Antrag des Landes Niedersachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen

Punkt 42 der 993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020

Der Bundesrat nimmt zu dem Gesetzentwurf wie folgt Stellung:

Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 57 Absatz 1 Nummer 8 PStV), Artikel 6 Nummer 3 ( § 25 BEEG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die bereits im Rahmen der Länderbeteiligung zur Mitteilungspflicht des Standesamtes vorgebrachte Alternative des Datenabrufs aus dem Melderegister zu prüfen.

Begründung:

Durch Änderung der Personenstandsverordnung (PStV) und dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) soll eine bereichsspezifische Regelung zur Datenübermittlung der Standesämter an die Elterngeldstellen geschaffen werden und damit sollen die Ausstellung der Geburtsurkunde und ihre Vorlage bei der Elterngeldstelle zur Leistungsgewährung entfallen.

Gemäß § 57 Absatz 1 Nummer 8 PStV hat das Standesamt, das die Geburt beurkundet, dies der Elterngeldstelle mitzuteilen, wenn dem Standesamt bekannt wird, dass ein Antrag auf Elterngeld gestellt worden ist, und wenn die antragstellende Person in die Datenübermittlung eingewilligt hat. Weitergehende Regelungen zum Verfahren werden nicht getroffen. Eine Mitteilungspflicht des Standesamtes besteht demnach nur, wenn es zum Beispiel durch Mitteilung der antragsstellenden Person, zum Beispiel im Rahmen der Onlinebeantragung, soweit vorgesehen und erfolgt, oder aufgrund einer Nachfrage der Elterngeldstelle davon Kenntnis erlangt, dass ein Antrag auf Elterngeld gestellt worden ist und die antragstellende Person in die Datenübermittlung eingewilligt hat.

Unklar ist, ob eine Pflicht zur Datenübermittlung nur im unmittelbaren Zusammenhang mit der Beurkundung der Geburt oder gegebenenfalls auch später bestehen soll. Wird aber durch § 57 Absatz 1 Nummer 8 PStV auf die Beurkundung der Geburt (Erstbeurkundung) beschränkt.

Alternativ zur Datenübermittlung der Standesämter an die Elterngeldstelle wäre aus Sicht des Bundesrates zu prüfen, ob ein entsprechender Datenabruf aus den Melderegistern, unter Nutzung bereits bestehender Strukturen, erfolgen könnte.

Gemäß § 59 Absatz 1 PStG werden in die Geburtsurkunde aufgenommen die Vornamen und der Geburtsname des Kindes (Nummer 1), das Geschlecht des Kindes (Nummer 2), Ort und Tag der Geburt (Nummer 3), die Vornamen und die Familiennamen der Eltern des Kindes (Nummer 4) und die rechtliche Zugehörigkeit des Kindes und seiner Eltern zu einer Religionsgemeinschaft, sofern sich die Zugehörigkeit aus dem Registereintrag ergibt (Nummer 5). Die vorgenannten Daten, mit Ausnahme der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, die für die Beantragung von Elterngeld allerdings nicht relevant sein dürfte, dürften bereits nach geltender Rechtslage seitens der Meldebehörde, die ihrerseits diese Daten vom Standesamt nach erfolgter Beurkundung der Geburt im Personenstandsregister erhält, an andere öffentliche Stellen übermittelt werden (vergleiche § 34 Absatz 1 BMG). Grundsätzlich besteht auch die Möglichkeit eines automatisierten Datenabrufs (vergleiche § 38 BMG); allerdings beinhaltet dieser derzeit nicht die Daten zum gesetzlichen Vertreter, eine diesbezügliche melderechtliche Änderung/Erweiterung ist beabsichtigt.

Mit diesem nach hiesiger Ansicht grundsätzlich möglichen, im Detail zu prüfenden, alternativen Weg stellt sich die Frage, ob es überhaupt einer Datenübermittlung der Standesämter an die Elterngeldstellen bedarf oder der Datenbedarf der Elterngeldstelle nicht durch andere Weise, unter Nutzung bereits bestehender Strukturen, besser gedeckt werden könnte.

Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass durch eine Mitteilung nach § 57 Absatz 1 Nummer 8 PStV nur die Daten mitgeteilt werden können, die zum Zeitpunkt der Geburtsbeurkundung vorliegen (Erstbeurkundung). Der Mitteilungsversand erfolgt ausschließlich aus dem Fachverfahren AutiSta heraus, welches vom Registerverfahren (Speicherung) getrennt ist. Aus datenschutzrechtlichen Gründen sind die Vorgänge im Fachverfahren zu löschen, wenn die Bearbeitung abgeschlossen ist (spätestens 12 Monate nach der Beurkundung). Danach wäre eine Datenmitteilung aus dem Fachverfahren der Erstbeurkundung nach § 57 Absatz 1 Nummer 8 PStV an die Elterngeldstelle nicht mehr möglich und müsste gegebenenfalls auf anderem Weg erfolgen. Probleme können sich daher bei der vorgesehenen Mitteilungspflicht durch das Standesamt zum einen aus der langen Antragsfrist für Elterngeld aber auch der fehlenden Daten aus Folgebeurkundungen ergeben. Eine später begründete Vaterschaft oder der Wechsel in eine Adoptionsfamilie blieben, bei Mitteilung nach § 57 Absatz 1 Nummer 8 PStV, unberücksichtigt.

Der Meldebehörde werden vom Standesamt unmittelbar nach Abschluss der Beurkundung (Erst- und Folgebeurkundung) alle Angaben zum Kind und den Eltern mitgeteilt und führen dort zu einer Fortschreibung des Melderegisters. Die Elterngeldstelle könnte so die aktuell im Zeitpunkt der Antragsbearbeitung erforderlichen Daten von der Meldebehörde erhalten.

Darüber hinaus würde das Verfahren in Bezug auf die Übermittlung der Daten einer beurkundeten Geburt bei einem automatisierten Datenabruf aus dem Melderegister zu jeder Zeit in der Hand der Elterngeldstelle liegen; eine Datenübermittlung wäre nicht davon abhängig, ob dem Standesamt bekannt wird, das ein Antrag auf Elterngeld gestellt wurde. Auch würde bei einer Abfrage durch die Elterngeldstelle in jedem Fall sichergestellt, dass tatsächlich ein Antrag gestellt wurde und dieser bei der Elterngeldstelle auch den Daten der beurkundeten Geburt zugeordnet werden kann. Eine unmittelbare Beteiligung des Standesamtes in dem Verfahren wäre nicht notwendig.

Ein entsprechender Datenabruf der Elterngeldstelle bei der Meldebehörde würde auch, anders als die vorgesehene Mitteilungspflicht des Standesamtes, der unter Nummer 6 der Entschließung "ELFE - Einfach Leistungen für Eltern" vom 21. September 2018 (BR-Drucksache 307/18(B) HTML PDF ) formulierten Bitte, nach der Einrichtung eines automatischen Abrufverfahrens entsprechen.

Zudem ist an dieser Stelle Bezug auf die Bearbeitung von Anträgen zur Gewährung von Kindergeld zu nehmen. Nach hiesigem Kenntnisstand benötigt die Familienkasse bereits jetzt für die Bearbeitung von Kindergeldanträgen keine Geburtsurkunde für das Kind. Voraussetzung für die Gewährung ist hier die Identifizierung des Kindes durch die an das Kind vergebene Identifikationsnummer nach § 139b EStG. Diese wird aufgrund der Geburtsmitteilung des Standesamts an die Meldebehörde und einer entsprechenden Mitteilung derselben an das BZSt generiert. Vor diesem Hintergrund wurde, anders als bei der Beantragung von Elterngeld, in dem angestrebten elektronischen Verfahren zur Bearbeitung von Kindergeldanträgen auf eine Mitteilungspflicht des Standesamtes an die Familienkasse verzichtet.

Es ist nicht erkennbar, dass die Alternative eines Datenabrufs bei der Meldebehörde im Rahmen des Gesetzentwurfes von der Bundesregierung geprüft wurde. Daher bittet der Bundesrat, diese Alternative nun im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen.