Empfehlungen der Ausschüsse
Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge

885. Sitzung des Bundesrates am 8. Juli 2011

A

Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 4 Absatz 5 Satz 2 - neu - VgV) und Nummer 2 (§ 6 Absatz 3 Satz 2 - neu - VgV)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern

Begründung:

Mit dem neu konzipierten § 4 Absatz 5 VgV-E und § 6 Absatz 4 VgV-E soll nach der Verordnungsbegründung auch Artikel 9 Absatz 1 Satz 1 der Richtlinie 2010/30 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (ABl. L 153 vom 18. Juni 2010, Seite 1) in nationales Recht umgesetzt werden.

Diese Regelung sieht für sich gesehen lediglich vor, dass Vergabebehörden nur bestrebt sind, Produkte zu beschaffen, die folgende Kriterien erfüllen: sie haben die höchsten Leistungsniveaus und gehören zur höchsten Energieeffizienzklasse. Artikel 9 Absatz 1 Satz 2 dieser Richtlinie sieht ergänzend vor, dass die Mitgliedstaaten außerdem verlangen können, dass die Vergabebehörden nur Produkte beschaffen, die diese Kriterien erfüllen.

Weiterhin sieht aber Artikel 9 Absatz 1 Satz 3 dieser Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten die Anwendung dieser Kriterien von den Aspekten Kostenwirksamkeit, wirtschaftliche Durchführbarkeit und technische Eignung sowie ausreichender Wettbewerb abhängig machen können.

Dieser entscheidende Vorbehalt fehlt bisher in § 4 VgV-E und § 6 VgV-E.

Es erscheint aber zwingend geboten, den Vergabestellen im Wege einer Abwägung auch einen Verzicht auf die Anforderung des höchsten Leistungsniveaus an Energieeffizienz oder der höchsten Energieeffizienzklasse (bei Bauleistungen) zuzugestehen, wenn die Beschaffung völlig unwirtschaftlich wäre, man sich nur einem einzigen Wettbewerber oder einem Oligopol gegenübersähe, das die Preise hoch abspricht oder das beschaffte Produkt in technischer Hinsicht überhaupt nicht für den Beschaffungszweck geeignet wäre.

Dem steht auch nicht entgegen, dass diese Anforderung der Verordnung lediglich als Sollbestimmung ausgestaltet ist. Denn "Soll" bedeutet ohne seltene Ausnahmegründe im Regelfall ein "Muss", zumal wenn keine Ausnahmetatbestände vorgesehen sind. Deshalb erscheint es zwingend notwendig, konkrete, in der EU-Richtlinie schon verankerte, Gegengründe auch in das nationale Recht zu überführen, um eine größere Rechtssicherheit, insbesondere in der Anwendung dieser neuen Regelung, sicherzustellen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 4 Absatz 6 Nummer 1 VgV)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a sind in § 4 Absatz 6 Nummer 1 nach dem Wort "Energieverbrauch" ein Komma und die Wörter "es sei denn, die auf dem Markt angebotenen Waren, technischen Geräte oder Ausrüstungen unterscheiden sich im zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig" einzufügen.

Begründung:

Durch Beschluss vom 26. März 2010 (vgl. BR-Drucksache 040/10(B) HTML PDF , Ziffer 8) hatte der Bundesrat eine Gegenausnahme zur Forderung nach Angaben zum Energieverbrauch für Bauleistungen gefordert, die sich nunmehr in § 6 Absatz 2 Nummer 1 VgV (= § 6 Absatz 4 Nummer 1 VgV-E) befindet und die wie folgt lautet:

"es sei denn, die auf dem Markt angebotenen Waren, technischen Geräte oder Ausrüstungen unterscheiden sich im zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig".

Zur Begründung hatte der Bundesrat angeführt:

"Die in § 6 Absatz 2 Nummer 1 enthaltene Regelung ist zu modifizieren, da bei vielen auf dem Markt angebotenen Produkten die Unterschiede im Energieverbrauch nur geringfügig sind. Die Grundsatzentscheidung über den künftigen Energieverbrauch fällt bereits in der Planung und nicht im Vergabeverfahren. Die Angabe hat in solchen Fällen keine Bedeutung für das Vergabeverfahren. Die Verfahren sollten nicht mit entbehrlichem Abfragen belastet werden".

Diese Überlegungen zur Vermeidung überflüssigen Bürokratieaufwandes gelten gleichermaßen auch für die Beschaffung von Liefer- und Dienstleistungen. Auch dort wäre es kontraproduktiv, von Bietern zwingend Informationen zum konkreten Energieverbrauch abzufordern, wenn sich die auf dem Markt angebotenen Waren, technischen Geräte oder Ausrüstungen im zulässigen Energieverbrauch nur geringfügig unterscheiden.

Aus diesem Grund ist dieser Ausnahmetatbestand nicht nur in § 6 VgV bei energieverbrauchsrelevanten Gütern als wesentliche Bestandteile einer Bauleistung vorzusehen, sondern auch für Liefer- oder Dienstleistungen im Rahmen des § 4 Absatz 6 VgV einzufügen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a, Buchstabe b Doppelbuchstabe aa, Buchstabe c Doppelbuchstabe bb und Nummer 2 (§ 4 Absätze 6b, 7 Satz 1, Absatz 8 Nummer 2, § 6 Absatz 6 VgV)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Änderungen stellen klar, dass das Kriterium der Energieeffizienz bei der Entscheidung über den Zuschlag "angemessen" zu berücksichtigen ist. Dem öffentlichen Auftraggeber verbleibt damit bei der Gewichtung der Zuschlagskriterien ausreichend Spielraum, um neben dem Preis auch weitere funktionale und qualitative Anforderungen an das Produkt berücksichtigen zu können. Insbesondere bei Beschaffungsvorgängen, bei denen bereits auf der Ebene der Leistungsbeschreibung das höchste Leistungsniveau an Energieeffizienz oder die höchste Energieeffizienzklasse verbindlich vorgegeben wird, werden sich die Angebote hinsichtlich des Energieverbrauchs nur geringfügig unterscheiden. In diesen Fällen kann es gerechtfertigt sein, das Kriterium der Energieeffizienz neben anderen Kriterien eher gering zu gewichten. Soweit in der Leistungsbeschreibung verbindliche Anforderungen an die Energieeffizienz ausnahmsweise nicht gestellt werden können, ist bei den Zuschlagskriterien das Kriterium der Energieeffizienz entsprechend höher zu gewichten.

B