Empfehlungen der Ausschüsse
Entschließung des Bundesrates - Änderung des Wohngeldgesetzes: Erhöhung des Wohngeldes - Antrag des Freistaates Bayern -

908. Sitzung des Bundesrates am 22. März 2013

Der federführende Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo), der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, die Entschließung in folgender Fassung anzunehmen:

1. "Entschließung des Bundesrates - Verbesserung der Situation der Mieterinnen und Mieter

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, eine Gesamtkonzeption zur Verbesserung der Situation der Mieterinnen und Mieter vorzulegen.

Dabei soll berücksichtigt werden, dass die Unterstützung Einzelner (Subjektförderung) einer grundlegenden, konzeptionellen Überarbeitung bedarf. Das

Nebeneinanderbestehen einerseits von Wohngeld für einen breit angelegten

Kreis von Leistungsempfängerinnen und -empfängern und die Erstattung der Kosten der Unterkunft und Heizung für einen anderen Empfängerkreis andererseits mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden, Belastungsgrenzen und Förderbeträgen verursacht unnötigen bürokratischen Aufwand. Zudem sollte überprüft werden, wie die unterschiedliche Beteiligung des Bundes an den beiden Leistungen vereinheitlicht werden kann.

Weiterhin muss auf einer soliden Datenbasis überprüft werden, ob und gegebenenfalls in welchen Bereichen eine Erhöhung der Leistungen angemessen ist.

Bestandteil einer Gesamtkonzeption muss auch sein, welchen Beitrag der Bund künftig leisten kann, um den Bau, den Erhalt und die energetische Sanierung von Mietwohnraum zu unterstützen (Objektförderung).

Darüber hinaus sind Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter im Verhältnis zu Vermieterinnen und Vermietern zu schaffen. Dazu gehören insbesondere

Die Länder sind in den Abstimmungsprozess zur Erarbeitung der Gesamtkonzeption einzubeziehen."

2. "Entschließung des Bundesrates - Änderung des Wohngeldgesetzes; Wiedereinführung des Heizkostenzuschusses, Begrenzung des Mietenanstiegs

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 abgeschaffte Heizkostenkomponente in angemessener Höhe wieder eingeführt wird. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, in diesem Gesetzentwurf Regelungen zu treffen, mit denen der insbesondere in den Ballungsräumen zu beobachtende deutliche Mietenanstieg wirksam begrenzt werden kann. Dazu gehört insbesondere:

Die Länder sind in den Abstimmungsprozess zur Erarbeitung des Gesetzentwurfs einzubeziehen."

Begründung:

In den Ballungsräumen sind in den letzten Jahren die Bruttokaltmieten erheblich angestiegen. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts TNS Infratest im Auftrag der Wüstenrot Immobilien GmbH geben Mieter in Deutschland durchschnittlich 37 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für das Wohnen aus; bei Geringverdienern, die weniger als 1 000 Euro monatlich zur Verfügung haben, sind es 43 Prozent. Zusätzliche Belastungen bringen die stetig steigenden Nebenkosten, insbesondere in Folge der Energiepreiserhöhungen.

Das Wohngeldgesetz sah in den Jahren 2009 und 2010 erstmals eine Heizkostenkomponente vor, um einkommensschwache Haushalte aufgrund der stark gestiegenen Heizenergiekosten zu entlasten. Die Heizkosten wurden über nach der Personenzahl gestaffelte Beträge pauschal berücksichtigt. Damit war der Vollzug dieser Neuregelung einfach handhabbar. Die pauschalen Beträge für Heizkosten wurden dabei unabhängig von den tatsächlichen Heizkosten grundsätzlich in voller Höhe bei der Ermittlung der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung berücksichtigt und auch nicht durch die Miethöchstbeträge begrenzt.

Die Heizkostenkomponente wurde im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 zum 1. Januar 2011 jedoch wieder ersatzlos gestrichen. Für einen Teil der Wohngeldempfänger bedeutete die Reduzierung, dass sie kein Wohngeld mehr erhielten und daher wieder Transferleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, somit wieder ergänzende Leistungen zum Lebensunterhalt, in Anspruch nehmen mussten.

Der Bundesrat stellt fest, dass die Entwicklung der Wohnkosten einschließlich der Energie- beziehungsweise Heizkosten zu erheblichen zusätzlichen Belastungen einkommensschwacher Haushalte führen kann, die von diesen nicht mehr allein getragen werden können und deswegen staatliche Unterstützungsmaßnahmen erforderlich sind.

Der Bundesrat stellt weiter fest, dass die Ursachen für den Mietenanstieg begrenzt werden müssen. Er bedauert daher, dass es nicht gelungen ist, im Rahmen des Mietrechtsänderungsgesetzes entsprechende Maßnahmen zu beschließen. Im Einzelnen bedarf es folgender Maßnahmen:

Die Mietpreise in vielen Städten Deutschlands und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mieter haben sich in den letzten Jahren konsequent auseinanderentwickelt. Viele Mieter sind durch rasant steigende Mieten gezwungen, den oftmals langjährig bewohnten Stadtteil zu verlassen und in günstigere Bezirke, häufig Randbezirke, zu ziehen. Auch dieser Entwicklung muss mit klaren Rahmenbedingungen entgegengetreten werden.

Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete sollten deshalb nicht nur die in den letzten vier Jahren geänderten Bestandsmieten und die in diesem Zeitraum abgeschlossenen Mietverträge (Neuvertragsmieten) berücksichtigt werden. Die Ermittlung sollte an sich alle Mietverhältnisse erfassen. Um den Verwaltungsaufwand jedoch begrenzt zu halten, sollte der Erfassungszeitraum des § 558 Absatz 2 Satz 1 BGB auf die letzten zehn Jahre verlängert werden.

Bei allgemeinen Mieterhöhungen kann eine Miete gemäß § 558 Absatz 3 BGB derzeit innerhalb von drei Jahren um bis zu 20 vom Hundert erhöht werden, nur begrenzt durch die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Folge ist, dass dann die ortsübliche Miete bei deren Neufeststellung weiter ansteigt. Dieser Effekt wird noch verstärkt, da auch die Neuvermietungen einbezogen werden, welche keine Mietbegrenzung auf die Vergleichsmiete vorsehen müssen und diese in der Praxis häufig massiv überschreiten. Die bislang eingeräumte Mieterhöhungsmöglichkeit übersteigt die allgemeinen Steigerungen der Lebenshaltungskosten bei Weitem. Die Änderungen dienen dem Ziel, den möglichen Mietpreisanstieg durch eine zeitliche Streckung des gegenwärtig möglichen Erhöhungszeitraums um ein Jahr auf vier Jahre und eine Reduzierung in der Höhe auf 15 vom Hundert möglichst im Bereich der allgemeinen Preissteigerung zu halten.

Für einen umfassenden Schutz der Mieter vor rasant steigenden Mieten ist es auch erforderlich, das Mietrecht um eine Vorschrift zu ergänzen, durch die die Mieterhöhung bei Wiedervermietung auf maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete beschränkt wird. Das Mietrecht enthält keine Regelungen für die Begrenzung von Wiedervermietungsmieten. Demnach können Vermieterinnen und Vermieter derzeit jede Miete verlangen, die sie auf dem jeweiligen Markt erzielen können. Das führt dazu, dass in Ballungsgebieten und attraktiven Wohngegenden bei Neuvermietungen hohe Mieten verlangt werden können. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden dadurch zunehmend in ihrer Mobilität, die die Arbeitswelt ihnen jedoch abverlangt, behindert. Familien und Geringverdiener können sich attraktive Wohnlagen immer seltener leisten.

Modernisierungen führen zur Verbesserung des Wohnungsbestandes, zur Erhöhung des Wohnkomforts und der Wohnqualität und zur Entlastung der Umwelt.

§ 559 BGB definiert das Recht des Vermieters, für das Mehr an Leistung in Form einer verbesserten Wohnung eine Mieterhöhung zu verlangen. Mithin fördert die Möglichkeit zur Mieterhöhung bei Modernisierung die Anpassung des Wohnraums an die geänderten Wohnbedürfnisse und die notwendigen energetischen Verbesserungen der Wohnungsbestände.

Gleichwohl führt die Erhöhung der jährlichen Miete in Höhe von 11 Prozent der für die Modernisierung aufgewendeten Kosten bei umfassenden Modernisierungen zumindest teilweise für einkommensschwächere Mieterinnen und Mieter zu nicht mehr tragbaren finanziellen Belastungen. Die Härteklausel in § 559 Absatz 4 BGB, das Wohngeld und mögliche Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch führen nicht immer zur Verhinderung oder sozialen Abfederung der Mieterhöhungen. Umfassende Modernisierungen sind damit auch Auslöser für unerwünschte Segregationsprozesse der Mieterschaft eines Hauses oder ganzer Wohngebiete. Einkommensschwächere Haushalte werden tendenziell aus den Wohnhäusern verdrängt und nur noch finanziell leistungsstärkere Mieterinnen und Mieter können in den Wohnungen dauerhaft verbleiben.

Die Regelung in § 559 BGB muss daher geändert werden, um gleichzeitig Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnungsbestandes weiterhin zu fördern und eine Überforderung der Mieterinnen und Mieter durch die Maßnahmen weitgehend auszuschließen.

§ 559 BGB eröffnet dem Vermieter die Möglichkeit, nach einer Modernisierung der Wohnung (im Sinne des § 555b Nummer 1, 3, 4, 5 oder 6 BGB) die Miete in einem vereinfachten Verfahren in Ansehung der aufgewendeten Kosten ohne Rücksicht auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu erhöhen. Der Vermieter kann so durch eine einseitige Erklärung die Modernisierungskosten auf den Mieter abwälzen. Zwar ist die Mieterhöhung der Höhe nach jährlich auf 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten beschränkt. Die Mieterhöhung ist allerdings zeitlich unbegrenzt. Der Vermieter kann also die um 11 Prozent der Modernisierungskosten erhöhte Miete auch dann noch verlangen, wenn die von ihm für die Modernisierung aufgebrachten Kosten bereits an ihn zurückgeflossen sind. Zugleich fließen diese nach § 559 BGB erhöhten Mieten in die ortsüblichen Vergleichsmieten nach § 558 BGB ein, zu deren Anstieg sie beitragen.

Die Möglichkeit, die Miete nach einer Modernisierung gemäß § 559 BGB zu erhöhen, dürfte insbesondere deshalb für Vermieter attraktiv sein, weil das Verfahren im Vergleich zu einer Mieterhöhung nach § 558 BGB weniger kompliziert und der Erhöhungsbetrag nicht durch die ortsübliche Vergleichsmiete gedeckelt ist. Der durch die Modernisierung gestiegene Wohnwert reicht nämlich in der Regel nicht aus, um eine Erhöhung der Miete auf das Maß zu rechtfertigen, das notwendig wäre, um die erwachsenen Kosten zu decken (vgl. Palandt/Weidenkaff § 559 BGB, Rn. 3).

Die Initiative, Modernisierungen im Wohnungsbestand durchzuführen, muss allerdings stets vom Vermieter ausgehen. Dafür kann ein vereinfachtes Verfahren, um aufgewendete Kosten abzuwälzen, einen Anreiz darstellen. Die Interessen der Vermieter müssen jedoch mit dem Interesse der Mieter abgewogen werden, mit Kosten nur insoweit belastet zu werden, wie sie tatsächlich angefallen sind. Einen Ausgleich bietet insoweit eine zeitliche Begrenzung der Mieterhöhung, bis die für die Wohnung aufgewendeten Kosten gedeckt sind.