Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten

A. Problem und Ziel

Die Bundesrepublik Deutschland sieht sich der seit ihrem Bestehen bei weitem größten Zahl von Menschen gegenüber, die hier um Asyl nachsuchen. Täglich sind es mehrere Tausend, allein im Oktober 2015 wurden über 180 000 Asylsuchende registriert. Darunter sind immer noch viele, deren Asylanträge von vornherein sehr geringe Erfolgsaussichten haben. Diese Anträge sollen daher zügiger bearbeitet und entschieden werden, so dass im Falle einer Ablehnung auch die Rückführung schneller erfolgen kann. Eine Möglichkeit hierzu bietet die Einstufung von Staaten als sichere Herkunftsstaaten. Zudem hat die Einstufung der Westbalkanstaaten als sichere Herkunftsstaaten gemeinsam mit anderen Maßnahmen der Bundesregierung zu einem erheblichen Rückgang der Asylsuchenden geführt.

Durch den Gesetzentwurf werden die Staaten Demokratische Volksrepublik Algerien, Königreich Marokko und Tunesische Republik zu sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 des Grundgesetzes sowie Artikel 37 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 bestimmt. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 liegen nur in wenigen Einzelfällen vor. Durch die zahlreichen, zumeist aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten Asylanträge werden Bund, Länder und Kommunen mit erheblichen Kosten für die Durchführung der Verfahren sowie für die Versorgung der in Deutschland aufhältigen Asylsuchenden belastet. Dies geht im Ergebnis zu Lasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden, da für sie weniger Kapazitäten zur Verfügung stehen.

B. Lösung

Die genannten Staaten werden als sichere Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 des Grundgesetzes sowie Artikel 37 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 eingestuft, um Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten nach § 29a des Asylgesetzes (AsylG) schneller bearbeiten und - im Anschluss an eine negative Entscheidung über den Asylantrag - den Aufenthalt in Deutschland schneller beenden zu können. Deutschland wird dadurch als Zielland für aus nicht asylrelevanten Motiven gestellte Asylanträge weniger attraktiv.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Beim Bund, den Ländern und den Kommunen entstehen keine finanziellen Auswirkungen, die über den Erfüllungsaufwand hinausreichen.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht und entfällt kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht und entfällt kein Erfüllungsaufwand.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Für die Wirtschaft werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder abgeschafft.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Durch den zu erwartenden Rückgang bei den Asylbewerberzahlen aus den als sichere Herkunftsstaaten einzustufenden Staaten werden Bund, Länder und Kommunen um Aufwendungen für die Durchführung der Verfahren sowie für die Gewährung von Leistungen entlastet. Beim Bund betrifft dies in erster Linie die Aufwendungen für die Durchführung der Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Bei den Ländern und Kommunen betrifft dies vor allem die Aufwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Wie stark der zu erwartende Rückgang ausfällt, lässt sich nicht prognostizieren, da er von zahlreichen externen Faktoren abhängt, insbesondere von der sozioökonomischen Situation in den Herkunftsstaaten, von den Auswirkungen der Maßnahmen, die andere von Asylzuwanderung betroffene europäische Staaten ergriffen haben bzw. noch ergreifen, und von dem Zeitraum zwischen Entstehung der Ausreisepflicht und Ausreise bzw. Aufenthaltsbeendigung. Die Höhe der zu erwartenden Entlastungen lässt sich daher ebenfalls nicht beziffern.

F. Weitere Kosten

Den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft entstehen keine sonstigen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 5. Februar 2016
Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stanislaw Tillich

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium des Innern.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 18.03.16

Entwurf eines Gesetzes zur Einstufung der Demokratischen Volksrepublik Algerien, des Königreichs Marokko und der Tunesischen Republik als sichere Herkunftsstaaten

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Asylgesetzes

Anlage II des Asylgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
"Anlage II (zu § 29a)

Albanien
Demokratische Volksrepublik Algerien
Bosnien und Herzegowina
Ghana
Kosovo
Königreich Marokko
Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik
Montenegro
Senegal
Serbien
Tunesische Republik".

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Durch den Gesetzentwurf werden die Staaten Demokratische Volksrepublik Algerien, Königreich Marokko und Tunesische Republik zu sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 des Grundgesetzes sowie Artikel 37 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 bestimmt. Nur durch eine entsprechende gesetzliche Regelung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann für Behörden und Gerichte gleichermaßen verbindlich festgelegt werden, dass - vorbehaltlich der Möglichkeit einer Widerlegung der Vermutung der Verfolgungsfreiheit im Einzelfall - ein von dem Staatsangehörigen eines solchen Staates gestellter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist.

Bei der Ablehnung eines unbegründeten Asylantrags als "offensichtlich unbegründet" wird das Asylverfahren erheblich beschleunigt. Die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist verkürzt sich auf eine Woche (§ 36 Absatz 1 AsylG), auch eine Klage ist innerhalb einer Woche zu erheben (§ 74 Absatz 1 AsylG) und hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Absatz 1 AsylG). Ein Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung ist ebenfalls innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu stellen (§ 36 Absatz 3 Satz 1 AsylG), das Gericht soll grundsätzlich innerhalb einer Woche über den Antrag entscheiden (§ 36 Absatz 3 Satz 5 AsylG).

Die Einstufung der Staaten Demokratische Volksrepublik Algerien, Königreich Marokko und Tunesische Republik als sichere Herkunftsstaaten im Sinne von Artikel 16a Absatz 3 des Grundgesetzes und Artikel 37 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 verbessert daher die Möglichkeit, aussichtslose Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten rascher bearbeiten und ihren Aufenthalt in Deutschland schneller beenden zu können. Damit wird zugleich die Zeit des Sozialleistungsbezugs in Deutschland verkürzt und der davon ausgehende Anreiz für eine Asylbeantragung aus wirtschaftlichen Gründen reduziert.

Die Einstufung der drei genannten Staaten als sichere Herkunftsstaaten erfüllt die Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14. Mai 1996, 2 BvR 1507/93 und 2 BvR 1508/93) und des Anhangs I der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes. Vor der Einstufung der drei genannten Staaten als sichere Herkunftsstaaten hat sich die Bundesregierung anhand von Rechtslage, Rechtsanwendung und allgemeinen politischen Verhältnissen ein Gesamturteil über die für eine Verfolgung bedeutsamen Verhältnisse in dem jeweiligen Staat gebildet. Nach sorgfältiger Prüfung ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass in den genannten Staaten gewährleistet erscheint, dass dort generell, systematisch und durchgängig weder Verfolgung noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind. Auch die Schutzquoten im Asylverfahren wurden für die Beurteilung mit herangezogen.

Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts wurde geprüft, ob die Verfolgungsfreiheit landesweit besteht und ob nicht nur bestimmte Gruppen verfolgungsfrei sind, andere Gruppen dagegen verfolgt werden. Entsprechend den Anforderungen des Anhangs I der Richtlinie 2013/32/EU wurde zudem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird u.a. durch

Alle vorgenannten Kriterien wurden unter Heranziehung der von den Behörden gewonnenen Erkenntnisse von Rechtsprechung sowie Materialien des UNHCR und internationaler Menschenrechtsorganisationen untersucht. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Faktoren gleichwertig sind und vollständig vorliegen müssen. Vereinzelte Schutzgewährungen stehen einer Einstufung der genannten Staaten als sichere Herkunftsstaaten auch deshalb nicht entgegen, weil die damit verbundene Vermutung der Verfolgungssicherheit widerlegbar ist.

Die Zahl der in Deutschland von Staatsangehörigen dieser Staaten gestellten Asylanträge ist im Verlauf der letzten Jahre angestiegen. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland 2.299 und im Jahr 2015 2.240 Asylanträge von algerischen Staatsangehörigen gestellt. Marokkanische Staatsangehörige stellten im Jahr 2014 1.615 und im Folgejahr 1.747 Asylanträge. Tunesische Staatsangehörige haben im Jahr 2014 772 sowie 923 Asylanträge im Folgejahr gestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nahm 2015 insgesamt 4.910 Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten entgegen. Im System EASY (Erstverteilung von Asylbegehrenden) wurden im Jahr 2015 13.833 algerische Staatsangehörige, 10.258 marokkanische Staatsangehörige und 1.945 tunesische Staatsangehörige registriert. Demzufolge ist in diesem Jahr mit einem erheblichen Anstieg von Asylantragstellungen von Staatsangehörigen der drei Staaten zu rechnen. Das EASY-System ist eine IT-Anwendung zur Erstverteilung der Asylsuchenden auf die Bundesländer.

Bei diesen Angaben ist zu berücksichtigen, dass bei den EASY-Zahlen Fehl- und Doppelerfassungen wegen fehlender erkennungsdienstlicher Behandlung und fehlender Erfassung der persönlichen Daten nicht ausgeschlossen werden können.

Die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl, Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU liegen nur in wenigen Einzelfällen vor. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat 2015 insgesamt 2.605 Entscheidungen über Asylanträge von Angehörigen der drei genannten Staaten getroffen. In zwei Fällen (zwei algerische Staatsangehörige) wurde Asyl nach Artikel 16a Grundgesetz gewährt, insgesamt 31 Personen (9 algerische und 22 marokkanische Staatsangehörige) wurde Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG gewährt, bei weiteren 22 Personen (davon 7 algerische, 14 marokkanische und 1 tunesischer Staatsangehöriger) wurde subsidiärer Schutz gewährt bzw. ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 2 ff. AufenthG festgestellt. Im Jahr 2015 betrug die Anerkennungsquote für die Demokratische Volksrepublik Algerien 0,98 %, für das Königreich Marokko 2,29 % und die Tunesische Republik 0,00 %.

Durch die zahlreichen, zumeist aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten Asylanträge werden Bund, Länder und Kommunen mit erheblichen Kosten für die Durchführung der Verfahren sowie für die Versorgung der in Deutschland aufhältigen Asylsuchenden belastet. Dies geht im Ergebnis zu Lasten der tatsächlich schutzbedürftigen Asylsuchenden, da für sie weniger Kapazitäten zur Verfügung stehen. Eine Eindämmung der aus nicht asylrelevanten Motiven gestellten Asylanträge ist daher geboten.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat bereits auf der Grundlage des geltenden Rechts erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Asylverfahren von Staatsangehörigen der drei genannten Staaten prioritär zu bearbeiten und möglichst schnell zu entscheiden. Die dadurch erzielten Wirkungen haben sich jedoch nicht als nachhaltig erwiesen, vielmehr sind die Asylbewerberzugänge aus diesen Staaten weiter angestiegen. Es ist daher angezeigt, das Ziel einer Zurückdrängung wirtschaftlich motivierter Asylbeantragungen aus diesen Staaten durch die vorgeschlagene Rechtsänderung mit erhöhtem Nachdruck zu verfolgen.

II. Alternativen keine III. Gesetzesfolgen

Die Ablehnung einer hohen Zahl von Asylanträgen als offensichtlich unbegründet innerhalb kurzer Zeit dürfte zu einem erheblichen kurzfristigen Anstieg bei der Zahl ausreisepflichtiger Personen führen. Es ist daher erforderlich, dass die für die Beendigung des Aufenthalts zuständigen Ausländerbehörden der Länder sich auf eine zu erwartende Belastungsspitze einstellen.

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Die vorgesehene Regelung führt insofern zu einer Rechts- und Verwaltungsvereinfachung, als sich die Beweislast umkehrt, so dass bei fehlender Substantiierung eines Asylvorbringens die Begründung der ablehnenden Entscheidung erleichtert wird. Da es aber stets einer Einzelfallprüfung eines Asylantrags und der zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen und Umstände bedarf, dürften diese Vereinfachungsaspekte eher als gering einzustufen sein.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Eine Nachhaltigkeitsrelevanz in Bezug auf einzelne Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie ist nicht gegeben.

3. Erfüllungsaufwand

Für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft entsteht und entfällt kein Erfüllungsaufwand.

Durch den zu erwartenden Rückgang bei den Asylbewerberzahlen aus den als sichere Herkunftsstaaten einzustufenden Staaten werden Bund, Länder und Kommunen um Aufwendungen für die Durchführung der Verfahren sowie für die Gewährung von Leistungen entlastet. Beim Bund betrifft dies in erster Linie die Aufwendungen für die Durchführung der Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Bei den Ländern und Kommunen betrifft dies vor allem die Aufwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Wie stark der zu erwartende Rückgang ausfällt, lässt sich nicht prognostizieren, da er von zahlreichen externen Faktoren abhängt, insbesondere von der sozioökonomischen Situation in den Herkunftsstaaten, von den Auswirkungen der Maßnahmen, die andere von Asylzuwanderung betroffene europäische Staaten ergriffen haben bzw. noch ergreifen, und von dem Zeitraum zwischen Entstehung der Ausreisepflicht und Ausreise bzw. Aufenthaltsbeendigung. Die Höhe der zu erwartenden Entlastungen lässt sich daher ebenfalls nicht beziffern.

4. Weitere Kosten

Den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft entstehen keine sonstigen Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

5. Weitere Gesetzesfolgen

Auswirkungen der Regelungen für Verbraucherinnen und Verbraucher und gleichstellungspolitische Auswirkungen sowie Auswirkungen auf die demographische Entwicklung sind nicht zu erwarten.

IV. Gesetzgebungskompetenz des Bundes

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 16a Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Einstufung von Drittstaaten als sichere Herkunftsstaaten in Bezug auf den internationalen Schutz ist unter den Voraussetzungen der Artikel 36, 37 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes möglich. Es handelt sich dabei um eine fakultative Regelung. Die Anforderungen der Richtlinie 2013/32/EU einschließlich ihres Anhangs I der Richtlinie 2013/32/EU über die Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten wurden beachtet.

VI. Befristung; Evaluation

Nach Artikel 37 Absatz 2 der Richtlinie 2013/32/EU ist die Lage in den Drittstaaten, die als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden, regelmäßig zu überprüfen. Die Lage in den sicheren Herkunftsstaaten wird fortlaufend durch das Auswärtige Amt beobachtet, ferner erstellt es regelmäßig Lageberichte zu diesen Staaten, bei plötzlichen Lageänderungen werden adhoc-Lageberichte verfasst. Dadurch ist gewährleistet, dass auch die Asylbehörde stets über aktuelle Informationen verfügt. Zudem ist die Bundesregierung nach § 29a Absatz 2a AsylG verpflichtet, dem Bundestag alle zwei Jahre einen Bericht darüber vorzulegen, ob die Voraussetzungen für die Einstufung der als sichere Herkunftsstaaten eingestuften Staaten weiterhin vorliegen. Bei plötzlichen Verschlechterungen der Lage kann die Einstufung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat durch Rechtsverordnung der Bundesregierung vorübergehend ausgesetzt werden (§ 29a Absatz 3 AsylG). Durch das Zusammenspiel dieser Regelungen ist gewährleistet, dass den betroffenen Asylbewerbern - unabhängig von der Möglichkeit, die Vermutung der Verfolgungssicherheit im Einzelfall widerlegen zu können - durch eine plötzliche Verschlechterung der Lage kein Nachteil entstehen kann.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Asylgesetzes)

Für die Einstufung der einzelnen Staaten als sichere Herkunftsstaaten sind im Einzelnen folgende Erwägungen maßgeblich.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 3626:
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Asylgesetzes

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Regelungsentwurf geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und Bürger1
Erfüllungsaufwand:Keine Auswirkungen
Wirtschaft
Erfüllungsaufwandkeine Auswirkungen
Verwaltung
Bund
Erfüllungsaufwand:nicht quantifiziert
Länder und Kommunen
Erfüllungsaufwand:nicht quantifiziert
One in, one out - RegelDie Wirtschaft ist nicht betroffen.
Die Aussagen zur Entwicklung des Erfüllungsaufwandes hält der NKR insgesamt für unzureichend. Der NKR fordert die Bundesregierung auf, die für Mitte 2016 geplante Überprüfung der eingeleiteten gesetzgeberischen Maßnahmen zum Anlass zu nehmen, die Kostenentlastungen des Regelungsvorhabens noch einmal genauer zu untersuchen. Nur so kann Transparenz über die tatsächliche Wirkung des Instruments der Liste sicherer Herkunftsstaaten erlangt werden.

II. Im Einzelnen

Angesichts des aktuellen Flüchtlingszustroms nach Deutschland und der damit verbundenen Herausforderungen will die Bundesregierung weitere Rechtsanpassungen vornehmen. Durch den Gesetzentwurf werden die Staaten Demokratische Volksrepublik Algerien, Königreich Marokko und Tunesische Republik zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Dadurch sollen Asylverfahren von Staatsangehörigen dieser Staaten schneller bearbeiten und im Anschluss an eine negative Entscheidung über den Asylantrag der 1Anfallender Zeit- und Sachaufwand für Flüchtlinge wird methodisch dem Adressatenkreis der Bürgerinnen und Bürger zugeordnet, auch wenn es sich im juristischen Sinne nicht um inländische Staatsbürger handelt.

Aufenthalt in Deutschland schneller beenden werden können. Deutschland soll dadurch als Zielland für aus asylfremden Motiven gestellte Asylanträge weniger attraktiv werden.

Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand

Das Ressort geht davon aus, dass der Bund durch einen beabsichtigten Rückgang der Zuzugszahlen bei der Durchführung der Asylverfahren durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entlastet wird. Bei den Ländern und Kommunen betrifft dies vor allem die Aufwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Wie stark der zu erwartende Rückgang ausfällt, lässt sich nach Aussage des Ressorts nicht prognostizieren, da er von zahlreichen externen Faktoren abhängt, insbesondere von der sozioökonomischen Situation in den Herkunftsstaaten, von den Auswirkungen der Maßnahmen, die andere von Asylzuwanderung betroffene europäische Staaten ergriffen haben bzw. noch ergreifen, und von dem Zeitraum zwischen Entstehung der Ausreisepflicht und Ausreise bzw. Aufenthaltsbeendigung. Die Höhe der zu erwartenden Entlastungen sei daher ebenfalls nicht zu beziffern.

Für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft entsteht und entfällt kein Erfüllungsaufwand.

Die Aussagen zur Entwicklung des Erfüllungsaufwandes hält der NKR insgesamt für unzureichend, erkennt im besonderen Fall aber die Unwägbarkeiten der Abschätzung an. Ferner ist davon auszugehen, dass die gelebte Praxis und die bereits bestehende hohe Ablehnungsquote bei potentiellen Antragstellern bekannt sind. Inwiefern die beabsichtige Wirkung, staatliche Stellen von Aufwendungen zur Bearbeitung regelmäßig erfolgloser Asylanträge zu entlasten, tatsächlich und maßgeblich durch das Gesetz bzw. die bloße Anpassung der Liste erreicht werden kann, bleibt aus Sicht des NKR fraglich.

Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Nach Aussage des Ressorts könne nur durch eine entsprechende gesetzliche Regelung für Behörden und Gerichte gleichermaßen verbindlich festgelegt werden, dass - vorbehaltlich der Möglichkeit einer Widerlegung der Vermutung der Verfolgungsfreiheit im Einzelfall - ein von dem Staatsangehörigen eines solchen Staates gestellter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist. Dadurch wird das Asylverfahren erheblich beschleunigt, da sich Ausreise, Widerspruchs- und Klagefristen verringern.

Gesamtbewertung

Die Aussagen zur Entwicklung des Erfüllungsaufwands hält der NKR insgesamt für unzureichend. Der NKR fordert die Bundesregierung auf, die für Mitte 2016 geplante Überprüfung der eingeleiteten gesetzgeberischen Maßnahmen zum Anlass zu nehmen, die entlastenden Wirkungen des Regelungsvorhabens noch einmal genauer zu untersuchen. Nur so kann Transparenz über die tatsächliche Wirkung des Instruments der Liste sicherer Herkunftsstaaten erlangt werden.

Dr. Ludewig Prof. Kuhlmann
Vorsitzender Berichterstatterin