutlich gewinnen würden. Dies entspricht auch dem Beschluss zu TOP 32 der 93 UMK.

9. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, Regelungen für einen verkehrslärmübergreifenden Lärmschutz zu treffen. Zumindest sollte bei der Ermittlung der Geräuschbelastung in dem zu betrachtenden Straßenabschnitt oder Schienenweg die Vorbelastung durch die Geräusche anderer Straßen oder Schienenwege berücksichtigt werden.

Begründung:

Die Bürgerinnen und Bürger sind einer Vielzahl von Lärmquellen ausgesetzt, wobei unterschiedliche Lärmquellen häufig gleichzeitig einwirken. Der Schutz vor Gesamtlärm ist jedoch gesetzlich nicht zufriedenstellend geregelt. Dies ist für die Betroffenen nicht vermittelbar und aus der Sicht des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes auch nicht zu rechtfertigen.

Die UMK hat sich wiederholt für eine Gesamtlärmbetrachtung eingesetzt, zuletzt in der 89. UMK 2017. Im Koalitionsvertrag des Bundes 2018 wurde die Gesamtlärmbetrachtung bereits angekündigt. Auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen weist in seinem aktuellen Umweltgutachten 2020 auf die Notwendigkeit der summativen Betrachtung unterschiedlicher Lärmquellen hin .

Ein erster Schritt in Richtung Gesamtlärmbetrachtung wäre die Berücksichtigung der Vorbelastung durch die Geräusche der gleichen Quellenart, d.h. der Geräusche anderer Straßen- und Schienenwege bei der Ermittlung der Geräuschbelastungen in dem zu betrachtenden Straßenabschnitt oder Schienenweg.

10. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung,

Begründung:

Eine Absenkung der Immissionsgrenzwerte für die Baugebiete, in denen das Wohnen zulässig ist, würde eine erhebliche Erschwernis für die Schaffung von dringend benötigtem neuem Wohnraum insbesondere bei der Innenentwicklung mit sich bringen. Eine solche Absenkung sollte unterbleiben, da sich derzeit noch kein wirklicher Trend einer Minderung der Verkehrslärmbelastung (zum Beispiel aufgrund deutlich rückläufiger Verkehrsmengen, verbesserter Reifentechnik oder besonders wirksamer innerstädtischer lärmarmer Asphalte) abzeichnet.

Falls eine Absenkung dennoch vorgenommen wird, soll auch für diese Änderung eine Übergangsregelung getroffen werden, um auch hier den Vorhabenträgern, Planern und Behörden den erforderlichen zeitlichen Vorlauf für die notwendige Umstellung auf die neue Rechtslage zu gewähren.