Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Grünbuch der Kommission über die Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens: Wege zu einem effizienten europäischen Markt für öffentliche Aufträge KOM (2011) 15 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 488/00 = AE-Nr. 002252,
Drucksache 489/00 = AE-Nr. 002253,
Drucksache 113/10 (PDF) = AE-Nr. 100144,
Drucksache 616/10 (PDF) = AE-Nr. 100788,
Drucksache 698/10 (PDF) = AE-Nr. 100870 und AE-Nr. 090880

Brüssel, den 27.1.2011
KOM (2011) 15 endgültig

Grünbuch über die Modernisierung der europäischen Politik im Bereich des öffentlichen Auftragswesens: Wege zu einem effizienteren europäischen Markt für öffentliche Aufträge

Die Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum1 umreißt die Vision einer sozialen wettbewerbsfähigen Marktwirtschaft für Europa im nächsten Jahrzehnt - eine Vision, die auf drei miteinander verknüpften und sich gegenseitig verstärkenden Prioritäten basiert: Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft; Förderung einer emissionsarmen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft, die ihre Ressourcen effizient nutzt; Förderung einer Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und ausgeprägtem sozialen und territorialen Zusammenhalt.

Das öffentliche Auftragswesen spielt in der Strategie Europa 2020 als eines der marktbasierten Instrumente, das zur Erreichung dieser Ziele eingesetzt werden sollte, eine wichtige Rolle. Vom öffentlichen Auftragswesen verlangt die Strategie Europa 2020 insbesondere Folgendes:

In der Strategie Europa 2020 wird herausgestellt, dass die Politik auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragwesens die wirtschaftlichste Nutzung öffentlicher Gelder gewährleisten muss und dass die Beschaffungsmärkte EU-weit zugänglich sein müssen. Vor dem Hintergrund strenger Haushaltszwänge und wirtschaftlicher Schwierigkeiten in vielen EU-Ländern ist es von größter Bedeutung, mittels effizienter Vergabeverfahren optimale Ergebnisse zu erzielen Diese Herausforderungen machen es umso dringlicher, über einen gut funktionierenden und effizienten europäischen Markt für öffentliche Aufträge zu verfügen, mit dem diese ehrgeizigen Ziele erreicht werden können.

Viele Interessengruppen haben sich dafür ausgesprochen, das europäische System für die Vergabe öffentlicher Aufträge zu überprüfen, um seine Effizienz und Wirksamkeit zu steigern. In der Binnenmarktakte3 hat die Kommission folglich umfassende Konsultationen angekündigt, um spätestens Anfang 2012 Legislativvorschläge vorlegen zu können, mit denen die europäischen Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet vereinfacht und aktualisiert werden sollen, so dass die Auftragsvergabe flexibler gestaltet und es möglich wird, öffentliche Aufträge auch für andere Politiken besser zu nutzen

Die derzeitige Generation der Vergaberichtlinien, nämlich die Richtlinien 2004/17/EG4 und 2004/18/EG5, ist die letzte Stufe in einer langen Entwicklung, die 1971 mit der Annahme der Richtlinie 071/305/EWG6 begonnen hat Durch die Gewährleistung transparenter und nicht diskriminierender Verfahren zielen diese Richtlinien vor allem darauf ab, dass die Wirtschaftsteilnehmer in den vollen Genuss der Grundfreiheiten auf dem Gebiet der öffentlichen Auftragsvergabe kommen. In den derzeit geltenden Richtlinien werden auch eine Reihe von Zielen genannt, die die Integration anderer Politiken, wie Umweltschutz, soziale Standards7 oder Korruptionsbekämpfung8.in diesen Rahmen betreffen.

Angesichts der Rolle, die die öffentliche Auftragsvergabe bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen spielt, sollten die vorhandenen Instrumentarien und Methoden modernisiert werden, um sie besser den Entwicklungen im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umfeld anzupassen. So sind mehrere zusätzliche Ziele zu verwirklichen:

Zum einen ist die Effizienz der Allokation öffentlicher Gelder zu erhöhen. Dies bedeutet einerseits, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die bestmöglichen Ergebnisse anzustreben sind (optimales Preis-Leistungs-Verhältnis). Zur Erreichung dieses Ziels muss ein größtmöglicher Wettbewerb um die im Binnenmarkt zu vergebenden öffentlichen Aufträge gewährleistet sein. Die Bieter müssen Gelegenheit haben, unter gleichen Wettbewerbsbedingungen zu konkurrieren, und Wettbewerbsverzerrungen müssen vermieden werden. Gleichzeitig muss die Effizienz der Vergabeverfahren als solcher erhöht werden: Gestraffte Vergabeverfahren mit gezielten Vereinfachungsmaßnahmen, die den spezifischen Bedürfnissen kleiner Auftraggeber Rechnung tragen, könnten öffentlichen Auftraggebern dabei helfen, die bestmöglichen Ergebnisse bei der Auftragsvergabe unter Einsatz eines geringstmöglichen Aufwands an Zeit und an öffentlichen Geldern zu erzielen. Effizientere Verfahren werden allen Wirtschaftsteilnehmern zugute kommen und die Beteiligung sowohl der KMU als auch der Bieter aus anderen Mitgliedstaaten vereinfachen. Die grenzübergreifende Teilnahme an EU-Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe ist nach wie vor gering9. Der Vergleich mit dem Privatsektor, in dem der grenzüberschreitende Handel einen wesentlich größeren Umfang hat, zeigt, dass nach wie vor ein erhebliches Potenzial auszuschöpfen ist. Auf dieses Ziel einer effizienteren öffentlichen Auftragsvergabe wird im Wesentlichen mit den Fragen in Teil2 (Verbesserung des Instrumentariums für die Auftraggeber) und Teil3 (Bessere Zugänglichkeit des europäischen Beschaffungsmarkts) eingegangen.

Ein weiteres zusätzliches Ziel besteht darin, den Auftraggebern eine bessere Nutzung der öffentlichen Auftragsvergabe im Sinne gemeinsamer gesellschaftlicher Ziele zu ermöglichen: Dazu zählen der Umweltschutz, eine höhere Ressourcen- und Energieeffizienz und die Bekämpfung des Klimawandels sowie die Förderung von Innovationen und sozialer Eingliederung und auch die Gewährleistung der bestmöglichen Bedingungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen von hoher Qualität. Die Verfolgung dieses Ziels kann auch die Verwirklichung des erstgenannte Ziels einer effizienteren langfristigen Nutzung öffentlicher Gelder unterstützen, indem z.B. der Schwerpunkt vom niedrigsten Anfangspreis auf die niedrigsten Lebenszykluskosten10 verlagert wird. Die mit diesem Ziel zusammenhängenden Fragen werden in Teil 4 des Grünbuchs erörtert (Strategische Nutzung der öffentlichen Auftragsvergabe).

Darüber hinaus könnte an einen weiteren Ausbau des EU-Vergaberechts gedacht werden, um wichtige Fragen anzugehen, die bislang nicht ausreichend behandelt wurden, wie z.B. die Verhinderung und Bekämpfung von Korruption und Günstlingswirtschaft (Teil 5) und die Frage, wie der Zugang europäischer Unternehmen zu Drittlandsmärkten verbessert werden kann (Teil 6). Zudem wird die Überarbeitung des Rechtsrahmens auch Gelegenheit bieten zu prüfen, ob bestimmte grundlegende Begriffe und Konzepte nicht verfeinert werden sollten, um Auftraggebern und Unternehmen mehr Rechtssicherheit zu bieten (Teil 1). In diesem Zusammenhang kann die Überarbeitung bestimmte Möglichkeiten eröffnen, die Konvergenz zwischen der Anwendung des EU-Vergaberechts und der Regeln für staatliche Beihilfen zu erhöhen.

In diesem Grünbuch werden eine Reihe von Überlegungen dahingehend angestellt, wie sich die verschiedenen Ziele besser verwirklichen lassen. Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass zwischen den Zielen Konflikte bestehen können (z.B. Vereinfachung der Verfahren versus Berücksichtigung anderer politischer Ziele). Diese unterschiedlichen Ziele führen mitunter zu politischen Optionen, die in verschiedene Richtungen gehen und zu einem späteren Zeitpunkt eine wohlbegründete Entscheidung verlangen.

Darüber hinaus sind eventuelle legislative Änderungen nur in begrenztem Umfang möglich.

So müssen diese Änderungen mit den internationalen Verpflichtungen der EU kohärent sein oder können geeignete Verhandlungen mit allen betroffenen Partnern über mögliche Kompensationsanfragen erfordern. Diese Verpflichtungen, die in einer plurilateralen Vereinbarung11 und in mehreren bilateralen Vereinbarungen12 festgelegt sind, können die Reichweite etwaiger legislativer Anpassungen unter Umständen beschränken. Dies betrifft insbesondere die Schwellenwerte für die Anwendung der EU-Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens, die Definitionen der Beschaffungstätigkeiten und der öffentlichen Auftraggeber sowie bestimmte Verfahrensfragen wie die Festlegung der technischen Spezifikationen und Fristen.

Auf Konzessionen wird in dieser Konsultation nicht eingegangen. Sie waren Gegenstand früherer gesonderter Konsultationen und einer Folgenabschätzung. Die Kommission gedenkt, Rechtsvorschriften vorzuschlagen, die den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sowie den Wirtschaftsteilnehmern in ganz Europa mehr Rechtssicherheit verschaffen und die Entwicklung öffentlichprivater Partnerschaften erleichtern sollen. Fragen der elektronischen Auftragsvergabe werden in einem gesonderten Grünbuch behandelt, das am 18. Oktober 2010 veröffentlicht wurde13.

Parallel zur Vorlage dieses Grünbuchs nimmt die Kommission derzeit eine umfassende Bewertung der Folgen und der Kosteneffizienz der EU-Politik auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragwesens vor. Damit sollen Informationen über die Funktionsweise der derzeitigen Vergabevorschriften eingeholt werden, um sich einen empirischen Einblick in Bereiche zu verschaffen, in denen Verbesserungsbedarf besteht. Die Ergebnisse dieser neuen Bewertung sollen im Sommer 2011 veröffentlicht werden.

Neben den Ergebnissen dieser Bewertung werden die Beiträge der Interessengruppen zu diesem Grünbuch in die Überlegungen zur künftigen Reform der EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen einfließen, die in einen Vorschlag für eine Rechtsreform münden werden.

1. Worum geht es bei den EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen

Wenn es um die Verwendung öffentliche Gelder geht, müssen Auftraggeber andere Maßstäbe anlegen als Manager privater Unternehmen, die das Risiko von Verlusten und letztendlich einer Insolvenz zu tragen haben und direkt von den Marktkräften kontrolliert werden.

Aus diesen Gründen sehen die Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen spezifische Auftragsvergabeverfahren vor, um sicherzustellen, dass öffentliche Aufträge auf eine möglichst rationelle, transparente und faire Art vergeben werden. Auch sind Schutzmaßnahmen vorgesehen, um ein potenzielles Manko an kommerzieller Disziplin bei öffentlichen Beschaffungen zu kompensieren, sowie gegen eine kostspielige Vorzugsbehandlung von nationalen oder lokalen Wirtschaftsteilnehmern anzugehen.

Deshalb gelten die EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen für alle öffentlichen Aufträge, die für Wirtschaftsteilnehmer im Binnenmarkt von potenziellem Interesse sind, und gewährleisten gleichen Zugang zu diesen Aufträgen sowie einen fairen Wettbewerb um öffentliche Aufträge auf dem europäischen Beschaffungsmarkt.

1.1. Beschaffung

Vom Grundsatz her sollen die Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen die von den Auftraggebern getätigten Beschaffungen regeln. Der Anwendungsbereich der EU-Richtlinien über das öffentliche Auftragswesen beschränkt sich allerdings nicht ausdrücklich auf Beschaffungen, die spezifische Bedürfnisse des Auftraggebers 14 abdecken. Dies hat eine Debatte über die Anwendbarkeit der Richtlinien in Situationen ausgelöst, in denen Behörden Vereinbarungen abschließen, die rechtsverbindliche Verpflichtungen für Zwecke einführen, die nicht mit ihrem eigenen Beschaffungsbedarf zusammenhängen.

Dies trifft beispielsweise auf Fälle zu, in denen die Zuschussvereinbarung für die Bereitstellung von Geldern mit einer rechtsverbindlichen Verpflichtung für den Begünstigten einhergeht, bestimmte Dienstleistungen zu erbringen. Mit derartigen Verpflichtungen soll in der Regel die angemessene Nutzung öffentlicher Gelder gewährleistet werden. Sie sollen nicht der Deckung eines Beschaffungsbedarfs der Behörde dienen, die die Gelder bereitstellt.

Mitgliedstaaten und andere Interessengruppen haben sich über den Mangel an Rechtssicherheit hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Vorschriften für die öffentliche Auftragsvergabe in diesen Situationen beschwert und um eine Klarstellung des Zwecks dieser Vorschriften gebeten. In seiner jüngsten Rechtsprechung vertrat der EuGH die Auffassung, dass der Begriff "öffentliche Aufträge" impliziert, dass die Bauarbeiten, Lieferungen oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, zum unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen des Auftraggebers15 erbracht werden.

Frage:

Sollte eine derartige Beschränkung lediglich das vom EuGH festgelegte Kriterium des unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzens kodifizieren oder zusätzliche/alternative Bedingungen und Konzepte beinhalten"

1.2. Öffentliche Aufträge

Die derzeitige Einteilung der öffentlichen Aufträge in Bauarbeiten, Lieferverträge und Dienstleistungsaufträge ist das Ergebnis einer historischen Entwicklung. Die Notwendigkeit, öffentliche Aufträge von Anfang an einer dieser Kategorien zuzuordnen, kann zu Schwierigkeiten führen, wie z.B. im Falle von Verträgen über den Kauf von Software-Anwendungen, die je nach Fall entweder als Lieferverträge oder als Dienstleistungsaufträge eingestuft werden können. Die Richtlinie 2004/18/EG enthält spezifische Regeln für gemischte Aufträge, die von der Rechtsprechung weiterentwickelt wurden. Nach Auffassung des EuGH sind die anwendbaren Regeln für den Fall, dass ein Auftrag Elemente verschiedener Typen enthält, durch Bestimmung des Hauptzwecks des Auftrags festzulegen.

Einige dieser Probleme könnten durch eine Vereinfachung der derzeitigen Struktur vermieden werden. So wäre es denkbar, nur zwei Arten von öffentlichen Aufträgen zu definieren, wie im Falle des GPA-Systems, das lediglich zwischen Lieferverträgen und Dienstleistungsaufträgen unterscheidet, wobei Bauarbeiten eine Form von Dienstleistungen wären ("Baudienstleistungsauftrag"). Auch könnte die Möglichkeit einer einheitlichen Definition eines öffentlichen Auftrags und nur dann eine Unterscheidung nach dem Gegenstand ins Auge gefasst werden, wenn dies wirklich erforderlich ist (z.B. bei Bestimmungen zu Schwellenwerten).

Frage:

Unabhängig von einer möglichen Neuordnung der Vertragstypen könnte es erforderlich sein, die derzeitigen Definitionen der verschiedenen Typen zu überprüfen und zu vereinfachen.

Dies gilt insbesondere für die Definition der "öffentlichen Bauaufträge" in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 2004/18/EG, die drei alternative Bedingungen enthält, die komplex sind und sich zum Teil überschneiden. Der Begriff der öffentlichen Bauaufträge umfasst die Ausführung oder sowohl die Planung als auch die Ausführung spezifischer, im Anhang der Richtlinie genannter Arten von Bauvorhaben, die Ausführung oder sowohl die Planung als auch die Ausführung einer in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie genannten Arbeiten sowie "die Erbringung einer Bauleistung ( ... ), gleichgültig mit welchen Mitteln, gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen". Die letzte Bedingung wurde hinzugefügt, um sicherzustellen, dass die Definition Fälle abdeckt, in denen die Bauleistungen nicht vom Auftragnehmer selbst, sondern von in seinem Namen handelnden Dritten erbracht werden.

Es wäre denkbar, die Definition zu vereinfachen, indem die aktuelle Struktur durch ein Paket wesentlich einfacherer und klarerer Bedingungen ersetzt wird, die alle Arten von Bauleistungen abdecken, und zwar unabhängig von ihrem Charakter und Zweck, einschließlich Leistungen, die mit spezifischen, möglicherweise durch Dritte erbrachten Arbeiten verbunden sind.

Frage:

Dienstleistungen gemäß Anhang II Teile A und B

Ein noch wichtigerer Aspekt ist die Abdeckung von Dienstleistungsaufträgen.

Die derzeitigen Richtlinien unterscheiden zwischen sogenannten "A-Dienstleistungen"16 und "B-Dienstleistungen"17. Während die in Teil A aufgeführten Dienstleistungen sämtlichen Verfahren der Richtlinien unterliegen, muss die Zuschlagserteilung bei den in Teil B aufgeführten Dienstleistungen lediglich den Bestimmungen zu den technischen Spezifikationen und zur Übermittlung einer Bekanntmachung der Ergebnisse des Vergabeverfahrens 18 genügen. Dem EuGH-Fallrecht zufolge müssen Auftraggeber, die Aufträge für "B-Dienstleistungen" vergeben, jedoch den grundlegenden Vorschriften des EU-Primärrechts genügen, insbesondere den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, der Gleichbehandlung und der Transparenz, wenn die besagten Aufträge von besonderem grenzübergreifenden Interesse sind19. Damit einher geht die Verpflichtung, eine ausreichende Bekanntmachung zu gewährleisten, um es interessierten Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, ihr eventuelles Interesse an dem Auftrag zu bekunden.

Ursprünglich wollte der Gesetzgeber die volle Anwendung der Richtlinie während eines Übergangszeitraums auf bestimmte spezifische Dienstleistungsaufträge begrenzen, die ein besonders hohes Potenzial für den Ausbau des grenzüberschreitenden Handels 20 zu bieten schienen. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass angesichts des offenen Charakters der "B-Dienstleistungen" (siehe Kategorie 27: "Sonstige Dienstleistungen") die vollständige Anwendung der Richtlinien auf Dienstleistungen in der Praxis die Ausnahme ist, wohingegen die Behandlung als "B-Dienstleistungen" die Regel ist.

Es bestehen einige Zweifel dahingehend, ob diese Situation in Anbetracht der wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklung im Binnenmarkt noch angemessen ist. Bei einigen der in der "B"-Liste ausdrücklich genannten Dienstleistungen, wie Wasserbeförderungsdienstleistungen, Hoteldienstleistungen, Einsatz und Bereitstellung von Personal oder Sicherheitsdienstleistungen, kann kaum davon ausgegangen werden, dass sie grenzübergreifend von geringerem Interesse als die in der "A"-Liste aufgeführten Dienstleistungen sind.

Darüber hinaus bereitet die Unterscheidung zwischen "A"- und "B"-Dienstleistungen Probleme und führt unter Umständen zu Fehlern bei der Anwendung der Vorschriften. Wie im Falle der Einstufung von Aufträgen bereiten Grenzfälle und gemischte Aufträge21 Schwierigkeiten. Darüber hinaus besteht eine solche Unterscheidung in den Systemen der meisten Handelspartner nicht. Die derzeitige Rechtslage macht es folglich schwieriger, weitere Marktzugangsverpflichtungen von Handelspartnern zu erwirken, da die EU sie nicht erwidern kann, insbesondere was die Dienstleistungen betrifft, die für den Binnenmarkt und den grenzübergreifenden Handel relevant geworden sind.

Die beste Lösung wäre eine Aufhebung der Unterscheidung zwischen den derzeitigen "A"- und "B"-Dienstleistungen und die Anwendung der Standardregelung auf alle Dienstleistungsaufträge22. Damit würden die bestehenden Vorschriften vereinfacht. Sollte die Konsultation ergeben, dass die allgemeine Regelung vereinfacht werden muss, könnte eine solche Vereinfachung auch zur Abschaffung der derzeitigen Sonderregelung für "B"- Dienstleistungen beitragen.

Fragen:

Schwellenwerte

Derzeit werden die in den Richtlinien festgelegten Schwellenwerte von einigen Interessengruppen als zu niedrig angesehen. Folglich fordern sie ihre Anhebung und begründen dies damit, dass das grenzübergreifende Interesse nicht ausreichend ist, um für ein Verfahren zur Vergabe von Aufträgen von relativ geringem Wert, die derzeit unter die Richtlinie fallen, einen derart hohen Verwaltungsaufwand zu rechtfertigen.

Durch höhere Schwellenwerte würden aber mehr Aufträge von der Anforderung einer EU-weiten Veröffentlichung einer Bekanntmachung ausgenommen, was die Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmen in ganz Europa einschränken würde.

An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass alle von der EU eingegangenen internationalen Verpflichtungen Schwellenwerte enthalten, die genau den in den derzeitigen Richtlinien enthaltenen entsprechen; eine Ausnahme bilden die sogenannten "B"-Dienstleistungen (und soziale Dienstleistungen im Besonderen)23. Diese Schwellenwerte sind für die Marktzugangsmöglichkeiten entscheidend und einer der wichtigsten Bestandteile all dieser Vereinbarungen. Jede Anhebung der anwendbaren Schwellenwerte in der EU würde automatisch eine entsprechende Anhebung in allen von der EU unterzeichneten Vereinbarungen nach sich ziehen (nicht nur im GPA, sondern auch in allen anderen internationalen Vereinbarungen). Diese Situation könnte jedoch zu Kompensationsanfragen seitens unserer Partner führen, die einen beträchtlichen Umfang annehmen könnten.

Frage:

Ausschlüsse

Der Abschnitt "Aufträge, die nicht unter die Richtlinie fallen" in der Richtlinie 2004/18/EG24 ist recht heterogen: Einige der Ausschlüsse gründen sich auf Ausnahmen/Beschränkungen des Anwendungsbereichs des Vertrags (Art. 14) oder auf Überlegungen zur Kohärenz mit der internationalen Rechtsordnung (Art. 15) oder mit anderen Rechtsdisziplinen (Art. 16 Buchstaben c und e), während andere das Ergebnis einer politischen Entscheidung (Art. 16 Buchstaben a, b, d, f, Art. 17) sind. Dies erschwert aber die Festlegung eines globalen Ansatzes, wenn es um die Bewertung der Notwendigkeit einer Überprüfung dieser Bestimmungen geht. Eine Überprüfung dieser Ausschlüsse muss auf jeden Fall vor dem Hintergrund der internationalen Verpflichtungen Europas gesehen werden, die derzeit den in den Richtlinien vorgesehenen Ausnahmen und Abweichungen Rechnung tragen. Weitere Ausschlüsse müssten sicherlich unter diesem Aspekt analysiert werden. Die internationalen Verpflichtungen lassen indes einen Spielraum für die Aktualisierung oder Klarstellung des Inhalts sowie Darstellung der Ausschlüsse. Auch könnte eine Abschaffung von Ausschlüssen, die aus rechtlichen, politischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr benötigt werden, ins Auge gefasst werden.

Fragen:

1.3. Öffentliche Auftraggeber

Auftragsvergabe durch öffentliche Stellen

Die Richtlinie 2004/18/EG findet auf von staatlicher Seite (einschließlich aller nachgeordneten Stellen), von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und von Einrichtungen des öffentlichen Rechts sowie von aus einer oder mehrerer dieser Stellen gebildeten Zusammenschlüssen vergebene Aufträge Anwendung25.

Während die Begriffe "Staat" sowie "lokale und regionale Gebietskörperschaften" relativ klar sind, ist der Begriff der "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" komplexer. Abgedeckt werden sollen rechtlich unabhängige Organisationen mit engen Verbindungen zum Staat, die im Grunde genommen als staatliche Stellen agieren. Beispiele dafür sind öffentliche Rundfunkanstalten, Universitäten, Krankensversicherungsfonds und kommunale Unternehmen.

Die in der Richtlinie 2004/18/EG enthaltene Definition war Gegenstand einer Reihe von EuGH-Urteilen. Im Lichte dieses Fallrechts lassen sich die Bedingungen, denen eine Einrichtung des öffentlichen Rechts genügen muss, wie folgt zusammenfassen:

Die ordnungsgemäße Anwendung dieser Elemente macht eine Einzelfallanalyse erforderlich, die Faktoren wie den Grad des Wettbewerbs auf dem Markt und die Frage berücksichtigt, ob die Einrichtung gewinnorientiert arbeitet und die mit ihrer Tätigkeit einhergehenden Risiken und Verluste übernimmt.

Frage:

Öffentliche Versorgungsleistungen

Im Rahmen der derzeit geltenden Vergabevorschriften regelt eine Sonderrichtlinie (Richtlinie 2004/17/EG) die Auftragsvergabe im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste. Diesen Sektoren sind bestimmte Merkmale gemein: Bei ihnen handelt es sich um netzgebundene Wirtschaftszweige, d.h. sie greifen auf ein physisch vorhandenes oder "virtuelles" Netz zurück (z.B. Pipelines, Stromnetze, Postinfrastrukturen, Eisenbahnlinien usw.) oder sie nutzen geografische Zonen - in der Regel auf der Grundlage von Exklusivrechten -, um Terminaleinrichtungen zur Verfügung zu stellen oder die Prospektion und ggf. die Gewinnung von Mineralien (Öl, Gas, Kohle usw.) zu betreiben.

Ein weiteres Merkmal dieser Sektoren besteht darin, dass die besagten Tätigkeiten nicht nur von öffentlichen Stellen betrieben werden, sondern auch - und in einigen Mitgliedstaaten vor allem - von kommerziellen Unternehmen, bei denen es sich um öffentliche Unternehmen oder private, auf der Grundlage von Sonder- oder Exklusivrechten tätige Gesellschaften handeln kann. Ein Hauptgrund für die Einführung von Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge in diesen Sektoren war die Tatsache, dass die Wirtschaftsteilnehmer auf geschlossenen Märkten agieren auf der Grundlage von Sonder- oder Exklusivrechten, die von den Mitgliedstaaten für die Versorgung, die Bereitstellung oder den Betrieb von Netzen für die Erbringung der betreffenden Dienstleistung gewährt werden. Die Ausdehnung der Vergabevorschriften auf öffentliche und private (kommerzielle) Betreiber von Versorgungsunternehmen wurde für notwendig erachtet, da die nationalen Behörden das Verhalten dieser Einrichtungen auf unterschiedliche Weise beeinflussen können, unter anderem durch Vergabe (oder Verweigerung) von Sonder- oder Exklusivrechten oder durch Beteiligung an ihrem Kapital sowie durch Vertretung in den Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorganen der Einrichtungen.

Da - anders ausgedrückt - kein hinreichender Wettbewerbsdruck gegeben war, wurde die durch die Anwendung der Verfahrensvorschriften der Sektorenrichtlinie eingeführte Disziplin für erforderlich gehalten, um zu gewährleisten, dass die Auftragsvergabe für die Fortführung der betreffenden Tätigkeiten transparent und nichtdiskriminierend erfolgt. Angesichts nicht vorhandener spezifischer Vorschriften war nämlich zu befürchten, dass Auftragsvergabeentscheidungen durch die Betreiber von Versorgungsunternehmen durch Günstlingswirtschaft, lokale Präferenzen oder andere Faktoren beeinflusst werden könnten.

Seitdem werden in vielen dieser Sektoren Liberalisierungsprozesse entweder auf EU- oder auf nationaler Ebene eingeleitet (z.B. im Strom- und Gassektor, bei der Exploration und Ausbeutung von Kohlenwasserstoffen, bei den Postdiensten usw.). Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die "Liberalisierung" im Sinne eines Prozesses, der auf den Erhalt des freien Zugangs zur betreffenden Tätigkeit abzielt, nicht unbedingt oder automatisch zu einem lebhaften Wettbewerb führt. So erhalten die "etablierten Betreiber" oftmals sehr große Marktanteile, und in einigen Mitgliedstaaten kann die Präsenz von staatseigenen Betrieben die Funktionsweise des Marktes verzerren.

Die derzeitige Richtlinie enthält eine Bestimmung, nämlich Artikel 30, die es der Kommission gestattet, die Auftragsvergabe in bestimmten Fällen vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen, wenn das Wettbewerbsniveau dergestalt ist (auf Märkten, zu denen der Zugang nicht beschränkt ist), dass der Wettbewerbsdruck für ausreichende Transparenz und Nichtdiskriminierung bei der Vergabe im Rahmen der Fortführung dieser Tätigkeiten sorgt. Bislang hat die Kommission sechzehn derartige Beschlüsse für neun Mitgliedstaaten gefasst; ein Antrag wurde zurückgezogen.

Zu den bisher betroffenen Sektoren zählten der Stromsektor (Erzeugung und Vertrieb), der Gassektor (Vertrieb), der Erdöl- und der (Erd-)Gassektor sowie verschiedene Teile des Postsektors (insbesondere Logistik, Paketdienste und Finanzdienstleistungen).

Schließlich sollte auch berücksichtigt werden, dass immer mehr private Einrichtungen ein Betriebsrecht erhalten, nachdem sie offene und transparente Verfahren durchlaufen haben. Folglich haben sie keine Sonder- oder Exklusivrechte im Sinne der Richtlinie.

Auch ist an dieser Stelle darauf zu verweisen, dass der vollständige Anwendungsbereich der Sektorenrichtlinie international entweder im GPA oder in bilateralen Vereinbarungen festgeschrieben ist. Mögliche Beschränkungen des Anwendungsbereichs könnten zu einer Änderung der von der EU eingegangenen internationalen Engagements führen, was Kompensationsanfragen auslösen könnte.

Fragen:

2. Verbesserung des Instrumentarium für die öffentlichen Auftraggeber

Die Auftraggeber beschweren sich mitunter darüber, dass die in den EU-Vorschriften vorgesehenen Regulierungsinstrumente ihrem Beschaffungsbedarf nicht in jeder Hinsicht angepasst sind. So fordern sie insbesondere einfachere und/oder flexiblere Verfahren. Ihrer Meinung nach ist die Anwendung des vollständigen Regelpakets in bestimmten Fällen praktisch nicht möglich (insbesondere im Falle der Auftragsvergabe durch sehr kleine Auftraggeber). Andere Situationen (bestimmte Formen öffentlich-öffentlicher Kooperation) sollten völlig von der Anwendung dieser Vorschriften ausgenommen werden. Darüber hinaus gibt es Bereiche der öffentlichen Beschaffung, in denen sich die in den EU-Vorschriften für öffentliche Auftragsvergabe vorgesehenen Instrumente unter Umständen als unzureichend erweisen (gemeinsame Auftragsvergabe, spezifische Probleme nach dem Zuschlag).

Auf diese Bedenken wird im folgenden Abschnitt eingegangen. Aus dem Feedback der Wirtschaftsteilnehmer ging klar hervor, dass die EU-Vorschriften einige grundlegende Anforderungen enthalten müssen, die gleiche Wettbewerbsbedingungen garantieren; allerdings könnten einige detailliertere Vorschriften der derzeitigen Richtlinie überprüft werden. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine Beschränkung der EU-Vorschriften an bestimmte Grenzen stoßen dürfte. Eine Reihe prozeduraler Anforderungen rühren direkt aus dem GPA und den von der EU unterzeichneten bilateralen Vereinbarungen her, wie die Fristen für verschiedene Verfahren, die Bedingungen für den Rückgriff auf ein Verhandlungsverfahren ohne Veröffentlichung oder mit Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung. Ein Verzicht auf dies Anforderungen oder eine Änderung dieser Anforderungen wäre nicht ohne eine Neuaushandlung der internationalen Verpflichtungen der EU möglich. Auch sei daran erinnert, dass die EU-Vorschriften durch ein umfangreiches Regelwerk auf nationaler oder regionaler Ebene ergänzt werden. Eine auf EU-Ebene aufgehobene Verordnung könnte auf anderen Ebenen ersetzt werden, wodurch das Risiko einer unterschiedlichen nationalen Gesetzgebung und eines möglichen nationalen "Goldplating"26 gegeben wäre. Eine Überarbeitung der Verfahrensregeln ist auch angesichts des Ziels zu prüfen, eine größtmögliche Kohärenz zwischen dem EU-Vergaberecht und anderen EU-Rechtsvorschriften, wie den Regeln für staatliche Beihilfen, herzustellen.

Fragen:

2.1. Modernisierung der Verfahren

Eines der Hauptthemen in der öffentlichen Debatte ist die Frage, ob die in den Richtlinien vorgesehenen Verfahren nach wie vor den Bedürfnissen von öffentlichen Auftraggebern und Wirtschaftsteilnehmern angepasst sind oder ob sie geändert werden sollten, und wenn ja, vor allem mit Blick auf einen Abbau der Komplexität und der Verwaltungslasten bei gleichzeitiger Wahrung eines fairen Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und optimaler Vergabeergebnisse.

Allgemeine Verfahren

Die derzeitigen Richtlinien sehen ein breites Spektrum an Instrumentarien und Verfahren vor. Sowohl nach der Richtlinie 2004/17/EG als auch nach der Richtlinie 2004/18/EG können die Beschaffungsbehörden zwischen dem offenen 27 und dem nicht offenen 28 Verfahren wählen. Beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung einer Ausschreibung29 sieht die Situation etwas anders aus. Die Sektorenrichtlinie sieht eine erhöhte Flexibilität 30 vor mit dem Ergebnis, dass die Sektoren sich frei dafür entscheiden können, ihre Aufträge im Rahmen von Verhandlungsverfahren zu vergeben, sofern sie vorher eine Ausschreibung veröffentlicht haben. Der Richtlinie 2004/18/EG zufolge kann das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung andererseits ausschließlich unter den spezifischen in Artikel 30 genannten Umständen genutzt werden. In beiden Richtlinien wird das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung auf Ausnahmefälle beschränkt, die erschöpfend aufgelistet sind31 und restriktiv ausgelegt werden.

Auf dem Gebiet der Dienstleistungen können die Beschaffungsbehörden auch auf Wettbewerbe 32 zurückgreifen 2004 wurden in die Richtlinien mehrere spezifische Verfahrensoptionen aufgenommen, wie der wettbewerbliche Dialog 33, dynamische Beschaffungssysteme34 oder elektronische Auktionen 35. Eine weitere 2004 eingeführte Verfahrensflexibilität sieht die Möglichkeit der Zentralisierung der Auftragsvergabe vor, indem die Aufträge von einer zentralen Auftragsvergabestelle vergeben und von ihr koordiniert werden36 oder indem Rahmenvereinbarungen abgeschlossen werden37. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise hielt die Kommission überdies den Rückgriff auf ein beschleunigtes Verfahren 38 für gerechtfertigt, um 2009 und 2010 größere öffentliche Investitionsvorhaben durchzuführen.

Diese größere Bandbreite an Verfahrensoptionen muss nun geprüft werden, um herauszufinden, ob die Verfahren der derzeitigen Richtlinie nach wie vor das beste Instrumentarium für eine effiziente Auftragsvergabe sind, auch im Hinblick auf die wachsende Bedeutung der öffentlichprivaten Partnerschaften (PPP). Sowohl die Konzipierung unterschiedlicher Verfahrenstypen als solcher als auch die von der Richtlinie für die verschiedenen Verfahrensstufen39 festgelegten Anforderungen sollten im Hinblick auf ihre Effizienz sorgfältig geprüft werden, wobei optimale Auftragsvergabeergebnisse bei geringstmöglichem Verwaltungsaufwand40 anzustreben sind.

Fragen:

Mehr Verhandlungen

Die Interessengruppen sprechen sich oftmals für mehr Flexibilität bei den Vergabeverfahren aus. Insbesondere sollte es ihrer Ansicht nach öffentlichen Auftraggebern gestattet sein, die Auftragsbedingungen mit potenziellen Bietern auszuhandeln.

Der Rückgriff auf Verhandlungen ist dem GPA zufolge gestattet, sofern dies in der Bekanntmachung angekündigt wird. Eine solche Möglichkeit könnte auch in die allgemeinen EU-Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge unter der Bedingung aufgenommen werden, dass die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und des fairen Verfahrens eingehalten werden. Dadurch erhielten die öffentlichen Auftraggeber in der Tat mehr Flexibilität, um Vergabeergebnisse zu erhalten, die ihren Bedürfnissen wirklich entsprechen.

Diese Option ist noch eingehend mit allen Interessengruppen, den öffentlichen Auftraggebern und den Wirtschaftsteilnehmern zu erörtern. Die möglichen Vorteile einer erhöhten Flexibilität und potenziellen Vereinfachung müssen gegen die höheren Risiken von Günstlingswirtschaft und generell übermäßig subjektiven Entscheidungen abgewogen werden, die aufgrund des größeren Ermessensspielraums möglich sind, den die öffentlichen Auftraggeber beim Verhandlungsverfahren haben. Eine derartige Subjektivität würde es jedoch schwerer machen nachzuweisen, dass der entsprechende Auftrag keine staatlichen Hilfen beinhaltet. Den öffentlichen Auftraggebern mehr Spielraum einzuräumen kann überdies nur dann zu nützlichen Ergebnissen führen, wenn sie über das nötige technische Knowhow, Marktkenntnis und die Fähigkeit zur Aushandlung eines guten Abschlusses mit den Anbietern verfügen.

Schließlich ist sorgfältig zu prüfen, bei welchem Auftragstyp und welchem Auftragsumfang Verhandlungen Sinn machen. Nach Auffassung verschiedener Interessengruppen wären Verhandlungen vor allem bei der Vergabe kleinerer Aufträge sinnvoll. Auf der anderen Seite könnten sie auch für die Vergabe größerer Projekte, insbesondere im Rahmen öffentlichprivater Partnerschaften nützlich sein (und dies in stärkerem Maße). Angesichts der Komplexität der Aufträge für solche Projekte wären besonders flexible Verfahren und ein großer Verhandlungsspielraum sowie technischer Sachverstand beim öffentlichen Auftraggeber zur Durchführung von Verhandlungen umso erforderlicher.

Fragen:

Gewerbliche Güter und Dienstleistungen

Das GPA enthält spezielle Vorschriften für "gewerbliche Waren oder Dienstleistungen, die im Allgemeinen auf dem gewerblichen Markt an nichtstaatliche Käufer verkauft oder diesen zum Kauf angeboten werden und gewöhnlich von nichtstaatlichen Käufern zu nicht hoheitlichen Zwecken erworben werden". Bei gewerblichen Gütern und Dienstleistungen wird davon ausgegangen, dass sie auf dem Markt in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden und die Auftragsvergabe bei solchen Gütern und Dienstleistungen dadurch vereinfacht wird, dass Preis, Qualität und Bedingungen auf den Markt weitestgehend etabliert sind. Es könnte gerechtfertigt sein, vereinfachte Verfahren für die Beschaffung solcher Güter und Dienstleistungen einzuführen (z.B. vereinfachte Verfahren mit kürzeren Fristen).

Frage:

Auswahl und Zuschlagserteilung

Den derzeitigen Richtlinien zufolge hat die Auswahl des Bieters, der den Zuschlag erhält, in zwei Phasen zu erfolgen. In der Auswahlphase bewertet der öffentliche Auftraggeber die Leistungsfähigkeit und Eignung der Wirtschaftsteilnehmer. Dies erfolgt auf der Grundlage von Ausschlusskriterien und Kriterien der wirtschaftlichen, finanziellen, beruflichen und technischen Leistungsfähigkeit. In der Zuschlagsphase prüft der öffentliche Auftraggeber die Angebote und wählt das günstigste Angebot aus. Dies erfolgt auf der Grundlage objektiver Kriterien zur Bewertung der Qualität der vorgeschlagenen Produkte und Dienstleistungen.

Dem EuGH-Fallrecht41 zufolge sind die öffentlichen Auftraggeber gehalten, eine strenge Unterscheidung zwischen Auswahl- und Zuschlagskriterien vorzunehmen. Die Zuschlagsentscheidung hat sich ausschließlich auf Kriterien zu stützen, die die angebotenen Produkte und Dienstleistungen betreffen. Erwägungen zur Eignung des Bieters im Hinblick auf die Auftragsausführung, wie Erfahrung, Personal und Ausrüstung, sind nicht zulässig.

Im GPA wird auch zwischen der Auswahlentscheidung und der Zuschlagsentscheidung unterschieden. Diese Unterscheidung ist jedoch weniger streng als im oben zitierten Fallrecht, denn das GPA untersagt nicht ausdrücklich die Berücksichtigung von Kriterien in der Zuschlagsphase, die sich nicht auf die angebotenen Güter und Dienstleistungen beziehen. Folglich können bieterbezogene Kriterien mitberücksichtigt werden.

Die öffentlichen Auftraggeber beschweren sich mitunter über die Verwaltungslasten, die aus der Anforderung entstehen, vor der Analyse der Angebote anhand der Zuschlagskriterien zunächst die Erfüllung der Auswahlkriterien durch alle Bewerber und Bieter zu prüfen. Ihrer Auffassung nach könnte eine vorherige Prüfung anhand der Zuschlagskriterien in einigen Fällen eine Beschleunigung des Verfahrens bewirken, da nur im Hinblick auf den Bieter, der den Zuschlag erhält, zu analysieren wäre, inwieweit die Auswahlkriterien erfüllt sind..

Dies könnte Anlass sein, Organisation und Abfolge der Prüfung anhand der Auswahl- und Zuschlagskriterien im Rahmen des Verfahrens zu überdenken. Das jüngste EuGH-Fallrecht scheint ebenfalls in diese Richtung zu gehen: "... die Gemeinschaftsrichtlinien im Bereich der öffentlichen Aufträge (schließen) theoretisch zwar nicht aus, dass die Prüfung der fachlichen Eignung der Bieter und der Zuschlag für den Auftrag gleichzeitig erfolgen können, doch handelt es sich bei diesen beiden Vorgängen um zwei verschiedene Vorgänge, für die unterschiedliche Regeln gelten."42

Die Zweckmäßigkeit einer solchen Möglichkeit wäre aber sorgfältig zu prüfen. Eine wirkliche Erleichterung der Verwaltungslasten ist nur in sehr spezifischen Fällen denkbar. Die Prüfung der Angebote anhand der Auswahlkriterien erst nach der Prüfung anhand der Zuschlagskriterien vorzunehmen wäre nur dann sinnvoll, wenn die Bewertung anhand der Zuschlagskriterien für alle Angebote rasch und einfach erfolgen kann. Dies könnte insbesondere bei der Zuschlagserteilung für Aufträge der Fall sein, die die Beschaffung von Standardgütern zum niedrigsten Preis betreffen. Bei einem nicht offenen Verfahren oder Verhandlungsverfahren, bei dem die zur Abgabe eines Angebots aufgeforderten oder zu Verhandlungen eingeladenen Bewerber in der Regel auf der Grundlage qualitativer Kriterien ausgewählt werden, wäre dieser Ansatz nur schwer durchzusetzen. Das Gleiche gilt für einen Rückgriff auf Qualifikationssysteme.

Einige Interessengruppen unterbreiten noch weiter gehende Vorschläge, die die Trennung zwischen Auswahl- und Zuschlagskriterien im Grundsatz in Frage stellen. Sie vertreten die Auffassung, dass die Möglichkeit der Berücksichtigung bieterbezogener Kriterien, wie Erfahrung und Qualifikation, als Zuschlagskriterien die Ergebnisse der Auftragsvergabe mit verbessern kann.

Bei Einführung einer solchen Möglichkeit muss man sich allerdings darüber im Klaren sein, dass dies eine grundlegende Änderung des in den Vergaberichtlinien vorgesehenen Verfahrenssystems bewirken würde. Die Trennung zwischen Auswahl- und Zuschlagskriterien garantiert Fairness und Objektivität beim Vergleich der Angebote. Die Einbeziehung bieterbezogener Kriterien wie Erfahrung und Qualifikation als Zuschlagskriterien könnte die Vergleichbarkeit von zu berücksichtigenden Faktoren unterminieren und letztendlich gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. Sich auf bieterbezogene Kriterien zu verlassen könnte also potenziell auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Vorschläge in diese Richtung sollten - wenn überhaupt - nur unter sehr begrenzten Umständen berücksichtigt werden, wie z.B. für spezifische Typen von Aufträgen, bei denen die Qualifikationen und Lebensläufe des zur Verfügung stehenden Personals von besonderer Bedeutung sind.

Auf jeden Fall sollten jegliche Änderungen, die den Grundsatz der Trennung von Auswahl-und Zuschlagskriterien betreffen, besonders sorgfältig geprüft werden. Eventuell müssten weitere Schutzmaßnahmen vorgesehen werden, um Fairness und Objektivität der Verfahren zu gewährleisten.

Fragen:

Berücksichtigung früherer Erfahrungen

Verschiedenen Interessengruppen zufolge sehen die derzeitigen Richtlinien keine zweckmäßigen Instrumente vor, um früheren Erfahrungen des öffentlichen Auftraggebers mit der Leistung von Bietern Rechnung zu tragen. Eine Berücksichtigung solcher Erfahrungen könnte in der Tat nützliche Hinweise auf die Qualität des Bieters und seine künftige Arbeit bieten. Allerdings würde dies offenkundige Risiken einer Diskriminierung von Bietern bergen. Folglich wären angemessene Schutzmaßnahmen vorzusehen, um die Gleichbehandlung von Bietern, Transparenz und ein faires Verfahren zu gewährleisten.

Frage:

Spezifische Instrumentarien für Versorgungsunternehmen

Die verfahrensspezifischen Instrumentarien der Sektorenrichtlinie unterscheiden sich in einigen Punkten wesentlich von denen der Richtlinie 2004/18/EG. Ein Aspekt ist die größere Flexibilität für die Auftraggeber. Zusätzlich zur oben genannten freien Wahl im Rahmen des Verhandlungsverfahrens mit vorherigem Aufruf zum Wettbewerb verfügen die Betreiber von Versorgungsunternehmen über zwei spezifische Instrumentarien für die Organisation der Auftragsvergabe, und zwar über Qualifikationssysteme43 und regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachungen44.

Im Sinne der derzeitigen Sektorenrichtlinie können Bekanntmachungen über die Existenz eines Qualifikationssystems als Mittel für einen Aufruf zum Wettbewerb in Bezug auf die Vergabe von Aufträgen für jede Art von Bauarbeiten, Lieferungen oder Dienstleistungen verwendet werden, die während der Dauer des Bestehens des Qualifikationssystems erbracht werden, und zwar unabhängig von der Zahl einzelner Auftragsvergabeverfahren, die zu diesem Zweck herangezogen werden. Wird eine Bekanntmachung über die Existenz eines Qualifikationssystems als Mittel für einen Aufruf zum Wettbewerb gewählt, kann (können) der spezifische Auftrag (die spezifischen Aufträge) lediglich im Rahmen des nicht offenen Verfahrens oder des Verhandlungsverfahrens vergeben werden, bei denen Teilnehmer aus einem Kreis von Bewerbern - und nur von diesen Bewerbern - ausgewählt werden, die sich bereits gemäß den für das System geltenden Regeln qualifiziert haben. Qualifikationssysteme können sich vor allem im Zusammenhang mit der Vergabe technisch anspruchsvoller Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge45 als nützlich erweisen, die mit einem so langwierigen Verfahren für die Qualifikation von Wirtschaftsteilnehmern46 einhergehen, dass es für alle Beteiligten von Interesse ist, ein und denselben Qualifikationsprozess für eine Reihe einzelner Vergabeverfahren zugrunde zu legen anstatt diesen Prozess für jedes einzelne Verfahren zu wiederholen.

Regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachungen können als Mittel für einen Aufruf zum Wettbewerb für die Vergabe jeglicher Arten von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen verwendet werden, die während eines Zwölfmonatszeitraums auszuführen sind, und zwar unabhängig von der Zahl der einzelnen zu diesem Zweck durchgeführten Vergabeverfahren. Wird eine regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachung als Mittel für einen Aufruf zum Wettbewerb gewählt, können der/die spezifische(n) Auftrag/Aufträge nicht im Rahmen offener Verfahren, sondern lediglich im Rahmen nicht offener Verfahren oder Verhandlungsverfahren vergeben werden, bei denen Teilnehmer aus einem Kreis von Bewerbern - und nur von diesen Bewerbern - ausgewählt werden, die ihr Interesse infolge der regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung bekundet haben. Regelmäßige nichtverbindliche Bekanntmachungen werden oftmals als Mittel für einen Aufruf zum Wettbewerb gewählt, wenn es um sich wiederholende gleichartige Güter, Dienstleistungen oder Bauarbeiten geht, da sie das alltägliche Geschäft der Betreiber von Versorgungsunternehmen erleichtern können.

Frage:

2.2. Spezifische Instrumente für kleine öffentliche Auftraggeber

Vor allem kleine öffentliche Auftraggeber beschweren sich oftmals darüber, dass die Anwendung des gesamten Pakets an Verfahrensvorschriften und Schutzmaßnahmen bei der Vergabe ihrer Aufträge von relativ geringem Umfang ihnen unverhältnismäßig viel Zeit und Anstrengungen abverlangt. Im Hinblick auf kleine Aufträge, die unter den Schwellenwerten der Richtlinien liegen, beklagen sie auch die Rechtsunsicherheit dahingehend, ob die Anforderungen des Primärrechts einzuhalten sind oder nicht. Beide Probleme könnten wie folgt angegangen werden:

Ein einfacherer Verfahrensrahmen für lokale und regionale öffentliche Auftraggeber bei Vergabe von Aufträgen oberhalb der Richtlinienschwellenwerte

Es könnte ein einfacherer Verfahrensrahmen für lokale und regionale öffentliche Auftraggeber ins Auge gefasst werden, um die Flexibilität des GPA für nachgeordnete Behörden und Betreiber von Versorgungsunternehmen unter Einhaltung der Transparenzanforderung zu nutzen. Die derzeitigen Richtlinien sehen diese Möglichkeit lediglich für Betreiber von Versorgungsunternehmen, nicht aber für lokale und regionale öffentliche Auftraggeber vor. Ein derart differenziertes System gäbe den lokalen Behörden mehr Spielraum bei ihrem Auftragsvergabegeschäft und würde die Verwaltungslasten in eben den Bereichen verringern, in denen sie unverhältnismäßig sein könnten. Auf der anderen Seite könnten derlei unterschiedliche Verfahrensanforderungen den gesamten Rechtsrahmen noch komplizierter gestalten und in der Praxis nur schwer umzusetzen und anzuwenden sein, insbesondere wenn es um die Anwendung der Regeln für staatliche Beihilfen geht47.

Ein Aspekt eines solchen vereinfachten Verfahrensrahmens wären die weniger strengen Veröffentlichungspflichten: Dem GPA zufolge kann eine nachgeordnete Behörde einen Auftrag ohne vorherige Veröffentlichung einer separaten Bekanntmachung vergeben, sofern sie ihre Absicht angekündigt und spezifische Informationen in einer regelmäßigen nichtverbindlichen Bekanntmachung oder einer Bekanntmachung über die Existenz eines Qualifikationssystems48 veröffentlicht hat. Diese Möglichkeit könnte die Verwaltungslast für die öffentlichen Auftraggeber erheblich verringern. Ein eventueller Nachteil wäre, dass die Wirtschaftsteilnehmer einen schlechteren Zugang zu Aufträgen hätten, was den Wettbewerb im Hinblick auf einzelne Aufträge einschränken könnte.

Eine weitere Möglichkeit bestünde im Rückgriff auf das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung . Die Möglichkeit, generell Verhandlungen zuzulassen, wurde bereits weiter oben erörtert (Abschnitt 2.1). Ob diese Option insbesondere für lokale und regionale öffentliche Auftraggeber zweckmäßig ist, sollte sorgfältig geprüft werden. Diesbezüglich könnte eine Anpassung des Auftrags ins Auge gefasst werden, um den spezifischen Anliegen und Bedürfnissen dieser Behörden Rechnung zu tragen. Auf der anderen Seite ist nicht sicher, ob kleine öffentliche Auftraggeber stets über die Kaufkraft und den technischen Sachverstand verfügen, um mit Bietern Verhandlungen auf Augenhöhe zu führen.

Fragen:

Mehr Rechtssicherheit für die Vergabe von Aufträgen unterhalb der Richtlinienschwellenwerte

Viele der von kleinen lokalen und regionalen öffentlichen Auftraggebern vergebenen Aufträge haben ein Volumen, das unter den Richtlinienschwellenwerten liegt. Dem EuGHFallrecht zufolge muss die Vergabe dieser Aufträge den Grundprinzipien des EU-Rechts genügen, wie der Nichtdiskriminierung und Transparenz, wenn sie von grenzübergreifendem Interesse sind. Die Kommission hat ihre Haltung zu den aus dem EuGH-Fallrecht erwachsenden Anforderungen in ihrer Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, die nicht oder nur teilweise unter die Vergaberichtlinien 49 fallen dargelegt.

Viele öffentliche Auftraggeber vertreten die Auffassung, dass die durch diese Mitteilung geschaffene Klarstellung in der Praxis mitunter nicht ausreicht, insbesondere wenn es darum geht festzulegen, ob ein grenzübergreifendes Interesse besteht oder nicht. Die Unsicherheit in der Frage, ob die Standards der Grundprinzipien in bestimmten Fällen eingehalten werden müssen oder nicht, würde das Leben insbesondere der kleineren öffentlichen Behörden erschweren. Das Ausmaß des Problems zeigt sich auch bei den Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten diesbezüglich vor dem Hintergrund der Finanzkrise ergriffen haben.

Auch wenn die Aufträge unter den Schwellenwerten von einem künftigen Gesetzesvorschlag sicherlich nicht erfasst würden, könnten weitere Leitlinien ins Auge gefasst werden, um den öffentlichen Auftraggebern die Ermittlung des Vorhandenseins eines grenzübergreifenden Interesses in bestimmten Fällen zu erleichtern.

Frage:

2.3. Öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit

Eine weitere Frage, die in den letzten Jahrzehnten strittige Debatten ausgelöst hat, ist die Frage, ob und in welchem Umfang Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge auf zwischen öffentlichen Behörden vergebene Aufträge Anwendung finden sollten.

Der Grundsatz des fairen und offenen Wettbewerbs untersagt es, dass zwischen öffentlichen Behörden vergebene Aufträge automatisch vom Anwendungsbereich der EU-Richtlinien über die Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Allerdings stimmt es auch, dass die Anwendung dieser Vorschriften für bestimmte Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Behörden nicht geeignet ist. Deshalb betrachtet der Europäische Gerichtshof sie nicht als öffentliche Auftragsvergabe.

Grundsätzlich sollte eine Trennung zwischen den Vereinbarungen unter öffentlichen Auftraggebern im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben, die aus ihrem Recht der selbständigen Organisation herrühren, einerseits und den Auftragsvergabetätigkeiten andererseits vorgenommen werden, die vom freien Wettbewerb unter den Wirtschaftsteilnehmern profitieren dürften. Bei der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit hat der EuGH insbesondere zwischen zwei Szenarien unterschieden,. die nicht unter die EU-Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen fallen:

"In-House": An ein Unternehmen im öffentlichen Besitz vergebene Aufträge werden nicht als öffentliche Auftragsvergabe angesehen, wenn dieses Unternehmen von den öffentlichen Auftraggebern auf eine ähnliche Weise kontrolliert wird wie ihre eigenen Abteilungen und wenn es einen wesentlichen Teil seiner Tätigkeiten mit den öffentlichen Auftraggebern abwickelt50. Mehrere öffentliche Auftraggeber können auf ein einziges, gemeinsam kontrolliertes "In House"-Unternehmen zurückgreifen (vertikale/ institutionalisierte Zusammenarbeit). Allerdings lässt dieses EuGH-Fallrecht eine Reihe von Fragen offen, wie z.B. was genau unter "ähnlicher Kontrolle" zu verstehen ist, den Auftragszuschlag eines kontrollierten Unternehmens an das/ die Mutterunternehmen oder an ein "In house"- Schwesterunternehmen (d.h. an ein Unternehmen, das von der gleichen Mutter kontrolliert wird).

"Horizontale Zusammenarbeit" In einem unlängst verkündeten Urteil51 stellte der EuGH fest, dass der Rückgriff auf gemeinsam kontrollierte "In House"-Unternehmen nicht die einzige Möglichkeit einer öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit ist und dass eine solche Zusammenarbeit rein vertraglichen Charakter haben kann (horizontale/ nichtinstitutionalisierte Zusammenarbeit). Diese Art von Szenario fällt nicht unter die EU-Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens, wenn einzelne öffentliche Unternehmen gemeinsam eine öffentliche Aufgabe wahrnehmen und dabei auf eigenen Ressourcen zurückgreifen, ein gemeinsames Ziel verfolgen und über gegenseitige Rechte und Pflichten verfügen, die über die "Wahrnehmung einer Aufgabe gegen Entgelt" bei der Realisierung von Zielen im öffentlichen Interesse hinausgehen.

Abgesehen von diesen beiden Formen der Zusammenarbeit muss auf einen weiteren Fall eingegangen werden, der nicht die "Zusammenarbeit" zwischen mehreren öffentlichen Auftraggebern im engeren Sinne, sondern vielmehr die Übertragung der Zuständigkeit für eine öffentliche Aufgabe von einer Behörde auf eine andere betrifft. Solch ein Zuständigkeitstransfer fällt nicht in den Anwendungsbereich der EU-Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen, wenn die Zuständigkeit als solche insgesamt übertragen wird (im Gegensatz zur reinen Übertragung der tatsächlichen Wahrnehmung einer Aufgabe an eine andere Behörde).

Im Laufe der Zeit hat das EuGH-Fallrecht zu einem komplexen Bild möglicher Ausnahmen von der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit geführt und die Erfahrungen haben gezeigt, dass die öffentlichen Auftraggeber nicht immer wissen, wann und unter welchen Bedingungen ihre Beziehungen in den Anwendungsbereich des EU-Vergaberechts fallen. Zur baldigen Klärung dieser Fragen werden die Kommissionsdienststellen Leitlinien zur Auslegung des Fallrechts erstellen, die Gegenstand eines im Laufe von 2011 zu veröffentlichenden Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen sein werden.

Die Hauptfrage besteht jedoch darin, ob und wie dieser Punkt in legislativen Vorschriften behandelt werden sollte, die insbesondere eine klare Definition jener Formen der Zusammenarbeit geben, die nicht in den Anwendungsbereich der EU-Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen fallen.

Ein solches Konzept sollte dergestalt sein, dass es klar zwischen modernen Formen der Organisation der (gemeinsamen) Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben seitens öffentlicher Auftraggeber, die lediglich Erwägungen des öffentlichen Interesses folgen (d.h. die nicht unter die Regeln der öffentlichen Auftragsvergabe fallen) einerseits und dem reinen (kommerziellen) Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen auf dem Markt (die unter die besagten Vorschriften fallen) andererseits unterscheidet. In diesem Zusammenhang wäre sorgfältig zu analysieren, wie diese Unterscheidung in der Praxis umgesetzt werden kann. Dabei sollten auch die Erkenntnisse der jüngsten EuGH-Urteile mitberücksichtigt werden. Die folgenden Aspekte scheinen diesbezüglich von besonderer Bedeutung zu sein.

Aus dem Fallrecht des EuGH52 scheint klar hervorzugehen, dass jegliche öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit, die von der Anwendung der EU-Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens ausgenommen ist, rein öffentlich bleiben muss. Die Beteiligung mit privatem Kapital an einer der kooperierenden Einrichtungen sorgt folglich dafür, dass die Zusammenarbeit nicht von den Verfahrensvorschriften für öffentliche Aufträge ausgenommen ist.

Ein weiteres Element, das von Bedeutung sein dürfte, ist das Kriterium der "geringen Marktorientierung" der besagten Einrichtungen, das unlängst vom EuGH53 weiterentwickelt wurde. Wenn die besagten Einrichtungen marktorientiert sind, stehen sie aktiv auf dem Markt in direktem Wettbewerb mit privaten Unternehmen, die das gleiche oder ähnliche kommerzielle Ziele verfolgen und auf die gleichen Instrumente zurückgreifen. Eine Zusammenarbeit, die von den Verfahrensvorschriften für öffentliche Aufträge ausgenommen ist und der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe dient, sollte derlei Einrichtungen vom Grundsatz her nicht einschließen. In-House-Lieferer, die marktorientiert sind, können im Hinblick auf den Wettbewerb und die staatlichen Beihilferegeln ebenfalls Bedenken aufwerfen.

Schließlich ist auf die Art der Verbindung zwischen den kooperierenden Einrichtungen einzugehen. Im Falle einer institutionalisierten Zusammenarbeit kann die Existenz einer (gemeinsamen) "Inhouse"-Kontrolle sogar eine Vereinbarung vom Anwendungsbereich ausnehmen, die in der Regel unter die Auftragsvergaberegelung fällt. Ist eine solche Kontrolle nicht gegeben und um sich von einer nichtinstitutionalisierten Zusammenarbeit bei einem normalen öffentlichen Auftrag abzugrenzen, scheint es wichtig zu sein, dass erstgenannte auch gegenseitige Rechte und Verpflichtungen beinhaltet, die über die "Wahrnehmung einer Aufgabe gegen Entgelt" hinausgehen und dass das Hauptziel der Zusammenarbeit nicht kommerzieller Art ist.

Fragen:

2.4. Angemessene Instrumentarien für die Zusammenführung der Nachfrage / gemeinsame Auftragsvergabe

Eines der Themen, bei denen die Interessengruppen oftmals die Unzulänglichkeit der Instrumente auf EU-Ebene beklagen, ist die Zusammenführung der Nachfrage/Koordinierung der gemeinsamen Auftragsvergabe zwischen öffentlichen Auftraggebern.

Die Befürworter einer solchen Zusammenführung der Nachfrage betonen die höchst positiven Auswirkungen für Anbieter und öffentliche Auftraggeber, wie z.B.: Größenvorteile, niedrigere Produktionskosten zum Nutzen der Unternehmen und europäischen Steuerzahler, wachsende Kaufkraft seitens der Behörden und Gelegenheit für sie, Fähigkeiten und Sachverstand zu bündeln und die vergabebedingten Kosten und Risiken zu teilen. Eine Teilung der Kosten und Risiken würde auch einer strategischen Auftragsvergabe für neue, innovative Produkte und Dienstleistungen zugute kommen, wodurch die Entwicklung neuer Produkte und Märkte54 gefördert würde.

Insbesondere die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Auftraggebern aus verschiedenen Mitgliedstaaten könnte zur weiteren Integration der Beschaffungsmärkte beitragen, indem die Defragmentierung der europäischen Märkte über die Grenzen hinweg vorangetrieben und eine tragfähige, international wettbewerbsfähige Basis in Europa geschaffen würde.

In den derzeitigen Richtlinien sind bereits eine Reihe von Instrumentarien für die Zusammenführung der Nachfrage, wie etwa zentrale Beschaffungsstellen55, vorgesehen. Auch gibt es andere Instrumente, die nicht unbedingt für die Zusammenführung der Nachfrage konzipiert sind, aber für diesen Zweck genutzt werden könnten, wie die Möglichkeit des Abschlusses von Rahmenverträgen unter Beteiligung mehrerer öffentlicher Auftraggeber. Natürlich können öffentliche Auftraggeber ihre Vergabetätigkeiten auch im Wege eines einfachen Erfahrungsaustauschs oder einer Koordinierung bestimmter Phasen des Vergabeverfahrens untereinander abstimmen.

Allerdings besteht ein Diskussionsbedarf in Bezug auf die wiederkehrende Forderung nach spezifischeren Instrumenten auf EU-Ebene für eine Zusammenführung der Nachfrage, insbesondere bei einer grenzübergreifenden gemeinsamen Auftragsvergabe. Derlei Instrumente müssten das richtige Gleichgewicht zwischen einer möglichen stärkeren Zusammenführung der Nachfrage in strategischen Sektoren und einer Unterminierung des Wettbewerbs auf den Auftragsvergabemärkten (die insbesondere zu Lasten von KMU geht) finden, indem z.B. Aufträge in Lose unterteilt werden.

Was die grenzübergreifende gemeinsame Auftragsvergabe betrifft, müssten unter Umständen auch noch weitere Rechtsfragen behandelt werden, z.B.: Feststellung, welche nationalen Rechtsvorschriften auf das Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge und den Auftrag anwendbar sind, Fähigkeit der öffentlichen Auftraggeber, nationale Rechtsvorschriften anstelle ihrer eigenen zu nutzen, Festlegung der zuständigen Behörde und der auf die Überprüfung der Vergabeentscheidungen anwendbaren Regeln usw.

Fragen:

2.5. Bedenken im Hinblick auf die Auftragsausführung

Abgesehen von der Anforderung einer Vorabtransparenz für die Auftragsausführungsklauseln (Angabe in der Bekanntmachung oder den Spezifikationen) regeln die derzeitigen Richtlinien die Auftragsausführung nicht. Einige während der Auftragsausführungsphase auftretende Probleme können jedoch ernsthafte Folgen im Hinblick auf die Nichtdiskriminierung unter Bietern und die Fundiertheit der öffentlichen Beschaffung im Allgemeinen haben. Diesbezüglich stellt sich Frage, inwiefern die EU-Vorschriften spezifische Regulierungsinstrumente vorsehen sollten, die es den öffentlichen Auftraggebern gestatten, diese Probleme wirksamer anzugehen.

Wesentliche Änderungen

Ein äußerst kompliziertes Thema ist das Problem späterer Entwicklungen, die den Auftrag selbst oder seine Ausführung beeinflussen.

Dem EuGH-Fallrecht zufolge machen Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrags während seiner Laufzeit ein neues Vergabeverfahren erforderlich, wenn sie sich wesentlich vom Charakter des ursprünglichen Auftrags unterscheiden56.

Der EuGH hat auch bereits einige Anhaltspunkte dafür gegeben, wann Änderungen als wesentlich anzusehen sind. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie Bedingungen einführen, die die Teilnahme oder den Erfolg anderer Bieter bewirkt hätten, wenn sie den Anwendungsbereich des Auftrags erheblich ausdehnen oder das wirtschaftliche Gleichgewicht des Auftrags verändern 57. Allerdings haben öffentliche Auftraggeber darauf hingewiesen, dass bei bestimmten Änderungen das Fallrecht nicht ausreichend klar zu sein scheint, wenn es darum geht festzustellen, ob ein neues Auftragsvergabeverfahren notwendig ist oder nicht.

Im Zuge der Konsultation soll herausgefunden werden, ob es auf EU-Ebene einer rechtlichen

Klarstellung bedarf, um die Bedingungen festzulegen, denen zufolge eine Änderung des Auftrags ein neues Vergabeverfahren erfordert. Eine solche Klarstellung könnte auch die möglichen Folgen derartiger Änderungen behandeln (z.B. Einführung eines einfacheren Vergabeverfahrens bei Ausschreibung eines geänderten Auftrags)58.

Fragen:

Änderungen hinsichtlich des Auftragnehmers und Beendigung von Aufträgen

Komplexe Fragen stellen sich auch im Hinblick auf Veränderungen, die den ausgewählten Auftragnehmer selbst betreffen. Dem EuGH-Fallrecht zufolge ist die Ersetzung eines Auftragnehmers, an den der öffentliche Auftraggeber ursprünglich den Auftrag vergeben hat, durch einen neuen Vertragspartner eine wesentliche Änderung, die ein neues Vergabeverfahren erfordert, es sei denn, diese Ersetzung war in den Bestimmungen des ursprünglichen Auftrags vorgesehen, indem beispielsweise eine Klausel über die Vergabe von Unteraufträgen eingefügt wurde. Dies trifft allerdings nicht auf Fälle zu, in denen ein Auftrag an einen anderen Auftragnehmer derselben Gruppe im Zuge einer internen Umstrukturierung weitergeleitet wurde59. Auf der anderen Seite kann in Ausnahmefällen ein Wechsel des Auftragnehmers als eine wesentliche Änderung des Auftrags angesehen werden, selbst wenn ein solcher Wechsel in den Auftragsbedingungen vorgesehen ist 60.

Die Erfahrungen der Interessengruppen zeigen überdies, dass nicht nur der Ersatz des Auftragnehmers durch eine andere juristische Person, sondern auch Veränderungen des Status erhebliche Auswirkungen auf die Ausgewogenheit des Auftrags oder seine fundierte Ausführung zeitigen können (z.B. Vorfälle, die die Fähigkeit der Auftragsausführung betreffen, wie Insolvenz, wichtige Experten, die das Unternehmen verlassen usw.).

Auch in diesem Fall sollte darüber debattiert werden, ob Instrumente auf EU-Ebene benötigt werden, um den öffentlichen Auftraggebern eine angemessene Behandlung dieser Situationen zu ermöglichen.

Zu denken wäre beispielsweise an ein Recht für die öffentlichen Auftraggeber, den Auftrag im Falle größerer Veränderungen beim Auftragnehmer zu beenden und/oder an ein vereinfachtes Verfahren für die Ersetzung des ursprünglichen Auftragnehmers in solchen Fällen61.

Eine solche ausdrückliche Möglichkeit der Auftragsbeendigung für die öffentlichen Auftraggeber könnte auch in Fällen erforderlich sein, in denen der EuGH erklärt, dass ein spezifischer Auftrag unter Verstoß gegen die EU-Vorschriften für öffentliche Aufträge vergeben wurde. Selbst wenn die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Aufträge zu beenden, die den EU-Regeln62 nicht genügen,. sehen einige nationale Gesetzgebungen kein Recht auf Annullierung derartiger Aufträge vor, was es für die öffentlichen Auftraggeber schwierig - wenn de facto nicht unmöglich - macht, entsprechende Maßnahmen zur Befolgung der EuGH-Urteile bei Verstößen zu ergreifen.

Fragen:

Generell gehen zahlreiche nationale Regulierungen für die Auftragsausführung in vielen Mitgliedstaaten stark ins Detail, was zu erheblichen Verwaltungslasten führen kann (z.B. Vorschriften für die Wahrnehmung von Garantien, Lieferbedingungen, Fristen, Preisfestlegung für Anpassungen usw.). Die Zahl dieser Vorschriften könnte möglicherweise durch die Einführung gemeinsamer Standards auf EU-Ebene für bestimmte Aspekte verringert werden.

Frage:

Vergabe von Unteraufträgen

Die bestehende Gesetzgebung enthält nur sehr beschränkte Bestimmungen zur Vergabe von Unteraufträgen. So sieht Artikel25 der Richtlinie 2004/18/EG vor, dass die öffentlichen Auftraggeber von den Bietern Angaben zu einer eventuell beabsichtigten Vergabe von Unteraufträgen verlangen können. Dem EuGH-Fallrecht zufolge ist ein Bieter grundsätzlich zum Rückgriff auf Unterauftragnehmer für die Ausführung des Auftrags berechtigt, selbst wenn dies bedeutet, dass ein Großteil des Auftrags oder der gesamte Auftrag von den Unterauftragnehmern ausgeführt wird. Die Vergabe von Unteraufträgen für wesentliche Teile des Auftrags kann nur in Fällen eingeschränkt oder untersagt werden, in denen der öffentliche Auftraggeber nicht in der Lage war, die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unterauftragnehmer zu überprüfen.

Einige Interessengruppen sprechen sich für stärkere Beschränkungen bei der Vergabe von Unteraufträgen aus, um es den Behörden zu gestatten, mehr Einfluss auf die Auftragsausführung auszuüben. Sie befürworten beispielsweise die Möglichkeit, die Vergabe von Unteraufträgen vollständig oder zumindest für große Auftragsteile auszunehmen oder sie auf einen bestimmten Prozentsatz des Auftrags zu begrenzen bzw. dem öffentlichen Auftraggeber das allgemeine Recht auf Ablehnung vorgeschlagener Unterauftragnehmer einzuräumen.

Frage:

3. Bessere Zugänglichkeit des Europäischen Beschaffungsmarkts

Eines der wichtigsten Ziele der EU-Vergabevorschriften besteht darin, die Wirtschaftsteilnehmer in die Lage zu versetzen, sich in fairem Wettbewerb um öffentliche Aufträge, die in anderen Mitgliedstaaten vergeben werden, zu bewerben. Seit der Annahme der ersten Vergaberichtlinien in den 1970er Jahren konnten diesbezüglich deutliche Fortschritte erzielt werden, was jedoch keineswegs bedeutet, dass nicht auch heute noch Verbesserungen auf dem Weg zu einem echten europäischen Beschaffungsmarkt, der allen europäischen Unternehmen zugänglich ist, möglich sind. Dies betrifft insbesondere den Zugang für KMU und generell eine stärkere Wettbewerbsausrichtung der Beschaffungsmärkte.

Frage:

3.1. Besserer Zugang für KMU und Neugründungen

Die Vergaberichtlinien dienen dem Ziel, den Beschaffungsmarkt für alle Wirtschaftsteilnehmer unabhängig von ihrer Größe zu öffnen. Besondere Aufmerksamkeit gilt in diesem Zusammenhang jedoch dem Marktzugang von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)63.

KMU gelten als Rückgrat der EU-Wirtschaft und bieten im Hinblick auf Beschäftigung, Wachstum und Innovation ein enormes Potenzial. Ein leichter Zugang zu den Beschaffungsmärkten kann helfen, dieses Wachstums- und Innovationspotenzial zu nutzen und hätte gleichzeitig positive Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft. Zudem können die Auftraggeber, wenn KMU stärker in die öffentliche Auftragsvergabe einbezogen werden, ihren Lieferantenstamm deutlich erweitern, so dass die Vorteile eines intensiveren Wettbewerbs um öffentliche Aufträge zum Tragen kommen und ein Gegengewicht zu den dominanten Marktakteuren entsteht.

Um den Zugang der KMU zu öffentlichen Aufträgen jeden Umfangs so einfach wie möglich zu machen, hat die Kommission im Jahr 2008 einen Europäischen Verhaltenskodex für einen leichteren Zugang von KMU zu öffentlichen Aufträgen ("European code of best practices facilitating access by SMEs to public procurement contracts")64 veröffentlicht. Darin werden verschiedene Praktiken beschrieben, die sich in den EU-Regulierungsrahmen einfügen und Ausschreibungen im Hinblick auf die Beteiligung von KMU optimieren und gleiche Chancen für diese Bietergruppe gewährleisten.

Eine unlängst von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Studie65 zeigt, dass zwischen 2006 und 2008 der Anteil der KMU an den Unternehmen, die den Zuschlag für öffentliche Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte erhielten, in der EU-27 zwischen 58 % und 61 % lag. Bezogen auf den Gesamtwert der Aufträge entfielen 31 % bis 38 % auf KMU, während deren Gesamtanteil an der Wirtschaft, berechnet auf der Grundlage des Gesamtumsatzes, 52 % beträgt.

Vor diesem Hintergrund sollte geprüft werden, ob legislative Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich sind, um sicherzustellen, dass öffentliche Auftraggeber bei der Auftragsvergabe das wirtschaftliche und innovative Potenzial der KMU voll nutzen.

Verringerung der Verwaltungslasten in der Auswahlphase

Rückmeldungen von Wirtschaftsteilnehmern kleiner und mittlerer Größe lassen darauf schließen, dass die größten Hindernisse für eine Beteiligung der KMU an öffentlichen Ausschreibungen in der Auswahlphase liegen. Ein Grund hierfür sind die Nachweise, die vorzulegen sind. Die zahlreichen Bescheinigungen, die in der Auswahlphase häufig verlangt werden, verursachen einen Verwaltungsaufwand, den KMU - insbesondere bei grenzüberschreitenden Vorgängen, wenn Bescheinigungen oft auch noch übersetzt werden müssen, - nur schwer bewältigen können. Zudem sind auch die Auswahlkriterien selbst häufig so streng (z.B. Umsatzanforderungen oder Anzahl der geforderten Referenzen), dass es für KMU praktisch unmöglich ist, diese zu erfüllen.

Im Zusammenhang mit der ersten Frage (Nachweise zu den Auswahlkriterien) wird häufig vorgeschlagen, Unternehmen generell die Möglichkeit zu geben, in der Auswahlphase zunächst nur eine Zusammenfassung der relevanten Informationen und/oder Eigenerklärungen zur Erfüllung der Auswahlkriterien zu übermitteln. Im Prinzip würden dann lediglich die erfolgreichen Bieter, die die Zuschlagsphase erreicht haben, aufgefordert, die eigentlichen Unterlagen (Bescheinigungen) vorzulegen. Zum Zwecke der Betrugsbekämpfung hätte der öffentliche Auftraggeber jedoch jederzeit die Möglichkeit, die Unterlagen während und selbst noch nach dem Vergabeverfahren zu verlangen. Dies würde insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen den Verwaltungsaufwand verringern, ohne die Voraussetzungen für fundierte Entscheidungen zu untergraben.

Hinsichtlich der zweiten Frage (unverhältnismäßig strenge Auswahlkriterien) bestünde eine Möglichkeit darin, in den EU-Vorschriften im Hinblick auf bestimmte qualitative Anforderungen - insbesondere auf Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit - eine Art Plafond festzulegen. Damit würden öffentliche Auftraggeber daran gehindert, unverhältnismäßig strenge Auswahlkriterien (z.B. hinsichtlich des Umsatzes) zu formulieren, die KMU unweigerlich von der Teilnahme ausschließen. Durch eine solche Maßnahme würde die bereits bestehende Verpflichtung zur Anwendung verhältnismäßiger Auswahlkriterien erweitert. Allerdings würde die Freiheit der Auftraggeber, selbst zu bestimmen, welche Standards sie für nötig halten, um eine ordnungsgemäße Vertragsdurchführung zu gewährleisten, eingeschränkt.

Sonstige Vorschläge

Von einigen Beteiligten wurde auch schon eine positive Diskriminierung von KMU vorgeschlagen, indem beispielsweise im Voraus eine bestimmte Vergabequote festgelegt wird, die ausschließlich KMU vorbehalten ist. Im Gegensatz zu einigen unserer Handelspartner, die solche Maßnahmen bereits eingeführt haben, ist die EU nicht dafür, Märkte für bestimmte Unternehmen zu reservieren. Dies stünde auch im Widerspruch zum Grundsatz der Gleichbehandlung von Bietern, einem Grundprinzip der EU-Vergabebestimmungen, das sich laut Gerichtshof aus den im Vertrag verankerten Grundfreiheiten herleitet.

Interne Verwaltungsmaßnahmen, durch die öffentliche Auftraggeber dazu angespornt werden, ihr Bestes zu tun, um den Zugang von KMU zu ihren öffentlichen Aufträgen zu verbessern, könnten eine gangbare Möglichkeit darstellen. So könnten beispielsweise Zielvorgaben für die KMU-Beteiligung an der Gesamtbeschaffung festgelegt werden. Ein solches System würde nicht bestimmte Verträge für KMU reservieren, sondern einfach Anreize für die Auftraggeber schaffen, um die verfügbaren Instrumente optimal für eine KMU-freundliche Beschaffung zu nutzen.

Eine andere Option bestünde darin, dass die öffentlichen Auftraggeber dem erfolgreichen Bieter vorschreiben können, dass er einen bestimmten Prozentsatz des Auftragswerts an Dritte vergibt. Solche Anforderungen gibt es bereits in der Richtlinie 2004/18/EG bezüglich öffentlicher Baukonzessionen (Artikel 60) und in der Richtlinie 2009/81/EG für die Bereiche Verteidigung und Sicherheit (Artikel 21).

Fragen:

3.2. Gewährleistung eines fairen und wirksamen Wettbewerbs

Öffentliche Auftraggeber kaufen häufig auf Märkten mit wettbewerbswidrigen Strukturen66. Auf solchen Märkten kann es schwierig sein, die Ziele der öffentlichen Auftragsvergabe - insbesondere die Gewährleistung eines fairen und wirksamen Wettbewerbs - allein durch Anwendung der Verfahrensregeln der derzeitigen Richtlinien zu erreichen. Wird bei Beschaffungsentscheidungen den Marktstrukturen nicht Rechnung getragen, besteht selbst bei vollständiger Befolgung der Richtlinienbestimmungen die Gefahr, dass wettbewerbswidrige Strukturen verfestigt oder sogar verstärkt werden. Dies gilt insbesondere bei Aufträgen mit hohem Auftragswert und in Sektoren, wo Behörden die wichtigsten Kunden sind und die private Nachfrage nicht ausreicht, um auf dem Markt ein echtes Gegengewicht zu den Käufen der Behörden zu bilden.

Eine intelligente Auftragsvergabe mit dem Ziel, den Wettbewerb auf solchen Märkten zu maximieren, erfordert in erster Linie Auftraggeber mit einem guten Verständnis der betreffenden Marktstrukturen. Zudem müssen die Beschaffungsstrategien entsprechend angepasst werden (Gestaltung der Verträge und Wahl der Verfahren). So sollten die öffentlichen Auftraggeber nach Möglichkeit keine Verträge ausschreiben, die nur von einem oder einer geringen Anzahl von Marktakteuren erfüllt werden können, da oligopolistische Strukturen dadurch verfestigt und der Markteinstieg neuer Akteure nahezu unmöglich gemacht würde. Im schlimmsten Fall wäre der öffentliche Auftraggeber an einen beherrschenden Lieferanten gebunden, der Vertragsbedingungen und Preise diktieren könnte.

Eine gelungene Gestaltung der Verträge hängt offensichtlich von der Struktur des betreffenden Marktes ab. Sind kleinere Wettbewerber in der Lage, die betreffenden Dienstleistungen oder Produkte in geringerem Umfang zu liefern, so könnte der Wettbewerb durch eine Verringerung des Auftragsvolumens / Verkürzung der Vertragsdauer auf effiziente Art und Weise maximiert werden. Eine weitere Möglichkeit, einen wirksamen Wettbewerb zu erreichen, bestünde im Aufteilen der Verträge in mehrere Lose, wobei gegebenenfalls eine Höchstzahl von Losen festzulegen wäre, für die ein einzelner Bieter den Zuschlag erhalten kann. Gibt es nicht genügend Wettbewerber unter den kleineren Unternehmen, könnten alternativ mehrere Käufe in einem Vertrag gebündelt werden, um mögliche Wettbewerber aus anderen Mitgliedstaaten anzuziehen.

Häufig werden verschiedene weitere Instrumente genannt, die sich als nützlich erwiesen haben, um einen wirksamen Wettbewerb auf den Beschaffungsmärkten zu sichern, und die auf EU-Ebene als fakultative Werkzeuge für Mitgliedstaaten oder öffentliche Auftraggeber eingeführt werden könnten. Wie oben bereits ausgeführt, dürften weniger strenge Auswahlkriterien in der Regel die Anzahl der zulässigen Angebote erhöhen67. Das Aufzwingen ungünstiger Verträge durch beherrschende Lieferanten kann durch vorherige Festlegung von Höchstpreisen vermieden werden, bei deren Überschreitung der Vertrag nicht vergeben wird; zudem kann die Möglichkeit vorgesehen werden, das Verfahren zu annullieren, falls nach der Auswahlphase nur das Angebot/die Angebote eines einzigen Bieters verbleibt/verbleiben.

Soweit möglich sollte generell auch geprüft werden, inwieweit die Teilnahme von Bietern aus anderen Mitgliedstaaten gefördert werden kann. Wie bereits dargelegt, besteht noch ein großes, bisher ungenutztes Potenzial zur Intensivierung des innereuropäischen Handels im öffentlichen Auftragswesen mit dem Ziel eines echten europäischen Beschaffungsmarkts. Dadurch würden den europäischen Unternehmen vielfältige neue Geschäftsmöglichkeiten eröffnet und gleichzeitig der potenzielle Lieferantenstamm der öffentlichen Auftraggeber vergrößert. Eine grenzüberschreitende Beteiligung könnte durch Verbesserung der gegenseitigen Anerkennung von Bescheinigungen (vielleicht sogar durch Schaffung eines gemeinsamen europäischen Vorprüfungssystems) vereinfacht werden. Einige Akteure schlagen sogar vor, bei bestimmten Aufträgen mit hohem Auftragswert die Leistungsbeschreibung in einer zweiten Sprache zu verfassen oder in einer Fremdsprache verfasste Angebote zu akzeptieren. Für bestimmte Phasen des Verfahrens könnte auch geprüft werden, inwiefern - zumindest zur Erteilung erster Informationen - auf die automatische Übersetzung zurückgegriffen werden könnte.

Bei Maßnahmen zur Steigerung des Wettbewerbs auf den Beschaffungsmärkten muss grundsätzlich davon ausgegangen werden können, dass die öffentlichen Auftraggeber ihre Beschaffungsmärkte gut kennen (z.B. aufgrund von Studien über Struktur und Form des Zielmarktes im Vorfeld der Auftragsvergabe). Werden hier (oder an anderer Stelle) bestimmte Garantien verlangt, so erfordert dies vom öffentlichen Auftraggeber zusätzliche Anstrengungen, die wahrscheinlich nur bei größeren Aufträgen mit potenziell starken Auswirkungen auf die Marktstrukturen gerechtfertigt wären.

Fragen:

Verhinderung von wettbewerbswidrigem Verhalten

Ein damit zusammenhängendes Problem ist wettbewerbswidriges Verhalten auf den Beschaffungsmärkten. Die Beschaffungsmärkte scheinen besonders anfällig für Absprachen zwischen den Marktteilnehmern (Angebotsabsprache, Marktaufteilung)68, was unter anderem auf die Stabilität und Vorhersagbarkeit der öffentlichen Nachfrage zurückzuführen ist. Verschiedene Analysten vertreten sogar die Ansicht, dass die Transparenz der Verfahren der Kartellbildung Vorschub leisten.

Obwohl die Anzahl der Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht im öffentlichen Beschaffungswesen keineswegs vernachlässigbar ist69, enthalten die EU-Vergabevorschriften keine Bestimmungen, die sich speziell mit diesem Problem befassen. Bisher wird die Ansicht vertreten, dass die bestehenden Bestimmungen ausreichen, um das Problem effizient anzugehen, indem z.B. den Vergabestellen Hilfestellung zur Verhinderung und Feststellung von Absprachepraktiken geleistet wird.

Allerdings ist noch nicht geklärt, ob dies ausreicht, um solche Praktiken auf den Beschaffungsmärkten wirksam zu bekämpfen, oder ob spezifische Rechtsinstrumente benötigt werden: z.B. strengere Ausschlussmechanismen im Falle von Angebotsabsprachen, die Möglichkeit, bestimmte Informationen nicht offenzulegen bzw. in Sektoren mit hoher Wahrscheinlichkeit der Kartellbildung das Verhandlungsverfahren verpflichtend vorzuschreiben, die Verwendung von "Certificates of Independent Bid Determination" (Bescheinigungen über eine unabhängige Angebotserstellung), die Verpflichtung der Auftraggeber zur Befragung der Wettbewerbsbehörden im Falle verdächtiger Angebotsmuster usw.

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen könnte es sich als nützlich erweisen, bestimmte Instrumente mit besonders hohem Missbrauchsrisiko "absprachensicher" zu machen. So ist es beispielsweise gängige Praxis, dass Bieter, die den Zuschlag erhalten, Unteraufträge vergeben, um Kartellmitglieder dafür zu belohnen, dass sie sich an die Kartellabsprache gehalten haben. Dieses Problem könnte dadurch angegangen werden, dass die Vergabe von Unteraufträgen an Unternehmen, die selbst an der Ausschreibung teilgenommen haben, unter bestimmten Umständen verboten wird70.

Es steht außer Frage, dass zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen gegen wettbewerbsfeindliches Verhalten einen Beitrag zur Erhaltung eines gesunden Wettbewerbs auf den Beschaffungsmärkten leisten könnten. Dabei muss jedoch erneut sorgfältig abgewogen werden, welche Vorteile den Verwaltungslasten, die solche Bestimmungen für die Auftraggeber und die Unternehmen nach sich ziehen würden, gegenüberstehen.

Frage:

3.3. Vergabe im Falle nicht vorhandenen Wettbewerbs/bei Vorhandensein von Ausschließlichkeitsrechten

In der Praxis müssen die öffentlichen Auftraggeber ihre Käufe häufig bei einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer tätigen, da dieses Unternehmen hinsichtlich der Produktion der betreffenden Güter bzw. Erbringung der betreffenden Dienstleistung über Ausschließlichkeitsrechte verfügt. In solchen Fällen kann es nicht zu einem normalen Wettbewerb um den Auftrag kommen. Deshalb ist laut den Vergaberichtlinien, das Verhandlungsverfahren ohne Veröffentlichung einer Bekanntmachung gerechtfertigt, "wenn der Auftrag aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt werden kann"71.

Bei Vorliegen von Ausschließlichkeitsrechten wird eine Ausschreibung in der Tat zu einer reinen Formalität ohne praktischen Nutzen. Der Zugang zu dem betreffenden öffentlichen Auftrag wurde durch die vorherige Vergabe des Ausschließlichkeitsrechts unbestreitbar blockiert, so dass jeglicher Wettbewerb bereits vor Beginn des Vergabeverfahrens unmöglich gemacht wurde.

Die Frage, wie das Ausschließlichkeitsrecht selbst erteilt wurde und insbesondere ob bei der Erteilung (mit den Auswirkungen auf die spätere Vergabeentscheidung) ein fairer Wettbewerb gegeben war, wird in den derzeitigen Vergaberichtlinien, soweit Verträge an private Unternehmen betroffen sind, nicht angesprochen.

Das Thema wird ausschließlich im Kontext der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit behandelt, wobei öffentliche Dienstleistungsaufträge zwischen öffentlichen Auftraggebern vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind, wenn sie aufgrund eines ausschließlichen Rechts vergeben werden - und dieses ausschließliche Recht nicht gegen die Grundsätze des Vertrags verstößt72.

Diese Bestimmung dürfte nicht länger benötigt werden, sobald eine Gesamtlösung für Fragen im Zusammenhang mit der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit gefunden ist. Allerdings sollte darüber nachgedacht werden, ob im Interesse eines gesunden Wettbewerbs auf den Beschaffungsmärkten die dem betreffenden Artikel zugrunde liegende Idee nicht generell zur Anwendung kommen sollte. Diesem Prinzip zufolge könnten Aufträge ohne Wettbewerbsverfahren aufgrund eines ausschließlichen Rechts nur dann vergeben werden, wenn die entsprechenden Rechte selbst in einem Wettbewerbsverfahren erteilt wurden.

Fragen:

4. Die öffentliche Auftragsvergabe als Strategische Antwort auf neue Herausforderungen

Die Behörden können einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der strategischen Ziele von Europa 2073 leisten, indem sie ihre Kaufkraft zur Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen mit höherem "gesellschaftlichem Wert" einsetzen. Dieser kann sich äußern in Innovationsförderung, Umweltfreundlichkeit und Bekämpfung des Klimawandels, Verringerung des Energieverbrauchs, Verbesserung der Beschäftigungslage, des Gesundheitswesens74 und der sozialen Bedingungen sowie der Förderung der Chancengleichheit und stärkeren Einbeziehung benachteiligter Gruppen 75. Eine starke Nachfrage der Behörden nach "grüneren", CO₂-armen, innovativeren und sozial verantwortlichen Gütern und Dienstleistungen kann auch Produktions- und Konsumtrends der nächsten Jahre mitbestimmen. Die Berücksichtigung gesellschaftlicher Herausforderungen sollte natürlich nicht zu Lasten der Effizienz der öffentliche Beschaffung gehen. Politische Erwägungen dürfen nicht dazu führen, dass den öffentlichen Auftraggebern ein unverhältnismäßiger zusätzlicher Verwaltungsaufwand entsteht oder der Wettbewerb auf den Beschaffungsmärkten verzerrt wird.

Es gibt zwei Möglichkeiten, das öffentliche Auftragswesen für die politischen Ziele von Europa 2020 zu nutzen:

Die Vergaberichtlinien geben einen gemeinsamen Rahmen für die öffentliche Beschaffung vor, indem sie bestimmte Verfahrensregeln für die "Beschaffungstechnik" vorgeben und die Entscheidung über den "Beschaffungsgegenstand" dem öffentlichen Auftraggeber überlassen, der selbst beschließt, welche Merkmale die Arbeiten, Produkte oder Dienstleistungen nach seinen Vorstellungen aufweisen sollten und welche (transparente und nicht diskriminierende) Bedingungen zu erfüllen sind, damit seinen politischen Zielen optimal entsprochen wird.

Die EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen bieten auch die Möglichkeit, Anreize im Sinne der Europa 2020-Ziele zu schaffen oder den öffentlichen Auftraggebern auf europäischer oder nationaler Ebene bestimmte Verpflichtungen im Hinblick auf den Beschaffungsgegenstand aufzuerlegen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die öffentliche Beschaffung mit den Zielen der Gesamtpolitik vereinbar ist.

In den vergangenen Jahren wurde sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene bereits eine ganze Reihe politischer Initiativen in die Wege geleitet, um das öffentliche Beschaffungswesen im Sinne der oben beschriebenen Ziele auszurichten (siehe laufende Arbeiten zur Förderung eines umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesens76, zu gesellschaftlichen Aspekten der öffentlichen Auftragsvergabe 77 und zu Fragen der Innovation 78).

Insbesondere das umweltorientierte öffentliche Beschaffungswesen wird in den Mitgliedstaaten schon seit einigen Jahren praktiziert. Die meisten Mitgliedstaaten haben nationale Aktionspläne angenommen, in denen sie freiwillige oder verbindliche Ziele und spezifische Maßnahmen zur Förderung und Umsetzung eines umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesens festgelegt haben. Die EU hat einschlägige Kriterien für 18 Produkt- und Dienstleistungsgruppen entwickelt 79; weitere werden folgen.

Im folgenden Abschnitt wird erörtert, ob und wie die EU-Vorschriften für die Auftragsvergabe geändert werden müssen, um Kohärenz und Eignung jeglicher Maßnahmen, die auf EU-Ebene oder nationaler Ebene getroffen werden, sicherzustellen.

4.1. "Beschaffungstechnik" - Erreichung der Ziele von Europa 2020

Überlegungen hinsichtlich des Umweltschutzes, der sozialen Eingliederung oder der Förderung von Innovationen müssen - je nach ihrer Art - in unterschiedlichen Phasen des Beschaffungsverfahrens angestellt werden. Nicht alle Überlegungen zu diesen politischen Zielsetzungen können in jeder Phase berücksichtigt werden. Deshalb wird im Folgenden darauf eingegangen, wie in den einzelnen Phasen des Beschaffungsverfahrens den jeweiligen politischen Zielen Rechnung getragen werden könnte.

Beschreibung des Auftragsgegenstands und technische Spezifikationen

Nach den derzeitigen EU-Verfahrensvorschriften für die öffentliche Beschaffung müssen die öffentlichen Auftraggeber eine klare, nicht diskriminierende Beschreibung des Auftragsgegenstands liefern und die technischen Spezifikationen so formulieren, dass keine Unternehmen bevorzugt werden.

Anforderungen an Verarbeitungs- und Herstellungsmethoden müssen die Herstellung des Produkts betreffen und seine Merkmale erläutern, auch wenn dies nicht direkt ersichtlich ist. Die Auftraggeber dürfen den derzeitigen Vorschriften zufolge keine Verarbeitungs- und Herstellungsmethoden vorschreiben, die sich nicht auf die Herstellung des Produkts beziehen und sich nicht in den Merkmalen des Produkts widerspiegeln.

Behörden und sonstige Beteiligte fordern mitunter, dass bestimmte Produkte aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes lokal beschafft werden müssen bzw. sollten. Wenn solche Anforderungen zu einer ungerechtfertigten direkten oder indirekten Diskriminierung von Lieferanten führen, verstoßen sie gegen das EU-Recht. Sie lassen sich nur ausnahmsweise rechtfertigen, wenn ein legitimer und objektiver Bedarf, der sich nicht an rein ökonomischen Erwägungen orientiert, ausschließlich durch Produkte aus einer bestimmten Region gedeckt werden kann.

Fragen:

Festlegung besonders relevanter Auswahlkriterien

Bei der Bewertung der Bewerber im Hinblick auf ihre Fähigkeit zur Auftragsausführung können die öffentlichen Auftraggeber auch Erfahrung und Kompetenz im Zusammenhang mit sozialen und ökologischen Aspekten des Auftragsgegenstands berücksichtigen.

Frage:

Anwendung der zweckmäßigsten Zuschlagskriterien

Um einen wirksamen Wettbewerb zwischen den Wirtschaftsteilnehmern zu gewährleisten und willkürliche Entscheidungen seitens der öffentlichen Behörden zu vermeiden, ist in den derzeitigen EU-Vorschriften für öffentliche Aufträge vorgeschrieben, dass die Zuschlagskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen müssen, dem öffentlichen Auftraggeber keine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit lassen dürfen und in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich zu erwähnen sind.

Die öffentlichen Auftraggeber können selbst entscheiden, wie die einzelnen Kriterien zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots zu gewichten sind. Dadurch können sie bei der Bewertung dem Stellenwert Rechnung tragen, den sie ökologischen oder sozialen Kriterien im Vergleich zu anderen Kriterien, einschließlich des Preises, beimessen wollen.

Bei Standardgütern und -dienstleistungen ist es häufig bereits möglich, in den technischen Spezifikationen und den Bedingungen für die Auftragsausführung hohe Umwelt- bzw. Sozialstandards anzulegen und dann den Auftrag nach dem Kriterium des niedrigsten Preises zu vergeben. So können die öffentlichen Auftraggeber Güter und Dienstleistungen beschaffen, die hohe Standards zum günstigsten Preis erfüllen.

Würden Kriterien, die sich auf die Aspekte Umwelt, Energieeffizienz, Barrierefreiheit oder Innovation beziehen, jedoch bereits in der Zuschlagsphase und nicht erst in den technischen Spezifikationen oder den Bedingungen für die Auftragsausführung herangezogen, so könnte dies den Vorteil bieten, dass Unternehmen Angebote vorlegen, die über das Niveau der technischen Spezifikationen hinausgehen und damit die Einführung innovativer Produkte auf dem Markt fördern. Ein Rückgriff auf solche Kriterien in der Zuschlagsphase wäre auch dann nützlich, wenn nicht klar ist, welche Produkte oder Dienstleistungen auf dem Markt angeboten werden.

Fragen:

Vorgabe angemessener Klauseln für die Auftragsausführung

Nach den derzeitigen EU-Beschaffungsvorschriften müssen die Klauseln für die Auftragsausführung an die Aufgaben gebunden sein, die zur Herstellung der zu beschaffenden Güter bzw. Erbringung der zu beschaffenden Dienstleistungen erforderlich sind. Solche Bedingungen für die Auftragsausführung können auch anderen politischen Erwägungen, wie sozialen und umweltbezogenen Aspekten, Rechnung tragen 82. Ein Beispiel für letztere wäre etwa die Forderung nach Emissionskompensationen für Beschaffungen mit signifikantem CO₂-Fußabdruck. Einige Mitgliedstaaten verlangen bei der Beschaffung von Taxi- oder sonstigen Transportdienstleistungen, dass die verwendeten Fahrzeuge diesbezüglich zur effizientesten Klasse gehören. Klauseln für die Auftragsausführung könnten auch genutzt werden, um während der Auftragsausführung Innovationen zu stimulieren, indem z.B. Anreize geschaffen werden, Produkte oder Dienstleistungen während der Auftragsausführung weiterzuentwickeln.

In diesem Stadium können die öffentlichen Auftraggeber dem erfolgreichen Bieter bestimmte Verpflichtungen zur Erreichung verschiedener umweltrelevanter oder sozialer Ziele auferlegen, die in früheren Phasen des Vergabeverfahrens nicht berücksichtigt werden können.

Fragen:

Prüfung der Anforderungen

Die öffentlichen Auftraggeber könnten umweltrelevante oder soziale Anforderungen bei der Ausarbeitung der technischen Spezifikationen, der Festlegung der Auswahl- und Zuschlagskriterien oder der Aufnahme von Klauseln für die Auftragsausführung spezifizieren. Sie werden dann in der Regel eine Liste mit verschiedenen Elementen erstellen (Bescheinigung/Unterlagen und/oder spezifische Verpflichtungen), die die Bewerber bzw. Bieter beibringen müssen, um nachzuweisen, dass sie die umweltrelevanten oder sozialen Anforderungen erfüllen können. Den derzeitigen Vorschriften zufolge können bestimmte Bescheinigungssysteme (z.B. Waldzertifizierungssysteme, Bescheinigungen des Sozialsystems usw.) als Nachweise akzeptiert werden; gleichwertige Mittel sind ebenfalls anzuerkennen. Ein generelles Problem der öffentlichen Auftragsvergabe betrifft die Überprüfung dieser Anforderungen in der Lieferkette. Das Thema der Überprüfung ist besonders dann relevant, wenn ein Teil der Lieferkette in einem Drittland lokalisiert ist.

Bei der Prüfung von Teilnahmeanträgen und Angeboten stellt der öffentliche Auftraggeber fest, ob die von den Bewerbern oder Bietern beigebrachten Informationen oder Unterlagen den Anforderungen genügen. Falls bestimmte Angaben fehlen oder die beigebrachten Informationen als unzureichend betrachtet werden, wird der Bewerber bzw. Bieter vom Verfahren ausgeschlossen.

Fragen:

Verknüpfung mit Auftragsgegenstand/Auftragsausführung

Wie bereits erläutert, ist die Verknüpfung mit dem Auftragsgegenstand im derzeitigen EU-Rahmen für das öffentliche Auftragswesen eine Grundvoraussetzung, von der auszugehen ist, wenn in das Verfahren der öffentlichen Auftragsvergabe Erwägungen zu anderen Politikbereichen einfließen. Dies gilt für alle Phasen des Vergabeverfahrens und für unterschiedliche Aspekte (Leistungsbeschreibungen, Auswahl- und Zuschlagskriterien). Bei Klauseln für die Auftragsausführung besteht diese Anforderung in der Verknüpfung mit der Ausführung der Aufgaben, die für die Produktion der zu beschaffenden Güter bzw. die Bereitstellung der zu beschaffenden Leistungen erforderlich sind.

Eine Lockerung dieser Anforderung würde es den Auftraggebern ermöglichen, die Ziele der Europa 2020-Strategie mittels der öffentlichen Auftragsvergabe besser zu verfolgen. Die öffentlichen Auftraggeber könnten so - unabhängig von dem erworbenen Produkt bzw. der erworbenen Dienstleistung - das Verhalten von Unternehmen beeinflussen und diese beispielsweise zu mehr Umweltbewusstsein und Sozialverantwortung anspornen. Dies könnte die Ziele der Europa 2020-Strategie kräftig unterstützen.

Bei der Erwägung solcher Möglichkeiten muss sorgfältig geprüft werden, welche Auswirkungen sich im Hinblick auf andere politische Überlegungen ergeben. Die Verknüpfung zum Auftragsgegenstand gewährleistet, dass der eigentliche Erwerb im Mittelpunkt eines Verfahrens steht, bei dem Gelder des Steuerzahlers verwendet werden. Dies ist eine wichtige Garantie dafür, dass öffentliche Auftraggeber bei effizienter Nutzung öffentlicher Gelder das günstigste Angebot erhalten. Wie bereits angesprochen, wird dieses Ziel auch in der Strategie Europa 2020 hervorgehoben, der zufolge die Politik auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragwesens gewährleisten muss, dass öffentliche Gelder so wirtschaftlich wie möglich eingesetzt werden. Gleichzeitig ist durch diese Garantie des Erwerbs zum günstigsten Preis ein gewisser Grad an Kohärenz zwischen der EU-Beschaffungspolitik und den Vorschriften für staatliche Beihilfen sichergestellt, da ausgeschlossen wird, dass Wirtschaftsteilnehmer durch die Vergabe öffentlicher Aufträge ungebührliche wirtschaftliche Vorteile erhalten. Eine Lockerung der Verknüpfung mit dem Auftragsgegenstand könnte folglich bewirken, dass die EU-Beschaffungsvorschriften anders angewandt werden als die Vorschriften für staatliche Beihilfen, und letztlich dem Ziel einer stärkeren Kohärenz zwischen den beiden Bereichen zuwiderlaufen.

Die Verknüpfung mit dem Auftragsgegenstand kann auch vermeiden helfen, dass Wirtschaftsteilnehmer eines bestimmten Landes Teilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten potenziell vorgezogen werden. Dies gilt insbesondere für Bereiche (wie z.B. einige soziale Anforderungen), die stärker in nationalen, regionalen oder sogar lokalen Realitäten verankert sind, ist aber auch für andere politische Erwägungen, z.B. im Umweltbereich, relevant. So könnte beispielsweise bei der Lieferung von Gütern die Forderung, dass die von den Bietern genutzten Bürogebäude ausschließlich mit Solarenergie zu beheizen sind, Unternehmen aus Mitgliedstaaten mit besonders günstigen Witterungsbedingungen für die Solartechnologie bevorzugen.

Die Verknüpfung zwischen politischen Überlegungen und dem Auftragsgegenstand soll für die Unternehmen Sicherheit und Vorhersehbarkeit gewährleisten. In Ermangelung einer solchen Verknüpfung (und auf EU-Ebene harmonisierter Anforderungen) könnten die Wirtschaftsteilnehmer bei jeder Auftragsvergabe und von jedem öffentlichen Auftraggeber anderen Anforderungen unterworfen werden (Beispiele hierfür wären etwa der Frauenanteil, die Zahl der eingestellten Arbeitslosen, Kinderbetreuungseinrichtungen für Beschäftigte, Umwelt- oder Abfallwirtschaftsmaßnahmen oder Ökozeichen).

Die Einhaltung der von den öffentlichen Auftraggebern auferlegten Anforderungen könnte insbesondere KMU vor Probleme stellen, da sie nicht unbedingt über die erforderlichen Wirtschafts- und Humanressourcen verfügen, um im konkreten Einzelfall eine Fülle gesellschaftlicher Anforderungen zu erfüllen.

Schließlich könnten Anforderungen, die in keiner Verbindung zu dem erworbenen Produkt oder der beschafften Dienstleistung stehen, dem in der Strategie Europa 2020 formulierten Ziel der Innovationsförderung zuwiderlaufen, da der Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht mehr aufgrund der Entwicklung des besten (möglicherweise innovativen) Produkts oder der besten Dienstleistung, sondern nur aus unternehmenspolitischen Gründen stattfinden würde.

Fragen:

4.2. "Beschaffungsgegenstand" - Förderung der Ziele von Europa 2020

Eine weitere Möglichkeit, politische Ziele über das öffentliche Auftragswesen zu erreichen, könnte darin bestehen, den Auftraggebern den Gegenstand der Beschaffung vorzuschreiben.

Zu diesem Zweck könnten verbindliche Verpflichtungen oder Kriterien auferlegt werden, die die Merkmale der zu beschaffenden Güter und Dienstleistungen betreffen (z. B Höchstgrenzen für Energie- und Ressourcenverbrauch, umweltschädliche Stoffe, Mindestvorgaben für Recycling). Alternativ dazu könnten bestimmte Ziele vorgegeben werden (z.B. Umweltfreundlichkeit von 60 % der öffentlichen Beschaffungen)83.

Unlängst verabschiedete sektorspezifische EU-Vorschriften hatten folgende Wirkung:

In ihrer unlängst verabschiedeten Mitteilung "Energie 2020 - Eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie"89 sprach sich die Kommission dafür aus, dass bei allen öffentlichen Aufträgen für Bauleistungen, Dienstleistungen und Produkte energierelevante Kriterien (Energieeffizienz, erneuerbare Energien und intelligente Netze) angewandt werden sollten.

Bei Produkten sollte in stärkerem Umfang auf eine Technik der finanziellen Bewertung zurückgegriffen werden, wie sie etwa in der Richtlinie über saubere Fahrzeuge90 entwickelt wurde. Wenn bei der Kaufentscheidung für Produkte und Dienstleistungen berücksichtigt werden muss, welche Betriebskosten über die gesamte Lebensdauer hinweg anfallen, (wie dies bei Fahrzeugen bereits verlangt wird) könnten die Kosten insgesamt sinken.

Zu diesem Zweck müsste jedoch eine allgemeine Methodik beschrieben werden, die auf alle Produktgruppen angewandt werden kann.

Generell wurde vorgeschlagen, durch Rechtsvorschriften, die auf delegierten Rechtsakten basieren, bestimmte obligatorische Anforderungen in die EU-Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge aufzunehmen und damit weitere Möglichkeiten zur Förderung von Innovation und von anderen politischen Zielen der Strategie Europa 2020 zu schaffen91.

Zur Frage der sozialen Eingliederung wurde in der neuen Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2092 angekündigt, dass die Kommission die Opportunität von regulatorischen Maßnahmen prüfen wird, durch die der Zugang zu Produkten und Dienstleistungen gewährleistet werden kann, einschließlich Maßnahmen zur stärkeren Mobilisierung der öffentlichen Auftragsvergabe für diese Zwecke.

Solche Verpflichtungen können ein äußerst wirksames Instrument sein, um die Ziele der Strategie Europa 2020 zu erreichen, da sie dazu beitragen, dass sich Güter und Dienstleistungen mit hohem gesellschaftlichen Wert stärker auf dem Markt verbreiten. Zudem kann die Zentralisierung der Entscheidungen über Beschaffungsstrategien eine Zersplitterung der Vergabepolitik verhindern und die Vorhersehbarkeit erhöhen, was ganz im Interesse der Wirtschaftsteilnehmer liegt. Wenn - beispielsweise beim umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesen - die Konzepte der Mitgliedstaaten voneinander abweichen, kann dies für die Lieferanten, und insbesondere KMU, zu Problemen führen, da sie sich in den verschiedenen Ländern an jeweils unterschiedliche Rahmenbedingungen anpassen müssen, was die Entwicklung und den Verkauf von umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen erschwert.

Hinsichtlich der Verpflichtungen bezüglich des Beschaffungsgegenstands wurden allerdings auch einige Bedenken geäußert.

Ein wichtiger Aspekt ist in diesem Zusammenhang die Gefahr, dass solche Verpflichtungen diskriminierend wirken oder den Wettbewerb auf den Beschaffungsmärkten einschränken. Dies kann zu einer geringeren Anzahl der Bieter und zu Preissteigerungen führen, was sich angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Zeiten und Haushaltsbeschränkungen in vielen Mitgliedstaaten als problematisch erweisen könnte. Um dieses Risiko abzuschwächen, müssen die auferlegten Verpflichtungen und Kriterien objektiv und nicht diskriminierend sein und sollten nur dann angewandt werden, wenn die Märkte EU-weit so stark entwickelt sind, dass ein wirksamer Wettbewerb gegeben ist. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass einige Anforderungen im Sinne eines höheren Umweltschutzes mittel- bis langfristig durchaus zu wirtschaftlichen Einsparungen führen können (z.B. auf dem Gebiet der Energieeffizienz).

Einige Arten von Verpflichtungen können sich auf den Beschaffungsmärkten stärker auf den Wettbewerb auswirken als andere.

Verpflichtungen hinsichtlich des Beschaffungsgegenstands schränken den Handlungsspielraum der öffentlichen Auftraggeber in den Vergabeverfahren ein. Dies kann ihre Möglichkeiten zur Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen, die perfekt auf die spezifischen Bedürfnisse der einzelnen Auftraggeber abgestimmt sind, beeinträchtigen. Diese Gefahr könnte eingedämmt werden, wenn die Verpflichtung auf der richtigen Ebene gesetzt wird.

Ferner wird vorgebracht, dass zentral vorgeschriebene Verpflichtungen zum Beschaffungsgegenstand den öffentlichen Auftraggebern und den Wirtschaftsteilnehmern einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand aufbürden, beispielsweise für die Prüfung, ob Unternehmen die Anforderungen einhalten. Zusätzliche Ausbildungsmaßnahmen, eine angemessene Fortbildung und eigens entwickelte Werkzeuge 93 könnten den öffentlichen Auftraggebern helfen, effizient mit diesen Aufgaben umzugehen. Auf EU-Ebene harmonisierte Anforderungen (z.B. Kauf der Spitzenleistungsklassen gekennzeichneter Produkte) würden zudem die Auftraggeber entlasten, da sie bei der Erstellung der Spezifikationen keine spezifischen technischen Kenntnisse benötigten und die Berücksichtigung der betreffenden Kriterien auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene in bestimmten Fällen somit einfacher würde.

Eine weniger radikale Lösung bestünde darin, für die Beschaffung bestimmter Arten von Gütern und Dienstleistungen Anreize zu schaffen, ohne jedoch zwingende Vorgaben zu machen. So könnten den öffentlichen Auftraggebern finanzielle Vorteile geboten werden, wenn sie umweltfreundliche, der sozialen Eingliederung zuträgliche oder innovative Güter oder Dienstleistungen beschaffen; sie könnten sich über bewährte Praktiken austauschen oder es könnten andere Mechanismen für öffentliche Auftraggeber geschaffen werden, die über ihre Beschaffungspolitik einen Beitrag zu den Zielen der Strategie Europa 2020 leisten wollen.

Fragen:

4.3. Innovation

Europa verfügt über ein enormes, bisher noch ungenutztes Potenzial, um durch das öffentliche Auftragswesen Innovationen voranzutreiben und gleichzeitig den grenzüberschreitenden Wettbewerb zu stimulieren, eine CO₂-arme Wirtschaft zu fördern und den öffentlichen Behörden ein optimales Preis-Leistungsverhältnis zu garantieren. Die öffentliche Beschaffung innovativer Produkte und Dienstleistungen ist von zentraler Bedeutung für die Verbesserung der Qualität und der Effizienz der öffentlichen Dienste in Zeiten knapper Haushalte.

Die derzeitigen EU-Richtlinien auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens sehen einen flexiblen Ansatz vor, der es den öffentlichen Auftraggebern ermöglicht, die Ausschreibungen innovationsorientiert zu gestalten, um die Industrie zur Suche nach neuen fortschrittlichen Lösungen anzuhalten.

Durch Wettbewerbe im Dienstleistungsbereich 94 können die öffentlichen Auftraggeber Kenntnis über Vorhaben oder Pläne in Bereichen wie Architektur, Ingenieurwesen oder Datenverarbeitung erlangen. Bei einem solchen Verfahren werden die Teilnehmer ersucht, Projekte vorzuschlagen, die nicht unbedingt unter die Vorgaben der Leistungsbeschreibung fallen. Dadurch können sie innovative Ideen vorbringen, die gegebenenfalls bei einem künftigen Vergabeverfahren genutzt werden.

Bei besonders komplexen Aufträgen können die öffentlichen Auftraggeber, falls ihres Erachtens die Vergabe eines Auftrags im Wege des offenen oder nichtoffenen Verfahrens nicht möglich ist, der Richtlinie zufolge den wettbewerblichen Dialog anwenden95. Bei diesem Verfahren kann der öffentliche Auftraggeber mit den Bewerbern Kontakt aufnehmen, um zu ermitteln und festzulegen, durch welche Mittel seine Bedürfnisse am besten erfüllt werden können. Die Bieter werden aufgefordert, Ideen und Lösungen vorzuschlagen, die mit den öffentlichen Auftraggebern erörtert werden.

Die derzeitigen EU-Richtlinien auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens streben den Schutz innovativer Lösungen an, auch wenn diese nicht Gegenstand von Rechten des geistigen Eigentums sind. Die öffentlichen Auftraggeber dürfen Lösungsvorschläge oder sonstige vertrauliche Informationen nicht ohne Zustimmung des Bieters an die anderen Teilnehmer weitergeben96.

Nichtsdestotrotz wird - insbesondere im Hinblick auf den wettbewerblichen Dialog - das so genannte "Rosinenpicken" von Rechten des geistigen Eigentums oder innovativen Lösungen als Problem genannt. Legt ein Teilnehmer die spezifischen Merkmale seiner Lösung offen, können sie auch für die anderen Bewerber ersichtlich werden. Wenngleich die derzeitigen Vorschriften eine vertrauliche Behandlung der Informationen vorsehen, befindet sich der öffentliche Auftraggeber in dem Zwiespalt, derlei vertrauliche Informationen schützen und dennoch einen Teil davon offen legen zu müssen, um Lösungen zu finden, die für die Erfüllung seiner Bedürfnisse am zweckmäßigsten sind. Die öffentlichen Auftraggeber könnten versucht sein, Bieter unter Druck zu setzen, damit diese der Offenlegung der Informationen zustimmen. Problematisch ist darüber hinaus die Tatsache, dass die beste Lösung (die der öffentliche Auftraggeber auswählt) zwingendermaßen allen Bewerbern unterbreitet wird, die dann aufgefordert werden, ihre Angebote auf der Grundlage dieser Lösung vorzulegen. Dies könnte Bewerber davon abhalten, besonders innovative Lösungen vorzuschlagen, da sie nicht sicher sein können, dass sie für die Konzeption dieser Lösung eine "Belohnung" in Form des Zuschlags für den zu vergebenden Auftrag erhalten.

Die öffentlichen Auftraggeber können bei der Vorbereitung einer Ausschreibung beschließen, dass die Bieter Varianten vorlegen können. In einem solchen Fall können Güter und Dienstleistungen angeboten werden, die den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers zwar nicht exakt entsprechen, wohl aber den technischen Mindestanforderungen der Ausschreibungsunterlagen genügen. Die Möglichkeit, Angebote zu unterbreiten, die von den ursprünglichen technischen Spezifikationen des öffentlichen Auftraggebers abweichen, motiviert die Wirtschaftsteilnehmer, innovativere Dienstleistungen oder Produkte anzubieten. Dies kann der Erforschung neuer Technologien zugutekommen und die Nutzer in die Lage versetzen, vom technischen Fortschritt zu profitieren.

Eine weitere wichtige Möglichkeit zur Förderung von Innovationen besteht darin, dass die öffentlichen Auftraggeber die Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen fordern, die noch nicht auf dem Markt verfügbar sind. Innerhalb des derzeitigen Rechtsrahmens kann dies mittels der so genannten "vorkommerziellen Auftragsvergabe"97 erfolgen, bei der Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen für neue Lösungen beschafft werden98, mit dem Ziel, das Endprodukt oder die Enddienstleistung gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines üblichen Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu erwerben. Mit diesem Ansatz können die öffentlichen Behörden die Risiken und Vorteile der Konzeption, Erstellung eines Prototyps und Erprobung einer begrenzten Anzahl neuer Produkte und Dienstleistungen mit den Lieferanten teilen, ohne dass staatliche Beihilfen involviert sind.

Die vorkommerzielle Auftragsvergabe kann den öffentlichen Auftraggebern dabei helfen, Qualität und Effizienz der öffentlichen Dienstleistungen radikal zu verbessern, indem Pilotmärkte geschaffen und neue bahnbrechende Lösungen für Herausforderungen des öffentlichen Sektors entwickelt werden, für die es bislang noch keine maßgeschneiderten Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt gibt.

Trotz der vielfältigen Möglichkeiten, Innovationen durch das öffentliche Auftragswesen zu stimulieren, ist dieses nach Ansicht der Beteiligten nicht ausreichend innovationsorientiert. Dies ließe sich durch verschiedene Faktoren erklären: falsche Anreize für Lösungen mit geringem Risiko, Mangel an Kenntnissen und Fähigkeiten im Hinblick auf die erfolgreiche Beschaffung neuer Technologien und Innovationen, mangelnde Abstimmung zwischen öffentlichem Auftragswesen und politischen Zielen sowie Fehlen einer klaren Strategie. Da hier somit ein gewisser Orientierungsbedarf festgestellt werden kann, sollte darüber gesprochen werden, wie die Anwendung der Vorschriften für öffentliche Aufträge sowie mögliche weitere Maßnahmen den öffentlichen Auftraggebern bei einer innovationsfreundlichen Politik helfen könnten. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Leistungsmessung, da diese eine Schlüsselrolle für die Bewertung der Auswirkungen der öffentlichen Beschaffung auf die Innovation, der Leistungsverbesserung und der Erreichung des eigentlichen Innovationsziels spielt.

Fragen:

4.4. Sozialwesen

Das Sozialwesen ist in Anhang II Teil B der Richtlinie 2004/18/EG aufgeführt. Deshalb unterliegen Verträge im Sozialwesen mit einem Wert oberhalb der einschlägigen Schwellen für die Anwendung der Vergaberichtlinien, wie bereits ausgeführt, nur einigen spezifischen Bestimmungen dieser Richtlinien (technische Spezifikationen und Veröffentlichung der Ergebnisse des Vergabeverfahrens) sowie Grundprinzipien des EU-Rechts wie den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung und Transparenz99. Wie oben dargelegt, unterliegen Verträge unterhalb der Schwellenwerte den im EU-Recht verankerten Grundsätzen (z.B. Nichtdiskriminierung und Transparenz) nur dann, wenn ein grenzüberschreitendes Interesse gegeben ist.

Deshalb können die Behörden bei der Auslagerung von Diensten des Sozialwesens über Dienstleistungsaufträge bereits relativ frei über das anzuwendende Verfahren entscheiden. Darüber hinaus können die Behörden Anforderungen an Qualität, Vollständigkeit und Kontinuität der betreffenden Dienste sowie in Bezug auf die Einbeziehung der Nutzer und deren Beteiligung an der Erbringung und Bewertung der Dienstleistung formulieren oder anderweitig sicherstellen, dass die Dienstleister sich bei der Erbringung der Leistung mit den lokalen Gegebenheiten vertraut machen100.

Dennoch sollten die derzeitigen Bestimmungen nach Ansicht einiger Beteiligter angepasst werden, um die Besonderheiten des Sozialwesens besser zu berücksichtigen. So werden insbesondere höhere Schwellenwerte für solche Dienste gefordert. Hier sei darauf hingewiesen, dass eine Anhebung der anwendbaren Schwellenwerte im Falle des Sozialwesens keine Einschränkung der Abdeckung oder möglicher Erstattungsanträge im Rahmen des Beschaffungsübereinkommens und anderer internationaler Übereinkommen bewirken würde, da "B-Dienste" nicht unter diese Instrumente fallen.

Fragen:

5. Gewährleistung ordnungsgemässer Verfahren

Der finanzielle Einsatz, der auf dem Spiel steht, und die engen Beziehungen zwischen öffentlichem und privatem Sektor machen das öffentliche Auftragswesen zu einem Risikogebiet für unseriöse Geschäftspraktiken, z.B. aufgrund von Interessenkonflikten, Günstlingswirtschaft und Korruption. So wird die öffentliche Beschaffung auch im Stockholm-Programm101 als Bereich genannt, dem bei der Korruptionsbekämpfung besondere Aufmerksamkeit gilt.

Wirksame Mechanismen zur Vermeidung unseriöser Geschäftspraktiken im Beschaffungswesen werden aber nicht nur benötigt, um einen fairen Wettbewerb auf gleicher Ausgangsbasis und einen effizienten Einsatz von Steuergeldern zu gewährleisten, sondern können auch einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität leisten.

Die Anforderungen der Richtlinien hinsichtlich der Transparenz der Verfahren, die die Gleichbehandlung aller Bieter sicherstellen sollen, minimieren bereits die Gefahr unseriöser Geschäftspraktiken. Allerdings enthalten die aktuellen Richtlinien keine Bestimmungen zur Vermeidung und Sanktionierung von Interessenkonflikten und nur wenige spezifische Vorschriften zur Bestrafung von Günstlingswirtschaft und Korruption im Beschaffungswesen. Diese Probleme können durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften effizienter angegangen werden, wobei hinsichtlich der einschlägigen nationalen Vorschriften jedoch starke Abweichungen zwischen den Mitgliedstaaten festzustellen sind.

Eine Stärkung der verfahrenstechnischen Sicherheitsvorkehrungen gegen unseriöse Geschäftspraktiken auf EU-Ebene könnte den europäischen Gesamtstandard für den Schutz vor solchen Praktiken verbessern, die Verfahren insgesamt fairer und die Beschaffungsverfahren weniger anfällig gegen Betrug und Korruption machen. Allerdings werden solche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen sowohl für die Auftraggeber als auch für die Unternehmen häufig einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand bewirken, so dass der Mehrwert für die Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken sorgfältig gegen mögliche negative Auswirkungen auf das Gesamtziel der Vereinfachung der Verfahren abgewogen werden muss.

5.1. Vermeidung von Interessenkonflikten

Ein Interessenkonflikt liegt vor, wenn Personen, die an der Entscheidung über die Auftragsvergabe beteiligt sind, widerstreitigen beruflichen oder persönlichen Verpflichtungen unterliegen bzw. persönliche oder finanzielle Interessen haben, die es für sie schwierig machen, ihre Aufgaben fair und unparteiisch wahrzunehmen, oder wenn eine Person in der Lage ist, den Entscheidungsprozess beim öffentlichen Auftraggeber im eigenen Interesse zu beeinflussen. Ein solcher Interessenkonflikt muss nicht zwangsläufig zu Korruption führen, kann aber korruptes Verhalten bewirken. Die Feststellung und Lösung von Interessenkonflikten ist deshalb ein Schlüssel zur Vermeidung von Betrug. Ein Interessenkonflikt stellt an sich und objektiv eine schwerwiegende Störung dar, ohne dass es dabei auf die Absichten oder die Gut- oder Bösgläubigkeit der Beteiligten ankäme102.

Hier wäre noch zu klären, welche grundlegenden Bestimmungen auf EU-Ebene benötigt werden. Denkbar wären etwa eine gemeinsame Definition inakzeptabler Interessenkonflikte und Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung und Lösung solcher Konfliktsituationen103. Solche Sicherheitsvorkehrungen könnten u.a. so aussehen, dass eine Erklärung über das Nichtvorliegen von Interessenkonflikten verlangt wird oder ein gewisses Mindestmaß an Transparenz und eine Rechenschaftspflicht der für die Auftragsvergabe zuständigen Beamten gegeben sein müssen, die - selbstverständlich unter Wahrung aller Bestimmungen und Standards des Datenschutzes - bestimmte Angaben zu ihrer persönlichen Situation machen müssten. So könnte beispielsweise in EU-Bestimmungen festgelegt werden, dass die Namen der Mitglieder des Bewertungsausschusses einer Kontrollstelle mitgeteilt werden oder der öffentliche Auftraggeber sicherstellen muss, dass bei der Besetzung des Bewertungsausschusses jegliche Interessenkonflikte ausgeschlossen werden.

Fragen:

5.2. Bekämpfung von Günstlingswirtschaft und Korruption

Die Beschaffungsmärkte und insbesondere größere Bauprojekte werden häufig als lukratives Opfer von Bestechungsversuchen betrachtet. Die Integrität des Prozesses wird aber nicht nur durch Korruption (in diesem Fall besonders offensichtlich) in Gefahr gebracht, sondern auch durch jede Form von Günstlingswirtschaft, selbst wenn es dabei nicht unbedingt zu korruptem Verhalten kommt, sondern eventuell zur Bevorzugung lokaler Bewerber. Die häufigsten Korruptionsszenarios in der öffentlichen Auftragsvergabe umfassen das so genannte "Kickback" (d.h. die Zahlung eines Bestechungsgeldes zur Belohnung des Beamten, der die Auftragsvergabe beeinflusst hat), die Manipulierung der Ausschreibungsunterlagen zur Bevorteilung eines bestimmten Bieters und die Nutzung von Scheinfirmen/zwischengeschalteten Unternehmen zur Deckung der illegalen Tätigkeiten des korrupten Beamten.

Die Vergaberegeln zahlreicher Mitgliedstaaten enthalten Mechanismen zur gezielten Bekämpfung von Korruption und Günstlingswirtschaft. Wie bei Interessenkonflikten muss auch hier gründlich analysiert werden, ob es sinnvoll ist, - vorbehaltlich der Vermeidung übermäßiger Verwaltungslasten - die EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen um bestimmte Sicherheitsvorkehrungen zu erweitern. Dabei ist nicht nur zu berücksichtigen, dass Korruption für die Mitgliedstaaten ein hochsensibles Thema ist, sondern auch, dass die eigentlichen Probleme auf diesem Gebiet genauso wie mögliche Lösungen von der - stark unterschiedlichen - nationalen Verwaltungs- und Unternehmenskultur abhängen. Deshalb dürfte es äußerst schwierig werden, eine Standardlösung auf EU-Ebene zu finden.

Häufig wird vorgeschlagen, die Korruption im öffentlichen Auftragswesen durch mehr Transparenz anzugehen und das Augenmerk dabei insbesondere auf die Entscheidungen zu richten, die im Laufe der Vergabeverfahren von den beteiligten Beamten getroffen werden. Dadurch könnten Bewerber und möglicherweise auch die breite Öffentlichkeit die Entscheidungen von Beamten prüfen und somit wirksam Korruption bekämpfen helfen. Solche erhöhten Transparenzforderungen könnten für die Öffnung der Angebote oder die obligatorische Veröffentlichung der Vergabevermerke eingeführt werden. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand einer solchen Maßnahme hielte sich in Grenzen, da die Auftraggeber solche Vergabevermerke ohnehin erstellen müssen104. Auch die Veröffentlichung der vergebenen Aufträge (nach redaktioneller Bearbeitung wirtschaftlich sensibler Informationen) könnte die demokratische Prüfung der Vergabeentscheidungen verbessern helfen.

Denkbar wäre auch die Entwicklung spezifischer Werkzeuge wie z.B. von Betrugsmeldesystemen, mittels der Teilnehmer oder andere Personen über gebührenfreie Rufnummern oder das Internet Angaben zu Fehlverhalten oder Unregelmäßigkeiten machen können. Verweise auf ein solches System, über das öffentliche Auftraggeber oder Aufsichtsbehörden Informationen aus anonymen oder bekannten Quellen erhalten, könnten in die Bekanntmachung, die Website des öffentlichen Auftraggebers oder andere Veröffentlichungen aufgenommen werden.

Praktiken wie der Rückgriff auf bereits bestehende Werkzeuge, die eine gute und transparente Abwicklung des gesamten Vergabezyklus unterstützen, sollten gefördert werden. In diesem Zusammenhang könnte sich trotz der bekannten Beschränkungen die Erstellung von "Red Flag"-Indikatorlisten als nützlich erweisen 105. Eindeutige Berichterstattungsvorschriften und Regeln für den Schutz von Hinweisgebern dürften der Durchsetzung einer wirksameren Berichterstattung zugutekommen. Externe Beobachter (Regierungsexperten, NRO usw.) können die internen Kontrollwerkzeuge zur Bewertung der Leistung von Auftragnehmern aufwerten und die Aufdeckung und Mitteilung von Verdachtsmomenten verbessern helfen.

Zu erwägen wäre auch der Rückgriff auf bestehende Bewertungsmechanismen zur Überwachung der Einhaltung einschlägiger internationaler Instrumente mit Bestimmungen zur Bekämpfung der Korruption im öffentlichen Beschaffungswesen106.

Schließlich gäbe es auch noch die Möglichkeit, den Ermessensspielraum der öffentlichen Auftraggeber gezielt einzuschränken, so dass es schwieriger würde, Entscheidungen, die nicht objektiv begründet sind und deshalb als Günstlingswirtschaft zu betrachten sind, in die Praxis umzusetzen (z.B. Einschränkung der Befugnis zur Annullierung von Verfahren). Solche Maßnahmen dürfen natürlich nicht den Handlungsspielraum einschränken, den öffentliche Auftraggeber benötigen, um Güter und Dienstleistungen zu beschaffen, die auf ihren spezifischen Bedarf abgestimmt sind.

Fragen:

5.3. Ausschluss "unseriöser" Bieter

Der Ausschluss von Bietern, die sich der Korruption schuldig gemacht oder generell im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung begangen haben, ist eine mächtige Waffe zur Bestrafung - und bis zu einem gewissen Grad auch der Verhinderung - unseriöser Geschäftspraktiken. Laut Artikel45 der Richtlinie 2004/18/EG sind Bieter, die aufgrund bestimmter, in der Richtlinie aufgelisteter Delikte (darunter Korruption) verurteilt wurden, von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen. Dies ist auch möglich, wenn verschiedene andere unseriöse Geschäftspraktiken (einschließlich "einer schweren Verfehlung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit") festgestellt wurden.

Verschiedene Fragen hinsichtlich des Anwendungsbereichs, der Auslegung, Umsetzung und praktischen Anwendung dieser Bestimmung stehen jedoch weiterhin offen, weshalb die Mitgliedstaaten und die öffentlichen Auftraggeber um Klärung ersucht haben.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu prüfen, ob die Ausschlussgründe des Artikels 45 geeignet, hinreichend deutlich (insbesondere der Ausschlussgrund der "schweren Verfehlung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit") und erschöpfend genug sind oder ob weitere Ausschlussgründe aufgenommen werden sollten. Die öffentlichen Auftraggeber haben anscheinend auch mit praktischen Schwierigkeiten zu kämpfen, um von Bietern und Bewerbern, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, alle relevanten Angaben zur persönlichen Situation zu erhalten und deren Teilnahmeberechtigung aufgrund des nationalen Rechts zu beurteilen.

Ferner muss wahrscheinlich auch noch geklärt werden, welcher Spielraum für die Anwendung innerstaatlicher Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit Ausschlussgründen besteht. Wenn die Mitgliedstaaten zusätzliche Ausschlussgründe in ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften aufnehmen, so können sie Probleme im Zusammenhang mit unseriösen Geschäftspraktiken vielleicht gezielter angehen. Gleichzeitig bergen spezifische nationale Ausschlussgründe immer ein Risiko der Diskriminierung ausländischer Bieter und könnten das Prinzip gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen in Europa in Gefahr bringen.

Ein wichtiges Thema, das in den derzeitigen EU-Vergaberichtlinien noch außer Acht gelassen wird, sind "selbstreinigende" Maßnahmen der interessierten Wirtschaftsteilnehmer, die einer Situation, die sich negativ auf ihre Teilnahmeberechtigung auswirken kann, abhelfen wollen. Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen hängt davon, inwieweit sie von den Mitgliedstaaten akzeptiert werden. "Selbstreinigende" Maßnahmen sollen einen Mittelweg zwischen der Anwendung der Ausschlussgründe und den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung ermöglichen. Die Prüfung "selbstreinigender" Maßnahmen kann dem öffentlichen Auftraggeber dabei helfen, eine objektive und vollständigere Bewertung der individuellen Situation eines Bewerbers oder Bieters vorzunehmen, der gegebenenfalls von einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden soll.

Nach Artikel 45 dürfen die Mitgliedstaaten "selbstreinigenden" Maßnahmen insoweit Rechnung tragen, als diese zeigen, dass Bedenken hinsichtlich der beruflichen Integrität, der Solvenz und der Zuverlässigkeit des Bewerbers oder Bieters ausgeräumt wurden. Auch wenn die öffentlichen Auftraggeber in einigen Mitgliedstaaten berücksichtigen, dass Wirtschaftsteilnehmer Maßnahmen ergreifen, um einer Ausschlusssituation abzuhelfen, gibt es keine einheitlichen Bestimmungen für "selbstreinigende" Maßnahmen.

Ferner stellt sich die Frage, ob die EU explizit Sanktionen für den Versuch auferlegen sollte, Transparenz und Unabhängigkeit des Vergabeverfahrens zu unterlaufen (z.B. durch Bewerber oder Bieter, die versuchen, Zugang zu vertraulichen Informationen zu erhalten, oder die Tätigkeiten des öffentlichen Auftraggebers - etwa während der Auswahl- und Zuschlagsphase - unrechtmäßig zu beeinflussen). Solche Sanktionen könnten darin bestehen, dass die Bewerbung bzw. das Angebot abgelehnt wird, solange dies ordnungsgemäß begründet werden kann.

Besonders schwerwiegende Formen rechtswidrigen Verhaltens wie Korruption oder das wissentliche Verschweigen von Interessenkonflikten sollten ebenfalls strenger bestraft werden (z.B. strafrechtliche Sanktionen). Im Falle der Korruption von Beamte sind die Mitgliedstaaten bereits zu strafrechtlichen Sanktionen verpflichtet. Inwiefern Mindestnormen für Sanktionen festgelegt werden sollten, muss unter Berücksichtigung der Schwere des Vergehens und der Grundsätze der Notwendigkeit, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit geprüft werden107.

Fragen:

5.4. Vermeidung unfairer Vorteile

Schließlich sind auch Situationen denkbar, in denen, selbst wenn kein Interessenkonflikt vorliegt und keine unseriösen Geschäftspraktiken festzustellen sind, die Fairness des Verfahrens in Frage steht, weil bestimmte Bieter sich in einer begünstigten Lage befinden. So verfügen Bewerber oder Bieter, die bereits an den Vorarbeiten für einen zu beschaffenden Dienst beteiligt waren (Forschung und/oder Konzeption) aufgrund ihrer Kenntnis wichtiger Informationen über erhebliche Vorteile, was den Grundsatz der Gleichbehandlung in Gefahr bringen kann108.

Hier stellt sich die Frage, inwieweit ein Ausgleich für Vorteile geschaffen werden kann, ohne den betreffenden Bieter zu diskriminieren. Bieter, die bei der Vorbereitung des Projekts mitgearbeitet haben, einfach auszuschließen, wäre wohl eine unverhältnismäßige Maßnahme und deshalb in der Praxis nicht machbar - insbesondere wenn es auf dem einschlägigen Markt nur wenige qualifizierte Wettbewerber gibt. Eine sinnvolle Ausgleichsmaßnahme könnte darin bestehen, vom bevorteilten Bieter zu verlangen, wichtige Informationen, über die er aufgrund der früheren Beteiligung an einem Projekt gegebenenfalls verfügt, für alle beteiligten Bieter offenzulegen.

Noch sensibler sind natürliche Vorteile der teilnehmenden Bieter, die noch schwieriger feststellbar sind und für die nur schwer ein Ausgleich geschaffen werden kann. Auch hier könnte sich die obligatorische Offenlegung bestimmter wichtiger Informationen als geeigneter Weg erweisen, um - unter Gewährleistung des Schutzes wirtschaftlich sensibler Informationen - die Diskriminierungsrisiken zu mindern.

Fragen:

6. Zugang von Lieferanten aus Drittländern zum EU-Markt

Den internationalen Verpflichtungen, die die EU auf dem Gebiet der öffentlichen Auftragsvergabe eingegangen ist, wird in verschiedenen Bestimmungen der Richtlinien Rechnung getragen.

In Erwägungsgrund 7 der Richtlinie 2004/18/EG und Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2004/17/EG wird ausdrücklich auf den Beschluss 94/800/EG des Rates verwiesen, mit dem das WTO-Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen genehmigt wurde. In den Richtlinien wurde darauf hingewiesen, dass "auf Bieter und Erzeugnisse aus Drittländern, die dieses Übereinkommen unterzeichnet haben, die darin enthaltenen Regeln anzuwenden [sind]". Darüber hinaus sind die Bedingungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge in Artikel 5 der Richtlinie 2004/18/EG und Artikel 12 der Richtlinie 2004/17/EG reflektiert. Folglich sollten Wirtschaftsteilnehmer aus Drittländern, die das WTO-Übereinkommen unterzeichnet haben, unter den darin formulierten Bedingungen genauso behandelt werden wie europäische Wirtschaftsteilnehmer (siehe EU-Anlage 1, in der alle aus dem Übereinkommen erwachsenden Verpflichtungen der EU aufgelistet sind)

Weiter wird durch Artikel 58 der Richtlinie 2004/17/EG für Bereiche, in denen die EU keine internationalen Verpflichtungen eingegangen ist, eine Vorzugsbehandlung der Gemeinschaft bei der Beschaffung von Gütern und in Artikel 59 der gleichen Richtlinie die Möglichkeit einer Beschränkung des Zugangs zum EU-Markt für Dienstleistungsaufträge eingeführt.

In jüngerer Vergangenheit haben zahlreiche Beteiligte darauf hingewiesen, dass der Beschaffungsmarkt der EU offener sei als der Markt unserer internationalen Partner. Dies führt dazu, dass EU-Unternehmen schlechtere Wettbewerbsbedingungen vorfinden als ausländische Unternehmen. Dies wirkt sich auch negativ auf die Verhandlungsposition der EU in internationalen Gesprächen über einen besseren Marktzugang aus. Deshalb muss über die EU-Beschaffungspolitik gegenüber Drittländern und den Rückgriff auf die oben genannten Bestimmungen sowie mögliche Verbesserungen nachgedacht werden.

Dies ist vor dem Hintergrund der laufenden Gespräche über Möglichkeiten zur Stärkung der Verhandlungsposition der EU in internationalen Gesprächen zu sehen, deren Ziel ein stärker ausgeglichener, auf Gegenseitigkeitsbasis beruhender Zugang zu den Beschaffungsmärkten von EU und Drittländern ist. Die Kommission nimmt derzeit eine Folgenabschätzung vor, bei der sie die verschiedenen politischen Optionen prüft, die sich auf der Grundlage der internationalen Verpflichtungen wie des Übereinkommens über das öffentliche

Beschaffungswesen sowie im Verhältnis zu Drittländern, mit denen die EU noch keine solchen Übereinkommen geschlossen hat, ergeben.

Fragen:

Das vorliegende Grünbuch widmet sich den Fragen, die die Kommission als besonders wichtige Aspekte einer künftigen Reform der Beschaffungspolitik der EU betrachtet. Dabei mag es durchaus noch andere wichtige Fragen geben, auf die in diesem Grünbuch nicht eingegangen wird. Interessant wäre es auch, von den Beteiligten zu hören, welche Themen sie für besonders wichtig halten und welche ihnen im Hinblick auf eine künftige Reform weniger relevant erscheinen. Deshalb werden sämtliche Beteiligten ersucht, auf die nachstehenden Fragen zu antworten.

Fragen:

Die Kommission ersucht alle interessierten Parteien um Übermittlung ihrer Beiträge bis zum 18. April 2011, vorzugsweise per E-Mail und im Format Word an MARKT-CONSULT-PPREFORM@ec.europa.eu .

In den Beiträgen muss nicht auf alle in diesem Grünbuch angesprochenen Punkte eingegangen werden. Sie können sich auf die Fragen beschränken, die für Sie von Interesse sind. Bitte teilen Sie eindeutig mit, auf welche Punkte ihr Beitrag sich bezieht.

Die eingegangenen Beiträge werden mit dem Namen des Einsenders im Internet veröffentlicht, es sei denn, der Einsender legt Widerspruch gegen die Veröffentlichung persönlicher Daten ein, da diese seinen legitimen Interessen schaden würde. In diesem Fall wird der Beitrag anonym veröffentlicht. Andernfalls wird der Beitrag weder veröffentlicht noch inhaltlich berücksichtigt.