Gesetzesantrag der Länder Schleswig-Holstein, Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Aufgaben des Medizinischen Dienstes

A. Problem und Ziel

Die Medizinischen Dienste bzw. nach alter Rechtslage Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (einheitlich als MD bezeichnet) haben in den vergangenen Monaten die Arbeit der Öffentlichen Gesundheitsdienste (ÖGD) unbürokratisch unterstützt und damit engagiert einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie geleistet. Zeitweise haben rund 800 Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Assistenz- und Verwaltungsbereich diese Aufgaben wahrgenommen.

Die Unterstützung durch die MD in diesem Umfang war möglich, da die eigentliche Aufgabenwahrnehmung der MD während der Ausrufung der pandemischen Lage zu einer Verringerung des Arbeitsanfalls in den üblichen Aufgabengebieten geführt hatte. Die MD hatten so entsprechende freie Ressourcen, um unterstützen zu können. Dieses Absenken der eigentlichen Aufgabenwahrnehmung läuft spätestens nach den Corona-Regeln Ende September 2020 aus; ebenso wie die Tätigkeiten in medizinischen und pflegerischen Bereichen auch schon wieder angelaufen sind. Jedoch werden insbesondere die Gesundheitsämter die Unterstützung der MD auch darüber hinaus benötigen, da die personelle Aufrüstung der ÖGD noch nicht im notwendigen Umfang erfolgen konnte.

Angesichts der steigenden Neuinfektionszahlen und der damit verbunden weiterhin bestehenden Herausforderungen beim ÖGD sollte auch weiterhin eine Unterstützung durch die MD ermöglicht werden.

Derzeit erfolgt die Amtshilfe auf freiwilliger Basis der jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MD. Da die Entleihung von Personal jedoch nicht dem gesetzlichen Auftrag der MD entspricht, kann die Praxis so nicht für die Dauer der Pandemie weitergeführt werden. Es sollte hierfür eine rechtliche Grundlage geschaffen werden.

Zu bedenken ist, dass es sonst zu einem Interessenkonflikt kommen kann, wenn das Personal für die originären Aufgaben nicht zur Verfügung steht.

B. Lösung

Die Unterstützung der ÖGD durch die MD im Rahmen der Ausrufung einer pandemischen Lage hat sich bewährt und sollte fortgeführt werden. Um eine Amtshilfe durch den MD weiterhin zu ermöglichen, sollte diese zusätzliche Aufgabe in § 275 SGB V festgeschrieben werden. Die Unterstützung soll dabei nur auf epidemische Lagen von nationaler Tragweite beschränkt sein. Zudem dürfen die sonst zu erfüllenden Aufgaben der MD durch die Amtshilfe nicht beeinträchtigt werden.

Die Personalkosten der MD werden zudem durch den Einsatz beim ÖGD refinanziert, so dass sonst eventuell notwendige Kurzarbeit oder Entlassungen vermieden werden können.

Mit einer gesetzlichen Aufgabenfestlegung können die MD einfacher eine entsprechende Abordnung vornehmen.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsaufgaben ohne Erfüllungsaufwand

Dieses Gesetz hat keine Auswirkungen auf die Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand.

E. Erfüllungsaufwand

Die Kosten für das jeweils abgestellte Personal sind im Rahmen der Amtshilfe von den Kommunen an die MD zu erstatten. Die Kosten hängen von der individuellen Inanspruchnahme ab und können daher hier nicht beziffert werden.

F. Weitere Kosten

Weitere Kosten entstehen nicht.

Gesetzesantrag der Länder Schleswig-Holstein, Hamburg
Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Aufgaben des Medizinischen Dienstes

Der Ministerpräsident Kiel, 14. September 2020

des Landes Schleswig-Holstein

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen Schleswig-Holstein und Hamburg haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Aufgaben des Medizinischen Dienstes zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Daniel Günther

Entwurf eines Gesetzes zur Erweiterung der Aufgaben des Medizinischen Dienstes

Vom ...

Der Bundestag hat folgendes Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 311 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Nach § 275 Absatz 4a wird folgender Absatz 4b eingefügt:

(4b) Stellt der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite im Sinne des § 5 Infektionsschutzgesetz fest, so können Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Medizinischen Dienste die zur Epidemiebekämpfung berufenen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes im Wege der Amtshilfe unterstützen. Absatz 4a Satz 1 erster Halbsatz und Satz 2 gelten entsprechend."

Artikel 2
Inkrafttreten

Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und wesentliche Inhalte des Entwurfes

MD sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Als solche können Sie nur diejenigen Aufgaben wahrnehmen, die ihnen gesetzlich übertragen wurden. Zusätzlich ist es Körperschaften möglich, innerhalb der Vorgaben des Sozialgesetzbuches zehntes Buch Amtshilfe zu leisten. Angesichts der dort verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe und angesichts der besonderen Anforderungen, welche die aktuelle pandemische Lage an alle Akteure stellt, bedarf die Fortsetzung der Unterstützung des ÖGD durch die MD einer eindeutigen Rechtsgrundlage. Durch die hier vorgenommenen Änderungen wird die Unterstützung des ÖGD den MD als zusätzliche gesetzliche Aufgabe zugewiesen.

II. Alternativen

Keine.

III. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die vorgesehenen Änderungen des SGB V basiert auf Artikel 74 Nummer 12 Grundgesetz (Sozialversicherung).

IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Das Gesetz ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

V. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Das Gesetz trägt zur Verwaltungsvereinfachung bei, denn es wird klar geregelt, in welchen Situationen und unter welchen Voraussetzungen der ÖGD durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des MD unterstützt werden kann.

2. Kosten und Erfüllungsaufwand

Durch das Gesetz entstehen keine zusätzlichen Kosten und kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand, der nicht auch bei einer Unterstützung im Wege der Amtshilfe entstünde.

3. Weitere Gesetzesfolgen

Mit einer Beeinträchtigung der originären Aufgaben der MD ist nicht zu rechnen, da die Unterstützung nur erfolgen kann, sofern originäre Aufgaben hierdurch nicht in Mittleidenschaft gezogen werden.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Die Ergänzung dient der Erweiterung des Aufgabenspektrums der Medizinischen Dienste. Die personelle Unterstützung, der zur Epidemiebekämpfung berufenen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes wird durch die Einfügung des Absatz 4b zu einer weiteren Aufgabe des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Diese soll jedoch nur ausgeübt werden, wenn zuvor eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt wurde. Durch die Bezugnahme auf Absatz 4a Satz 1 erster Halbsatz wird klargestellt, dass die Unterstützung des ÖGD nur möglich ist, sofern sonstige originäre Aufgaben des MD nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Die jeweiligen Träger des ÖGD müssen den MD, die durch die Personalentsendung entstehenden Kosten erstatten. Dies wird durch den Verweis auf Satz 2 verdeutlicht.

Zu Artikel 2

Um die aktuell sehr erfolgreich gelebte Praxis der Amtshilfe fortsetzen zu können,

sollte das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.