Unterrichtung durch die Bundesregierung
Stellungnahme der Bundesregierung zu der Entschließung des Bundesrates zum Transport von Gefahrgut auf Großcontainerschiffen

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Berlin, 3. April 2020

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke

Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
namens der Bundesregierung übersende ich Ihnen als Anlage den Bericht der Bundesregierung zu der "Entschließung des Bundesrates zum Transport von Gefahrgut auf Containerschiffen" auf BR-Drs. 068/19(B) HTML PDF vom 15. März 2019.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Scheuer siehe Drucksache 068/19(B) HTML PDF Drucksache 185/20 (PDF)

Stellungnahme der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates zum Transport von Gefahrgut auf Containerschiffen (BR-Drs. 068/19(B) HTML PDF ) vom 15.03.2019)

Bericht zur Begutachtung des Verkehrstrennungsgebiets Terschelling - German Bight Zusammenfassung

Gemäß der Empfehlung des Bundesrats in Beschluss 068/19 (PDF) hat das BMVI zusammen mit dem Verkehrsministerium der Niederlande die Schifffahrtstauglichkeit des Verkehrstrennungsgebiets Terschelling - German Bight überprüft. Die völkerrechtlich verbindliche Verlagerung von großen, nicht tiefgehenden Containerschiffen auf das Verkehrstrennungsgebiet Germany Bight - Western Approach wird derzeit nicht für erforderlich gehalten.

Zur Verfolgung von Containerladungen existieren bereits in die Praxis eingeführte, technische Lösungen, die den Versendern (Befrachtern) von Logistikunternehmen bei Nutzung ihrer Container angeboten oder vertraglich vorgeschrieben werden. Die Bundesregierung sieht hier aktuell keinen regulatorischen Handlungsbedarf.

Inhalt:

1. Einführung

2. Wegeführung und Schiffskonzentration anhand von Verkehrsdaten des Schiffsaufkommens für den deutschen Bereich des Verkehrstrennungsgebiets (VTG) Terschelling - German Bight und VTG German Bight - Western Approach;

3. Meeresbedingungen in der deutschen Bucht

3.1 Bathymetrische Seegebietsanalyse

3.2 Hydrologische Analys

4. Unfallaufkommen

5. Verhalten von Ultra Large Container Ships (ULCS) im Seegang

6. Schlussfolgerungen

1. Einführung

Nach dem Containerverlust vom Containerschiff MSC Zoe am 2. Januar 2019 hat der Bundesrat die Aspekte der Containeridentifizierung und -verfolgung thematisiert und entschieden, weitere Schlussfolgerungen erst nach dem Vorliegen der Ergebnisse der Unfalluntersuchung zu ziehen. Dessen ungeachtet solle die Bundesregierung gemäß Bundesratsbeschluss 068/19 (PDF) die Eignung des Verkehrstrennungsgebiets (VTG) Terschelling - German Bight für alle Containerschiffe überprüfen. Die Diskussion im Bundesrat umfasste auch die deutsche Anlaufbedingungsverordnung, die in § 1 Abs. 1 Nr. 6 vorsieht, dass bestimmte Tankschiffe (keine Containerschiffe) die Tiefwasserroute des VTG German Bight - Western Approach befahren müssen.

Der Bundesrat hat die Bundesregierung gebeten, "... vorbehaltlich des Berichtes zur laufenden Untersuchung der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (Az. 003/19 (PDF) ) zur Unfallursache ist in diesem Rahmen die verpflichtende Nutzung geeigneter Verkehrstrennungsgebiete auch für Großcontainerschiffe in der Nordsee im internationalen Kontext zu überprüfen.

Darüber hinaus sollten verfügbare Verfahren für eine verbesserte Sicherung und Ortung der Container im Havariefall, insbesondere mit Gefahrgut, geprüft werden."

Zum Anlass der Bundesratsbefassung und der Untersuchung des Seegebiets durch die Bundesregierung

Das Mega-Containerschiff MSC ZOE verlor bei rauem Wetter in der Nacht vom 1. zum 2. Januar 2019 in der Nordsee nordwestlich von Borkum (Deutschland) 345 Container.

Das Schiff war unterwegs vom Hafen Sines (Portugal) nach Bremerhaven (Deutschland).

Das Containerschiff MSC ZOE mit der IMO1-Nummer 97 03 318, hat eine Länge (ü.a.) von 395,40 m, eine Breite von 59,00 m, eine Verdrängung von 199.272 tdw und eine Kapazität von 19.224 TEU (Twenty foot Equivalent Unit), das sind 20-Fuss-Container. Es ist damit ein sehr großes (Mega-) Containerschiff (ULCS - Ultra Lage Container Ship). Das Schiff wurde 2015 abgeliefert und fährt seitdem unter der Flagge von Panama. Die zuständige Reederei MSC (Mediterranen Shipping Company) ist in der Schweiz ansässig.

Zunächst verlor das Schiff Container an der holländischen Küste vor den Inseln Vlieland und Terschelling. Die Container enthielten hauptsächlich Ersatzteile, Spielzeug und Möbel. Dieser Ladungsinhalt wurde weit verstreut, da alle Container zerbarsten.

Es gab 2 Container mit gefährlichen Gütern: Ein Container mit DIBENZOYLPEROXID der Klasse 5.2 IMDG-Code wurde geborgen. Stoffe der Klasse 5.2 können sich sehr schnell oder explosionsartig zersetzen. Das kann auch bei geringer Hitze, Reibung, mechanischem Schlag oder bei Verunreinigung mit inkompatiblen Materialien stattfinden. Der zweite Container mit LITHIUM-IONEN-BATTERIEN der Klasse 9 IMDG-Code wurde bis zum Abschluss der Bergungsarbeiten im November 2019 nicht aufgefunden.

Das Containerschiff fuhr nach dem Verlust der Container weiter in nördliche Richtung und versuchte, die Anzahl der verlorenen Container und wahrscheinlich auch andere Schäden zu ermitteln. Das Schiff fuhr schließlich zum Löschen einer Teilladung nach Bremerhaven. Eine Untersuchung, ob das Schiff eine Grundberührung hatte, konnte in Bremerhaven aus technischen Gründen nicht durchgeführt werden. Nach Fortsetzung der Reise erfolgte diese Untersuchung des Unterwasserschiffes durch Taucher in Danzig (Polen); dort wurden keine Spuren einer Grundberührung festgestellt.

In den letzten zehn Jahren kam es vor der deutschen Nordseeküste in 7 Fällen zu Ladungsverlusten, wobei in 6 Fällen Container betroffen waren.

Dabei handelte es sich überwiegend um Verluste im einstelligen Bereich. Der mit Abstand höchste Ladungsverlust trat im Fall des Containerschiffs MSC Zoe am 1./ 2. Januar 2019 mit 345 Containern auf, wobei ca. 75 % auf niederländischem und 25 % auf deutschem Gebiet verloren wurden. Die geborgenen Container- und Ladungsreste wurden alle in Harlingen/NL zur Entsorgung angelandet.

Der Containerverlust und die damit verbundenen Umweltauswirkungen haben dazu geführt, dass sich die deutschen Parlamente des Bundes und der Länder mit dem Thema befasst haben. Der Verkehrsausschuss des Bundestags hat sich mit der Änderung der Anlaufbedingungsverordnung befasst. Der Antrag an den Ausschuss bestand darin, für tiefgehende Schiffe anstelle des Verkehrstrennungsgebiets Terschelling - German Bight, das Verkehrstrennungsgebiet German Bight - Western Approach vorzuschreiben. Der Antrag wurde im Verkehrsausschuss des Bundestages abgelehnt. Eine Änderung der Wegeführung hat der Bundestag vom Ergebnis der Unfalluntersuchung durch die zuständige Flaggenstaatsbehörde in Panama und den an der Untersuchung beteiligten Behörden in den Niederlanden und der deutschen Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung abhängig gemacht.

2. Wegeführung und Schiffskonzentration anhand von Verkehrsdaten des Schiffsaufkommens für den deutschen Bereich der Verkehrstrennungsgebiete (VTG) Terschelling - German Bight und German Bight - Western Approach

Auf der Grundlage statistischer Erhebungen liegen die Schiffsvolumina im deutschen Gebiet des VTG Terschelling - German Bight und des VTG German Bight-Western-Approach für die dort verkehrenden Schiffsgrößen von 2009 bis 2018 vor.

Die statistischen Daten bestätigen, dass die von den Routenmaßnahmen betroffenen Tankschiffe die Regeln für die Nutzung der Tiefwasserroute einhalten. Darüber hinaus war zu beobachten, dass Schiffe mit bis zu 16 m Tiefgang und Schiffsbreiten bis zu 59 m die Tiefwasserroute wählen. Schiffe mit einem Tiefgang von 12 m bis 16 m nutzen in der Regel das VTG Terschelling -German Bight.

Während bei zunehmendem Tiefgang die Schiffe verstärkt die Tiefwasserroute nutzen, ist ein analoger Trend bei Schiffen mit einem Tiefgang unter 16 m und mit zunehmender Schiffsbreite jedoch nicht erkennbar.

3. Meeresbedingungen in der deutschen Bucht

3.1 Bathymetrische Seegebietsanalyse

Die Vermessung der Meeresbodentopographie einschließlich der Häufigkeit und Auflösung sind in der Sollaufgabe des BSH festgelegt.

Die Vermessung des VTG Terschelling - German Bight erfolgte teilweise bereits in den Jahren 2014 und 2015.

Die ausstehende Vermessung zur Aktualisierung der Meeresbodentopographie im Bereich VTG Terschelling - German Bight wurde im Jahresaufgabenplan 2019 festgeschrieben.

Im Jahresaufgabenplan 2019 wurde diese Vermessung mit Priorität 1 versehen. Das BSH hat in seinen laufenden Arbeiten bereits die Aktualisierung der bathymetrischen Daten im Bereich des VTG

Terschelling - German Bight (deutsche Hoheitsgewässer) vorgenommen; die aktuellen Daten liegen vor.

Für die Vermessung der Meeresbodentopographie gilt die Special Publication S-44 der International Hydrographic Organisation (IHO). Die Beschickung der Vermessungen 2014/15 erfolgte wasserstandabhängig mittels Wasserstanderrechnungskarte (WEK). Die zukünftige Vermessung wird wasserstandsunabhängig durchgeführt. Die Bereitstellung der Daten wird über das Modell LAT2016 realisiert. Eine internationale Vergleichbarkeit der Daten ist gegeben. Die möglichen Unterschiede zwischen den Berechnungsarten führen aus Sicht der Bundesregierung nicht zu sicherheitsrelevanten Differenzen bei den Tiefenangaben in den Seekarten.

Die - punktuell ausgeprägte - flachste Stelle im deutschen Gebiet des VTG Terschelling - German Bight liegt mit 13,7 m am südlichen Rand des ostgehenden Einbahnweges im Bereich der Pipeline "NORPIPE" bei Tonne "TG 3".

Aufgrund aktueller und vorheriger Vermessungen hat die Bundesregierung festgestellt, dass das betroffene Gebiet hinsichtlich der Wassertiefen stabil ist.

3.2 Hydrologische Analyse und Bewertung der Seegebiete Terschelling - German Bight und German Bight - Western Approach;

Das Containerschiff MSC Zoe ist in schwerer See auf einem küstennahen Kurs gefahren, als die Container über Bord gegangen sind.

In sehr flachen Gewässern können durch sog. Grundsee hohe und steile Wellen entstehen, die die Rollbewegungen eines Schiffes begünstigen.

Ob die Nähe zur Küste eines sehr großen Containerschiffs, das auf dem VTG Terschelling - German Bight unterwegs ist eine Rolle spielt, kann anhand der tatsächlich beobachteten Wellenhöhen und der Steilheit der Wellen an bestehenden Messstellen abgeleitet werden.

Seegang

Die verfügbaren Daten der Seegangsvorhersagen durch den Deutschen Wetterdienst (DWD) erstrecken sich vom Jahr 2000 bis zum heutigen Datum. Allerdings sind die Datensätze hinsichtlich Parametrisierung und Gitterauflösung z.T. sehr unterschiedlich. Aus diesem Grund wurde für die Auswertung ein in sich konsistenter Datensatz des operativen Wellenmodels des DWD verwendet, der den Zeitraum von 2000 bis 2012 umfasst. Aus diesem Modelldatensatz wurde für den deutschen Bereich des VTG Terschelling - German Bight eine mittlere signifikante Wellenhöhe von 1,2 m bis 1,4 m ermittelt.

Für den Bereich des VTG German Bight - Western Approach wurde dagegen eine mittlere signifikante Wellenhöhen zwischen 1,4 m bis 1,6 m ermittelt; wobei prinzipiell der niedrigere Wert im Bereich der Elbe und Jadeansteuerung liegt und der höhere Wert westlich des VTG Terschelling - German Bight.

Diese Werte sind in guter Übereinstimmung mit gemessenen Werten, die das BSH anhand der für Offshore Windparks ausgelegter Messbojen die Wellenhöhen in den beiden Seegebieten VTG Terschelling - German Bight und VTG German Bight - Western Approach verifiziert hat.

Auch die modellierten, zehnprozentigen Überschreitungswahrscheinlichkeiten (ein Maß des Seegangsklimas, das Extremereignisse unberücksichtigt lässt) erreichen im küstennahen VTG Terschelling - German Bight eine geringere Wellenhöhen als im küstenfernen VTG German Bight - Western Approach, wobei die Unterschiede nicht hoch sind.

Werden dagegen lediglich Extremereignisse betrachtet, sind in beiden VTG ähnlich hohe Wellen zu erwarten.

Lange Dünungswellen "spüren" den Meeresboden und ändern ihre Eigenschaften. Wird also lediglich die modellierte Dünung betrachtet, deuten die Ergebnisse sogar darauf hin, dass extreme Dünungswellen im flacheren VTG Terschelling - German Bight signifikant höher auftreten können als im VTG German Bight - Western Approach.

Container über Bord

Containerverluste auf See haben verschiedene Auswirkungen. Die schwimmenden Container können ein Schifffahrtshindernis darstellen und bei Kollisionen Schäden an einem Schiff verursachen. Deshalb ist das Verdriften von Containern eine dringende Betrachtung, die zu nautischen Warnungen der internationalen Schifffahrt führen muss. Eine weitere Betrachtung ist das Stranden der Container oder der sich aus Containern freigesetzten Ladung.

Sofern Container oder andere schwimmfähige Ladung aus dem Wasser ragen, sind für die Drift neben den Strömungen auch die Windrichtungen von Bedeutung. Das BSH hat mit dem am BSH eingesetzten operationellen Driftmodell verschiedene Driftszenarien für einen Ladungs- bzw. Containerverlust innerhalb der beiden VTG erstellt, aus denen die in den Seegebieten zu erwartenden Verteilungen ersichtlich sind.

Wenn die Ladungssicherung die Decksladung nicht mehr halten kann und Container über Bord gehen, zeigt die Modellverteilung, dass die schwimmende Ladung beim küstennahen VTG Terschelling - German Bight bei entsprechendem, auflandigem Wind (aus nordwestlichen Richtungen) relativ schnell die Küste erreicht und eine starke Konzentration der Ladung an Land erwartet werden kann.

Beim Ladungsverlust auf dem küstenfernen Weg verdriftet die Ladung dagegen meist zeitlich wesentlich länger auf dem Meer, so dass insgesamt ein größeres Gebiet und letztlich evtl. sogar ein größerer Küstenabschnitt von einer Verschmutzung durch über Bord gegangener Ladung betroffen wären.

Im Rahmen der Evaluierung des deutschen Notschleppkonzeptes1 hat die Universität Duisburg-Essen in Zusammenarbeit mit dem DNV GL ermittelt, dass ein Großcontainerschiff bei Windstärke 9 aus Nordwest nach einem Maschinenausfall aufgrund seiner großen Überwasserfläche mit einer Geschwindigkeit von bis zu 6 Knoten in Richtung der Küste verdriften kann.

4. Unfallaufkommen

Seeschiffsunfälle werden durch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) analysiert und auf ihrer Homepage veröffentlicht: (https://www.bsu-bund.de/DE/Publikationen/Unfallberichte/Unfallberichte_node.html). Über komplexen Schadenslagen unterrichtet das Havariekommando öffentlich in Form von Pressemitteilungen (https://www.havariekommando.de/DE/startseite/startseite-node.html).

Zu den Seegebieten von Terschelling - German Bight und German Bight - Western Approach sind an diesen Stellen die Einsatzfälle genannt und in den Unfalluntersuchungsberichten analysiert.

Der Haupt-Unfallschwerpunkt in der Deutschen Bucht war Feuer an Bord. In den letzten 10 Jahren war neben dem Ladungsverlust vom Containerschiff MSC Zoe (bei dem der Unfalluntersuchungsbericht bei Vorlage dieses Berichts noch nicht vorliegt) ist ein Fall des Verdriftens eines Schiffs zu verzeichnen. Dabei handelt es sich um das Massengutschiff "Glory Amsterdam", das am 29. Oktober 2017 gegen 7 Uhr durch ein Sturmtief mit Windgeschwindigkeiten von 8-10 Beaufort aus Nordnordwest trotz zwei ausgebrachter Anker von der Reede in der Nähe des VTG Terschelling - German Bight in Richtung Südwest zur Küste vertrieb. Es strandete rund zwei Kilometer vor der Küste Langeoogs.

Das Havariekommando schätzt ein, dass bei Eintritt des unplanmäßigen Ereignisses im VTG Terschelling - German Bight ein Notschlepper alarmiert wird und dieser unverzüglich die Fahrt zum Havaristen aufnimmt, nur ein sehr kleines Zeitfenster für die Anfahrt, das Herstellen einer Schleppverbindung und den Aufstoppvorgang bleibt. Anders verhält es sich, wenn ein Containerschiff unter den gleichen Wetterbedingungen das küstenferne VTG benutzt und im Anschluss an den Ausfall seiner Antriebsanlage dort seine Drift in Richtung Küste beginnt. Nach Erkenntnissen des Havariekommandos gab es im küstennahen Verkehrstrennungsgebiet in den vergangenen 16 Jahren kein vergleichbares Ereignis, das zur Strandung geführt hat. Seit 2003 gab es bislang drei Notschleppeinsätze in der Nordsee unter der Leitung des Havariekommandos. Alle drei Einsätze hatten ihren Ursprung deutlich weiter nördlich, als das küstennahe Verkehrstrennungsgebiet.

Eine statistisch begründete Häufung von Unfällen mit Maschinenausfall kann derzeit für das Seegebiet Terschelling - German Bight nicht festgestellt werden.

5. Verhalten von Ultra Large Container Ships (ULCS) im Seegang

In der gemeinsamen Arbeitsgruppe DEU-NL hat NL die Bewertung des Verhaltens von Ultra Large Container Ships (ULCS) im Seegang übernommen.

Zur Bewertung der Schiffsbewegungen von ULCS haben die deutsche Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in DEU und das Institut MARIN in den NL eine Studie bzw. eine Modelluntersuchung für den Fall des Containerverlusts vom Containerschiff MSC Zoe durchgeführt. Die Ergebnisse sind Bestandteil der amtlichen Seeunfalluntersuchung; sie liegen der Bundesregierung noch nicht vor. Während der Konsultationen mit NL wurden jedoch unfallbegünstigende Faktoren für ULCS festgestellt:

Beförderung von Containern an Deck

Seit Ende der 1970er Jahre stieg die durchschnittliche Höhe der an Deck beförderten Containerlagen von 2 auf bis zu 7 und manchmal 8 Lagen. Diese Schiffe sind nach wie vor den gleichen Seegängen und Stürmen ausgesetzt. Verschlechterung der Sturmbedingungen aufgrund des Klimawandels sind darüber hinaus möglich. Während die Schiffsstabilität der Schiffe in der Regel ausgeglichen hoch ist, können die Rollzeiten sehr kurz sein (< 20 Sekunden). Je höher man Container an Deck staut, desto höher sind Winkelgeschwindigkeitskräfte. Diese entwickeln sich aufgrund einer längeren Fahrstrecke innerhalb der gleichen Rollperiode. Obwohl das Ladungssicherungshandbuch zum Verzurren von Containern des Schiffes so ausgelegt sein sollte, dass diese Kräfte theoretisch aufgenommen werden, können in der Praxis Phänomene auftreten, die diese Grenzen erreichen oder überschreiten. So sind bei Höhen von 5 oder 6 Lagen an Deck Winkelgeschwindigkeiten von > 60 km/h keine Ausnahme.

Zurren von Containern an Deck

Über die Jahre wurden Anstrengungen unternommen, um den Arbeitsaufwand für das Verzurren / Sichern von Containern an Deck zu verringern. Die 4., 5., 6. und 7. Lage sind nicht mit Zurrgurten oder Drähten verzurrt. Die gesamte Sicherung erfolgt heute (hauptsächlich) durch automatische Twistlocks (das sind Drehverschlüsse). Manchmal ist die oberste Ebene durch Brückenbeschläge (Bridge-Fittings) miteinander verbunden (selten).

Die Überprüfung des wirksamen Schließens von manuellen Twistlocks und automatischen Twistlocks erfolgt durch Stauer sporadisch.

Das Stapelgewicht der Container wurde in den Anfangszeiten von ungefähr 40 t auf 50 t erhöht. Nunmehr liegt es bei bis zu 100 t, während die Breite der Schiffe vergrößert wurde. Das hat zur Folge, dass durch viel schwerere Containerblöcke entsprechend höhere Kräfte auf die Lukendeckel wirken.

Masse der Container

Zunächst kam es zum Zeitpunkt der Einführung der internationalen Pflicht nach SOLAS VI/2 für die Verlader (Versender, Befrachter) zur Angabe der verifizierten Bruttomasse bei Containern (VGM) zur Beunruhigung bei den Beförderern (Reeder, Verfrachter). Diese ließ rasch nach, als sie feststellten, dass weder von Seiten der Schifffahrtsbehörden noch von Seiten der betroffenen Reeder konzertierte Anstrengungen unternommen wurden, um Unstimmigkeiten bei den Masseangaben aufzuspüren. Die Überwachung der VGM-Forderung im SOLAS-Übereinkommen ist unzureichend. Alte Gewohnheiten der Falschdeklaration haben sich scheinbar wieder eingestellt.

Befinden sich auf einem Großcontainerschiff (ULCS) 4.000 beladene Container mit einer durchschnittlichen Masse von 15 t je Container und einer Falschdeklaration von 5%, so entsteht ein Delta von rund 3.000 t, das auf dem Schiff nicht örtlich zugeordnet werden kann. Dies kann zu Stabilitätsproblemen führen und Kräfte auf Zurrgurte und Lukendeckel ausüben, die über ihre konstruktiven Grenzen hinausgehen.

Stauung im Container

Nur sehr wenige Personen in der gesamten Logistikkette wissen, wie die Ladung in den Containern gestaut und gesichert wurde. Die interne Bewegung der Ladung kann zusätzliche Kräfte auf die gesamte Stapelmasse ausüben, wodurch auf verschiedenen Ebenen übermäßige Kräfte auf die Zurrmittel (Laschings) ausgeübt werden, ohne dass der Container selbst beschädigt wird, aber die Stabilität des Containerstapels beeinträchtigt werden kann.

Zusammenfassung:

Bei der Beförderung von Containern auf sehr großen Containerschiffen (ULCS) können folgende Sachverhalte und daraus folgend Herausforderungen an die Schiffsbesatzung auftreten:

6. Schlussfolgerungen

Gemäß der Empfehlung des Bundesrats in Beschluss BR 68/19 hat das BMVI die Schifffahrtstauglichkeit des Verkehrstrennungsgebiets (VTG) Terschelling - German Bight überprüft und zusammen mit dem Verkehrsministerium der Niederlande (Ministry of Infrastructure and Water Management, Directorate-General for Civil Aviation and Maritime Affairs) folgende Schlussfolgerungen gezogen:

Fazit:

1. Schifffahrtsroute:

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ist der Auffassung, dass es derzeit weder erforderlich noch angemessen ist, für Großcontainerschiffe die ausschließliche Verwendung des VTG "Germann Bight - Western Approach" völkerrechtlich vorzuschreiben, wenn deren Tiefgang die sichere Nutzung des VTG "Terschelling - German Bight" zulässt. Beide VTG können legal von Containerschiffen befahren werden. Welches VTG von beiden am besten geeignet ist, liegt im Ermessen des Kapitäns, der diese Entscheidung auf Grundlage der ihm obliegenden Verpflichtung zur Berücksichtigung der seemännischen Sorgfaltspflichten trifft.

2. Containerverfolgung:

Die Verfolgung von Containern bezieht sich eigentlich auf die Verfolgung von Ladung, die mit Containern versandt wird. Dafür besteht ein Eigeninteresse der Shipper (Versender, Befrachter). Aktuell wird in der Praxis bereits eine Lösung der Containerverfolgung angewendet (s.a. https://www.traxens.com/technology). So bietet z.B. das Logistikunternehmen MSC den Versendern sog. "smart container" an, bei denen ein Ladungsverfolgungs-System auf GPS-Basis erfolgt. Eine gesonderte IMO-Initiative, über die Eigeninteressen der Versender hinaus, hält die Bundesregierung derzeit nicht für erforderlich.

Ladungsverfolgungs-Systeme können durch die darin enthaltenen Batterien eine Zündquelle und damit eine Gefahrenquelle bei der Zusammenladung mit bestimmten Gefahrgütern darstellen. Das BMVI hat deshalb Vorschläge bei der IMO für eine Regelung zum Explosionsschutz an elektrischen und elektronischen Einrichtungen von Containern eingebracht. Eine völkerrechtliche Ausrüstungspflicht von Containern mit Ladungsverfolgungs-Systemen ist nicht vorgesehen

1 IMO ist die Internationale Seeschifffahrts-Organisation