Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch

A. Problem und Ziel

Anders als die Überschrift "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" nahelegt, stellt § 219a des Strafgesetzbuches (StGB) nicht nur werbende Handlungen unter Strafe. Bei Personen, die wegen eines eigenen Vermögensvorteils handeln, wird vielmehr schon die bloße Information darüber, dass sie einen - nach § 218a Absatz 1 bis 3 StGB straflosen - Schwangerschaftsabbruch durchführen, vom Straftatbestand erfasst, sofern dies öffentlich (etwa auf der Homepage einer ärztlichen Praxis), in einer Versammlung oder durch das Verbreiten von Schriften geschieht.

Für Frauen, die einen straffreien Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen wollen, kann es daher heute problematisch sein, Informationen über Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen zu erhalten, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Die betroffenen Frauen benötigen somit oftmals nach der Beratung noch zusätzliche Zeit, um eine Stelle ausfindig zu machen, wo der Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden kann.

Neben der Beratung in den Beratungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz sind heute Informationen und Bewertungen unterschiedlichster Qualität auch über das Internet breit verfügbar. Angesichts der Sensibilität des Themas ist es geboten, dass neutrale, medizinisch und rechtlich qualitätsgesicherte Informationen auch von Seiten staatlicher oder staatlich beauftragter Stellen zur Verfügung stehen.

Ziel des Entwurfs ist daher die Verbesserung der Information von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen sowie Rechtssicherheit für Ärztinnen, Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Gleichzeitig soll das Verbot der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch erhalten bleiben, um das Rechtsgut des ungeborenen Lebens zu schützen.

B. Lösung

§ 219a StGB wird in einem neuen Absatz 4 um einen weiteren Ausnahmetatbestand ergänzt. Danach dürfen Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen zukünftig auch öffentlich ohne Risiko der Strafverfolgung darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Sie sollen darüber hinaus weitere Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch durch Hinweis - insbesondere durch Verlinkung in ihrem Internetauftritt - auf entsprechende Informationsangebote neutraler Stellen, die im Gesetz ausdrücklich benannt werden, zugänglich machen dürfen.

Außerdem soll durch eine Änderung im Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) sichergestellt werden, dass es zukünftig eine von der Bundesärztekammer zentral geführte Liste mit Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern und Einrichtungen gibt, die mitgeteilt haben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 StGB durchführen. Diese Liste enthält auch Angaben über die dabei jeweils angewendeten Methoden. Die Bundesärztekammer aktualisiert diese Liste monatlich und veröffentlicht sie im Internet. Die Liste wird auch durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit weiteren Informationen veröffentlicht und der bundesweit zentrale Notruf nach § 1 Absatz 5 Satz 1 SchKG (Hilfetelefon "Schwangere in Not") sowie die Schwangerschaftsberatungsstellen und -konfliktberatungsstellen nach dem SchKG erteilen Auskunft über die in der Liste enthaltenen Angaben.

C. Alternativen

Grundsätzlich könnte der gegenwärtige Rechtszustand beibehalten werden, womit allerdings auch der defizitäre Informationszugang für betroffene Frauen beibehalten würde.

Eine weitere Alternative wäre die ersatzlose Aufhebung des § 219a StGB. Dies würde ebenfalls dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen über die Tatsache, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, öffentlich informieren könnten, ohne strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Eine Folge wäre allerdings, dass auch das Anpreisen oder die grob anstößige Werbung für Schwangerschaftsabbrüche straffrei gestellt wäre. Dies würde Fragen zum gesetzgeberischen Schutzkonzept für das ungeborene Leben aufwerfen.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Anhebung der Altersgrenze für den Anspruch auf Verhütungsmittel entstehen der gesetzlichen Krankenversicherung jährliche Mehrausgaben von ca. 40 Millionen Euro.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft umfasst sowohl die Personal- als auch die Sachkosten, die der Bundesärztekammer durch die übertragenen Aufgaben entstehen.

Es entsteht einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von etwa 50 000 Euro. Der jährliche Erfüllungsaufwand beträgt rund 72 500 Euro. Der laufende zusätzliche Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft unterliegt der "One in, one out"-Regel der Bundesregierung. Eine Kompensation erfolgt durch einen Teil der Entlastungen aus dem Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Geschätzt jährlich 72 500 Euro.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Der Erfüllungsaufwand auf Bundesebene umfasst Kosten, die im Rahmen der Umsetzung der neuen Pflichten für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und den beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben angesiedelten bundesweiten zentralen Notruf entstehen.

Der Erfüllungsaufwand für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung beträgt einmalig ca. 269 000 Euro sowie bis zu 344 000 Euro jährlich. Für den beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben angesiedelten bundesweiten zentralen Notruf entsteht ein einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von 8 500 Euro. Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ausgeglichen werden.

F. Weitere Kosten

Mehrkosten im justiziellen Kernbereich werden nicht entstehen, da die Rechtssicherheit durch die im Entwurf klar definierten Ausnahmen verbessert wird. Insoweit ist sogar mit einer geringfügigen Entlastung der Justiz zu rechnen.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 7. Februar 2019 Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 21.03.19

Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Dem § 219a des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist, wird folgender Absatz 4 angefügt:

(4) Absatz 1 gilt nicht, wenn Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen

Artikel 2
Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes

Das Schwangerschaftskonfliktgesetz vom 27. Juli 1992 (BGBl. I S. 1398), das zuletzt durch Artikel 14 Nummer 1 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 13 wird folgender Absatz 3 angefügt:

(3) Die Bundesärztekammer führt eine Liste der Ärztinnen und Ärzte sowie der Krankenhäuser und Einrichtungen, die ihr mitgeteilt haben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches durchführen. Die Liste enthält auch Angaben über die jeweils angewendeten Methoden zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs. Die Bundesärztekammer aktualisiert die Liste monatlich, veröffentlicht sie im Internet und stellt sie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben und den Ländern zur Verfügung."

2. Nach § 13 wird folgender § 13a eingefügt:

" § 13a Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch

(1) Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlicht die von der Bundesärztekammer nach § 13 Absatz 3 geführte Liste und weitere Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch, der unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 des Strafgesetzbuches vorgenommen wird.

(2) Der bundesweite zentrale Notruf nach § 1 Absatz 5 Satz 1 erteilt Auskunft über die in der Liste nach § 13 Absatz 3 enthaltenen Angaben."

Artikel 3
Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

In § 24a Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 7 und 13a des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2394) geändert worden ist, wird die Angabe "20." durch die Angabe "22." ersetzt.

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Die Vorschrift des § 219a des Strafgesetzbuches (StGB) schützt das Rechtsgut des ungeborenen Lebens. Zugleich soll sie verhindern, dass der Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit verharmlost dargestellt und kommerzialisiert wird. Anders als die Überschrift "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" nahelegt, stellt § 219a StGB jedoch nicht nur werbende Handlungen in der Öffentlichkeit unter Strafe. Bei Personen, die wegen eines eigenen Vermögensvorteils handeln - hierunter fallen insbesondere auch Ärztinnen und Ärzte, die selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen -, wird vielmehr schon die bloße Information darüber, dass sie einen - nach § 218a Absatz 1 bis 3 StGB straflosen - Schwangerschaftsabbruch durchführen, erfasst, sofern dies öffentlich (etwa auf der Homepage einer ärztlichen Praxis), in einer Versammlung oder durch das Verbreiten von Schriften geschieht.

Für Frauen, die einen straffreien Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen wollen, kann es daher heute problematisch sein, Informationen über Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen zu erhalten, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Es besteht ein dringender Bedarf an diesen Informationen. Frauen in Konfliktlagen müssen sie ohne Zeitverzug erhalten können. Das bedeutet, dass der Zugang zu einem System gewährleistet werden muss, welches zuverlässig und turnusmäßig erhobene sowie öffentlich und niedrigschwellig erreichbare Informationen bereitstellt. Das kann nur gewährleistet werden, wenn die Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen, die auf die Tatsache hinweisen, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, keine Strafverfolgung zu befürchten haben.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

§ 219a StGB wird in einem neuen Absatz 4 um einen weiteren Ausnahmetatbestand ergänzt. Dieser schafft zum einen für Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser sowie andere Einrichtungen die Möglichkeit, selbst öffentlich darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 StGB durchführen, und zum anderen die Möglichkeit, Informationen über die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Hinweis auf bestimmte ausdrücklich benannte Quellen öffentlich zugänglich zu machen. Denn durch diesen Ausnahmetatbestand wird die Unterrichtung durch die genannten Stellen über die Tatsache, einen nach § 218a Absatz 1 StGB straffreien oder einen nach § 218a Absatz 2 oder 3 StGB nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, ausdrücklich von der Strafbarkeit nach § 219a Absatz 1 StGB ausgenommen. Gleiches gilt für den Hinweis auf Informationen einer insoweit zuständigen Bundes- oder Landes behörde, einer Beratungsstelle nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) oder einer Ärztekammer über Schwangerschaftsabbrüche.

Die neue Vorschrift sorgt für Rechtssicherheit. Sie verbessert außerdem die Unterrichtungsmöglichkeit für Ärztinnen und Ärzte auf der einen Seite und die Informationsmöglichkeit betroffener Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, auf der anderen Seite. Der Regelungsvorschlag nimmt die Strafbarkeit nicht weiter zurück, als dies zur Erreichung des Ziels einer sachlichen Information von Frauen in Konfliktlagen erforderlich ist. Werbende Handlungen bleiben weiterhin verboten. Damit passt sich die Regelung in das bestehende gesetzgeberische Schutzkonzept für das ungeborene Leben ein.

Ergänzend werden Regelungen in § 13 SchKG und die Einfügung eines neuen § 13a SchKG vorgeschlagen.

Der neu angefügte § 13 Absatz 3 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes in der Entwurfsfassung (SchKG-E) sieht die Schaffung einer zentral erstellten und geführten Liste von Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, vor. Die neue Regelung bietet damit die Möglichkeit, Informationen über Stellen, die Abbrüche vornehmen, wo sie vorgenommen werden sowie deren angewandte Methoden zu erhalten. Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen werden nur in der Liste aufgeführt, wenn sie der Bundesärztekammer mitgeteilt haben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen.

Die Liste wird von der Bundesärztekammer zum einen im Internet veröffentlicht. Zum anderen stellt sie die Liste der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, aber auch den Ländern zur Verfügung. Den Ländern obliegt gemäß den §§ 3 und 8 SchKG die Aufgabe sicherzustellen, dass ein ausreichendes Angebot an Schwangerschaftsberatungsstellen sowie - konfliktberatungsstellen vorhanden ist.

§ 13a SchKG-E regelt, wie die von der Bundesärztekammer gesammelten Informationen den Betroffenen durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem bundesweiten zentralen Notruf nach § 1 Absatz 5 Satz 1 SchKG zur Verfügung gestellt werden.

Die Altersgrenze für Versicherte, die Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen, empfängnisverhütenden Mitteln haben, wird vom vollendeten 20. auf das vollendete 22. Lebensjahr heraufgesetzt.

III. Alternativen

Alternativ könnte der derzeitige Rechtszustand beibehalten werden. Damit würde weiterhin schon die öffentliche Information durch durchführende Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen über die Tatsache, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen, vom Straftatbestand erfasst. Auch dies würde das Schutzkonzept für das ungeborene Leben wahren, eine Folge wäre allerdings, dass der defizitäre Informationszugang für betroffene Frauen beibehalten würde.

Eine weitere Alternative wäre die ersatzlose Aufhebung von § 219a StGB. Dies würde ebenfalls dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen über die Tatsache, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, öffentlich informieren könnten, ohne dass sie dabei Gefahr laufen, strafrechtlich verfolgt zu werden. Eine Folge wäre allerdings, dass auch das Anpreisen oder die grob anstößige Werbung für Schwangerschaftsabbrüche straffrei gestellt wäre. Dies würde Fragen zum gesetzgeberischen Schutzkonzept für das ungeborene Leben aufwerfen.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt für das Strafrecht aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (GG).

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt für die Änderungen des SchKG aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 GG. Der Begriff der "öffentlichen Fürsorge" in Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 GG ist nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre weit auszulegen. Er umfasst auch präventive Maßnahmen zum Ausgleich von Notlagen und besonderen Belastungen sowie Vorkehrungen gegen die Gefahr der Hilfsbedürftigkeit. Die Leistung muss nur in ihren wesentlichen Strukturelementen durch einen echten Fürsorgecharakter des Staates geprägt sein (BVerfGE 106, 62, 133). Zur öffentlichen Fürsorge gehören deshalb auch präventive Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Hilfe in einer schwangerschaftsbedingten Notlage (BVerfGE 88, 203, 330).

Dem Bund steht das Gesetzgebungsrecht für die öffentliche Fürsorge zu, wenn und soweit die Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht, vergleiche Artikel 72 Absatz 2 Alternative 1 GG. Auskünfte über Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und sonstige Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, werden in der Bundesrepublik Deutschland sehr unterschiedlich erteilt. Schwangerschaftsberatungsstellen können zwar ergänzend zu Beratungen über Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und sonstige Einrichtungen informieren, die Abbrüche durchführen. Das setzt jedoch voraus, dass sie diese Informationen überhaupt erhalten.

Selbst wenn den Schwangerschaftsberatungsstellen diese Informationen vorliegen, ist die Informationsvermittlung in der Praxis sehr uneinheitlich. Zum Teil werden Listen mit Adressen von Arztpraxen in der Region, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, ausgehändigt. Teilweise werden die Adressen in der Region nur mündlich genannt. Teils wird lediglich Einsicht in eine Liste - ohne Aushändigung - gewährt oder es wird auf Internetseiten mit Adressen, zum Beispiel auf die offizielle Seite der Hamburger Bürgerschaft, verwiesen. Manchmal erfolgt allein die Rückverweisung an die behandelnde Gynäkologin oder den behandelnden Gynäkologen.

Damit alle Schwangeren, die sich in einer Konfliktlage befinden, in der Bundesrepublik Deutschland gleich gute Möglichkeiten haben, in ihrer Not professionelle Hilfe zu erlangen, ist die Wahrung der Rechtseinheit durch eine bundeseinheitliche Regelung geboten.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderung im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 GG (Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung).

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.

VI. Gesetzesfolgen

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvereinfachung sind durch den Entwurf, der Änderungen des materiellen Strafrechts sowie des SchKG vorschlägt, nicht betroffen.

2. Nachhaltigkeitsaspekte

Der Entwurf steht im Einklang mit der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, denn er dient dem in dem sogenannten Sustainable Development Goal 5 der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung formulierten Ziel der Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen.

3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Durch die Anhebung der Altersgrenze für den Anspruch auf Verhütungsmittel entstehen der gesetzlichen Krankenversicherung jährliche Mehrausgaben von ca. 40 Millionen Euro.

Weitere Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand sind für Bund, Länder und Gemeinden durch den Entwurf nicht zu erwarten.

4. Erfüllungsaufwand

a) Bürgerinnen und Bürger

Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

b) Wirtschaft

Der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft umfasst sowohl die Personal- als auch die Sachkosten, die der Bundesärztekammer durch die übertragenen Aufgaben entstehen. Dieser ergibt sich wie folgt:

Nach § 13 Absatz 3 Satz 1 SchKG-E führt die Bundesärztekammer eine Liste der Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen, die ihr mitgeteilt haben, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Diese Liste ist nach § 13 Absatz 3 Satz 3 SchKG-E monatlich zu aktualisieren, im Internet zu veröffentlichen und anderen Behörden zur Verfügung zu stellen. Dafür entstehen schätzungsweise die nachfolgenden Kosten:

Für die Erstellung, Aktualisierung und Weitergabe dieser Liste sind 0,75 Stellen im Bereich der Sachbearbeitung zu veranschlagen, so dass jährliche Personalkosten in Höhe von 50 000 Euro entstehen.

Für die technische Realisierung bedarf es einer Authentifizierungssoftware sowie eines besonders gesicherten und separat zu administrierenden Webservers samt entsprechenden Datenbanken. Hier sind für die einmalige Anschaffung 50 000 Euro anzusetzen. Die Kosten für die jährliche Wartung werden auf 7 500 Euro geschätzt. Außerdem sind für die technische Realisierung 0,25 Stellen im Bereich der Sachbearbeitung erforderlich, so dass sich jährliche Personalkosten in Höhe von 15 000 Euro ergeben.

Somit beträgt der geschätzte Erfüllungsaufwand einmalig 50 000 Euro und jährlich 72 500 Euro. Der laufende zusätzliche Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft unterliegt der "One in, one out"-Regel der Bundesregierung. Eine Kompensation erfolgt durch einen Teil der Entlastungen aus dem Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage.

c) Verwaltung

Der Erfüllungsaufwand der Verwaltung auf Bundesebene umfasst Kosten, die im Rahmen der Umsetzung der neuen Pflichten für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und den beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben angesiedelten bundesweiten zentralen Notruf entstehen. Dieser ergibt sich wie folgt:

Aufgrund des gesetzlichen Auftrags nach § 13a Absatz 1 SchKG-E ergeben sich für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung einmalige Kosten in Höhe von ca. 269 000 Euro. Diese umfassen zum einen die Technik für die Bereitstellung der Liste mit zeitgemäßer Suchfunktion. Aufgrund der Änderungen in Bezug auf die Kostenübernahme bei Verhütungsmitteln müssen zum anderen die Broschüren und Internetauftritte, die darüber informieren, angepasst und neu gedruckt werden.

Daneben entstehen Kosten von insgesamt jährlich bis zu 344 000 Euro. Darin enthalten sind jährliche Personalkosten bis zu 150 000 Euro und jährliche Sachkosten bis zu 194 000 Euro. Die Personalkosten umfassen eine 0,5 Stelle einer Referentin/ eines Referenten für die Pflege, Aktualisierung und Kommunikation der Informationen zum Thema Schwangerschaftsabbruch sowie der notwendigen Kooperationen mit der Bundesärztekammer und anderen Akteurinnen und Akteuren. Eine 0,5 Stelle auf Verwaltungsebene ist für die Betreuung regelmäßiger technischer Anpassungen, Betreuung der Ausschreibungen und Aufträge, zur fachlichen Zuarbeit und zur Vor- und Nachbereitung von erforderlichen Treffen und Veranstaltungen anzusetzen. Die Sachkosten enthalten die Wartung der Technik inklusive Sicherheitsupdates, die Erweiterung der Onlineinformationen, die Entwicklung zusätzlicher Printmaterialien und die Versandkosten zur Information von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.

Für die Umsetzung der Informationen über den bundesweiten zentralen Notruf für Schwangere gemäß § 13a Absatz 2 SchKG-E ist von einem Erfüllungsaufwand in Höhe von etwa 8 500 Euro auszugehen. Dieser Betrag entsteht durch den Einkauf von zu nutzender Software und deren Anpassung. Er fällt einmalig an. Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ausgeglichen werden.

5. Weitere Kosten

Mehrkosten im justiziellen Kernbereich werden nicht entstehen, da die Strafbarkeit durch die im Entwurf vorgeschlagenen Änderungen beschränkt wird. Insoweit ist sogar mit einer geringfügigen Entlastung der Justiz zu rechnen.

6. Weitere Gesetzesfolgen

Die Regelungen werden keine Auswirkungen für Verbraucherinnen und Verbraucher haben. Sie dienen einer verbesserten Information über einen Schwangerschaftsabbruch und betreffen damit insbesondere Frauen. Demografische Auswirkungen sind nicht zu erwarten.

VII. Befristung; Evaluierung

Mit dem Entwurf soll ein Problem gelöst werden, das bei einem Außerkrafttreten der Regelungen wieder entstehen würde. Eine Befristung kommt deswegen nicht in Betracht. Eine Evaluierung erscheint nicht erforderlich.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Strafgesetzbuches)

Die Änderung regelt, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und sonstige Einrichtungen über die Tatsache, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Absatz 1 bis 3 StGB vorzunehmen, auch öffentlich unterrichten und auf Informationen der in der Vorschrift ausdrücklich genannten Stellen hinweisen können. Diese Handlungen fallen zukünftig nicht mehr unter § 219a Absatz 1 StGB. Werbende Handlungen bleiben weiterhin verboten.

Von der neuen Ausnahmevorschrift umfasst ist damit die öffentliche Information über die Tatsache, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und sonstige Einrichtungen zugelassene Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.

Die neue Ausnahmevorschrift ermöglicht darüber hinaus Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern und Einrichtungen, die zugelassene Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, den öffentlichen Hinweis auf Informationen bestimmter Stellen. So ist der Hinweis auf Informationen einer fachlich zuständigen Bundes- oder Landes behörde zulässig. Hier kommen fachliche Webseiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Betracht. Weiter kann auf Informationen von Schwangerschaftsberatungsstellen oder Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz hingewiesen werden. Schließlich ist beispielsweise der Hinweis auf im Internet abrufbare Informationen einer Ärztekammer, wie der Bundesärztekammer, zulässig. Auf diese Weise kann einer Frau, die einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung zieht, der Zugang zu sachlichen und verlässlichen Informationen erleichtert werden. Geschehen kann das beispielsweise dadurch, dass im Internetauftritt der Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen auf ebenfalls im Internet bereitgestellte Informationen der genannten Stellen verlinkt wird.

Zu Artikel 2 (Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 13 Absatz 3)

Möchte eine Frau einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen, braucht sie verlässliche Informationen. Die Bundesärztekammer wird daher verpflichtet, eine Liste der Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, zu führen. Sie erstellt diese, aktualisiert sie monatlich und veröffentlicht sie im Internet. Die Liste soll nach Ländern und Postleitzahlen aufgeschlüsselt sein.

Damit möglichst viele Frauen die Informationen erhalten können, wird sie von der Bundesärztekammer zudem der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben zur Verfügung gestellt, um sie zu veröffentlichen bzw. darüber Auskunft zu erteilen. Diese Behörden verfügen bereits über die hierfür erforderliche Expertise, Fachpersonal und Infrastruktur.

Daneben wird sie von der Bundesärztekammer den Ländern zur Verfügung gestellt, damit diese die Liste im Rahmen ihrer Zuständigkeit den Trägern der Schwangerschaftsberatung zur Verfügung stellen.

Die Liste wird den genannten Behörden so rechtzeitig zur Verfügung gestellt, dass sie zeitgleich zur Veröffentlichung der Bundesärztekammer im Internet in der Lage sind, ebenfalls darüber Auskunft zu geben. Dies gewährleistet die Einheitlichkeit und Aktualität der Informationen.

Zu Nummer 2 (§ 13a)

Zu Absatz 1

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlicht im Internet bereits Informationen zum Schwangerschaftsabbruch. Insbesondere ist dort eine Datenbank zur Suche von Schwangerschaftsberatungsstellen und Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen eingerichtet. Diese Infrastruktur der Webseite wird genutzt, um eine zusätzliche, unabhängige Datenbank ergänzt und um die Liste der Bundeärztekammer nach § 13 Absatz 3 SchKG-E erweitert. Frauen und Männer, die Informationen im Netz recherchieren, erhalten so den im digitalen Zeitalter erforderlichen leichten Zugang zu den Informationen in der Liste.

Zu Absatz 2

Mit dem bundesweiten zentralen Notruf gemäß § 1 Absatz 5 Satz 1 SchKG (Hilfetelefon "Schwangere in Not") existieren bereits eine Infrastruktur und Expertise, die auch für Auskünfte über Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen, die straffreie

Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, genutzt werden können. So können Frauen in einer Konfliktlage auch über diesen niedrigschwelligen Weg an Informationen zu der Liste der Bundeärztekammer nach § 13 Absatz 3 SchKG-E gelangen.

Zu Artikel 3 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

Die Altersgrenze für Versicherte, die Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen, empfängnisverhütenden Mitteln haben, wird vom vollendeten 20. auf das vollendete 22. Lebensjahr heraufgesetzt.

Damit soll noch stärker als bisher gewährleistet werden, dass Versicherte, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage, beispielsweise weil sie sich noch in Ausbildung befinden, die Kosten für empfängnisverhütende Mittel nicht aufbringen können, hierbei unterstützt werden. Die Regelung soll dazu beitragen, ungewollte Schwangerschaften zu verhindern und insbesondere jungen Frauen einen selbstbestimmten Umgang mit Mitteln der Empfängnisverhütung ermöglichen. Die Heraufsetzung der Altersgrenze gilt auch für den Anspruch auf ärztlich verordnete nicht verschreibungspflichtige Notfallkontrazeptiva nach § 24a Absatz 2 Satz 2 SGB V. Die Wahl, welches empfängnisverhütende Mittel zu Lasten der GKV zum Einsatz kommt, treffen der verordnende Arzt bzw. die verordnende Ärztin mit der Patientin im Rahmen dieser gesetzlichen Regelung.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)

Die Bestimmung regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Absatz 1 NKRG: NKR-Nummer 4728, BMJV: Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Information über einen Schwangerschaftsabbruch

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.

I. Zusammenfassung

Bürgerinnen und BürgerKeine Auswirkungen
Wirtschaft(Bundesärztekammer)
Jährlicher Erfüllungsaufwand:72.500 Euro
davon aus Informationspflichten:72.500 Euro
Einmaliger Erfüllungsaufwand:50.000 Euro
Verwaltung
Jährlicher Erfüllungsaufwand:344.000 Euro
Einmaliger Erfüllungsaufwand:277.500 Euro
Weitere KostenDie Strafbarkeit wird durch die im Entwurf vorgesehenen Änderungen eingeschränkt. Das Ressort rechnet daher mit einer geringfügigen Entlastung der Justiz.
"One in, one out"-RegelIm Sinne der "One in, one out"-Regel der Bundesregierung stellt der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein "In" von 72.500 Euro dar. Der Erfüllungsaufwand wird durch einen Teil der Entlastungen aus dem Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage kompensiert.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den Erfüllungsaufwand und die Weiteren Kosten nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in dem vorliegenden Regelungsentwurf.

II. Im Einzelnen

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass § 219a Strafgesetzbuch - Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft - in einem neuen Absatz 4 um einen weiteren Ausnahmetatbestand ergänzt wird. Danach dürfen Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen zukünftig auch öffentlich ohne Risiko der Strafverfolgung darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Sie sollen darüber hinaus weitere Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch durch Hinweise - insbesondere durch Verlinkung in ihrem Internetauftritt - auf entsprechende Informationsangebote neutraler Stellen zugänglich machen dürfen. Werbende Handlungen bleiben aber weiterhin verboten.

Außerdem soll die Bundesärztekammer eine zentrale Liste mit Ärztinnen und Ärzten sowie Krankenhäusern und Einrichtungen führen, die mitgeteilt haben, dass sie Schwangerschaftsabbrüche unter bestimmten Voraussetzungen durchführen. Die Bundesärztekammer aktualisiert diese Liste monatlich und veröffentlicht sie im Internet. Auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird die Liste mit weiteren Informationen veröffentlichen. Ferner werden der bundesweite zentrale Notruf (Hilfetelefon "Schwangere in Not") sowie die Schwangerschaftsberatungsstellen und -konfliktberatungsstellen über die in der Liste enthaltenen Angaben informieren.

Mit dem Regelungsvorhaben soll außerdem die Altersgrenze für Versicherte, die Anspruch auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen, empfängnisverhütenden Mitteln haben, vom vollendeten 20. auf das vollendete 22. Lebensjahr heraufgesetzt werden.

II.1. Erfüllungsaufwand

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

Wirtschaft

Insgesamt beträgt der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft jährlich 72.500 Euro und einmalig 50.000 Euro. Der Erfüllungsaufwand entsteht der Bundesärztekammer durch Personal- und Sachkosten. Sie hat eine Liste der Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenhäuser und Einrichtungen zu führen, die ihr mitgeteilt haben, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Diese Liste ist monatlich zu aktualisieren, im Internet zu veröffentlichen und anderen Behörden zur Verfügung zu stellen. Dafür entstehen jährliche Personalkosten von 50.000 Euro. Für die IT-Hardware und Software entsteht ein einmaliger Aufwand von 50.000 Euro. Die Kosten für die jährliche Wartung schätzt das BMJV auf 7.500 Euro. Für die technische Umsetzung entstehen jährliche Personalkosten von 15.000 Euro.

Verwaltung

Der Verwaltung entstehen insgesamt einmaliger Erfüllungsaufwand von 277.500 Euro und jährlicher Erfüllungsaufwand von 344.000 Euro. Für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entsteht einmaliger Erfüllungsaufwand von 269.000 Euro für die Bereitstellung der Liste mit zeitgemäßer Suchfunktion. Hinsichtlich der erweiterten Kostenübernahme für Verhütungsmittel müssen außerdem Broschüren und Internetauftritte, die darüber informieren, angepasst und neu gedruckt werden. Der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entsteht außerdem jährlicher Erfüllungsaufwand von 344.000 Euro. Darin enthalten sind jährliche Personalkosten von insgesamt 150.000 Euro für eine 0,5 Stelle (höherer Dienst) für die Pflege, Aktualisierung und Kommunikation der Informationen zum Thema Schwangerschaftsabbruch sowie für die Kooperation z.B. mit der Bundesärztekammer. Eine weitere 0,5 Stelle auf Verwaltungsebene ist unter anderem für die Betreuung regelmäßiger technischer Anpassungen sowie Betreuung der Ausschreibungen und Aufträge anzusetzen. Die jährlichen Sachkosten von 194.000 Euro enthalten z.B. die IT-Wartung, die Erweiterung der Onlineinformationen und die Entwicklung zusätzlicher Printmaterialien. Für den bundesweiten zentralen Notruf für Schwangere beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ist von einem einmaligen Erfüllungsaufwand von 8.500 Euro für IT-Software auszugehen.

II.2. Weitere Kosten

Die Strafbarkeit im Rahmen des § 219a Strafgesetzbuch wird durch die im Entwurf vorgesehenen Änderungen eingeschränkt. Das BMJV rechnet daher mit einer geringfügigen Entlastung der Justiz.

II.3. "One in one Out"-Regel

Im Sinne der "One in, one out"-Regel der Bundesregierung stellt der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein "In" von 72.500 Euro dar. Der Erfüllungsaufwand wird durch einen Teil der Entlastungen aus dem Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage kompensiert.

III. Ergebnis

Das BMJV hat den Erfüllungsaufwand und die Weiteren Kosten nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in dem vorliegenden Regelungsentwurf.

Dr. Ludewig Dr. Holtschneider
Vorsitzender Berichterstatter