Antrag des Landes Baden-Württemberg
Entschließung des Bundesrates für eine baldige Umsetzung eines zentralen internationalen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) unter Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen

Staatsministerium Baden-Württemberg
Stuttgart, 3. Februar 2017
Staatsminister und Chef der Staatskanzlei

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Landesregierung von Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates für eine baldige Umsetzung eines zentralen internationalen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) unter Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus-Peter Murawski

Entschließung des Bundesrates für eine baldige Umsetzung eines zentralen internationalen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) unter Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung sich für eine baldige Umsetzung eines zentralen internationalen Strafregisterinformationssystems (ECRIS) unter Einbeziehung von Drittstaatsangehörigen und unter Beachtung ausreichenden Schutzes der personenbezogenen Daten einzusetzen.

Begründung:

Die Erfahrungen in dem aktuellen Kriminalfall einer in Freiburg getöteten Studentin bezüglich der nachträglich erlangten Erkenntnisse über eine frühere Verurteilung des Tatverdächtigen in Griechenland sowie die anhaltende Gefahr terroristischer Anschläge zeigen die überragende Bedeutung einer effizienten Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. Der Austausch von Strafregisterinformationen zu verurteilten Personen ist dabei ein wesentlicher Faktor für einen ordnungsgemäß funktionierenden gemeinsamen Raum der Sicherheit und des Rechts in Europa.

In diesem Zusammenhang bildet das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS) einen wichtigen Baustein. Mit diesem System ist es den Mitgliedstaaten der EU möglich auf die Strafregister der anderen Mitgliedstaaten zuzugreifen. In den jeweiligen nationalen Registern werden dabei sämtliche Verurteilungen der Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates gespeichert, egal in welchem Mitgliedstaat der EU die Verurteilung erfolgte. Bei Unionsbürgern reicht somit eine Anfrage bei dem Herkunftsmitgliedstaat aus, um sämtliche strafrechtliche Verurteilungen in Erfahrung zu bringen.

Derzeit ist es jedoch nicht möglich, die jeweiligen nationalen Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen durch eine Auskunft zu erheben. Hier sind die Ermittlungsbehörden weiter auf Abfragen bei den jeweiligen nationalen Registern innerhalb der EU angewiesen. Dies hat sich in der Vergangenheit als ineffizient erwiesen.

Im Januar 2016 hat daher die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI des Rates im Hinblick auf den Austausch von Informationen über Drittstaatsangehörige und das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS) und zur Ersetzung des Beschlusses 2009/316/JI des Rates vorgelegt. Durch den Vorschlag sollte ECRIS derart erweitert werden, dass mithilfe eines dezentralen automatisierten Systems auch bei Drittstaatsangehörigen ein effizienter Austausch von Informationen über deren frühere Verurteilungen möglich ist. In der weiteren Folge kam die Kommission aufgrund der Ergebnisse verschiedener Durchführbarkeitsstudien zu dem Schluss, dass ein dezentrales System nicht effizient sei und vielmehr ein zentrales Informationssystem erforderlich sei. Dies hatte jedoch zur Folge, dass der bisherige Richtlinienentwurf nicht mehr als Grundlage für die beabsichtigte Erweiterung von ECRIS auf ein zentrales automatisiertes System für Drittstaatsangehörige dienen kann. Ein entsprechender neuer Vorschlag der Kommission liegt hierzu bisher nicht vor.

Im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse ist es erforderlich, dieses Reformvorhaben verstärkt voranzutreiben. Dabei sollte sichergestellt werden, dass auch Auskünfte zu anderen Zwecken als denen eines Strafverfahrens ohne Beschränkungen übermittelt werden. Beispielsweise können ausländische Vorstrafen für die Ausländerbehörden im Rahmen der Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw. einer Ausweisung, für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Asylverfahren, für die Staatsangehörigkeitsbehörden im Einbürgerungsverfahren sowie für Polizei und Verfassungsschutz bei Gefahrenabwehr bzw. Überwachung verfassungsfeindlicher Bestrebungen entscheidungserheblich sein.