Der Bundesrat hat in seiner 982. Sitzung am 8. November 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Reihe von steuerrechtlichen Maßnahmen vor, die Teil der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 der Bundesregierung sind. Hierzu zählen insbesondere die Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum, die Anhebung der Entfernungspauschale für Fernpendlerinnen und Fernpendler, die Einführung einer Mobilitätsprämie für Pendlerinnen und Pendler mit geringem zu versteuernden Einkommen, die Absenkung des Umsatzsteuersatzes für die Beförderung von Personen im Schienenbahnverkehr und die Einführung eines erhöhten Hebesatzes bei der Grundsteuer für Gebiete für Windenergieanlagen. In der Begründung des Gesetzentwurfs quantifiziert die Bundesregierung die mit den vorgesehenen Maßnahmen verbundenen Steuerausfälle auf insgesamt 1,325 Mrd. Euro in der vollen Jahreswirkung, wovon deutlich mehr als die Hälfte auf die Haushalte von Ländern und Kommunen entfällt. Die Steuerausfälle nehmen im Zeitablauf zu. Im Kassenjahr 2020 geht die Bundesregierung von Ausfällen für die Haushalte von Ländern und Kommunen von zusammen 201 Mio. Euro aus; die Ausfälle steigen dann auf 301 Mio. Euro (2021), 586 Mio. Euro (2022), 696 Mio. Euro (2023) und 712 Mio. Euro (2024).
- b) Der Bund hat in seinem Eckpunktepapier zum Klimaschutzprogramm 2030 angekündigt, dass im Rahmen des Bundesratsverfahrens zu den finanzwirksamen Gesetzen über eine faire Lastenteilung zwischen den föderalen Ebenen gesprochen werden soll. Der Bundesrat stellt fest, dass der Bund über erhebliche Einnahmepotenziale unter anderem aus der vorgesehenen CO₂-Bepreisung sowie der Anhebung der Luftverkehrsteuer (vgl. BR-Drs. 515/19 (PDF) ) und damit über Möglichkeiten verfügt, die Maßnahmen des Klimaschutzprogramms aus neu entstehenden Einnahmen zu finanzieren. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat die Bundesregierung bereits in seiner Stellungnahme zur Ergänzung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2020 aufgefordert, sich an den finanziellen Mehrbelastungen von Ländern und Kommunen substanziell zu beteiligen.
- c) Der Bundesrat stellt fest, dass das vorliegende Gesetz keine Regelung vorsieht, um Länder und Kommunen für die entstehenden Einnahmeausfälle vollständig zu kompensieren. Er fordert, dass eine Regelung in das Gesetz aufgenommen wird, die eine in den Jahren 2020 bis 2023 steigende Erhöhung der Umsatzsteueranteile der Länder entsprechend dem Betrag der Steuerausfälle von Ländern und Kommunen vorsieht.
- d) Im Klimaschutzprogramm 2030 des Bundes sind erhebliche Anstrengungen im Bereich Verkehr vorgesehen, die insbesondere auf eine Steigerung der Attraktivität des Angebots im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) abzielen. Der Bundesrat erkennt an, dass die GVFG-Bundesmittel zur Verbesserung des ÖPNV mit 665 Mio. Euro im Jahr 2020 und 1 Mrd. Euro im Jahr 2021 erheblich gesteigert werden sollen. Um eine Beteiligung aller Länder an den förderfähigen Vorhaben aus dem GVFG zu gewährleisten, ist aus Sicht des Bundesrates der Mindestbetrag der zuwendungsfähigen Ausgaben von 50 Mio. Euro spürbar zu reduzieren. Der Bundesrat weist zudem darauf hin, dass die sog. Regionalisierungsmittel, die den Ländern gemäß Artikel 104a des Grundgesetzes für die Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs vom Bund zu überlassen sind, nicht auf dem im Jahr 2016 vereinbarten Stand verbleiben können. Die damals vereinbarte Dynamisierung deckt mit 1,8 Prozent jährlicher Steigerung lediglich die Preissteigerungsrate ab. Eine reale Steigerung der vor allem für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) eingesetzten Mittel ist damit nicht verbunden. Gerade für Berufs-Fernpendlerinnen und Fernpendler, die aus ländlichen Regionen in Ballungsräume ein- und auspendeln, ist die Attraktivität des SPNV essenziell. Der Bundesrat erwartet vor diesem Hintergrund, dass zur weiteren Verbesserung des ÖPNV auch die Mittel für den SPNV durch den Bund deutlich angehoben bzw. stärker gesteigert werden.
- e) Länder und Kommunen sind bei der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 nicht nur bei den vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen, sondern auch bei der geplanten Erhöhung des Wohngelds finanziell betroffen. Darüber hinaus kann es bei weiteren Maßnahmen - je nach Ausgestaltung - zu direkten oder indirekten finanziellen Belastungen der Haushalte von Ländern und Kommunen kommen. Dies gilt etwa für die von der Bundesregierung geplante Ausweitung der steuerlichen Förderung der E-Mobilität.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung vor diesem Hintergrund dazu auf, die finanziellen Auswirkungen der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 auf die Haushalte von Ländern und Kommunen im Einzelnen umfassend darzustellen und eine entsprechende vollständige Kompensation zugunsten von Ländern und Kommunen ebenfalls im vorliegenden Gesetz durch eine Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Länder sicherzustellen.
2. Zu Artikel 1 Nummer 4 und 7 (§ 35c und § 52 Absatz 35a EStG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren folgende Anpassungen des Artikels 1 Nummer 4 (§ 35c EStG-E) und Nummer 7 (§ 52 Absatz 35a EStG-E) zu prüfen:
a) Herstellungsbeginn des begünstigten Objekts
In § 35c Absatz 1 Satz 2 EStG-E wird für die Berechnung der 10-Jahresfrist auf den Beginn der Herstellung des begünstigten Objekts abgestellt.
Zu prüfen ist, ob - wie auch an anderen Stellen im Einkommensteuergesetz (vgl. § 7 Absatz 5 EStG) - insoweit Typisierungen (Stellung des Bauantrags, Einreichung der Bauunterlagen) zur Anwendung kommen sollen.
b) "bestehende Heizungsanlagen"
In § 35c Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 EStG-E (bestehende Heizungsanlagen) fehlen die Parameter für die Berechnung der Zweijahresfrist. Es ist zu prüfen, ob insoweit auf den Einbau der optimierten Anlage abzustellen ist.
c) Objektbezogene Förderung in Veräußerungsfällen
In § 35c Absatz 1 Satz 3 EStG-E fehlt eine Regelung zur administrativen Umsetzung zur Überwachung des objektbezogenen Höchstbetrags der Steuerermäßigung. Insbesondere in Veräußerungsfällen kann eine Doppelbegünstigung des nämlichen Objektes (Sanierung durch den Veräußerer; weitere Sanierungsmaßnahmen durch den Erwerber) nicht ausgeschlossen werden. Es sollte daher geprüft werden, ob eine klarstellende Regelung ("Objektverbrauch") aufzunehmen ist.
d) Nutzungsvoraussetzungen
§ 35c Absatz 2 Satz 1 EStG-E verlangt eine ganzjährige ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Kalenderjahr. Es ist fraglich, ob bei Anschaffung oder Veräußerung des Objektes innerhalb des Kalenderjahres die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung tatsächlich ausgeschlossen werden soll.
Darüber hinaus ist zu prüfen, ob nicht auch die in Gänze unentgeltlich zu Wohnzwecken überlassene Wohnung zu begünstigen ist (§ 35c Absatz 2 Satz 2 EStG-E).
e) Miteigentum
§ 35c Absatz 6 EStG-E regelt die Begünstigung bei Miteigentum.
Es ist zu prüfen, ob hierzu eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen im Sinne der §§ 179 ff. der Abgabenordnung (AO) erforderlich und eine entsprechende gesetzliche Regelung zu treffen ist.
f) Anwendungsregelung (§ 52 Absatz 35a EStG-E)
Es ist zu prüfen, ob in die Anwendungsregelung die Änderungen zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 39a Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe c EStG) und Nummer 6 (§ 50 Absatz 1 Satz 3 EStG) aufzunehmen sind (" §§ 35c, 39a Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe c und § 50 Absatz 1 Satz 3 sind erstmals ...").
Ferner sollte in Satz 1 nicht auf "Baumaßnahmen", sondern auf "energetische Maßnahmen" abgestellt werden.
Begründung:
Grundsätzlich begrüßt der Bundesrat die steuerliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen in Altgebäuden.
Um Unklarheiten in der Auslegung der Gesetzesnorm zu vermeiden, bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die oben angeführten Vorschläge zu prüfen.
3. Zur Mobilitätsprämie
Angesichts der im Gesetzentwurf vorgesehenen Zuständigkeiten weist der Bundesrat darauf hin, dass die vorgesehene neue Mobilitätsprämie mit neuen Aufgaben und einem zusätzlichen Personalbedarf in der Finanzverwaltung der Länder verbunden sein wird. Der von der Bundesregierung in der Gesetzesbegründung unterstellte zeitliche Mehraufwand bei der Steuerverwaltung erscheint dabei aus Sicht des Bundesrates als zu gering bemessen. Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob die mit 250.000 geschätzte Zahl der voraussichtlichen Antragsteller auch die als Antragsteller in Betracht kommenden Studenten in Zweitausbildung (insbesondere Masterstudiengänge), Erntehelfer und Minijobber berücksichtigt. Der Bundesrat erwartet einen finanziellen Ausgleich auch der zusätzlichen Personalkosten, die durch die neu eingeführte Mobilitätsprämie entstehen. Außerdem verweist der Bundesrat auf den erheblichen Aufwand für die IT-mäßige Implementierung der Mobilitätsprämie und der Umstellung der energetischen Gebäudesanierung und die sich absehbar daraus ergebenden Konsequenzen für die anstehenden bereits priorisierten KONSENS-Projekte. Der Bundesrat bittet deshalb, die Regelung für die Verwaltung möglichst einfach auszugestalten oder alternativ von einer Bundesbehörde administrieren zu lassen. Unabhängig davon bittet der Bundesrat die Bundesregierung, den zu erwartenden Aufwand für die IT-Umsetzung und die terminlichen Möglichkeiten für die IT-Umsetzung darzustellen.
4. Zu Artikel 2 Nummer 4 ( § 105 EStG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsvorhaben die Ausgestaltung der Mobilitätsprämie insbesondere hinsichtlich des folgenden Punktes zu prüfen: In § 105 EStG-E sollte eine Regelung aufgenommen werden, die verfahrensrechtlich sicherstellt, dass Änderungen der Einkommensteuerfestsetzung, die sich auf die Höhe der Bemessungsgrundlage der Mobilitätsprämie nach § 101 EStG-E auswirken, im Rahmen einer Änderung der Mobilitätsprämienfestsetzung berücksichtigt werden können (Einkommensteuerbescheid als Grundlagenbescheid für den Mobilitätsprämienbescheid).
5. Zu Artikel 2 Nummer 4 (§ 101 Satz 1 EStG)
In Artikel 2 Nummer 4 ist in § 101 Satz 1 die Angabe " § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 Satz 2" durch die Angabe " § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 Satz 4" zu ersetzen.
Begründung:
Es handelt sich um eine redaktionelle Korrektur. Für den betrieblichen Bereich ist in dem Verweis " § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 6 Satz 2" (vgl. § 101 Satz 1 EStG in der Fassung des Regierungsentwurfs) die Angabe "Satz 2" durch "Satz 4" zu ersetzen, weil sich die entsprechende Anwendbarkeit der erhöhten Entfernungspauschale erst aus Satz 4 ergibt (vgl. Artikel 2 Nummer 2).
6. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Absenkung der Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß - bei betrieblicher Verwendung 0,50 Euro je Megawattstunde und bei nichtbetrieblicher Verwendung 1,00 Euro je Megawattstunde - zu prüfen.
Begründung:
Der Schutz des Klimas stellt eine große, globale Herausforderung dar. Der Ausstoß insbesondere von Kohlendioxid (CO₂) in die Erdatmosphäre ist seit Beginn der Industrialisierung konstant angestiegen. Um einen weiteren Anstieg zu verhindern, hat die Bundesregierung mit den Eckpunkten für ein Klimaschutzprogramm 2030 zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen. Eine dieser Maßnahmen ist die Einführung einer CO₂-Bepreisung.
Zeitgleich mit dem Einstieg in eine CO₂-Bepreisung sollen aber auch im Rahmen dieses Klimaschutzprogrammes Bürger und Wirtschaft unter anderem beim Strompreis entlastet werden. Die EEG-Umlage sowie ggf. andere staatlich induzierte Preisbestandteile (Netzentgelte, Umlagen und Abgaben) sollen schrittweise aus den Bepreisungseinnahmen bezahlt werden.
Diese Maßnahmen sind zwar im Kern zu begrüßen, greifen aber zu kurz und führen zu keiner sofortigen spürbaren Entlastung auf Seiten der Bürger und Unternehmen.
Die CO₂-Bepreisung wird von allen Bürgern und der Wirtschaft getragen. Daher ist es nur folgerichtig, wenn auch die angedachten Entlastungen allen zugutekommen. Hierfür sollte die Stromsteuer als staatlich induzierter Preisbestandteil gesenkt werden. Mit einer sofort wirksamen Reduzierung auf das EU-rechtlich verbindliche Mindestmaß könnten die Kosten der Stromendverbraucher erheblich gesenkt werden. Für einen Durchschnittshaushalt würde dies nach Berechnungen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. etwa 84 Euro Entlastung bedeuten. Für die Unternehmen der Industrie und des produzierenden Gewerbes wäre der Betrag um ein Vielfaches höher.
Der Strompreis hat sich für Haushaltskunden in den letzten 13 Jahren von ca. 19 Cent je Kilowattstunde auf mittlerweile ca. 31 Cent je Kilowattstunde und damit um 56 Prozent erhöht. Dieser Anstieg wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach fortsetzen.
Bei den Industriekunden hängen die Stromendpreise stark von der Höhe des jeweiligen Jahresverbrauches ab. Doch auch hier ist in den letzten zwei Jahrzehnten eine Verdopplung zu verzeichnen.
Steigende Strompreise gefährden die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der mittelständischen und kleinen Unternehmen, die nicht von den Sonderregelungen für energieintensive Großverbraucher profitieren können. Die Stromsteuer in Deutschland ist um das 40fache höher als der europäische Mindeststeuerbetrag von 50 Cent je Megawattstunde.
Die Umstände, die zur Einführung der Stromsteuer im Jahr 1999 führten, haben sich seitdem wesentlich geändert. Insbesondere hat sich der Strompreis seit dieser Zeit so erhöht, dass die Stromsteuer als zusätzlicher Anreiz zum Stromsparen nicht mehr benötigt wird.