Antrag des Landes Rheinland-Pfalz
Entschließung des Bundesrates zur Verminderung des Bahnlärms

Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 15. März 2011

An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat beschlossen, beim Bundesrat den in der Anlage mit Begründung beigefügten Antrag für eine Entschließung des Bundesrates zur Verminderung des Bahnlärms einzubringen.

Ich bitte Sie, den Entschließungsantrag gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der 881. Sitzung des Bundesrates am 18. März 2011 zu setzen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck

Entschließung des Bundesrates zur Verminderung des Bahnlärms

Der Bundesrat möge beschließen:

Begründung:

Zu 1.:

Das Ziel der Bundesregierung, den Schienenverkehrslärm in der nächsten Dekade zu halbieren, wird ausdrücklich unterstützt. Die Bundesregierung verfolgt seit mehreren Jahren für den Bereich der Eisenbahnen des Bundes eine Politik zur Verminderung des Lärmproblems. Die Bevölkerung insbesondere an den Hauptabfuhrstrecken ist jedoch in Sorge, dass damit allenfalls die zusätzlichen Lärmbelastungen aufgrund des mittel- und langfristig weiter wachsenden Güterverkehrs gemildert werden können. Intensivere Anstrengungen sind daher dringlich.

Zu 2.:

Bei der Umrüstung von Bestandsgüterwagen auf lärmarme Verbundstoffbremssohlen handelt es sich auch um ein erklärtes, allerdings noch unverbindlich verankertes Ziel der Europäischen Kommission. Es wäre im Interesse einer aktiven Lärmschutzpolitik konsequent, wenn sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine konkrete, zeitlich gestaffelte verbindliche Einführung von Lärmgrenzwerten für Bestandswagen in der TSI-Lärm einsetzen würde, wie sie derzeit für neu in den Verkehr zu bringende Fahrzeuge gelten.

Zu 3.:

Unabhängig von Regelungen in der TSI-Lärm ist es bereits jetzt möglich, die Nutzung leiser Güterwagen über den nationalen Trassenpreis durch einen Bonus zu belohnen und damit für die Halter der Fahrzeuge einen wirtschaftlichen Anreiz zur freiwilligen Umrüstung zu schaffen. Dieser Weg muss jetzt schnell mit einem möglichst einfachen und wenig bürokratielastigen Erfassungsverfahren entsprechend dem Beispiel der Schweiz und der Niederlande gegangen werden. Dazu sollte der Bund das von ihm im Jahr 2010 beauftragte und inzwischen fertig gestellte Fachgutachten zur Verfügung stellen. Ergänzend ist es erforderlich, dass nun endlich auch die der Umrüstung notwendigerweise voraus gehenden technischen Prüfungen und Genehmigungen durch das Eisenbahn-Bundesamt kurzfristig erfolgen.

Es ist im Übrigen zu bedauern, dass das Umrüstprogramm des Bundes für 5.000 Güterwagen erst zu Anträgen für die Förderung von 1.250 Güterwagen geführt hat und damit sehr schleppend vorankommt.

Zu 4.:

Seit Jahren steht der bisher in der 16. BImSchV verankerte Schienenbonus (5 dB(A)) zusammen mit dem vorgeschriebenen Berechnungsverfahren in der Kritik, weil dabei die tatsächliche Wirkung vor allem des nächtlichen Schienenverkehrslärms auf die Gesundheit nicht realitätsnah erfasst wird. Aufgrund der Forschungsergebnisse der letzten Jahre besteht für den Gesetzgeber Anlass zu einer sachgerechten Anpassung der Verfahren für die Geräuschbewertung. Da ein besserer Gesundheitsschutz beim Güterverkehrslärm insbesondere in der Nacht vordringlich ist, ist es geboten, den Schienenbonus in einem ersten Schritt ab 2012 abzusenken und zu prüfen, ob zusätzlich zum Dauerschallpegel Spitzenschallpegel für die Nacht eingeführt werden können. Dies würde auch dazu dienen, dass Umrüstentscheidungen seitens der Wagenhalter befördert werden. Die Absenkung um mindestens 10 dB(A) bis zum Jahr 2020 kann nur erreicht werden, wenn die Güterwagen praktisch vollständig umgerüstet sind. Soweit dies trotz der Anreize durch lärmabhängige Trassenpreise nicht gelingt, sind ordnungsrechtliche Maßnahmen bis hin zu nächtlichen Einschränkungen bzw. ein Malussystem für laute Fahrzeuge erforderlich.

In 2010 sind bereits die Lärmsanierungsgrenzwerte für Straßenverkehrslärm in einem ersten Schritt abgesenkt worden. Entsprechend sind die Werte beim Schienenverkehrslärm anzupassen.

Zu 5.:

Die Regelungen im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) sind gegenwärtig im Wesentlichen auf Verkehrs-, Wettbewerbs- und Sicherheits-Aspekte beschränkt. Im Unterschied zum übrigen Verkehrsrecht enthält das AEG keine Anforderungen zum Lärm- und Erschütterungsschutz oder zu anderen Umweltbereichen.

Die Geltung anderer öffentlichrechtlicher Vorschriften, etwa des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG), heilt dieses Defizit nicht, so dass bei dem bestehenden hohen Sanierungsbedarf u.a. im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Lärmaktionsplanung die Schaffung entsprechender Befugnisse des Eisenbahn-Bundesamtes unabdingbar notwendig ist. Beispielsweise ist durch eine generelle Verpflichtung zur Schienenpflege aus Lärmschutzgründen eine kurzfristige Lärmentlastung erreichbar, wie es beim "besonders überwachten Gleis" durch frühzeitiges Schienenschleifen bei Neu- und Ausbaustrecken regelmäßig praktiziert wird.

Eine Lärmaktionsplanung durch die Gemeinden oder die nach Landesrecht zuständige Behörde kann nur das Lärmsanierungsprogramm an Schienenwegen des Bundes abbilden und ist deshalb unzweckmäßig. Bei einer Aufgabenübertragung der Lärmaktionsplanung auf das Eisenbahnbundesamt durch die Änderung des § 47e Bundes-Immissionsschutzgesetz kann das Instrument Lärmaktionsplanung mit dem Lärmsanierungsprogramm des Bundes verzahnt werden. Das EBA kann so ein übergreifendes Konzept für die Lärmminderung an hoch belasteten Schienenwegen entwickeln. Die Kommunen oder die nach Landesrecht zuständigen Stellen werden von unnötiger Bürokratie entlastet.