Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag vom 14. Dezember 2012 über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund, den neuen Ländern und Berlin (Finanzvermögen-Staatsvertrag) und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung

A. Problem und Ziel

Am 14. Dezember 2012 schlossen der Bund, die neuen Länder und Berlin einen Staatsvertrag zur abschließenden Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages. Diesem Staatsvertrag wird mit diesem Gesetz zugestimmt (Artikel 1).

Nach Artikel 22 Absatz 1 Satz 3 des Einigungsvertrages ist das Finanzvermögen so aufzuteilen, dass der Bund einerseits und die neuen Länder und Berlin andererseits je die Hälfte des Vermögensgesamtwertes erhalten. Nach Artikel 22 Absatz 1 Satz 4 des Einigungsvertrages beteiligen diese Länder die Gemeinden (Gemeindeverbände) in eigener Verantwortung angemessen an dem Länderanteil; diese Beteiligung ist nicht Gegenstand des Staatsvertrages.

Seit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages wurden - teilweise im Vorgriff auf die zu erwartende Verteilung des Finanzvermögens, teilweise zur Regelung der Verteilung der Kosten der Wiedervereinigung - eine Reihe von gesetzlichen Regelungen sowie Verfügungen in Bezug auf das Finanzvermögen getroffen, die im Rahmen der abschließenden Verteilung des Finanzvermögens berücksichtigt werden.

Ziel der Änderung der Bundeshaushaltsordnung (Artikel 2) ist es, eine effektive und zeitlich lückenlose Finanzkontrolle sicher zu stellen und gleichzeitig den Adressaten von Prüfungs- und Erhebungsanordnungen ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten zu gewähren. In den Fällen, in denen der Bundesrechnungshof außerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung Prüfungen oder Erhebungen durchführt, erlässt er aufgrund der Vorgaben der Rechtsprechung bei Bestreiten seiner Prüfungs- und Erhebungsrechte Prüfungs- und Erhebungsanordnungen als Verwaltungsakte. Werden diese mit der Anfechtungsklage angefochten, führt dies aufgrund der aufschiebenden Wirkung auch bei geringen Erfolgsaussichten zu erheblichen Verzögerungen und kann zeitkritische Prüfungsvorhaben ganz verhindern. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann nur in Fällen besonderer Dringlichkeit erfolgen, wozu nach der Rechtsprechung einiger Instanzgerichte die Berichterstattung an das Parlament nicht gehört.

B. Lösung

Verabschiedung dieses Gesetzes.

Zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung (Artikel 2) gilt ergänzend, dass ein generelles Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen Prüfungs- und Erhebungsanordnungen dem Bundesrechnungshof die Möglichkeit eröffnet, Prüfungsvorhaben unmittelbar durchzuführen. Die Adressaten seiner Prüfungs- und Erhebungsanordnungen können über einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorläufigen Rechtschutz erhalten.

C. Alternativen

Festlegung der Aufteilung des Finanzvermögens unmittelbar durch Bundesgesetz. Zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung (Artikel 2) gibt es keine Alternative.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Mit der gesetzlichen Regelung zu dem Staatsvertrag (Artikel 1) sind im Bundeshaushalt keine Veränderungen der geplanten Ausgaben verbunden. Die Finanzierung der Sanierungsaufwendungen der Wismut GmbH wird auch heute schon durch den Bundeshaushalt sichergestellt.

Die Erstattungen aus dem Finanzvermögen an die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben entfallen. Die Aufwendungen werden aus dem Wirtschaftsplan der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben getragen. Davon entfallen auf die Jahre 2013 rund 15 Millionen Euro, 2014 rund 14,5 Millionen Euro, 2015 rund 14,2 Millionen Euro und 2016 rund 14 Millionen Euro.

Bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sind die Aufwände und Erträge für die Grundstücke und grundstücksgleichen Rechte des Finanzvermögens im Wirtschaftsplan zu berücksichtigen und wirken sich auf die Abführung bei Kapitel 6004 Titel 121 01 aus. Der Staatsvertrag hat keine Auswirkungen auf die Haushalte von Ländern und Kommunen.

Durch die Änderung der Bundeshaushaltsordnung (Artikel 2) sind infolge der Durchführung keine zusätzlichen Haushaltskosten zu erwarten.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Der Gesetzentwurf enthält keine Regelungen, die zu einem Erfüllungsaufwand bei Bürgerinnen und Bürgern führen.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Juristische Personen des privaten Rechts als Adressaten von Prüfungs- und Erhebungsanordnungen mussten bislang im vorläufigen Rechtsschutz Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stellen. Künftig müssen sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beantragen. Ein quantifizierbarer zusätzlicher Erfüllungsaufwand ist damit nicht verbunden.

E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Ein zusätzlicher Erfüllungsaufwand entsteht nicht.

Die Zuordnung der durch die Regelung zu dem Staatsvertrag umfassten Grundstücke und Vermögensgegenstände erfolgt unverändert nach den Regelungen des Vermögenszuordnungsgesetzes. Der Erfüllungsaufwand auf Seiten der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sowie der Kommunen und Länder reduziert sich geringfügig durch den Verzicht auf Erlösauskehransprüche des Bundes (Artikel 6 des Staatsvertrages). Hierdurch entfällt der für die Ermittlung und Durchsetzung dieser Ansprüche erforderliche Verwaltungsaufwand auf Seiten der Kommunen und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Daneben ist eine schnellere und effizientere Abwicklung des Verfahrens nach dem Vermögenszuordnungsgesetz durch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen möglich.

Die beim Bund verbleibenden Vermögensgegenstände (beispielsweise Liegenschaften, Fiskalerbschaften, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten) werden wie bisher von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben verwaltet. Beim Bund entfällt der Verwaltungsaufwand für die durch den Treuhandstatus erforderliche Verwaltungstätigkeit. Die Kosteneinsparung für das Entfallen der gesonderten Berichterstattung (jährliche Fortschreibung der Ein- und Ausgabenberichte, Jahresgespräche) ist gering.

Die rechtliche und organisatorische Umsetzung des Staatsvertrages ist zeitlich begrenzt weiter zu koordinieren und zu überwachen.

Für Berlin und die neuen Länder entfallen die sich aus Artikel 233 § 16 Absatz 1 Satz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche mittelbar ergebenden Informations- und Abrechnungspflichten in Bezug auf die endgültige Aufteilung des Vermögens nach Artikel 233 § 12 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche.

Für Berlin, die neuen Länder und ihre Kommunen entfallen die sich aus § 8 Absatz 4 Satz 1 des Vermögenszuordnungsgesetzes ergebenden Informations- und Erfassungspflichten bei Immobilienverkäufen, die nach § 8 Absatz 1 Satz 1 des Vermögenszuordnungsgesetzes vorzunehmen waren.

Durch die Änderung der Bundeshaushaltsordnung entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Verwaltung. Die Anwendung des Gesetzes lässt vielmehr beim Bundesrechnungshof die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit bei Prüfungs- und Erhebungsanordnungen und den damit verbundenen Aufwand entfallen. Zudem reduziert sie voraussichtlich die Anzahl der Gerichtsverfahren. Soweit als Teil der mittelbaren Verwaltung etwa Sozialversicherungsträger betroffen sind, ist mit der Regelung wie bei E.2 kein erkennbarer zusätzlicher Aufwand verbunden.

F. Weitere Kosten

Weitere Kosten sind nicht zu erwarten.

Das Gesetz hat keine Auswirkungen auf die Wirtschaft, die sozialen Sicherungssysteme, Einzelhandelspreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag vom 14. Dezember 2012 über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund, den neuen Ländern und Berlin (Finanzvermögen-Staatsvertrag) und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 18. Januar 2013
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag vom 14. Dezember 2012 über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund, den neuen Ländern und Berlin (Finanzvermögen-Staatsvertrag) und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Finanzen.

Fristablauf: 01.03.13

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Die Stellungnahme der Bundesregierung zur Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates ist als Anlage 2 beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag vom 14. Dezember 2012 über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund, den neuen Ländern und Berlin (Finanzvermögen-Staatsvertrag) und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Zustimmung zum Finanzvermögen-Staatsvertrag

Artikel 2
Änderung der Bundeshaushaltsordnung

Nach § 95 der Bundeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1885) geändert worden ist, wird folgender § 95a eingefügt:

" § 95a Prüfungsanordnung und Entfall der aufschiebenden Wirkung

Erlässt der Bundesrechnungshof zur Durchsetzung seiner Rechte nach § 94 Absatz 1 und § 95 Anordnungen, so hat die Anfechtungsklage hiergegen keine aufschiebende Wirkung."

Artikel 3
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Zu Artikel 1 (Finanzvermögen-Staatsvertrag)

Das Vermögen der Deutschen Demokratischen Republik wurde gemäß den Regelungen des Kapitels VI des Einigungsvertrages aufgeteilt. Das öffentliche Vermögen von Rechtsträgern im Beitrittsgebiet, das nicht unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient (Finanzvermögen), unterliegt nach Artikel 22 Absatz 1 des Einigungsvertrages der Treuhandverwaltung des Bundes. Ausgenommen hiervon sind das Vermögen der Sozialversicherungen, das der Treuhandanstalt übertragene Vermögen sowie das Vermögen, das durch Gesetz gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 und 3 des Treuhandgesetzes den Gemeinden, Städten oder Landkreisen übertragen wird.

Das Finanzvermögen ist nach Artikel 22 Absatz 1 Satz 3 des Einigungsvertrages durch Bundesgesetz so aufzuteilen, dass der Bund einerseits und die neuen Länder und Berlin andererseits je die Hälfte des Vermögensgesamtwertes erhalten. Diese Aufteilung erfolgt nunmehr durch den Finanzvermögen-Staatsvertrag sowie das diesen Staatsvertrag in Kraft setzende Bundesgesetz.

Mit diesem Staatsvertrag soll in Bezug auf das Finanzvermögen nach Artikel 22 des Einigungsvertrages auch eine Reihe von Punkten abschließend geklärt werden, zu denen zwischen Bund und Ländern unterschiedliche Auffassungen bestanden, darunter:

Nach Auffassung des Bundes beläuft sich der Wert des Finanzvermögens auf rund minus 4 Milliarden Euro. Es besteht zwischen Bund und den neuen Ländern sowie Berlin Einigkeit, dass eine vollständige Klärung aller offenen Punkte mehr als 20 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht mehr möglich ist und dessen ungeachtet die zwischen dem Bund und den neuen Ländern sowie Berlin noch offene Verteilung des Finanzvermögens zur gegenseitigen Rechtssicherheit erfolgen soll. Daher haben sich der Bund und die neuen Länder sowie Berlin in mehrjährigen Verhandlungen auf eine Aufteilung des Finanzvermögens in der Form einer staatsvertraglichen Regelung geeinigt.

Die Feststellung der Zuordnung ehemals volkseigenen Vermögens nach den Artikeln 21 und 22 des Einigungsvertrages erfolgt unverändert durch das Vermögenszuordnungsverfahren nach dem Vermögenszuordnungsgesetz. Insbesondere die Zuordnung ehemals volkseigenen Vermögens zum Verwaltungsvermögen nach Artikel 21 Absatz 1 des Einigungsvertrages sowie die Geltendmachung von Restitutionsansprüchen nach Artikel 21 Absatz 3 des Einigungsvertrages bleiben unverändert.

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

Zu Artikel 2 (Änderung der Bundeshaushaltsordnung)

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelung

1. Ausgangslage

Die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofes zielt zum einen darauf ab, die Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung zu sichern und zu stärken, zum anderen darauf, mit seiner Berichterstattung dem Parlament eine Grundlage für seine Kontrolle des Haushaltsvollzugs und für die Entlastung der Bundesregierung zu geben ( Artikel 114 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes, § 97 Absatz 1 der Bundeshaushaltsordnung). Sie schafft die Voraussetzung dafür, dass der Bundesrechnungshof das Parlament aufgrund von Prüfungserfahrungen beraten (§ 88 Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung) und über Angelegenheiten von besonderer Bedeutung unterrichten (§ 99 der Bundeshaushaltsordnung) kann. Inhaltlich umschreibt Artikel 114 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht nur die Ziele und Aufgaben des Bundesrechnungshofes, sondern normiert auch den Grundsatz der lückenlosen Finanzkontrolle, wonach es keine prüfungsfreien Räume geben darf.

Der Bundesrechnungshof nimmt seine Aufgaben im Regelfall innerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung wahr. Für seine Prüfungen steht ihm ein in den §§ 88 ff. der Bundeshaushaltsordnung geregeltes, eigenes Verfahren zur Verfügung. Differenzen über Bestehen oder Reichweite seiner Prüfungs- und Erhebungsrechte tritt er innerhalb der Struktur der Gebietskörperschaft Bund entgegen. Die geprüften Stellen informiert er mit einer Prüfungs- und Erhebungsankündigung, dass, wann und zu welchem Thema er seine Rechte wahrnimmt. Rechtsmittel hiergegen bestehen aufgrund des reinen Innenverhältnisses nicht.

Abweichend hiervon führt der Bundesrechnungshof aufgrund besonderer Rechtsvorschriften auch Prüfungen oder Erhebungen bei Stellen außerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung durch. Diese betreffen unter anderem sowohl die mittelbare öffentliche Verwaltung wie die als öffentlichrechtliche Körperschaften verfassten Sozialversicherungsträger als auch juristische Personen des privaten Rechts wie Zuwendungsempfänger oder Beteiligungsunternehmen des Bundes. Die in der Bundeshaushaltsordnung und in weiteren Gesetzen geregelten Prüfungs- und Erhebungsrechte des Bundesrechnungshofes begründen diese Rechte unmittelbar gegenüber den jeweiligen Adressaten. Auch hier informiert der Bundesrechnungshof mit einer Prüfungs- oder Erhebungsankündigung über die geplante Wahrnehmung seiner Rechte. Werden diese bestritten, ist ihm deren Durchsetzung wie im Innenverhältnis gegenüber anderen Bundesbehörden versagt, da die Adressaten über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen. Das übliche Verfahren einer einfachen, nicht in Bestandskraft erwachsenden Prüfungs- und Erhebungsankündigung stellt nicht sicher, dass die Mitglieder des Bundesrechnungshofes ihren Auftrag aus Artikel 114 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes ordnungsgemäß wahrnehmen können. Die allein ihnen als Kollegium zugebilligte Befugnis, ihr Prüfungsrecht wahrzunehmen und - in Ausübung ihrer richterlichen Unabhängigkeit - geprüfte Stelle, Thema und Zeitpunkt der Prüfung festzulegen, können sie dann nicht ausüben. Die in der Verfassung vorgesehene vollständige und lückenlose Prüfung durch den Bundesrechnungshof wird unterlaufen. Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben muss er in diesen Fällen die zu prüfende Stelle mit einer Prüfungs- oder Erhebungsanordnung verpflichten, die Prüfungstätigkeit zu ermöglichen und insbesondere die erforderlichen Informationen bereitzustellen. Die Rechtsprechung hat diese Befugnis des Bundesrechnungshofes auch dadurch anerkannt, dass sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung mit der Begründung verwehrt, dass dieser seine Prüfungs- und Erhebungsrechte per Verwaltungsakt durchsetzen und dessen sofortige Vollziehung anordnen könne. Eine solche Prüfungs- und Erhebungsanordnung erfüllt nach der Rechtsprechung die materiellen Voraussetzungen eines Verwaltungsakts (BVerwG, 1 C 34/92 vom 11.04.1995; OVG Schleswig, 3 LB 106/04 vom 17.03.2006; VGH Kassel, 10 TG 2627/99 vom 21.11.2000; OVG Münster, 16(B) 24/11 vom 08.11.2011). Der Bundesrechnungshof hat diese Vorgaben aufgegriffen und erlässt in diesen besonderen Fällen regelmäßig Prüfungs- und Erhebungsanordnungen gegenüber Stellen außerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung als Verwaltungsakte.

Dem steht nicht entgegen, dass der Bundesrechnungshof nur mit Blick auf seine eigene Verwaltung eine Behörde ist (Gesetzesbegründung zu § 1 BRHG, BT-Drs. 010/3323). Sein Prüfungsverfahren folgt gesonderten, in den §§ 88 ff. der Bundeshaushaltsordnung geregelten Verfahrensvorschriften, auf die das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht anwendbar ist. Es ist auch kein Verwaltungsverfahren im Sinne von § 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Prüfungs- oder Erhebungsanordnungen als Verwaltungsakte erlässt der Präsident des Bundesrechnungshofes als Leiter der Verwaltung und aufgrund seiner Außenvertretungskompetenz gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 des Bundesrechnungshofgesetzes. Der Präsident des Bundesrechnungshofes erlässt diese Verwaltungsakte, unterstützt durch die Verwaltungsabteilung als administrativer Infrastruktur. Er tut dies, um der Entscheidung der zuständigen Mitglieder des Bundesrechnungshofes, eine von ihnen für erforderlich gehaltene Prüfung durchzuführen, Geltung zu verschaffen. Insoweit wird dieser vom eigentlichen Prüfungsverfahren getrennte Verfahrensschritt durch die Verwaltungsabteilung vollzogen und damit im Zuge seiner Umsetzung zum Verwaltungsverfahren im Sinne von § 9 des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

Prüfungs- und Erhebungsanordnungen können als Verwaltungsakte mit der Anfechtungsklage angefochten werden. Dies führt in der Regel zu erheblichen Verzögerungen des Prüfungsverfahrens. Zwar ist der Bundesrechnungshof bemüht, über die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung einen zügigen Verlauf seiner Prüfungs- und Erhebungsverfahren zu gewährleisten. Dabei ist jedoch das besondere sofortige Vollziehungsinteresse im Einzelfall darzulegen, da derzeit die sofortige Vollziehung einer Prüfungs- oder Erhebungsanordnung des Bundesrechnungshofes nach der Gesetzessystematik nicht die Regel, sondern der Ausnahmefall ist. Nur besondere Umstände können die Aufhebung des durch den Rechtsbehelf ausgelösten Suspensiveffekts rechtfertigen. Den verfassungsrechtlichen Auftrag einer lückenlosen Finanzkontrolle und Berichterstattung an das Parlament durch den Bundesrechnungshof greift die derzeitige Regelung des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht auf. Die Vorschrift führt in den Fällen, in denen die Gerichte die Anordnung des Sofortvollzugs aufgrund ihres derzeitigen gesetzessystematischen Ausnahmecharakters aufheben, faktisch zu einem Stillstand der Finanzkontrolle. Die Gründe, die eine sofortige Vollziehung einer Prüfungs- oder Erhebungsanordnung zwingend nötig machen, lassen sich vor dem Beginn einer Prüfung aber üblicherweise nicht mit der nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung zu fordernden hinreichenden Bestimmtheit benennen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Erlass einer Prüfungs- oder Erhebungsanordnung stehen die Ergebnisse der Prüfung und damit deren Bedeutung für das Parlament nämlich regelmäßig noch nicht fest. Der umfassende Verfassungsauftrag für den Bundesrechnungshof und das daraus abgeleitete Gebot der auch zeitlich lückenlosen Finanzkontrolle setzen aber voraus, dass der Sofortvollzug einer Prüfungsanordnung und damit der Beginn der Prüfung selbst regelmäßig möglich sind.

Damit können Adressaten von Prüfungs- oder Erhebungsanordnungen auch bei geringen Erfolgsaussichten in der Hauptsache Prüfungen des Bundesrechnungshofes durch Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Absatz 5 Satz 1 Alternative 2 der Verwaltungsgerichtsordnung verzögern oder - im Zusammenhang mit Zeit- oder Fristabläufen - ganz verhindern. Liegen nach den bisher geltenden rechtlichen Regelungen die Voraussetzungen für den Sofortvollzug als gesetzessystematischen Ausnahmefall nicht vor, muss der Bundesrechnungshof die Bestätigung seiner Prüfungsrechte in der Hauptsache abwarten. Der Bundesrechnungshof kann dadurch gezwungen sein, während der Verfahrensdauer seine Prüfungsvorhaben jahrelang zurückzustellen. Dies kann dazu führen, dass etwa bei Prüfungen mit zeitlichem Bezug zu anstehenden Gesetzesvorhaben oder bei drohender Verjährung von Ansprüchen das Prüfungsziel, das Parlament sachgerecht und aktuell zu beraten oder Ansprüche des Bundes geltend zu machen, nicht erreicht werden kann.

2. Zielsetzung und Konzeption

Die Regelung greift den von der Rechtsprechung aufgezeigten Weg auf und stellt mit den Begriffen Anordnung und Anfechtungsklage klar, dass der Bundesrechnungshof seine Prüfungs- und Erhebungsrechte gegenüber Stellen außerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung per Verwaltungsakt durchsetzen kann. Das übliche Prüfungsverfahren innerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung bleibt hiervon unberührt.

Kern der Regelung ist das Ziel, Beeinträchtigungen einer effektiven, zeitlich lückenlosen Finanzkontrolle zu beseitigen, eine umfassende Unterrichtung des Parlaments sicherzustellen und trotzdem einen angemessenen Rechtsschutz für die Adressaten von Prüfungs- oder Erhebungsanordnungen zu gewährleisten. Erreicht wird dies durch ein generelles Entfallen der aufschiebenden Wirkung aufgrund einer bundesgesetzlichen Regelung (§ 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Alternative 1 der Verwaltungsgerichtsordnung).

Anfechtungsklagen gegen Prüfungs- oder Erhebungsanordnungen haben keine aufschiebende Wirkung. Die Anordnungen sind damit immer sofort vollziehbar. Die Mitglieder des Bundesrechnungshofes können somit ihren verfassungsrechtlichen Auftrag umfassend und im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnis, den Gegenstand, die Zeit und den Umfang der Prüfung selbst und ungehindert zu bestimmen, unmittelbar erfüllen. Neben der Klage gegen die Prüfungs- oder Erhebungsanordnungen haben Adressaten der Anordnungen die Möglichkeit, sich mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nach § 80 Absatz 5 Satz 1 Alternative 1 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die unmittelbare Durchführung der Prüfung oder Erhebung zu wenden. Die Umkehrung des Regel-Ausnahmeverhältnisses im Hinblick auf den Eintritt der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels ist gerechtfertigt. Die Mitglieder des Bundesrechnungshofes werden mit ihren Prüfungsvorhaben in einem mit Verfassungsrang ausgestatteten Aufgabenkreis ( Artikel 114 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes) tätig. Die Beeinträchtigungen der prüfungs- und erhebungsunterworfenen Stellen sind demgegenüber gering. Eine nach Maßgabe der §§ 94 ff. der Bundeshaushaltsordnung ausgeübte Prüftätigkeit des Bundesrechnungshofes lässt eine unverhältnismäßige Belastung nicht erkennen (BVerwG, 8 C 53/09 vom 23.02.2011). Der Bundesrechnungshof hat zudem keinerlei Möglichkeit, die aus seinen Prüfungen resultierenden Empfehlungen rechtsverbindlich durchzusetzen. Das Rechtsschutzbedürfnis der Adressaten der Prüfungs- und Erhebungsanordnungen wird weiterhin angemessen berücksichtigt. Demgegenüber wäre es eine schwerwiegendere Beeinträchtigung, wenn die Mitglieder des Bundesrechnungshofes ihrem verfassungsgemäßen Prüfauftrag nicht rechtzeitig nachkommen könnten, als wenn im Einzelfall nach einer durchgeführten Prüfung ihre Prüfungs- oder Erhebungsrechte nicht bestätigt werden sollten.

II. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruht auf Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (gerichtliches Verfahren).

Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Finanzvermögen-Staatsvertrag)

Nach Artikel 22 Absatz 1 Satz 3 des Einigungsvertrages soll die Verteilung des Finanzvermögens durch Bundesgesetz erfolgen. Dem wird mit Absatz 1 Rechnung getragen. Durch die Festlegung der materiellen Regelungen in einem Staatsvertrag stellt der Bund das Einvernehmen mit den betroffenen Bundesländern sicher, denen in der Folge in eigener Verantwortung die Umsetzung der in Artikel 22 Absatz 1 Satz 4 des Einigungsvertrages geforderten Beteiligung der Gemeinden (Gemeindeverbände) obliegt.

Weiterhin erfolgt durch dieses Gesetz die in Artikel 233 § 16 Absatz 1 Satz 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche normierte bundesgesetzliche Regelung der endgültigen Aufteilung des Vermögens nach Artikel 233 § 12 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche.

Absatz 2 sieht die Veröffentlichung des Finanzvermögen-Staatsvertrages vor.

Zu Artikel 2 (Änderung der Bundeshaushaltsordnung) § 95a - neu -

Nach der vorgeschlagenen Regelung hat die Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Bundesrechnungshof zur Durchsetzung seiner Rechte nach § 94 Absatz 1 und § 95 der Bundeshaushaltsordnung erlässt, keine aufschiebende Wirkung.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Absatz 1 regelt das Inkrafttreten.

Absatz 2 sieht vor, dass das Inkrafttreten des Staatsvertrages im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben ist.

Schlussbemerkungen

Aus der Regelung in Artikel 1 ergibt sich keine unmittelbare Kostenverschiebung zwischen Bundes- und Landeshaushalten. Es entfällt jedoch für den Bund die Möglichkeit, die neuen Länder und Berlin zur Deckung des Gesamtdefizites des Finanzvermögens heranzuziehen. Die Kosten der Sanierung der Altlasten der Wismut GmbH werden weiterhin aus dem Bundeshaushalt und die Kosten der Abwicklung der Staatlichen Versicherung der Deutschen Demokratischen Republik im Wirtschaftsplan der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben erbracht.

Der Verzicht auf die Geltendmachung der Auskehransprüche nach § 8 Absatz 4 des Vermögenszuordnungsgesetzes zugunsten der Kommunen führt dort zu einer nicht quantifizierbaren Entlastung. Der genaue Umfang der wegfallenden Auskehransprüche des Finanzvermögens kann nicht ermittelt werden, da in einer Vielzahl von Fällen die Vermögenszuordnung noch nicht erfolgt ist. Derzeit liegen dem Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen rund 85 000 offene Fälle vor, hinzu kommt noch eine unbekannte aber erhebliche Zahl von noch nicht im Antragsverfahren stehenden Liegenschaften. In einem wesentlichen Teil dieser Fälle können Auskehransprüche bestehen, die von dem Verzicht umfasst werden.

Bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben entfallen voraussichtlich rund 5 Millionen Euro aktuell bestehender Auskehrforderungen gegenüber den Kommunen. Die beschleunigte Zuführung des bisher nicht zugeordneten Finanzvermögens zum Bundesvermögen wird bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zu Mehraufwand führen.

Staatsvertrag über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund, den neuen Ländern und dem Land Berlin (Finanzvermögen-Staatsvertrag)

Die Bundesrepublik Deutschland als Treuhandverwalterin des Finanzvermögens nach Artikel 22 des Einigungsvertrages, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, vertreten durch den Bundesminister der Finanzen (im Folgenden Bund), und die Länder

schließen nachfolgenden Staatsvertrag:

Präambel

Artikel 22 Absatz 1 des Einigungsvertrages sieht die hälftige Aufteilung des vom Bund treuhänderisch verwalteten Finanzvermögens zwischen dem Bund und den in Artikel 1 des Einigungsvertrages genannten Ländern (im Folgenden Länder) vor.

Zu einzelnen Vermögensmassen bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen dem Bund und den Ländern.

Bund und Länder bemühen sich seit über zehn Jahren ohne Ergebnis um eine Annäherung der divergierenden Standpunkte. Abhängig vom jeweiligen Rechtsstandpunkt steht einem Überschuss von etwa 3,5 Milliarden Euro (Position der Länder) ein Fehlbetrag von rund 4 Milliarden Euro (Position des Bundes) gegenüber. Eine Annäherung ist auch bei Fortführung der Verhandlungen nicht zu erwarten. Der Versuch einer Klärung auf dem Rechtswege wäre, sofern er überhaupt gegeben ist, mit einem außerordentlich hohen materiellen und zeitlichen Aufwand verbunden, der in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zur Einziehung etwaiger gegenseitiger Ansprüche stünde; das Ergebnis wäre zudem völlig offen.

Artikel 1
Regelungsgegenstand

Im Zusammenhang mit dem Finanzvermögen gibt es eine Reihe zwischen dem Bund und den Ländern nicht abschließend geklärter Fragen, darunter:

Vor diesem Hintergrund und zur Vermeidung eines unverhältnismäßig hohen Aufwandes zur Klärung aller offenen Fragen haben Bund und Länder die folgende Einigung erzielt:

Artikel 2
Vermögensaufteilung

Artikel 3
Sanierungsaufwendungen der Wismut GmbH

Die Verpflichtungen der Wismut GmbH, insbesondere die Sanierungsaufwendungen und die Kosten für die Langzeitaufgaben, werden auf der Grundlage der Freistellungserklärung des Bundes vom 31. März 1992 gegenüber der Wismut GmbH durch den Bundeshaushalt getragen. Davon nicht berührt sind die sogenannten Wismut-Altstandorte. Der Bund und der Freistaat Sachsen stellen zur Sanierung der sogenannten Wismut-Altstandorte gemeinsam einen Finanzrahmen bereit. Einzelheiten dazu werden in einem gesonderten Verwaltungsabkommen geregelt.

Artikel 4
Finanzierung der ehemaligen Staatlichen Versicherung der DDR in Abwicklung (SinA)

Bund und Länder sind sich einig, dass den Ländern gegenüber dem Bund aus dem Komplex SinA keine unmittelbaren oder mittelbaren Finanzierungsverpflichtungen obliegen.

Artikel 5
Entschädigungsfonds

Bund und Länder sind sich einig, dass den Ländern gegenüber dem Bund beziehungsweise dem Entschädigungsfonds aus den nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Entschädigungsgesetzes zu leistenden Abführungen des Finanzvermögens keine Finanzierungsverpflichtungen obliegen.

Artikel 6
Ansprüche nach § 8 Absatz 4 des Vermögenszuordnungsgesetzes

Artikel 7
Nicht zugeordnetes Finanzvermögen

Die Feststellung, was dem Finanzvermögen zugehört, erfolgt durch Zuordnungsverfahren nach dem Vermögenszuordnungsgesetz. Bund und Länder haben das gemeinsame Interesse, mehr als 20 Jahre nach der Wiedervereinigung gemeinsam mit den Kommunen zeitnah Klarheit auch über die noch nicht im Zuordnungsverfahren befindlichen Vermögenswerte zu erreichen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben wird alle Grundstücke, grundstücksgleichen Rechte und beschränkten dinglichen Rechte des Finanzvermögens gemäß Artikel 2 Absatz 1 Satz 4 dieses Staatsvertrages zur Vermögenszuordnung beantragen, soweit sie jeweils Kenntnis darüber erlangt hat. Die Kommunen können die in ihrem Gebiet belegenen unbeantragten Grundstücke des Finanzvermögens ermitteln und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mitteilen sowie die für die Vermögenszuordnungsentscheidung erforderlichen Tatsachen nachvollziehbar darlegen.

Artikel 8

Artikel 9
Ratifikation, Inkrafttreten

Dieser Staatsvertrag bedarf der Ratifikation. Er tritt an dem Tag in Kraft, an dem alle Ratifikationsurkunden beim Bund hinterlegt wurden.

Erläuterungstext zur Präambel des Staatsvertrages

Regelungsgegenstand des Staatsvertrages ist ausschließlich das vom Bund treuhänderisch verwaltete Finanzvermögen im Sinne des Artikels 22 Absatz 1 Satz 1 des Einigungsvertrages; nicht von den Regelungen des Staatsvertrages erfasst wird das (unter anderem land- und forstwirtschaftliche) Restitutionsvermögen gemäß Artikel 22 Absatz 1 Satz 7 in Verbindung mit Artikel 21 Absatz 3 des Einigungsvertrages. Für das ehemalige Preußenvermögen gelten die zwischen Bund und Land jeweils geschlossenen Vereinbarungen beziehungsweise Vergleiche.

Gegenüber der 2009 mit dem Bund und den Ländern abgestimmten Fassung der Präambel hat sich aufgrund der aktualisierten Übersicht des Bundes zum Finanzvermögen (Stand 31. Dezember 2009) eine wertmäßige Änderung ergeben: Danach steht nunmehr abhängig vom jeweiligen Rechtsstandpunkt einem Überschuss von etwa 3,5 Milliarden Euro (Position der Länder) ein Fehlbetrag von rund 4 Milliarden Euro (Position des Bundes) gegenüber.

Zu Artikel 1, 5. Anstrich:

2009 war in den Vertragstext neben dem Verzicht des Bundes auf die Erfassung, Abrechnung und Abführung der Veräußerungserlöse nach § 8 Absatz 4 des Vermögenszuordnungsgesetzes die Forderung der kommunalen Landesverbände nach einem weitergehenden Verzicht auf die Auskehr von Mieten, Pachten und Zinsen gemäß § 988 in Verbindung mit §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches aufgenommen worden. Diese Erweiterung war in den Verhandlungen gegenüber dem Bund nicht durchzusetzen und wurde daher wieder gestrichen. Der Bund sah sich zu einem Verzicht auf die Auskehr von Mieten, Pachten und Zinsen nur in der Lage, wenn Kommunen und Länder im Gegenzug ihrerseits auf Aufwendungsersatzansprüche verzichten. Die Verankerung eines Verzichts auf Aufwendungsersatzansprüche durch die Kommunen im Staatsvertrag scheitert jedoch schon daran, dass die Kommunen nicht Vertragspartner des Staatsvertrages werden und Bund und Länder einen Verzicht zu Lasten Dritter nicht wirksam vereinbaren können. Der Vorschlag des Bundes, den Ländern die Forderungen abzutreten und so den Verzicht auf die Ebene Länder-Kommunen zu verlagern, stellt hiesigen Erachtens für die Länder keine Alternative dar, da weder der für die Länder entstehende Verwaltungsaufwand noch die Höhe der Gegenansprüche der Kommunen abschätzbar sind.

Zu Artikel 2 Abs. 1

Regelungsziel ist die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens. Alle Ansprüche aus Artikel 22 Absatz 1 Satz 3 des Einigungsvertrages sind damit erledigt.

Das in Artikel 2 Absatz 1 Satz 3 geregelte Erlöschen des Treuhandverhältnisses des Bundes nach Artikel 22 Absatz 1 Satz 1 des Einigungsvertrages ist logische Konsequenz der in Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 geregelten abschließenden Aufteilung des Finanzvermögens, ebenso die Erledigung der Ansprüche aus Artikel 22 Absatz 1 Satz 5 des Einigungsvertrages. Hierdurch werden gegebenenfalls bestehende oder noch entstehende Aufwendungsersatzansprüche nicht berührt.

Mit der Aufteilung des Finanzvermögens und der Zuweisung des Restbestandes des Finanzvermögens an den Bund entsteht für den Bund die Notwendigkeit, die Eigentumslage hinsichtlich der Grundstücke, grundstücksgleichen Rechte und beschränkt dinglichen Rechte eindeutig für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben klarzustellen. Der Eigentumsnachweis soll der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bei den Grundbuchämtern aufgrund der bestandskräftigen Zuordnungsentscheidung in Verbindung mit dem Staatsvertrag ohne weiteres möglich sein. Zusätzliche Übertragungsakte vom Bund auf die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sollen aus Kosten- und Verwaltungseffizienzgründen vermieden werden. Auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden, 4. Kammer vom 4. Juni 2008, Az. 4 K 1652/06 wird insoweit hingewiesen.

Zu Artikel 2 Absätze 2 und 3, Artikel 3 bis 5

Die Regelungen dienen der Rechtsklarheit. Die Hinweise der kommunalen Spitzenverbände wurden inhaltlich eingearbeitet.

Zu Artikel 3

Artikel 3 führt nicht zu einer Veränderung der bestehenden Finanzierungsgrundlagen der Wismut GmbH und ist kein Präjudiz für künftige Entscheidungen zur Finanzierung der Wismut GmbH. Gegenstand des Finanzvermögens ist nur die durch die Freistellungserklärung des Bundes vom 31. März 1992 gegenüber der Wismut GmbH übernommene Verpflichtung. Eventuell darüber hinausgehende Verpflichtungen der WismutGmbH gehören nicht zum Finanzvermögen. Eine nachträgliche Einbeziehung in das Finanzvermögen ist ausgeschlossen, da mit dem Wirksamwerden des Staatsvertrages das Finanzvermögen abschließend aufgeteilt und erloschen ist.

Zu Artikel 6

Es wird auf die Ausführungen zu Artikel 1 verwiesen. Im Übrigen dienen die Regelungen der Rechtsklarheit. Der Verzicht von Bund und Ländern auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf Erfassung, Abrechnung und Abführung der Veräußerungserlöse nach § 8 Absatz 4 des Vermögenszuordnungsgesetzes ist umfassend und erfasst auch die entsprechenden Ansprüche von Bund und Ländern gegenüber den Kommunen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit (insbesondere für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und die Kommunen) wurde hier der Stichtag 31. Dezember 2011 aufgenommen.

Zu Artikel 7

Die kommunalen Landesverbände hatten hier eine Regelung vorgeschlagen, bezüglich der noch nicht zugeordneten Vermögensgegenstände eine abschließende gesetzliche Regelung herbeizuführen. Dies geht jedoch über den möglichen Regelungsgegenstand dieses Staatsvertrages hinaus: Die Regelungen des Vermögensgesetzes und des Vermögenszuordnungsgesetzes bleiben von der vertraglichen Regelung unberührt. In den Verhandlungen wurde der Bund jedoch auf das Problem der Kommunen, Zuordnungsverfahren nur für einen Teil der Grundstücke selbst in die Wege leiten zu können, hingewiesen (Antrag nur auf Zuordnung an sich selbst möglich); der Bund signalisierte hier die Bereitschaft der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, von den Kommunen an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben herangetragene Fälle einvernehmlich und schnellstmöglich zu lösen. Zur Bekräftigung wurde Satz 2 aufgenommen. Soweit nach der Prüfung durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben keine Zugehörigkeit zum Finanzvermögen gegeben ist, soll gemeinsam mit der Kommune die zuständige Behörde zur Zuordnung von Amts wegen nach § 1 Absatz 6 des Vermögenszuordnungsgesetzes aufgefordert werden. Bund und Länder gehen gemeinsam davon aus, dass in diesen Fällen das erforderliche öffentliche Interesse vorliegt.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 2356:
Gesetz zum Staatsvertrag über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund und den neuen Ländern (Finanzvermögens- Staatsvertrag) und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des o.g. Gesetzes geprüft.

I. Zusammenfassung:

Bürgerinnen und BürgerKein Erfüllungsaufwand
WirtschaftKein Erfüllungsaufwand
Verwaltung
Jährlicher Erfüllungsaufwand:geringfügige Entlastung
Der NKR weist darauf hin, dass das Ressort keine alternative Lösungsmöglichkeiten bei der Änderung der Bundeshaushaltsordnung dargestellt hat.
Darüber hinaus hat der Nationale Normenkontrollrat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

II. Im Einzelnen:

1. Finanzvermögensstaatsvertrag

Mit dem Gesetzentwurf erklärt der Deutsche Bundestag seine Zustimmung zum Staatsvertrag über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Berlin, dem Land Brandenburg, dem Land Mecklenburg-Vorpommern, dem Freistaat Sachsen, dem Land Sachsen-Anhalt und dem Freistaat Thüringen (Finanzvermögens-Staatsvertrag).

Die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger sind von dem Gesetzentwurf nicht betroffen. Für die Bundesverwaltung ergibt sich aufgrund des Staatsvertrags eine geringe jährliche Entlastung. Diese ergibt sich insbesondere aus dem Wegfall

2. Änderung der Bundeshaushaltsordnung

Mit dem Regelungsvorhaben soll zudem die Bundeshaushaltsordnung geändert werden. Anfechtungsklagen gegen Prüfungs- und Erhebungsanordnungen des Bundesrechnungshofes (BRH) sollen künftig keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Die aufschiebende Wirkung kann vom Adressaten des Prüfauftrags beantragt werden. Dadurch soll eine effektive und zeitlich lückenlose Finanzkontrolle sichergestellt werden.

Der NKR kann gemäß § 4 Absatz 2 Nummer 2 NKR-Gesetz seine Prüfung auf die nachvollziehbare Darstellung der Erwägungen zu anderen Lösungsmöglichkeiten erstrecken.

Das Ressort hat gemäß § 43 Absatz 1 Nummer 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien Alternativen darzustellen. Eine alternative Möglichkeit wäre die Beibehaltung der bisherigen Regelung. Das Ressort hat nicht dargelegt, dass durch die Verkürzung des Rechtsschutzes dem BRH Schäden entstehen, die unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbar wären. Es hat ebenfalls nicht dargelegt, dass in der Vergangenheit unter Geltung des § 80 Absatz 1 Satz 1 VwGO der Prüfung durch den BRH wesentliche Schwierigkeiten bzw. Nachteile entstanden sind.

Darüber hinaus hat der Nationale Normenkontrollrat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Funke
Vorsitzender Berichterstatter

Anlage 2
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) vom 10. Dezember 2012 zu dem Entwurf eines Gesetzes zu dem Staatsvertrag vom 14. Dezember 2012 über die abschließende Aufteilung des Finanzvermögens gemäß Artikel 22 des Einigungsvertrages zwischen dem Bund, den neuen Ländern und Berlin (Finanzvermögen- Staatsvertrag) und zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung

Der NKR hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass der Entwurf keine Alternativen für die vorgeschlagene Regelung, insbesondere die Beibehaltung der bisherigen Regelung, darstelle. Es werde nicht dargelegt, dass dem Bundesrechnungshof Schäden entstehen, die unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbar wären und dass nach der bisherigen Regelung der Prüfung durch den Bundesrechnungshof wesentliche Schwierigkeiten bzw. Nachteile entstanden seien.

Die Begründung zum Gesetzesentwurf behandelt ausführlich die vom NKR angesprochenen Punkte. Sie stellt die gegenwärtige Gesetzeslage und die daraus resultierenden rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten dar. Die Begründung führt aus, dass die bisherige Rechtslage Prüfungsverfahren erheblich verzögern und sie bei zeitlichem Bezug verhindern kann. Seinen Auftrag aus Verfassung und Gesetz, zu prüfen, dem Parlament zu berichten und es zu beraten kann der Bundesrechnungshof dann nicht erfüllen. Auch in Anbetracht der Nachteile und Risiken für die öffentlichen Haushalte ist ein Festhalten an der bestehenden Regelung keine Alternative. Der Gesetzesvorschlag schafft hier Abhilfe und beseitigt Beeinträchtigungen einer effektiven, zeitlich lückenlosen Finanzkontrolle. Er greift hierzu die in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 31. Alt. VwGO dem Gesetzgeber ausdrücklich eröffnete Möglichkeit auf, in einzelnen Regelungsbereichen die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage entfallen zu lassen. Für eine grundlegend andere Lösung des Problems bietet der rechtliche Rahmen keinen Ansatzpunkt. Schließlich vermindert der Entwurf den Erfüllungsaufwand beim Bundesrechnungshof und reduziert voraussichtlich die Anzahl der Gerichtsverfahren bei gleichzeitiger Wahrung der Rechtsschutzbelange möglicher Adressaten einer Anordnung des Bundesrechnungshofes.