988. Sitzung des Bundesrates am 27. März 2020
A
1. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:
Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 39 Absatz 4a Satz 1 PostG)
In Artikel 1 Nummer 1 sind in § 39 Absatz 4a Satz 1 die Wörter "über deren Inhalt die Verpflichteten nach Absatz 2 sich gemäß § 39 Absatz 4 S. 1 Nr. 2 oder Nummer 3 des Postgesetzes Kenntnis verschafft haben," zu streichen.
Folgeänderungen:
- a) Im Vorblatt, Abschnitt A. Problem und Ziel ist Absatz 1 wie folgt zu fassen:
"In den vergangenen Jahren ist eine deutliche Zunahme des Handels mit inkriminierten Gütern unter Nutzung von Postdienstleistern zu verzeichnen. Insbesondere werden vielfach Betäubungsmittel oder andere inkriminierte Stoffe gefunden."
- b) Die Begründung ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Abschnitt A. Allgemeines, Ziffer I. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs, Absatz 1 Satz 2 sind nach dem Wort "werden" die Wörter "unter anderem" einzufügen.
- bb) In Abschnitt B. Zu den einzelnen Vorschriften, zu Artikel 1, zu Nummer 1 Absatz 2 Satz 2 sind die Wörter "gemäß § 39 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 PostG zur Sicherung ihres Inhalts geöffnete beschädigte oder eine gemäß § 39 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 PostG zur Ermittlung der auf anderem Weg nicht feststellbaren Absenderinnen und Absender oder Empfängerinnen und Empfänger der unanbringlichen Postsendung geöffnete" zu streichen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Mit dem vorgeschlagenen § 39 Absatz 4a PostG-E würde nur eine Pflicht zur Information der Strafverfolgungsbehörden bezüglich beschädigter Sendungen und Rückläufern festgeschrieben. Im normalen Postbetrieb eindeutig (durch äußere Form oder zum Beispiel Geruch) auffällige Sendungen könnten danach nicht aussortiert werden; im Gegenteil müsste dann gegebenenfalls - argumentum e contrario - davon ausgegangen werden, dass das Fehlen einer solchen Vorlagepflicht in diesen Fällen bedeutet, dass eine Vorlage insoweit dem Postgeheimnis gerade widerspräche.
Die Masse der ausgesonderten Postsendungen - nach Auskunft des hiesigen Geschäftsbereichs cirka 99 Prozent - sind jedoch gerade keine nach § 39 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2, 3 PostG beschädigten oder rücklaufenden, sondern andere für erfahrene Mitarbeiter ohne Weiteres auffällige Sendungen (zum Beispiel Luftpolstertaschen, die Betäubungsmittel in leeren CD-Hüllen enthalten, Sendungen mit deutlichem Betäubungsmittelgeruch oder Sendungen mit demselben Absender).
Der insoweit seitens des Gesetzentwurfs in Bezug genommene und vergleichbare § 5 ZollVG nimmt ebenfalls keine Einschränkung auf lediglich solche Postsendungen vor, welche beschädigt oder Rücklaufer sind. Vielmehr sieht auch dieser eine Vorlagepflicht bereits dann vor, wenn "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte" für das Vorliegen bestimmter Straftaten bestehen.
Eine solche Ausweitung des Gesetzentwurfs stellt auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Grundrechte dar.
Ein derartiger Eingriff in das Postgeheimnis des Artikels 10 Absatz 1 des Grundgesetzes ist insbesondere unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Indem eine Anzeige- und Vorlagepflicht von Postdienstleistern vom Vorliegen eines strafrechtlichen Anfangsverdachts im Sinne des § 152 Absatz 2 StPO abhängig gemacht wird - der sich beispielsweise auch aus dem äußeren Erscheinungsbild einer Postsendung ergeben kann - wird die Angemessenheit der gesetzlichen Regelung und damit ihre Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewährleistet.
B
2. Der federführende Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.