Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 18. Dezember 2008 zu den Angriffen gegen Menschenrechtsaktivisten in Russland und dem Mordprozess im Fall Anna Politkowskaja

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 0336 - vom 14. Januar 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 18. Dezember 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass sich Russland als Mitgliedstaat des Europarats und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verpflichtet hat, die Menschenrechte und die Bürgerrechte uneingeschränkt zu achten,

B. in der Erwägung, dass die Lage von Menschenrechtsaktivisten und die Probleme von nichtstaatlichen Organisationen, die sich für die Menschenrechte einsetzen, Anlass zu großer Besorgnis geben,

C. in der Erwägung, dass beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg zahlreiche Beschwerden russischer Staatsbürger eingegangen sind und dass die Urteile des Gerichtshofs beweisen, dass bei einer Reihe von Fällen schwere Menschenrechtsverletzungen sowie Willkür der russischen Staatsorgane vorliegen,

D. in der Erwägung, dass am 28. Oktober 2008 Otto Messmer, Oberer des russischen Jesuitenordens, und Victor Betancourt, ein ecuadorianischer Priester, in ihrer Wohnung in Moskau brutal ermordet wurden,

E. in der Erwägung, dass Mitte Oktober 2008 auf eine führende russische Anwältin für Menschenrechte, Karinna Moskalenko, die 30 russische Staatsbürger vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg erfolgreich vertreten hat, ein Giftanschlag verübt wurde, indem jemand in ihrem Auto in Straßburg Quecksilber ausbrachte,

F. in der Erwägung, dass am 31. August 2008 Magomed Jewlojew, Besitzer einer unabhängigen inguschetischen Website, getötet wurde, während er sich in Polizeigewahrsam befand,

G. in der Erwägung, dass zwischen Juli und Oktober 2008 mehrere Anschläge gegen Menschenrechtsaktivisten verübt wurden, unter anderem gegen den inguschetischen Oppositionsführer Ahmed Kotiew, den Menschenrechtsaktivisten Zurab Tsechoev aus Inguschetien, den Menschenrechtsaktivisten Dimitri Krajuchin aus der Stadt Orel und den Menschenrechtsaktivisten Stanislav Dmitrievsky aus Nischni Nowgorod,

H. in der Erwägung, dass am 4. Dezember 2008 die Büros des Forschungs- und Informationszentrums "Memorial", das seit 20 Jahren die stalinistische Unterdrückung in der Sowjetunion untersucht, in St. Petersburg von maskierten Vertretern der russischen Staatsanwaltschaft gestürmt wurden; in der Erwägung, dass bei diesem Überfall Festplatten und CDs entwendet wurden, auf denen sämtliche Daten über Tausende von Opfern gespeichert sind; in der Erwägung, dass es kein Verzeichnis der beschlagnahmten Unterlagen gibt; in der Erwägung, dass die Anwälte von "Memorial" daran gehindert wurden, die Büros zu betreten,

I. in der Erwägung, dass die strafrechtlichen Ermittlungen und das Gerichtsverfahren im Anschluss an den Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja ernsthafte Bedenken in Bezug auf Transparenz und die Achtung der Rechtsstaatlichkeit aufkommen lassen; in der Erwägung, dass die Ermittlungen in diesem brutalen Mord noch nicht vollständig abgeschlossen sind und der Fall noch nicht zufriedenstellend gelöst ist,

J. in der Erwägung, dass die russischen Behörden im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Mordfall Alexander Litwinenko, der in London mit radioaktivem Polonium vergiftet wurde, nach wie vor keine Kooperationsbereitschaft zeigen,

K. in der Erwägung, dass die Polizei eine gegen den Kreml gerichtete Protestkundgebung, die von der Oppositionspartei "Anderes Russland" von Garri Kasparow am 14. Dezember 2008 in Moskau veranstaltet wurde, brutal auflöste, indem sie Demonstranten festnahm und in Lkw zerrte; in der Erwägung, dass dabei rund 100 Demonstranten festgenommen wurden,

L. in der Erwägung, dass am 3. Dezember 2008 17 russische Menschenrechtsgruppen die Europäische Union in Wien aufforderten, nicht nur die Rolle der Menschenrechtskonsultationen zwischen der Europäischen Union und Russland dringend weiter auszubauen, sondern auch die dringendsten Fälle auf den Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und Russland zur Sprache zu bringen,