Verordnungsentwurf des Bundesrates
Entwurf einer Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen
(Hofraumverordnung - HofV)

A. Problem und Ziel

In ehemals preußischen Gebieten in Nordsachsen gibt es teilweise noch immer sogenannte ungetrennte Hofräume. Ungetrennte Hofräume sind nur in ihren Außengrenzen vermessen und im Kataster eingetragen. Der im Liegenschaftskataster als eine Einheit ausgewiesene ungetrennte Hofraum besteht aber aus mehreren, rechtlich verschiedenen Grundstücken, die im Einzelnen weder vermessen noch katastermäßig in einer Flurkarte unter einer Flurstücksnummer erfasst sind. Die konkrete Lage in der Natur und die Größe der einzelnen Grundstücke sind somit nicht aus dem Grundbuch ersichtlich. Ehemals diente in diesen Fällen nicht das Kataster, sondern das Gebäudesteuerbuch als amtliches Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung. Nach der Wiedervereinigung traten Zweifel an der Verkehrsfähigkeit der Anteile an ungetrennten Hofräumen auf. Mit der Hofraumverordnung vom 24. September 1993 wurde deshalb bestimmt, dass das amtliche Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung durch das Gebäudesteuerbuch, hilfsweise den Einheitswert-, den Grundsteuer-, den Grunderwerbssteuer- und den Abwassergebührenbescheid ersetzt wird.

Beim Erlass der früheren Hofraumverordnung und ihrer Verlängerung im Jahr 2010 wurde davon ausgegangen, dass die Auflösung der ungetrennten Hofräume bis zum Ablauf des Jahres 2015 abgeschlossen sein würde. Es hat sich nunmehr aber gezeigt, dass in Nordsachsen noch etwa 570 Anteile an ungetrennten Hofräumen bestehen. Diese werden zwar alle in Flurbereinigungsverfahren bearbeitet. Mit deren Abschluss ist nach Einschätzung der obersten Flurbereinigungsbehörde nicht vor dem Jahr 2020 zu rechnen. Darüber hinaus bestehen noch in Einzelfällen Anteile an ungetrennten Hofräumen, zum Beispiel wegen noch nicht abgeschlossener Widerspruchs- oder Klageverfahren. Mit dem Auslaufen der Hofraumverordnung von 1993 sieht die gerichtliche Praxis die Anteile am ungetrennten Hofraum nicht mehr als Grundstücke im Rechtssinne an. Auch die aktuelle Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden verneint die Verkehrsfähigkeit der Grundstücke. Die Anteile können somit weder veräußert noch beliehen werden. Schwierigkeiten treten auch auf bei dem Versuch, die Zwangsvollstreckung in den Anteil am ungetrennten Hofraum zu betreiben. Dieses Problem kann nach aktueller Rechtslage letztlich nur dadurch gelöst werden, dass die Grenzen der Anteile an dem ungetrennten Hofraum in grundbuchtauglicher Form bestimmt werden. Dies geschieht entweder durch Vermessung oder durch Durchführung eines Bodensonderungs- oder Flurbereinigungsverfahrens. Der Sonderungsbescheid bzw. der Flurbereinigungsplan dient dann bis zur Berichtigung des Katasters als amtliches Verzeichnis nach § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung ( § 7 Absatz 2 Satz 2 des Bodensonderungsgesetzes; § 81 Absatz 1 des Flurbereinigungsgesetzes).

B. Lösung

Weil die Durchführung der Flurbereinigungsverfahren oder einer Einzelvermessung sehr zeitintensiv sind und letztere darüber hinaus auch sehr kostenintensiv ist, bedarf es zwischenzeitlich zur Herstellung der formalen Grundbuchfähigkeit der betroffenen Grundstücke weiterhin einer Sonderregelung, die der bisherigen Hofraumverordnung entspricht. Als Grundlage hierfür kann nach wie vor § 23 des Bodensonderungsgesetzes herangezogen werden, der das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen zu regeln.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Verordnungsentwurf des Bundesrates
Entwurf einer Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen (Hofraumverordnung - HofV)

Der Bundesrat hat in seiner 954. Sitzung am 10. März 2017 beschlossen, die beigefügte Vorlage für den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß Artikel 80 Absatz 3 des Grundgesetzes der Bundesregierung zuzuleiten.

Anlage
Entwurf einer Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen (Hofraumverordnung - HofV)

Vom ...

Auf Grund des § 23 des Bodensonderungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2182, 2215), das zuletzt durch ... geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz:

§ 1 Amtliches Verzeichnis bei ungetrennten Hofräumen

§ 2 Bezeichnung des Grundstücks

§ 3 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Entwurfs

In ehemals preußischen Gebieten der neuen Länder, jedenfalls in Nordsachsen gibt es teilweise noch immer sogenannte ungetrennte Hofräume. Ungetrennte Hofräume sind nur in ihren Außengrenzen vermessen und im Kataster eingetragen. Der im Liegenschaftskataster als eine Einheit ausgewiesene ungetrennte Hofraum besteht aber aus mehreren, rechtlich verschiedenen Grundstücken, die im Einzelnen weder vermessen noch katastermäßig in einer Flurkarte unter einer Flurstücksnummer erfasst sind. Die konkrete Lage in der Natur und die Größe der einzelnen Grundstücke sind somit nicht aus dem Grundbuch ersichtlich. Ehemals diente in diesen Fällen nicht das Kataster, sondern das Gebäudesteuerbuch als amtliches Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung. Nach der Wiedervereinigung traten Zweifel an der Verkehrsfähigkeit der Anteile an ungetrennten Hofräumen auf. Mit der Hofraumverordnung vom 24. September 1993 wurde deshalb bestimmt, dass das amtliche Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung durch das Gebäudesteuerbuch, hilfsweise den Einheitswert-, den Grundsteuer-, den Grunderwerbssteuer- und den Abwassergebührenbescheid ersetzt wird.

Beim Erlass der früheren Hofraumverordnung und ihrer Verlängerung im Jahr 2010 wurde davon ausgegangen, dass die Auflösung der ungetrennten Hofräume bis zum Ablauf des Jahres 2015 abgeschlossen sein würde. Es hat sich aber gezeigt, dass in Nordsachsen noch etwa 570 Anteile an ungetrennten Hofräumen bestehen. Diese werden zwar alle in Flurbereinigungsverfahren bearbeitet, mit deren Abschluss nach Einschätzung der obersten Flurbereinigungsbehörde jedoch nicht vor 2020 gerechnet werden kann. Darüber hinaus bestehen noch in Einzelfällen Anteile an ungetrennten Hofräumen, zum Beispiel wegen noch nicht abgeschlossener Widerspruchs- oder Klageverfahren im Rahmen von Bodensonderungsverfahren. Mit dem Auslaufen der Hofraumverordnung Ende 2015 sieht die gerichtliche Praxis die Anteile am ungetrennten Hofraum nicht mehr als Grundstücke im Sinne der Grundbuchordnung an. Eintragungsanträge werden zurückgewiesen. Auch die aktuelle Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden verneint die Verkehrsfähigkeit der Grundstücke. Die Anteile können somit weder veräußert noch beliehen werden.

Schwierigkeiten treten auch auf bei dem Versuch, die Zwangsvollstreckung in den Anteil am ungetrennten Hofraum zu betreiben.

Das Problem wird bei den in Sachsen verbliebenen ungetrennten Hofräumen im Rahmen von bereits anhängigen Flurbereinigungsverfahren gelöst. Der Flurbereinigungsplan dient dann bis zur Berichtigung des Liegenschaftskatasters als Verzeichnis im Sinne von § 2 Absatz 2 der Grundbuchordnung. Nach Einschätzung der obersten Flurbereinigungsbehörde ist jedoch noch mit einer Bearbeitungsdauer von mindestens weiteren fünf Jahren zu rechnen. Es bedarf daher einer Regelung, mit der die formale Grundbuchfähigkeit hergestellt wird, damit die Übertragung des Eigentums und die Beleihung der Grundstücke möglich sind. Damit wird der Gesetzgeber seiner aus Artikel 14 des Grundgesetzes erwachsenden Pflicht gerecht, durch die Sicherstellung eines funktionierenden Grundbuchwesens die verfahrensmäßige Verwirklichung der Eigentumsgarantie zu fördern.

II. Alternativen

Es gibt keine Alternativen zu dem Erlass einer Verordnung über die grundbuchmäßige Behandlung von Anteilen an ungetrennten Hofräumen mit derselben Wirkung. Die Herstellung der Verkehrsfähigkeit der betroffenen Grundstücke ist mit anderen Mitteln nicht zu erreichen. Die Möglichkeiten einer Beschleunigung der Flurbereinigungsverfahren sind ausgeschöpft. Die Durchführung eines Bodensonderungsverfahrens ist während eines anhängigen Flurbereinigungsverfahrens unzulässig ( § 5 Absatz 7 des Bodensonderungsgesetzes). Eine Einzelvermessung ist vielfach aus tatsächlichen Gründen keine realistische Alternative für die betroffenen Eigentümer. Im Rahmen der Trennvermessung müsste eine Vereinbarung aller Eigentümer von Anteilen an dem jeweiligen ungetrennten Hofraum herbeigeführt werden, weil Größe und Lage der einzelnen Grundstücke nicht hinreichend feststehen. Diese müsste notariell beurkundet werden, weil die Festlegung der Grundstücksgrenzen für jeden Eigentümer eine Verpflichtung zur Verfügung über mögliches Eigentum an (weiteren) Teilen des Hofraumgrundstückes beinhaltet. Insbesondere bei großen Hofräumen mit einer Vielzahl von zu beteiligenden Grundstückseigentümern - sofern diese nach eventuell eingetretenen Erbfällen überhaupt sicher feststehen - sind damit hohe Kosten verbunden. Den an einer zeitnahen Lösung interessierten Eigentümern wird es daher vielfach kaum gelingen, durch Einzelvermessung schneller ein Ergebnis zu erzielen als auf den Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens zu warten.

III. Verordnungsfolgen

1. Nachhaltigkeitsaspekte

Die Verordnung stellt sicher, dass die als Anteile an ungetrennten Hofräumen im Grundbuch eingetragenen Grundstücke wieder veräußert und belastet werden können. Die Verkehrsfähigkeit von Grundstücken ist Grundvoraussetzung für Investitionen im Immobilienbereich und dient damit der wirtschaftlichen Zukunftsvorsorge und der Erhaltung des Wohlstandes.

2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Für Bund, Länder und Kommunen hat der Erlass der Hofraumverordnung keine Auswirkungen auf die Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand.

3. Erfüllungsaufwand und weitere Kosten

a) Bürgerinnen und Bürger

Durch die Verordnung wird für Bürgerinnen und Bürger kein Erfüllungsaufwand eingeführt, abgeschafft oder verändert.

b) Wirtschaft

Für die Wirtschaft wird durch die Verordnung kein Erfüllungsaufwand eingeführt, abgeschafft oder verändert.

c) Verwaltung

Die Verordnung führt für die Verwaltungen des Bundes und der Länder zu keiner Änderung des Erfüllungsaufwands. Die anhängigen Flurbereinigungsverfahren werden unabhängig von dieser Verordnung ohnehin zu Ende geführt.

d) Weitere Kosten

Für die sozialen Sicherungssysteme entstehen keine Mehrkosten. Sonstige direkte oder indirekte Kosten für die Wirtschaft, insbesondere mittelständige Unternehmen sind durch die Verordnung ebenfalls nicht zu erwarten. Entsprechendes gilt für Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau.

IV. Befristung; Evaluation

Eine Befristung der Verordnung kommt nicht in Betracht. Dies widerspräche der mit der Verordnung angestrebten Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für Eigentümer von Anteilen an ungetrennten Hofräumen. Die Gefahr, dass damit - wie in Preußen - eine Vermessung oder Kartierung der Grundstücke versäumt wird und der alte, unerwünschte Rechtszustand fortgeschrieben wird, besteht nicht. Sämtliche in Sachsen belegenen ungetrennten Hofräume sind in Bodenneuordnungs- oder Flurbereinigungsverfahren erfasst. Mit dem Abschluss dieser Verfahren werden somit mittelfristig alle Grundstücke im amtlichen Verzeichnis eingetragen sein. Die Verordnung kann dann aufgehoben werden.

B. Besonderer Teil

Zu § 1 Amtliches Verzeichnis bei ungetrennten Hofräumen

Zu Absatz 1

§ 1 Absatz 1 bestimmt, dass die Gebäudesteuerbücher bei Anteilen an ungetrennten Hofräumen das amtliche Verzeichnis darstellen. Dies entspricht dem (früheren) Artikel 2 der preußischen Verordnung über das Grundbuchwesen vom 13. November 1899. Sind die Gebäudesteuerbücher nicht oder nicht mehr vorhanden, tritt an deren Stelle der zuletzt erlassene Einheitswertbescheid. Der Einheitswertbescheid ist ein geeigneter Ersatz für das Gebäudesteuerbuch, weil er die gleichen Individualisierungswirkungen hat. Herangezogen werden können auch Einheitswertbescheide aus der Zeit vor dem Beitritt. Die Ersetzungswirkung ist jedoch zeitlich begrenzt bis zur Aufnahme des Grundstücks in das amtliche Verzeichnis. Die Ersetzungswirkung steht zudem unter dem Vorbehalt anderer bundesgesetzlicher Regelungen (z.B. § 81 Absatz 1 des Flurbereinigungsgesetzes, § 7 Absatz 2 des Bodensonderungsgesetzes).

Zu Absatz 2

Ist ein Einheitswertbescheid nicht vorhanden, sieht Absatz 2 - wie in der früheren Hofraumverordnung - einen Katalog von Ersatzbescheiden vor, die ebenfalls eine Individualisierung des Grundstücks erlauben. Auch hier endet die Ersetzungswirkung mit der Aufnahme des Grundstücks in das amtliche Verzeichnis; Flurbereinigung oder Bodensonderung gehen vor.

Zu Absatz 3

Stimmt die Bezeichnung im Grundbuch (Lagebezeichnung) nicht mit der Bezeichnung in dem anstelle des Gebäudesteuerbuches maßgeblichen Bescheid überein, muss dem Grundbuchamt die Identität nachgewiesen werden. Dies soll durch eine der Form des § 29 Absatz 3 der Grundbuchordnung genügende Bescheinigung der Behörde geschehen, die den Bescheid erlassen hat.

Zu § 2 Bezeichnung des Grundstücks

Die Nummer des Gebäudesteuerbuches oder die Bezeichnung des Bescheides, des Aktenzeichens und der Behörde sind in das Grundbuch aufzunehmen. Die Bezeichnung kann das Grundbuchamt von Amts wegen nachholen.

Zu § 3 Inkrafttreten

§ 3 regelt das Inkrafttreten.