Beschluss des Bundesrates
Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes

Der Bundesrat hat in seiner 842. Sitzung am 14. März 2008 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 21. Februar 2008 verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.

Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschließung gefasst:

Der Bundesrat teilt und unterstützt das von Deutschem Bundestag und Bundesregierung mit dem Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes verfolgte Anliegen der Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit.

Die beschlossenen Änderungen des Verfahrensrechts erscheinen zwar grundsätzlich geeignet einen Beitrag zur Entlastung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit und zur Straffung der Verfahren zu leisten. Eine dauerhafte Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit kann jedoch allein mit den im Gesetz enthaltenen Maßnahmen nicht im erforderlichen Umfang erreicht werden.

Es ist vielmehr notwendig, alle zielführenden Möglichkeiten auszuschöpfen, um die verfassungsrechtliche Gewährleistung wirkungsvollen Rechtsschutzes in der Sozialgerichtsbarkeit nachhaltig sicherzustellen. Dazu ist es geboten, deutlich weiterreichende Änderungen des Sozialgerichtsgesetzes herbeizuführen, als dies mit dem Gesetz geschieht. Es ist außerdem erforderlich, strukturelle Änderungen vorzunehmen, um den Ländern eine bedarfsgerechte Verteilung der knappen richterlichen Personalressourcen zu ermöglichen.

Der Bundesrat hat - vgl. dazu auch die Stellungnahme des Bundesrates vom 20. Dezember 2007 im vorliegenden Gesetzgebungsverfahren (BR-Drs. 820/07(B) HTML PDF ) - mehrere Gesetzentwürfe beim Deutschen Bundestag eingebracht, die in ihrer Gesamtheit erwarten lassen, dass der sich abzeichnenden strukturellen Überlastung der Sozialgerichtsbarkeit dauerhaft begegnet und die Dauer der Verfahren deutlich verringert werden kann:

Von besonderer Bedeutung ist dabei der Vorschlag, mit der Zusammenführung der Gerichte der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die dringend erforderliche nachhaltige und systemgerechte Flexibilisierung des Einsatzes des richterlichen Personals zu bewirken.

Ein weiteres zentrales Anliegen besteht darin (vgl. BT-Drs. 016/3660), den Zugang zur Berufungsinstanz in der Sozialgerichtsbarkeit ähnlich wie in der Verwaltungsgerichtsbarkeit auszugestalten. Durch die Einführung eines generellen Berufungszulassungserfordernisses und des Vertretungszwangs im Verfahren vor dem Landessozialgericht würde gewährleistet, dass nur die wirklich berufungswürdigen Fälle in die zweite Instanz gelangen. Darüber hinaus ist insbesondere die Einführung des konsentierten Einzelrichters in der Sozialgerichtsbarkeit geeignet, das sozialgerichtliche Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, ohne die Besonderheiten dieses Verfahrens aus dem Blick zu verlieren.

Außerdem sollte der langjährigen Forderung der sozialgerichtlichen Praxis und des Bundesrechnungshofs Rechnung getragen werden, vom Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens abzurücken und - wie vom Bundesrat vorgeschlagen (vgl. BT-Drs. 016/1028) - mit der Einführung sozialverträglicher pauschaler Unterliegensgebühren den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit deutlich größere Spielräume zu eröffnen, sich Verfahren zu widmen, denen nicht ein von vornherein offenkundig aussichtsloses Rechtsschutzanliegen zu Grunde liegt.

Der Bundesrat fordert den Deutschen Bundestag auf, seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachzukommen, die genannten Gesetzentwürfe des Bundesrates so zeitnah zu beraten, dass mit einer abschließenden Beschlussfassung in der laufenden Legislaturperiode gerechnet werden kann, und die in den Gesetzentwürfen enthaltenen Vorschläge aufzugreifen und umzusetzen.