Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften "Eine EU-Strategie für Biokraftstoffe" KOM (2006) 34 endg.; Ratsdok. 6153/06

"Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 20. Februar 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 10. Februar 2006 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 143/01 = AE-Nr. 010538,
Drucksache 783/01 = AE-Nr. 012969,
Drucksache 045/01 = AE-Nr. 020222 und
Drucksache 914/05 (PDF) = AE-Nr. 053556

"Vom Umdruck der fremdsprachigen Anhänge ist abgesehen worden, sie werden als Folgedokument an die Länder verteilt.

1. Einleitung

"Der Verkehr verursacht in der EU schätzungsweise 21 % aller Treibhausgas-Emissionen, die zur globalen Erwärmung beitragen, und die Tendenz ist steigend. Um die Nachhaltigkeitsziele, und besonders die im Kyoto-Protokoll vereinbarte Verringerung der Treibhausgas-Emissionen zu erreichen, müssen daher Wege gefunden werden, wie sich die verkehrsinduzierten Emissionen verringern lassen.

Es gibt aber noch andere Herausforderungen. Fast der gesamte Energiebedarf für den Verkehrssektor in der EU wird durch Öl gedeckt. Die Menge der bekannten Ölvorkommen ist jedoch endlich und diese Vorkommen sind auf einige wenige Weltregionen begrenzt. Zwar gibt es noch unerschlossene Ölvorkommen, deren Erschließung wird sich aber in den meisten Fällen schwierig gestalten. Um die Energieversorgung für die Zukunft sicherzustellen, reicht es daher nicht, die Importabhängigkeit zu verringern, sondern es bedarf einer breiten Palette politischer Initiativen, einschließlich der Diversifizierung der Quellen und Technologien1.

"In der EU sind bereits einige Maßnahmen getroffen worden. Die Automobilhersteller entwickeln neue, sauberere und kraftstoffeffizientere Modelle sowie neue Konzepte. Auch werden Anstrengungen unternommen, öffentliche Verkehrsmittel zu verbessern und darauf hinzuwirken dass - wann immer möglich - umweltfreundliche Verkehrsträger benutzt werden2. Allerdings sind weitere Anstrengungen erforderlich, um die für den Verkehr verbrauchten Energiemengen zu reduzieren.

Die Entwicklungsländer werden im Verkehrsbereich mit ähnlichen, ja sogar noch größeren Herausforderungen konfrontiert, denn die steigenden Ölpreise verschlechtern ihre Zahlungsbilanz, die Abhängigkeit von importierten fossilen Kraftstoffen macht sie verwundbar und auch sie müssen die Herausforderung bewältigen, ihre Treibhausgas-Emissionen zu verringern.

"Auf dem inoffiziellen Gipfel von Hampton Court im Oktober 2005 wurde die Kommission aufgefordert Vorschläge für die Aufstellung einer neubelebten europäischen Energiepolitik vorzulegen. Auch haben die Staats- und Regierungschefs bekräftigt, dass die Energiepolitik bei der Bewältigung der Herausforderungen, denen sich die EU aufgrund der Globalisierung stellen muss, eine zentrale Rolle spielt. Ein wichtiger Aspekt eines solchen Konzepts wären die Mittel und Wege, wie Europa sich von seinen übermäßigen Abhängigkeit von Erdöl- und -gaseinfuhren lösen und einen kohärenten Ansatz verfolgen kann, dem eine zuverlässige Folgenabschätzung für die Bereiche Wirtschaft, Umwelt und Soziales zugrunde liegt, und wie es diese Abhängigkeit schrittweise verringern kann.

Diese Mitteilung befasst sich mit der Rolle, die Biokraftstoffe in diesem Zusammenhang übernehmen könnten. Die aus Biomasse, einer erneuerbaren Ressource, hergestellten Biokraftstoffe können im Verkehrsbereich unmittelbar an die Stelle fossiler Kraftstoffe treten und einfach in die Kraftstoffversorgungssysteme einbezogen werden. Biokraftstoffe und andere Alternativen (siehe Punkt 2.1) können herkömmliche Kraftstoffe im Verkehr ersetzen und so den Weg für weitere fortschrittliche Entwicklungen, wie Wasserstoff, ebnen.

"Obwohl die Kosten der meisten Biokraftstoffe noch immer über denen fossiler Kraftstoffe liegen steigt ihr Verbrauch weltweit. Die durch die Politik geförderte weltweite Biokraftstofferzeugung wird derzeit auf über 35 Mrd. Liter geschätzt.

Die EU fördert Biokraftstoffe, um die Treibhausgas-Emissionen zu verringern, den verkehrsinduzierten CO₂-Ausstoß zu senken, die Kraftstoffquellen zu diversifizieren und auf lange Sicht einen Ersatz für Erdöl zu entwickeln. Die Erweiterung der Biokraftstofferzeugung wird voraussichtlich neue Möglichkeiten zur Einkommensdiversifizierung und neue Arbeitsplätze in ländlichen Gebieten schaffen.

"Bei der bis Ende 2006 vorgesehenen Überarbeitung der Richtlinie über Biokraftstoffe3 wird die Kommission darauf achten, die Frage der Kostenwirksamkeit zu berücksichtigen, die Zielvorgaben für die Zeit nach 2010 aufzustellen und die Umweltwirkung von Biokraftstoffen vollständig zu ermitteln und zu beobachten.

Für eine Reihe von Entwicklungsländern könnte die Biokraftstofferzeugung aus geeigneten Rohstoffen zusätzliche wirtschaftliche und ökologische Vorteile bringen, Arbeitsplätze schaffen die Energieimportkosten senken und potenzielle Exportmärkte eröffnen. Besonders die Erzeugung von Bioethanol könnte Zucker erzeugenden Ländern, die von der Reform der EU-Zuckerregelung betroffen sind, eine machbare Alternative bieten.

"Die Mitteilung ergänzt den Biomasse-Aktionsplan4; ihr liegt eine Folgenabschätzung bei, in der die verschiedenen Politikoptionen beschrieben sind. Aufgrund dieser Folgenabschätzung empfiehlt die Kommission in ihrer Mitteilung einen regulierten, marktgestützten Ansatz, der der Option 2 der Folgenabschätzung entspricht, den heutigen Wissenstand widerspiegelt und bei dem versucht wird, den Weg für künftige Entwicklungen frei zu machen. Diese Option stellt namentlich einen ausgewogenen Ansatz bei Handelsverhandlungen über Biokraftstoffe, die Nutzung der vorhandenen Instrumente der Agrarpolitik, der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Kohäsionspolitik und die Entwicklung eines kohärenten Unterstützungspakets für Entwicklungsländer in den Vordergrund. Während sich der EU beim derzeitigen Stand der Technik keine kostengünstigen Lösungen anbieten, dürften die Vorteile, die sich aus der Förderung der Biokraftstoffentwicklung ergeben, die Kosten aufwiegen. In diesem Zusammenhang könnte die Entwicklung der Biokraftstoffe der zweiten Generation, bei der Forschung und Entwicklung eine große Rolle spielen, einen weiteren Beitrag zur Kosteneffizienz leisten. Angesichts der Komplexität, des Querschnittcharakters und der Dynamik der Problemstellungen wird ein strategisches Konzept verfolgt, dessen Auswirkungen sorgfältig beobachtet werden. Je nach der Entwicklung des Biokraftstoffmarkts werden die erforderlichen Änderungen erörtert und in die Strategie eingebracht werden.

2. das Biokraftstoffpotenzial Ausschöpfen - EIN strategisches Konzept

"Die Kommission hat bereits in ihrem jüngst verabschiedeten Aktionsplan für Biomasse mehrere Maßnahmen beschrieben, mit denen die Nutzung aller Arten von Biomasse zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen gefördert werden soll. Mit der hier beschriebenen EU-Strategie für Biokraftstoffe werden die folgenden drei Ziele verfolgt:

2.1. Biokraftstoffe der ersten Generation

"Heutzutage können die Biokraftstoffe der ersten Generation in den meisten Fahrzeugen zu einem geringen Prozentanteil den konventionellen Kraftstoffen beigemischt und über die bestehende Infrastruktur vertrieben werden. Einige Dieselfahrzeuge können mit reinem Biodiesel (B100) betrieben werden, und weltweit sind in vielen Ländern bereits so genannte "Flex-Fuel"-Fahrzeuge auf dem Markt. Der einfachste Weg für den Verkehrssektor, unmittelbar zur Verwirklichung der Kyoto-Ziele beizutragen, besteht darin, einen Anteil des Diesel- oder Ottokraftstoffs durch Biokraftstoffe zu ersetzen; zudem würde dann der gesamte Fahrzeugbestand einen Beitrag leisten. Die Entwicklung eines Ersatzes für Dieselkraftstoff ist für Europa besonders wichtig, da die EU derzeit Nettoimporteur von Dieselkraftstoff ist, während sie Ottokraftstoff exportiert.

Doch auch mit modernster Technik können die in der EU erzeugten Biokraftstoffe aufgrund ihrer hohen Kosten kaum mit fossilen Kraftstoffen konkurrieren. Beim derzeitigen Stand der Technik ist in der EU erzeugter Biodiesel bei einem Erdölpreis von etwa 60 EUR pro Barrel,

"Bioethanol hingegen erst bei einem Ölpreis von etwa 90 EUR pro Barrel wettbewerbsfähig.

Biokraftstoffe können als alternative Kraftstoffe im Verkehrssektor genutzt werden wie andere Alternativen - Flüssigerdgas (LNG), komprimiertes Erdgas (CNG), Flüssiggas (LPG) und Wasserstoff - auch. Die Förderung der Verwendung der derzeit verfügbaren Biokraftstoffe kann als notwendiger Zwischenschritt gesehen werden, um Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren, die Energiequellen des Verkehrssektors zu diversifizieren und die EU-Wirtschaft auf Alternativen im Verkehrssektor vorzubereiten, auch wenn diese derzeit noch nicht ausgereift sind. Indem sich die EU aktiv dem weltweiten Trend zu Biokraftstoffen anschließt und sicherstellt, dass diese nachhaltig erzeugt werden, kann sie ihre Erfahrung und ihr Wissen ausschöpfen und exportieren und gleichzeitig Forschungsarbeiten einleiten, um dafür zu sorgen, dass wir bei den technischen Entwicklungen auch künftig an der Spitze stehen. Eine klare EU-Strategie wird außerdem zur Senkung der Produktionskosten beitragen.

"Die Biokraftstoffstrategie kann nur zum Erfolg führen, wenn die Rohstoffversorgung gesichert ist. Deswegen müssen einige Bestimmungen der Gemeinsamen Agrarpolitik überprüft und erforderlichenfalls geändert werden. Der erwartete Anstieg des Welthandels mit Biokraftstoffen wird ebenfalls dazu beitragen, die Versorgung der EU und anderer Weltteile zu sichern.

Die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung alternativer Kraftstoffe, die Einführung neuer Motortypen und die Anpassung des Tankstellennetzes benötigen langfristige Investitionen, die stabile Nachfrageprognosen voraussetzen. Das bedeutet, dass die angebotsseitigen Maßnahmen durch ein wirksames marktgestütztes System von Anreizen ergänzt werden müssen. Mittelfristig werden zusätzliche Investitionen erforderlich werden, um neue Technologien und Rohstoffe einsatzfähig zu machen. Forstwirtschaftliche Erzeugnisse und Abfallstoffe werden zunehmend wichtig werden, wenn es gelingt, die Verfahren der zweiten Generation wirksam am Markt abzusetzen.

"Um das Beste aus den derzeitigen und künftigen Chancen zu machen, will die Kommission dem Markt für Biokraftstoffe der ersten Generation, der durch neue Technologien ergänzt wird, sobald diese marktfähig sind, Impulse geben.

2.2. Die Biokraftstoffe der zweiten und der folgenden Generationen

"Eine der vielversprechendsten Biokraftstofftechnologien der zweiten Generation - die Lignozellulose-Verarbeitung - ist bereits weit fortgeschritten. In der EU wurden drei Pilotanlagen errichtet (in Schweden, Spanien und Dänemark). Andere Technologien zur Umwandlung von Biomasse in flüssige Biokraftstoffe (Biomass to Liquid - BtL) umfassen die Fischer-Tropsch-Synthese von Biodiesel und Bio-DME (Bio-Dimethylether). Demonstrationsanlagen werden in Deutschland und Schweden betrieben.

Synthetisches Erdgas (SNG) kann aus fossilen und aus erneuerbaren Ressourcen erzeugt werden. Erneuerbares SNG weist wesentliche Vorteile aufgrund des geringeren CO₂-Ausstoßes auf und könnte einen entscheidenden Schritt bei der Entwicklung anderer gasförmiger Kraftstoffe darstellen.

"Die hochrangige Expertengruppe CARS 215 ist zu der Erkenntnis gelangt, dass Biokraftstoffe der zweiten Generation besonders vielversprechend sind, und hat empfohlen, beträchtliche Mittel für ihre Entwicklung bereitzustellen. Die Gruppe kam außerdem zu dem Schluss, dass künftige Strategien den unterschiedlichen Klimaschutzvorteilen der verschiedenen Technologien und Produktionsverfahren im Bereich der Biokraftstoffe Rechnung tragen und diese widerspiegeln sollten.

Als Vorleistung für einen breiten Einsatz kostengünstiger Biokraftstoffe ist weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit erforderlich, damit die neuen Technologien erfolgreich eingesetzt werden können. Die europäische Biokraftstoff-Plattform und andere Technologieplattformen können hierzu maßgeblich beitragen. Auch sollte die Entwicklung von speziellen Rohstoffen weiterhin vorangetrieben werden, um die Palette der für die Biokraftstofferzeugung geeigneten Rohstoffe zu erweitern.

"Um die besten Verfahren zu fördern und langfristige private Investitionen zu erleichtern, ist eine Partnerschaft nötig, an der alle Beteiligten mitwirken. Hier könnte die Europäische Investitionsbank die Entwicklung und Expansion von rentablen Projekten und Technologien unterstützen.

Die Entwicklungen werden auf EU-Ebene verfolgt werden, um zur richtigen Zeit Hilfestellung für den Ausbau von Demonstrationsprojekten zu kommerziellen Unternehmungen zu leisten. Gleichzeitig muss garantiert sein, dass die neuen Verfahren wirklich umweltfreundlich sind, und nichttechnische Hindernisse für ihre Anwendung müssen beseitigt werden.

"Moderne Biokraftstofftechnik könnte auch eine Stufe auf dem Weg zu erneuerbar erzeugtem Wasserstoff sein, der die Aussicht auf einen praktisch emissionsfreien Verkehr öffnet. Wasserstoff-/Brennstoffzellen benötigen jedoch eine neue Motortechnik sowie hohe Investitionen in Wasserstoff erzeugende Anlagen und ein neues Vertriebssystem. In diesem Zusammenhang muss die Nachhaltigkeit von Wasserstoff eingehend geprüft werden. Jegliche Umorientierung auf wasserstoffgestützten Verkehr setzt einen grundlegenden Beschluss im Rahmen einer breit angelegten, langfristigen Strategie voraus.

2.3. Biokraftstoffe in Entwicklungsländern

"Die Biomasseproduktivität ist unter Tropenbedingungen am höchsten, und die Produktionskosten von Biokraftstoffen und besonders von Ethanol sind in vielen Entwicklungsländern vergleichsweise niedrig. In Brasilien, dem weltweit größten Bioethanolerzeuger, kann aus Zuckerrohr hergestelltes Bioethanol derzeit mit fossilen Kraftstoffen konkurrieren. Zudem wird für die Erzeugung von Ethanol aus Zuckerrohr sehr viel weniger fossile Energie verbraucht als bei der Ethanolproduktion in Europa, weswegen auch die Emissionen entsprechend stärker reduziert werden. Bei Biodiesel ist die EU derzeit der größte Erzeuger; einen signifikanten Handel gibt es nicht. Entwicklungsländer wie Malaysia, Indonesien und die Philippinen, die derzeit Biodiesel für ihren Inlandsmarkt produzieren könnten aber durchaus ein Exportpotenzial entwickeln.

Generell könnte die Biokraftstoffproduktion die Gelegenheit bieten, die landwirtschaftliche Tätigkeit zu diversifizieren, sie könnte die Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen (vor allem Erdöl) verringern und nachhaltig zum Wirtschaftswachstum beitragen. Es muss jedoch bedacht werden, dass dies nicht für alle Entwicklungsländer gilt, und dass Vorbehalte in Bezug auf Umwelt, Wirtschaft und Soziales bestehen.

"Je nach Art der erzeugten Rohstoffe und abhängig von einer Reihe wirtschaftlicher Faktoren sind die Aussichten für die Biokraftstofferzeugung und -verwendung in Entwicklungsländern sehr unterschiedlich. Die Entwicklung von Biokraftstoffen in der EU wird vor allem vom Ölpreis am Weltmarkt maßgeblich beeinflusst. Folgende Faktoren sind jedoch auch wichtig:

"In Ländern, in denen die Rohstofferzeugung voraussichtlich deutlich zunehmen wird, wird befürchtet dass umweltsensible Gebiete, wie Regenwälder, zunehmend unter Druck geraten.

Es gibt auch Befürchtungen betreffend die Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit, die Verfügbarkeit und die Qualität von Wasser, den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln usw. Zu den Vorbehalten hinsichtlich der sozialen Folgen gehören die mögliche Auflösung von Gemeinschaften und die Konkurrenz zwischen der Erzeugung von Biokraftstoffen und von Nahrungsmitteln. Diesen Befürchtungen ist einzeln nachzugehen, und die jeweiligen Wirkungen müssen quantifiziert und erforderlichenfalls durch eindeutige Gesetzesrahmen verhindert werden. Die Entwicklungspolitik der EU wird darauf ausgerichtet werden, geeigneten Entwicklungsländern zu helfen, die Vorteile der Biokraftstoffe zu nutzen, und gleichzeitig angemessen auf diese Bedenken einzugehen.

3. Die Biokraftstoffstrategie - sieben politische Schwerpunkte

"In diesem Kapitel sind die sieben politischen Schwerpunkte beschrieben, unter denen die

Maßnahmen zusammengefasst werden, die die Kommission zur Förderung der Erzeugung und Verwendung von Biokraftstoffen treffen wird.

3.1. Förderung der Nachfrage nach Biokraftstoffen

"Die Kommission wird

2001 nahm die Kommission eine Mitteilung zusammen mit Legislativvorschlägen über alternative Kraftstoffe für den Straßenverkehr an, in der die drei Kraftstoffarten mit dem größten Entwicklungspotenzial (Biokraftstoffe, Erdgas und Wasserstoff) ausgewiesen waren6.

"Diese Legislativvorschläge wurden in geänderter Form im Jahr 2003 angenommen.

Die Biokraftstoffrichtlinie7 legt als "Bezugswerte" Marktanteile der Biokraftstoffe von 2 % im Jahr 2005 und von 5,75 % im Jahr 2010 als Ziel fest. Viele Mitgliedstaaten setzen die Richtlinie mittels Kraftstoffsteuerbefreiungen um, was durch die Richtlinie zur Energiebesteuerung8 erleichtert wird. Eine Reihe von Mitgliedstaaten hat jüngst Verpflichtungen bezüglich der Biokraftstoffnutzung eingeführt, nach denen die Mineralölunternehmen den Kraftstoffen, die sie auf dem Markt anbieten, einen bestimmten Prozentsatz an Biokraftstoffen zusetzen müssen.

"Der für 2005 vorgegebene Biokraftstoffanteil von 2 % wurde nicht erreicht. Aufgrund der Zielsetzungen der Mitgliedstaaten hätte der Biokraftstoffanteil im günstigsten Fall lediglich 1,4 % erreichen können. Die Kommission hat in sieben Fällen, in denen die Mitgliedstaaten ohne triftigen Grund zu niedrige Ziele festgelegt hatten, Verstoßverfahren eingeleitet.

Die Kommission wird 2006 einen Bericht über die Umsetzung der Biokraftstoffrichtlinie vorlegen in dem sie sich mit deren etwaiger Überarbeitung befasst. In diesem Bericht werden unter anderem die folgenden Punkte behandelt:

"Ein Zertifizierungssystem müsste diskriminierungsfrei auf in der EU erzeugte Biokraftstoffe sowie Einfuhren angewandt werden und den WTO-Bestimmungen entsprechen.

Die Verpflichtungen bezüglich der Biokraftstoffverwendung bieten sich als vielversprechender Weg an, Schwierigkeiten zu beheben, die sich durch Steuerbefreiungen ergeben. Sie würden außerdem eine Vorzugsbehandlung derjenigen Biokraftstoffe erleichtern, mit denen sich eine besonders hohe Treibhausgasreduzierung erreichen lässt, was die Kommission unterstützen möchte.

"Aufgrund der Richtlinie zur Energiebesteuerung können die Mitgliedstaaten unter bestimmten Bedingungen für Biokraftstoffe Steuererleichterungen oder -befreiungen gewähren. Diese Steuernachlässe gelten als staatliche Beihilfen, die nur mit vorheriger Zustimmung der Kommission gewährt werden dürfen. Die Überprüfung durch die Kommission soll unzumutbare Wettbewerbsverfälschungen verhindern; ihr liegt der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen9 zugrunde. Dieser Gemeinschaftsrahmen trägt den Vorteilen Rechnung, die aus Biomasse erzeugte Energie gegenüber aus fossilen Kraftstoffen gewonnener Energie aufweist.

Die Überprüfung soll zudem sicherstellen, dass nicht überkompensiert wird, wie dies auch in der Richtlinie zur Energiebesteuerung verlangt wird. Da vor allem bei Bioethanol die Produktionskosten sehr unterschiedlich sind, untersucht die Kommission, inwieweit es möglich ist, Regelungen so zu verfeinern, dass sie diesen Differenzen Rechnung tragen, ohne gegen internationale Handelsbestimmungen zu verstoßen.

"Inwieweit Verpflichtungen zur Lieferung von Biokraftstoffen (in ihren unterschiedlichen Formen) mit Steueranreizen vereinbar sind, ist eingehend zu prüfen. Durch die Verpflichtungen dürfte die Notwendigkeit einer steuerlichen Förderung entfallen und sich die Möglichkeit eröffnen, im Einklang mit dem Verursacherprinzip und dem Aktionsplan der Kommission im Bereich der staatlichen Beihilfen, der auf weniger und dafür gezieltere Beihilfen abzielt, die Höhe der staatlichen Beihilfen zu senken.

Außerdem sollte ein Rahmen von Anreizen geschaffen werden, die an die Umweltleistung einzelner Kraftstoffe gekoppelt sind. Dadurch würden marktgestützte, nachfrageorientierte Maßnahmen zugunsten von Biokraftstoffen unterstützt und gefördert. Die geeigneten politischen Maßnahmen könnte u. a. Folgendes umfassen: Förderung von Umweltkontrollsystemen für Fahrzeugbesitzer, Kennzeichnung nach ökologischen Gesichtspunkten, Preisdifferenzierung durch Emission- und Produktabgaben, Förderung der Umweltqualität durch Unterrichtung und Information der Verbraucher und der Erzeuger, handelbare Emissionslizenzen, Sicherheiten für die Einhaltung der Umweltvorschriften, Mittel und Umweltrisikoprüfung bei Bankverfahren.

"Ein besonders fruchtbares Feld für eine höhere Biokraftstoffverwendung bieten Fahrzeugflotten in öffentlicher oder privater Hand sowie landwirtschaftliche und Schwerlastfahrzeuge, bei denen Steuerbefreiungen oder -erleichterungen äußerst erfolgreich dazu geführt haben, die Verwendung von Kraftstoffen mit einem hohen Biokraftstoffanteil zu fördern. Für landwirtschaftliche Betriebe gibt es nun kleinere Verarbeitungsmaschinen und Ölmühlen, mit denen Biodiesel kostengünstig aus landwirtschaftlichen Abfällen und Ölsaaten hergestellt werden kann. Städtische und privat betriebene Busflotten erhalten in der Regel spezielle Kraftstofflieferungen, so dass sie recht einfach auf Biokraftstoffe umsteigen können. Ein weiteres Gebiet, in dem die Nachfrage nach Biokraftstoffen stimuliert werden könnte, sind Fischereiflotten und -fahrzeuge, die einen potenziellen Markt für die Verwendung von Biodiesel bilden.

Im öffentlichen Sektor will die Kommission weiterhin für die Verwendung von Biokraftstoffen in diesen speziellen Bereichen werben. Sie hat einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Förderung sauberer Straßenfahrzeuge10, einschließlich solcher, die mit herkömmlichen Kraftstoffen mit hohem Biokraftstoffanteil betrieben werden, vorgelegt.

3.2. Nutzung der Umweltvorteile

"Die Kommission wird

"Die Kommission prüft zur Zeit, in welchem Umfang die Biokraftstoffverwendung auf die Zielvorgaben für die CO₂-Emissionen von Fahrzeugparks angerechnet werden kann; dabei stützt sie sich auf die Zusage der Automobilkonstrukteure, durch einen integrierten Ansatz die Emissionswerte neuer Fahrzeuge zu senken. Auf der Grundlage des Berichts der Arbeitsgruppe CARS2111 prüft die Kommission die einzelnen Optionen für diesen Ansatz.

Um die potenziellen Vorteile für die Umwelt auszuschöpfen, muss sich eine Biokraftstoffstrategie darauf konzentrieren, 1) die Treibhausgas-Emissionswerte gemessen an den Aufwendungen zu optimieren, 2) Umweltschäden durch die Produktion von Biokraftstoffen und den dafür erforderlichen Rohstoffen zu vermeiden, 3) zu gewährleisten, dass die Verwendung von Biokraftstoffen nicht zusätzliche ökologische oder technische Probleme aufwirft.

"Die Kommission hat für 2006 eine Überprüfung der Grenzwerte für Ethanol, Ether und Biodiesel angekündigt.

3.3. Entwicklung von Erzeugung und Vertrieb von Biokraftstoffen

"Die Kommission wird

"Viele Regionen, die aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert werden und besonders die mittel- und osteuropäischen Regionen, haben das Potenzial, Biomasse zu nutzen, um das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung zu fördern.

Niedrige Arbeitskosten und hohe Ressourcenverfügbarkeit können diesen Regionen einen komparativen Vorteil bei der Erzeugung von Rohstoffen für Biokraftstoffe verschaffen. Die Förderung von erneuerbaren und alternativen Energiequellen wie Biomasse, einschließlich Biokraftstoffe, ist daher ein wichtiges Ziel der Kohäsionspolitik13. Die Förderung kann beispielsweise in Form einer Umschulung von Landwirten, der Bereitstellung von Anlagen für Biomasseerzeuger und Investitionen in Produktionsanlagen für Biokraftstoffe gewährt werden.

"Die Kommission ruft die Mitgliedstaaten und Regionen auf, bei der Erstellung ihrer einzelstaatlichen strategischen Rahmenpläne und operationellen Programme zu gewährleisten, dass die potenziellen Vorteile der Biokraftstoffe umfassend berücksichtigt werden.

Investitionen auf oder nahe Bauernhöfen, beispielsweise bei der Biomasseverarbeitung, können ebenfalls durch die Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums unterstützt werden ebenso die Mobilisierung ungenutzter Biomasse durch Forstbesitzer. Die Kommission hat gemeinschaftliche strategische Leitlinien für die Entwicklung des ländlichen Raums vorgeschlagen, die den Akzent auf erneuerbare Energien einschließlich Biokraftstoffe legen. Darüber hinaus schlägt sie vor, eine spezielle Adhoc-Arbeitsgruppe einzurichten, die die Möglichkeiten prüft, die Biomasse und Biokraftstoffe im Rahmen der einzelstaatlichen Programme für die Entwicklung des ländlichen Raums bieten.

"Wie die Steuerbefreiungen für Kraftstoffe müssen selbstverständlich auch andere Formen staatlicher Förderung für die Erzeugung und Verwendung von Biokraftstoffen den Bestimmungen für staatliche Beihilfen genügen.

Die Kommission wird die betreffenden Branchen auffordern, die technischen Gründe für Hemmnisse für die Einführung von Biokraftstoffen zu erläutern, und sie wird Stellungnahmen anderer Beteiligter einholen. Sie wird das Verhalten der betreffenden Industrien beobachten, um sicherzustellen, dass es zu keiner Diskriminierung von Biokraftstoffen kommt.

"Bei der Folgenabschätzung von Politiken und Programmen zur Förderung der Biokraftstofferzeugung und -verwendung trägt die Kommission den möglichen Auswirkungen auf die herkömmlichen Märkte für Ethanol, Lebensmittel, forstwirtschaftliche Erzeugnisse und Erdöl Rechnung.

3.4. Expansion der Rohstoffproduktion

"Die Kommission wird

"Die laufende GAP-Reform wurde 1992 eingeleitet; sie führte zu einer geringeren Preisstützung und trug dazu bei, die EU-Agrarproduktion auf allen möglichen Absatzmärkten wettbewerbsfähiger zu machen: Nahrungsmittel, Tierfutter und Non-Food-Zwecke, einschließlich Biokraftstoffe. Für Getreide, das derzeit einer der wichtigsten Rohstoffe für die Bioethanolerzeugung in der EU ist, ist dies besonders wichtig. Die Entkopplung der Einkommensstützung von der Erzeugung, die 2003 im Rahmen der GAP-Reform eingeführt wurde wird die Versorgung mit Energiepflanzen weiter erleichtern. Namentlich können Pflanzen, für die bislang nur im Rahmen des Anbaus nachwachsender Rohstoffe auf stillgelegten Flächen (Non-Food-Regelung) Direktzahlungen gewährt wurden, nun ohne Verlust der Einkommensstützung auf jeder Fläche angebaut werden.

Die Flächenstilllegungspflicht wurde 1992 als Reformmaßnahme eingeführt, um das Gleichgewicht auf dem Getreidemarkt zu erhalten; sie wurde in die neue einheitliche Betriebsprämienregelung übernommen. Auf stillgelegten Flächen darf normalerweise gar nichts angebaut werden, eine Ausnahme bilden Non-Food-Pflanzen (einschließlich Energiepflanzen), für die ein Vertrag oder der Landwirt die Gewähr dafür bieten, dass sie als Biomasse verwendet werden.

"Vor kurzem konnte eine politische Einigung über eine umfassende Reform der Gemeinsamen Marktorganisation für Zucker erzielt werden. Für den Zuckerrübenanbau zur Erzeugung von Bioethanol gelten auch künftig keine Quoten. Die Kommission wird ihren Vorschlag wiederholen auf den Anbau von Zuckerrüben zur Bioethanolproduktion sowohl die Regelung für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen (Non-Food-Erzeugnisse) auf stillgelegten Flächen als auch die Energiepflanzenprämie anzuwenden. Dadurch würden sich in der EU neue Absatzmöglichkeiten für Zuckerrüben ergeben.

Im Rahmen ihrer Marktpolitik hat die Kommission die Möglichkeit genutzt, Alkohol aus der Weindestillation aus Interventionsbeständen für Energiezwecke zu verkaufen. Dies kann aber mit Sicherheit nicht als nachhaltige Quelle für die Erzeugung von Biokraftstoffen gelten. 2005 wurde erstmals speziell für die Erzeugung von Bioethanol eine Ausschreibung für Roggen aus Interventionsbeständen eröffnet. Die Kommission wird prüfen, inwieweit es sinnvoll ist, mehr Getreide aus bestehenden Interventionsbeständen zu Biokraftstoffen zu verarbeiten um die mithilfe von Ausfuhrerstattungen ausgeführte Menge Getreide zu verringern.

"Außerdem wurde 2003 im Rahmen der GAP-Reform eine Sonderbeihilfe für Energiepflanzen eingeführt. Es kann eine Prämie von 45 EUR je ha gewährt werden bei einer garantierten Höchstfläche von 1,5 Mio. ha als Haushaltsobergrenze. Sollten die Anträge diese Obergrenze überschreiten, so wird die Prämie proportional gekürzt. Die Kommission muss bis 31. Dezember 2006 Bericht über die Energiepflanzenregelung erstatten und je nach Verwirklichung der Zielvorgaben für Biokraftstoffe geeignete Vorschläge vorlegen.

Derzeit werden Biokraftstoffe fast ausschließlich aus Pflanzen hergestellt, die auch für die Ernährung genutzt werden können. Es wurden Befürchtungen laut, dass die steigende weltweite Nachfrage nach Biokraftstoffen die Gefahr mit sich bringt, dass in den Entwicklungsländern weniger Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen angeboten werden.

"Außerdem stehen Biokraftstoffe mit anderen Branchen im Wettbewerb um die Rohstoffe.

Angesichts dieser möglichen Probleme wird die Kommission die Auswirkungen der Nachfrage nach Biokraftstoffen eingehend beobachten.

"Die Kommission beabsichtigt, eine Kampagne zu finanzieren, mit der Land- und Forstwirte über die Merkmale von Energiepflanzen, die Mobilisierung des brachliegenden Potenzials für aus forstwirtschaftlichen Erzeugnissen gewonnene Energie und die Möglichkeiten, die der Anbau von Energiepflanzen bietet, informiert werden sollen.

Die Kommission arbeitet an einem Aktionsplan für die Forstwirtschaft, den sie im Laufe des Jahres 2006 genehmigen will und in dem die Energienutzung von Forstmaterial eine wichtige Rolle spielen wird. Dies wird vor allem für die Produktion von Biokraftstoffen der zweiten Generation große Bedeutung haben.

"Organische Abfälle aus der Papierindustrie, tierische Fette und Nebenprodukte, recyceltes Speiseöl und viele andere Quellen werden viel zu wenig als Energieressourcen genutzt. Die Kommission hat vor kurzem eine thematische Strategie für Abfallvermeidung und -recycling14 und einen Vorschlag für eine Richtlinie über Abfälle15 vorgelegt. In letzterem schlug die Kommission eine Regelung vor, mit der die Vorschriften für die Verwendung von Abfällen als Sekundärstoffe, beispielsweise bei der Erzeugung von Biokraftstoffen, festgelegt werden.

3.5. Mehr Möglichkeiten für den Handel

"Die Kommission wird

"Da Biokraftstoffe zolltariflich nicht speziell eingereiht werden, lässt sich nicht genau beziffern in welchem Umfang Ethanol-, Ölsaaten- und Pflanzenölimporte letztendlich im Verkehrssektor verwendet wurden. Die Kommission wird die Vor- und Nachteile und rechtlichen Folgen eines Vorschlags für eigene Nomenklaturcodes für Biokraftstoffe16 prüfen.

Derzeit kann Bioethanol des KN-Codes 2207 im Rahmen folgender Präferenzregelungen zollfrei eingeführt werden:

"Zwei noch laufende Verhandlungsrunden werden zu einer weiteren Marktöffnung für Bioethanol führen:

"Zucker und Bioethanol sind die wesentlichen offensiven Interessen Brasiliens und daher wichtige Verhandlungsthemen.

Angesichts der steigenden Nachfrage nach Biokraftstoffen strebt die Kommission danach, die Produktion in der EU in angemessener Weise zu entwickeln und die Importmöglichkeiten für Biokraftstoffe und deren Rohstoffe sowie deren Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Um den Interessen der heimischen Erzeuger und der EU-Handelspartner gleichermaßen gerecht zu werden wird die Kommission in den laufenden bilateralen und multilateralen Handelsverhandlungen mit Ethanol erzeugenden Ländern weiterhin einen ausgewogenen Ansatz verfolgen. Was den bisherigen Handel anbelangt, so wird die Kommission für Bioethanolimporte Marktzugangsbedingungen aufrechterhalten, die mindestens so günstig sind wie die in den derzeit geltenden Handelsabkommen vorgesehenen Bedingungen.

"Was Biodiesel anbelangt, so könnte eine Änderung der Norm EN 14214 die Nutzung einer breiteren Palette von Pflanzenölen erleichtern, soweit dies ohne wesentliche Beeinträchtigung der Kraftstoffgüte und unter Beachtung der Nachhaltigkeitsbedingungen möglich ist.

3.6. Unterstützung von Entwicklungsländern

"Die Kommission wird

"Die Maßnahmen der EU zur Förderung von erneuerbaren Energieträgern innerhalb der Gemeinschaft gehen Hand in Hand mit ihrem Willen, die internationale Zusammenarbeit, besonders mit den Entwicklungsländern, in diesem Bereich zu verstärken.

Der Vorschlag der Kommission über Begleitmaßnahmen für Vertragsstaaten des AKP-Zuckerprotokolls, die von der Reform der EU-Zuckermarktordnung betroffen sind, ist eine wichtige Initiative der Zusammenarbeit. Mit den Begleitmaßnahmen wird die Umstrukturierung oder Diversifizierung der betroffenen Länder auf Basis der Strategien gefördert die sie verfolgen, um die Folgen der Reform zu bewältigen. Innerhalb dieses Rahmens könnte die EU die Entwicklung des Ethanolsektors auf der Grundlage umfassender, länderspezifischer Untersuchungen fördern.

"Weitere Strukturen der Zusammenarbeit sind u. a. die Energieinitiative der Europäischen Union und die Johannesburger Koalition für erneuerbare Energien (Johannesburg Renewable Energy Coalition, JREC). Im Mittelpunkt der EU-Energieinitiative steht neben speziellen Partnerschaften und Aktionen, die den Zugang zu Energiedienstleistungen gewährleisten und die Armut mindern sollen, der politische Dialog. Erneuerbare Energieträger sind ein Hauptthema der Initiative, mit der die EU-Energiefazilität(Mittelansatz: 220 Mio. EUR) eingerichtet wurde. Diese wird 2006 einsatzfähig und soll als Katalysator für konkrete Investitionen in Energiedienstleistungen für Menschen wirken, die unterhalb der Armutsgrenze leben. Die JREC ist ein breites Gremium, in dem Regierungen gemeinsam an der Stärkung erneuerbarer Energieträger arbeiten. Die "Initiative für geduldiges Kapital" der JREC ergab sich aus der von den JREC-Mitgliedstaaten eingegangenen Verpflichtung, Finanzierungslücken für im Bereich der erneuerbaren Energien tätige Firmenentwickler und KMU, namentlich in Entwicklungsländern, aufzuspüren und zu überbrücken.

Um weitere Synergien zwischen den einzelnen Instrumenten zur Förderung von Biokraftstoffen in den Entwicklungsländern zu schaffen, wird die Kommission ein kohärentes Förderpaket für Biokraftstoffe zusammenstellen, mit dem das ganze Spektrum der derzeitigen Maßnahmen dafür eingesetzt wird, in Ländern und Regionen, in denen Biokraftstoffe eine echte Chance zur nachhaltigen Armutsminderung bieten, bestimmte Aspekte der Entwicklung dieser Kraftstoffe zu unterstützen. Dabei wird die Kommission prüfen, welches der beste Weg ist, um zu erreichen, dass vor allem KMU an der Biokraftstofferzeugung mitwirken. Denkbar wäre auf die Beziehungen der KMU zu anderen Beteiligten der Produktionskette einzuwirken, Informationen zu verbreiten und bewährte Verfahren auszutauschen, wobei besonders der Süd-Süd-Austausch dabei zu fördern wäre, Partnerschaftsprojekte (Twinning) aufzustellen und Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen zu pflegen sowie Privatinvestitionen zu erleichtern, indem z.B. die Europäische Investitionsbank einbezogen wird.

"Die EU wird darauf achten, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Entwicklung von Biokraftstoffen vollständig mit ihrer Entwicklungspolitik und den nationalen und sektoralen Entwicklungsstrategien in Einklang stehen.

In vielen Entwicklungsländern müssen erst noch Maßnahmen und Strategien für Biokraftstoffe erarbeitet werden, die das Potenzial des betreffenden Landes, die Aussichten auf nationalen, regionalen und internationalen Märkten, technische Normen, die Infrastruktur und andere wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen. Die Einrichtung nationaler Biokraftstoff-Plattformen, in denen alle wichtigen Beteiligten aus der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Sektor vertreten sind, dürfte einen wesentlichen Schritt in diesem Prozess darstellen. Auf regionaler Ebene verbessern Skalenerträge und technische Normen die Aussichten für die Entwicklung von Biokraftstoffen. Diese kann auch durch regionale Biokraftstoff-Aktionspläne regionaler Organisationen vorangebracht werden, die auf die Entwicklung eines regionalen Marktes ausgerichtet sind. Die EU wird prüfen, wie sie in diesen Bereichen die beste Hilfestellung geben kann. Außerdem wird sie durch Fallstudien und Hilfe bei der Aufstellung eines wirksamen Rechtsrahmens dazu beitragen, die Risiken für die Umwelt zu verringern.

3.7. Förderung von Forschung und Entwicklung

"Die Kommission wird

"Durch Forschung und technologische Entwicklung auf dem Gebiet der Biokraftstoffe dürften die Kosten bis 2010 um durchschnittlich 30 % zurückgehen. Von der Gemeinschaft finanzierte Forschungsarbeiten haben bereits wesentlich zur Entwicklung und zum Wachstum der Biokraftstoff-Industrie in der EU beigetragen. So zeigte das 1992 eingeleitete Eurobiodiesel-Projekt, dass es technisch und wirtschaftlich möglich ist, Biodiesel zu erzeugen und zu verwenden, ohne dass an Traktoren, Bussen oder Kfz wesentliche technische Probleme auftreten. Die vor kurzem eingeleiteten integrierten Projekte RENEW und NILE sind wichtige Maßnahmen zur Entwicklung der Biokraftstoffe der zweiten Generation und zielen auf eine Produktion im Pilotmaßstab ab.

Ziel der branchengeführten europäischen Biokraftstoff-Technologieplattform ist es, eine gemeinsame europäische Vorstellung und Strategie für die Erzeugung und Verwendung von Biokraftstoffen, vor allem im Verkehrssektor, anzubieten und zu verwirklichen. In ihr sind die im Bereich der Biokraftstoffe wichtigen europäischen Akteure, u. a. aus dem Land- und Forstwirtschaftssektor, der Biokraftstoffindustrie, Mineralölgesellschaften und Tankstellennetzen, Automobilherstellern und Forschungsinstituten vertreten. Andere Technologieplattformen, wie "Pflanzen für die Zukunft", "Holzerzeugnisse" und "Nachhaltige Chemie", werden ebenfalls die Wissensbasis für die Biokraftstofferzeugung erweitern. Europaweite Aktionen auf dem Gebiet der Biomasse (ERA-NET) werden durch die Koordinierung einzelner Programme und die gemeinsame Tätigkeiten auf nationaler und regionaler Ebene die Kosteneffizienz der für FtE aufgewendeten Mittel weiter steigern.

"Im Vorschlag für das 7. Forschungs-Rahmenprogramm (2007-2013) wird der Forschung auf dem Gebiet der Biokraftstoffe Vorrang eingeräumt, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Biokraftstoff-Industrie weiter zu stärken. Die Forschungsarbeiten im Rahmen des spezifischen Programms "Zusammenarbeit" werden sich hauptsächlich auf zwei Themen konzentrieren:

"Weitere wichtige Tätigkeiten sind u. a. die Unterstützung der Markteinführung und die Verbreitung bewährter Biokraftstoff-Technologien über das Programm "Intelligente Energie für Europa" (Teil des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation), der Aufbau von Kapazitäten für Expansion und Demonstration sowie internationale Zusammenarbeit mit Industrie- und Entwicklungsländern, um die gegenseitige Bereicherung und den Technologietransfer zu steigern.


1 Siehe das Grünbuch "Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit", KOM (2000) 769 endg.
2 Siehe das Weißbuch "Die europäische Verkehrspolitik bis 2010", KOM (2001) 370 endg.
3 Richtlinie 2003/30/EG vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (ABl. L 123 vom 17.5.2003).
4 KOM (2005) 628 vom 7. Dezember 2005.
5 Die hochrangige Expertengruppe CARS 21 wurde von Vizepräsident Verheugen eingesetzt, um die Herausforderungen an die Wettbewerbsfähigkeit zu prüfen, mit denen die europäische Automobilindustrie konfrontiert wird. Sie hat ihren Bericht am 12. Dezember 2005 genehmigt. http://www.europa.eu.int/comm/enterprise/automotive/pagesbackground/competitiveness/cars21finalreport.pdf .
6 Mitteilung über alternative Kraftstoffe für den Straßenverkehr und ein Bündel von Maßnahmen zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen, KOM (2001) 547.
7 Richtlinie 2003/30/EG vom 8. Mai 2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor (ABl. L 123 vom 17.5.2003).
8 Richtlinie 2003/96/EG vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283 vom 31.10.2003).
9 ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 3, insbesondere Abschnitt E.3.3.
10 KOM (2005) 634.
11 Siehe Fußnote 5.
12 Richtlinie 98/70/EG vom 13. Oktober 1998 über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen (ABl. L 350 vom 28.12.1998). Geändert durch die Richtlinie 2003/17/EG vom 3. März 2003 (ABl. L 76 vom 22.3.2003).
13 Siehe Mittelung der Kommission "Die Kohäsionspolitik im Dienste von Wachstum und Beschäftigung", KOM (2005) 299.
14 KOM (2005) 666.
15 KOM (2005) 667.
16 Bei dieser Überprüfung ist anzugeben, ob eher KN-Codes (EU-Zolltarif) oder internationale HS-Codes im Mittelpunkt stehen sollten. Neue HS-Codes können nur im Wege internationaler Verhandlungen eingeführt werden, während ein neuer KN-Code für die statistischen Zwecke der EU sinnvoll sein könnte.