Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht - Antrag des Landes Baden-Württemberg -

993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 0202

A

Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a ( § 158 Absatz 2 FamFG)

Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:,

a) In Absatz 2 werden die Wörter "in der Regel" durch das Wort "insbesondere" ersetzt."

Folgeänderung:

In der Begründung Teil B ist in der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 2 Absatz 1 Satz 5 durch folgende Sätze zu ersetzen:

"Gleichzeitig soll das durch Streichung des Regelvorbehalts zumindest denkbare Auslegungsergebnis vermieden werden, dass es sich bei der Aufzählung der Fälle in Absatz 2 um eine abschließende handeln könnte. Daher werden die Wörter "in der Regel" in § 158 Absatz 2 FamFG durch das Wort "insbesondere" ersetzt."

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Es handelt sich um eine präzisierende Klarstellung des Wortlauts des Gesetzentwurfs.

Mit der Einfügung des Wortes "insbesondere" soll bei der Rechtsanwendung der Gefahr eines - ungewollten - Umkehrschlusses dahingehend, dass es sich bei der Aufzählung der vormaligen Regel- und jetzt zwingenden Gründe um eine abschließende handeln könnte, vorgebeugt werden, was dem Kinderschutz noch weniger dienen würde als eine offene Formulierung. Denn selbstredend soll nach wie vor auch in anderen als den in Absatz 2 aufgezählten Fällen die Bestellung eines Verfahrensbeistands erfolgen, sofern dies im Sinne des Absatzes 1 "zur Wahrnehmung der Interessen [des Kindes] erforderlich ist".

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 159 Absatz 2 Satz 3, 4 FamFG)

Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ist wie folgt zu fassen:,bb) Folgender Satz wird angefügt:

"Das Gericht soll sich in einem Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs von dem Kind stets einen persönlichen Eindruck verschaffen." "

Folgeänderung:

In der Begründung Teil B ist die Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Absatz 2 wie folgt zu fassen:

"Vor diesem Hintergrund wird in § 159 Absatz 2 Satz 3 FamFG für die Verfahren nach § 1666 und § 1666a BGB (Kindewohlgefährdung)vorgesehen, dass sich das Gericht auch von Minderjährigen, die sich im Rahmen einer Anhörung noch nicht oder zumindest nicht hinreichend verbal mitteilen können, einen unmittelbaren Eindruck verschafft. Diesem persönlichen Eindruck kommt in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdungen eine besondere Bedeutung zu, kann dieser doch wichtige Anhaltspunkte über die Situation und den Zustand des Kindes liefern. Im Einzelfall kann es dabei sachdienlich sein, dass sich das Gericht den persönlichen Eindruck auch in der persönlichen Umgebung des Kindes verschafft."

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Der Änderungsantrag dient dem Ziel, die Pflicht zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks, soweit eine Anhörung aufgrund des Alters des Kindes nicht oder nicht hinreichend möglich ist, punktgenauer auf Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung zu fokussieren und insofern hervorzuheben.

Durch die Änderung wird dabei nicht ausgeschlossen, dass sich das Gericht auch in anderen Kindschaftssachen im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht einen persönlichen Eindruck des Kindes verschafft.

Eine gesetzliche Klarstellung, dass die Verschaffung des persönlichen Eindrucks auch in der üblichen Umgebung erfolgen kann, ist nicht erforderlich. Insbesondere erscheint der aus § 278 FamFG übernommene Begriff der üblichen Umgebung nicht ohne weiteres auf Kindschaftsverfahren bzw. Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung übertragbar, da vielfältige Betreuungsmodelle und Konstellationen zu berücksichtigen sind. Dabei kann sich der Bedarf des Verschaffens eines persönlichen Eindrucks gerade auch auf eine Umgebung beziehen, die nicht die "übliche" des Kindes ist.

3. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 213 Absatz 1 Satz 1 FamFG)

In Artikel 1 Nummer 8 sind nach dem Wort "Person" die Wörter "oder der Täterperson" einzufügen.

Folgeänderung:

In der Begründung Teil B sind in der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 8 in Absatz 1 Satz 3 nach dem Wort "Person" die Wörter "oder der Täterperson" einzufügen.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Eine Einbeziehung des Jugendamtes ist nicht nur in Fällen erforderlich, in denen Kinder im Haushalt der verletzten Person leben. Auch wenn Kinder im Haushalt der Täterperson leben bzw. dieser in ihren Haushalt folgen, können Kinder und Jugendliche mittelbar betroffen sein und eine Anhörung des Jugendamtes sinnvoll sein, um dem Ziel des Kinderschutzes ausreichend gerecht zu werden.

B

4. Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

C

5. Der Rechtsausschuss schlägt dem Bundesrat ferner vor, Minister Guido Wolf (Baden-Württemberg) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Beauftragten für die Beratungen des Gesetzentwurfs des Bundesrates im Deutschen Bundestag und in seinen Ausschüssen zu bestellen.