Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Dezember 2008 zu den Auswirkungen von Produktfälschung auf den internationalen Handel (2008/2133(INI))

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 0336 - vom 14. Januar 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 18. Dezember 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass eine wirksame Bekämpfung des Phänomens der Fälschung notwendig für die Erreichung der Zielsetzungen der überarbeiteten Lissabon-Agenda ist, sowohl was deren interne als auch deren externe Aspekte betrifft, wie sie von der Kommission in ihrer genannten Mitteilung vom 18. April 2007 aufgeführt wurden,

B. in der Erwägung, dass die Europäische Union der zweitgrößte Importeur von Gütern und Dienstleistungen weltweit ist und die maximale Öffnung und Transparenz ihres Binnenmarktes unermessliche Möglichkeiten bietet, aber auch die ernsthafte Gefahr eines massiven Eindringens von gefälschten Waren birgt,

C. in der Erwägung, dass die Wirtschaft der Europäischen Union sich auf Erzeugnisse von hoher Qualität und erheblichem Mehrwert spezialisiert hat, die in vielen Fällen durch Marken, Patente oder geografische Angaben geschützt sind und somit naturgemäß am ehesten gefälscht werden;

D. in der Erwägung, dass schwerwiegende Verstöße gegen die Rechte des geistigen Eigentums nichttarifäre Handelshemmnisse darstellen, die insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die mit begrenzten Mitteln und Ressourcen ausgestattet sind, den Marktzugang zu Drittländern erschweren und verteuern,

E. in der Erwägung, dass die europäische Wettbewerbsfähigkeit traditionell an die Qualität der Arbeitskräfte und in zunehmendem Maße, vor allem bei den KMU, an Forschung, Entwicklung, Innovation und die jeweiligen Rechte des geistigen Eigentums gebunden ist,

F. in der Erwägung, dass die Rechte des geistigen Eigentums, einschließlich der geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen, nicht immer wirksam von den Handelspartnern der Europäischen Union geschützt werden,

G. in der Erwägung, dass es sich bei Produktfälschung und -piraterie um viele verschiedene Arten von Produkten handelt und sie sich nicht mehr auf Luxusgüter und Produkte von hoher Qualität beschränken, sondern auch normale Gebrauchsgüter wie Spielsachen, Medikamente, Kosmetika und Nahrungsmittel davon betroffen sind,

H. in der Erwägung, dass gemäß einer kürzlich veröffentlichten Studie der OECD der gegen die Rechte des geistigen Eigentums verstoßende internationale Handel im Jahr 2005 schätzungsweise ein Volumen von 150 Milliarden EUR erreichte, wobei die nationalen Geschäfte und der Internet-Handel mit gefälschten Produkten und Raubkopien noch hinzukommen,

I. in der Erwägung, dass die Anzahl der Güter, die die Rechte an geistigem Eigentum verletzen und von den Zollbehörden in der Europäischen Union beschlagnahmt wurden, 2007 im Vergleich zum Vorjahr um 17 % zugenommen hatte, wobei es sich bei den Kosmetika und Körperpflegeartikeln um eine Zunahme um 264 %, bei Spielzeug um 98 % und bei Arzneimitteln um 51 % handelte,

J. in der Erwägung, dass das Phänomen der Produktfälschung und -piraterie alarmierende Konsequenzen für die Wirtschaft der Europäischen Union und das gesamte sozioökonomische System der Gemeinschaft hat, da es die Anreize für Innovation verringert, ausländische Direktinvestitionen bremst, der Industrie hochwertige Arbeitsplätze verlorengehen und somit die Voraussetzungen für die Entstehung einer parallel zur legalen Wirtschaft existierenden und von der organisierten Kriminalität kontrollierten Schattenwirtschaft geschaffen werden,

K. in der Erwägung, dass in dem genannten Bericht der OECD von 2007 und im kommenden OECD-Bericht über die Phase II zum Thema "Piraterie bei digitalen Inhalten" das weltweite Ausmaß, das schnelle Wachstum und die schädlichen wirtschaftlichen Folgen der digitalen Piraterie für die Rechteinhaber hervorgehoben werden,

L. in der Erwägung, dass Fälschungen sowohl wegen der unzureichenden Qualitätsstandards der gefälschten Waren als auch wegen der hohen Kosten für deren Entsorgung und Beseitigung schwerwiegende Umweltschäden hervorrufen,

M. in der Erwägung, dass der Zugang zu Verfahren zur Bekämpfung gefälschter Waren kompliziert, kostspielig und zeitaufwändig ist, insbesondere für KMU,

N. in der Erwägung, dass der Binnenmarkt dem europäischen Verbraucher die Möglichkeit bietet, seine Waren frei, transparent und sicher auswählen zu können, und dass Fälschungen, sofern ihnen nicht in geeigneter Weise entgegengewirkt wird, nicht nur dem Vertrauensgrundsatz schaden können, auf den sich das gesamte System stützt, sondern darüber hinaus die Sicherheit, Gesundheit und im äußersten Fall das Leben der Verbraucher ernsthaft bedrohen können, und dass es daher notwendig ist, deren Rechte besser zu schützen,

O. in der Erwägung, dass Initiativen zur Sensibilisierung der Verbraucher für die Gesundheits- und Sicherheitsrisiken bei gefälschten Waren und generell für die Folgen des Erwerbs gefälschter Waren ein effizientes Instrument zur Bekämpfung von Produktfälschung sind,

P. in der Erwägung, dass Produktfälschung bei direkten Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit härter bestraft werden muss,

Q. in der Erwägung, dass die zwischen den Mitgliedstaaten nach wie vor bestehenden Unterschiede bei den Rechtsvorschriften über die Rechte des geistigen Eigentums, insbesondere was die strafrechtlichen Maßnahmen betrifft, die deren Einhaltung sicherstellen sollen, die Verhandlungsposition der Europäischen Union schwächen und die bisher unternommenen Anstrengungen für eine wirksamere Unterbindung dieses Phänomens auf internationaler Ebene bekämpfen können,

R. in der Erwägung, dass das vereinfachte Verfahren, das in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 vorgesehen ist und gemäß dem große Mengen gefälschter Waren in kurzer Zeit und zu relativ niedrigen Kosten vernichtet werden können, in Mitgliedstaaten wie Portugal, Griechenland, Ungarn, den Niederlanden und Litauen sehr erfolgreich zur Anwendung kommt,

S. in der Erwägung, dass auf dem Gipfeltreffen der G8 im Jahr 2006 in St. Petersburg das Problem der Produktfälschung und -piraterie als weltweites Problem anerkannt wurde und betont wurde, dass die Zusammenarbeit zwischen den Ländern der G8, den Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen intensiviert werden muss,

T. in der Erwägung, dass auf dem folgenden G8-Gipfeltreffen in Heiligendamm im Rahmen des sogenannten Heiligendamm-Prozesses1 eine IPR-Task-Force für die Bekämpfung von Produktfälschung und -piraterie ins Leben gerufen wurde,

U. in der Erwägung, dass die Europäische Union, Japan und die Vereinigten Staaten im Jahre 2007 die Aufnahme von Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines neuen multilateralen Abkommens zur stärkeren Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und zur Bekämpfung des Phänomens der Produktfälschung und -piraterie (Anti-Counterfeiting Trade Agreement - ACTA) angekündigt haben,

V. in der Erwägung, dass ein erfolgreicher Abschluss des ACTA-Abkommens die Festlegung von gemeinsamen Standards für den zivil- und verwaltungsrechtlichen Schutz, die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Institutionen und mit dem Privatsektor sowie die Einbeziehung von Projekten technischer Unterstützung ermöglichen wird, damit die Einhaltung der Rechte des geistigen Eigentums einfacher, sicherer und weniger kostspielig wird,

W. in der Erwägung, dass es notwendig ist, die Unterscheidung zwischen Generika, deren Vertrieb und Handel sowohl in der Europäischen Union als auch in den Entwicklungsländern gefördert werden muss, und gefälschten Arzneimitteln hervorzuheben, die einerseits die öffentliche Gesundheit gefährden und andererseits den Unternehmen dieses Sektors erhebliche wirtschaftliche Verluste bescheren und die die Entwicklung neuer Arzneimittel verzögen können, ohne den Menschen in den am wenigsten entwickelten Entwicklungsländern zugute zu kommen, wobei im Übrigen darauf hinzuweisen ist, dass die gefälschten Arzneimittel nur einen Teil der illegalen Arzneimittel ausmachen,

X. in der Erwägung, dass bei Produkten mit direkten Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit das Internet und die Vertriebsnetze des Parallelhandels stark zur Verbreitung von gefälschten Produkten beitragen, die die öffentliche Gesundheit gefährden,

Y. in der Erwägung, dass sich die Europäische Union weiterhin bemüht, die Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums zu harmonisieren, insbesondere mit einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom 12. Juli 2005 (KOM (2005) 0276), und dass dieses Vorgehen nicht durch Handelsverhandlungen unterlaufen werden sollte, die außerhalb des normalen Entscheidungsprozesses der Europäischen Union geführt werden,

Z. in der Erwägung, dass es außerdem von wesentlicher Bedeutung ist, bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sicherzustellen, dass Innovation und Wettbewerb nicht behindert werden, die Einschränkungen der Rechte des geistigen Eigentums und die diesbezüglichen Ausnahmen nicht unterlaufen werden oder die Integrität personenbezogener Daten nicht beeinträchtigt wird, der freie Informationsfluss nicht gehemmt und der rechtmäßige Handel nicht in unzulässiger Weise erschwert werden,

AA. in der Erwägung, dass die Europäische Union ihr Engagement für die effiziente und ausgewogene Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums bewiesen hat, indem sie im Laufe vieler Jahre nach eingehender Prüfung durch das Parlament und den Rat mehrere Richtlinien auf diesem Gebiet erlassen hat,

AB. in der Erwägung, dass es bei der Prüfung legislativer Maßnahmen von grundlegender Bedeutung ist, dem wesentlichen Unterschied zwischen Rechten des geistigen Eigentums und Rechten des materiellen Eigentums und folglich zwischen der Verletzung von Rechten und Diebstahl Rechnung zu tragen,

AC. in der Erwägung, dass durch die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums dem Handel und der Wirtschaft in jedem Fall Schaden zugefügt wird, dass aber Verletzungen in gewerbsmäßigem Umfang zudem noch weitere und erhebliche Auswirkungen haben,

AD. in der Erwägung, dass bei Verstößen gegen Patente auf pharmazeutische Produkte diese Verstöße jeweils im Einzelfall geprüft werden müssen, und zwar anhand stichhaltiger Argumente, die im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens wegen Patentverletzung vorgetragen werden, während Urheberrechts- und Markenverletzungen vorsätzliche Delikte sind,

Der multilaterale Rahmen

ACTA und andere bilaterale und regionale Initiativen der Europäischen Union

Beziehungen EU-China

Maßnahmen zur externen Unterstützung des Kampfes gegen Produktfälschung

Rechtliche und organisatorische Fragen

Abschließende Überlegungen